Börries von Münchhausen

Börries von Münchhausen
Schloss Windischleuba

Börries Albrecht Conon August Heinrich Freiherr von Münchhausen (* 20. März 1874 in Hildesheim; † 16. März 1945 in Windischleuba durch Suizid) war ein deutscher Schriftsteller und Lyriker.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Seine Eltern waren Börries Freiherr von Münchhausen-Moringen (1845–1931) und dessen Frau Clementine (1846–1913), geb. von der Gabelentz. Zu den Vorfahren dieses niedersächsischen Adelsgeschlechtes gehörte auch der als „Lügenbaron“ bekannte Karl Friedrich Hieronymus Freiherr von Münchhausen.

Nach dem Besuch der Klosterschule Ilfeld nahm Münchhausen in Göttingen, Berlin und München das Studium der Rechts- und Staatswissenschaften auf. Später belegte er auch Fächer wie Philosophie und Literaturwissenschaft. 1899 promovierte er in Leipzig zum Dr. iur. und ging anschließend wieder nach Göttingen zurück.

Im Ersten Weltkrieg war Münchhausen zunächst Offizier im sächsischen Garde-Reiter-Regiment. Seit 1916 arbeitete er für das Auswärtige Amt. Nach Ende des Krieges bewirtschaftete er sein Gut in Windischleuba, publizierte aber auch in verschiedenen Zeitschriften. Sein Antisemitismus kam in einem Beitrag im Deutschen Adelsblatt zum Ausdruck, wo er 1924 schrieb: „Eine Ehe zwischen Arier und Juden ergibt immer einen Bastard“.[1] Ab 1925 war Münchhausen bei der Zeitschrift Volk und Rasse Schriftleiter der Beilage Volk im Wort.[2]

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde er im Mai 1933 in die „gesäuberte“ Deutsche Akademie der Dichtung berufen,[2] nachdem viele bisherige Mitglieder ihre Mitgliedschaft aufgaben oder aufzugeben gezwungen waren. Ein Jahr später erfolgte seine Ernennung zum Senator der Akademie. Im Oktober 1933 gehörte Münchhausen zu den 88 Schriftstellern, die das Gelöbnis treuester Gefolgschaft für Adolf Hitler unterschrieben.[2]. Nach dem Tod des Reichspräsidenten Hindenburg unterzeichnete er im August 1934 den Aufruf der Kulturschaffenden zur „Volksbefragung“ zugunsten einer Zusammenlegung des Reichspräsidenten- und Reichskanzleramts.[2]

In dieser Zeit bekannte sich Münchhausen auch in einigen Texten zur antisemitischen Gesinnung und erklärte unter anderem, dass der Anteil der Juden an den „Deserteuren, Verbrechern, Zuchthäuslern etwa hundert- bis zweihundertmal so stark wie der Anteil an der Bevölkerungszahl“ sei. Er machte energisch Front gegen moderne zeitgenössische Autoren und polemisierte gegen die in Deutschland verbliebenen, wie z. B. Gottfried Benn.

Im Laufe der 1930er-Jahre zog sich Münchhausen aus der Tagespolitik zurück, blieb jedoch einer der von der NS-Literaturpolitik am meisten geförderten Autoren. Seine Haltung zum NS-Staat war ambivalent. Zwar strich er in von ihm herausgegebenen Anthologien die Texte jüdischer Autoren, andererseits wurde er auch von einigen Hardlinern kritisiert, als er sich 1937 für einige verfemte (jüdische und nicht-jüdische) Autoren einsetzte. So förderte er den „entarteten“ Maler Conrad Felixmüller durch Aufträge.

In der Endphase des Zweiten Weltkriegs wurde er im August 1944 von Hitler in die Gottbegnadeten-Liste der wichtigsten Schriftsteller eingetragen.[3]. Am 16. März 1945 beendete Münchhausen sein Leben durch Suizid. Er ist auf dem Friedhof von Windischleuba begraben.

Sein Schloss Windischleuba wurde im Zuge der Bodenreform von 1945 enteignet und nach 1990 zu Gunsten des Staates verwertet. Es beherbergt heute (unter Nutzung von Teilen des originalen Mobiliars) eine Jugendherberge.

Künstlerisches Schaffen

Münchhausen hatte bereits während seiner Studienzeit erste Balladen und Gedichte geschrieben. 1897 erschien sein erster Band Gedichte, der einigen Erfolg hatte. Von 1898 bis 1922 gab er den Göttinger Musenalmanach heraus, der sich vor allem für die Veröffentlichung von Balladen einsetzte und in dem u.a. erste Texte von Agnes Miegel und Lulu von Strauß und Torney erschienen. Münchhausens Balladen, die fast ausschließlich historische Stoffe behandeln und traditionelle Formen aufnehmen, waren im Kaiserreich und in der Weimarer Republik sehr populär. Vielfach wurden sie vertont und gehörten zum Kanon der Jugendbewegung der Zeit.

Nach 1933 veröffentlichte Münchhausen fast nur noch Neuauflagen seiner früheren Bücher sowie Anthologien. Gemeinsam mit seinem Cousin, dem Kunsthistoriker Dr. Hans Albrecht von der Gabelentz-Linsingen (seit 1930 „Burghauptmann der Wartburg“), gründete er in den 1930er Jahren die Deutsche Dichterakademie in Eisenach, die ihren Sitz auf der Wartburg hatte. Diese stand in Konkurrenz zur Berliner Preußischen Akademie.

Bis heute werden Münchhausens Balladen in vielen (west-)deutschen Schullesebüchern und Gedichtanthologien veröffentlicht, wenn ihre Beliebtheit seit den 1960er-Jahren auch deutlich abnahm.

Auszeichnungen und Ehrungen

  • Mejstrik-Preis der Deutschen Schillerstiftung (1923)

Werke

  • Gedichte. 1897
  • Juda. 1900
  • Balladen. 1906
  • Die Rittergüter der Fürstentümer Calenberg, Göttingen und Grubenhagen. Gustav Stölting-Einbeckhausen und Börries Frhr. v. Münchhausen. 1912 – Nachdruck durch H. Th. Wenner
  • Fröhliche Woche mit Freunden. Stuttgart, Berlin, 1922, 1925
  • Ausgewählte Aufsätze. 1933
  • Geschichten aus der Geschichte einer alten Geschlechtshistorie nacherzählt. 1934
  • Das dichterische Werk in zwei Bänden. 1950–1953

Literatur

  • Liselotte Greife (Hrsg.): Der letzte Münchhausen im Pleißengau. Goldebek: Mohland. 2002. ISBN 3-936120-08-0
  • Karl Hoppe: Börries von Münchhausen und Raabe. In: Jahrbuch der Raabe-Gesellschaft (1967) S. 105-109.
  • Thomas Schneider: „Heldisches Geschehen“ und „reiner blaublonder Stamm“. Die Erneuerung der Ballade und ihre Instrumentalisierung durch Börries von Münchhausen seit 1898. In: Edward Bialek, Manfred Durzak, Marek Zybura (Hrsg.): Literatur im Zeugenstand. Beiträge zur deutschsprachigen Literatur- und Kulturgeschichte. Festschrift zum 65. Geburtstag von Hubert Orlowski. Frankfurt/Main u.a.: Lang. 2002 (= Oppelner Beiträge zur Germanistik; 5). S. 541–561. ISBN 3-631-39495-0
  • Beate E. Schücking (Hrsg.): Deine Augen über jedem Verse, den ich schrieb. Briefwechsel 1897–1945. Börries von Münchhausen; Levin Ludwig Schücking. Oldenburg: Igel-Verlag Literatur. 2001. ISBN 3-89621-127-7

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, S. 424–425.
  2. a b c d Ernst Klee: Kulturlexikon, S. 424.
  3. Ernst Klee: Kulturlexikon, S. 423.

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