Buruli-Ulkus

Buruli-Ulkus
Klassifikation nach ICD-10
A31.1 Infektion der Haut durch sonstige Mykobakterien
Infektion durch Mycobacterium ulcerans [Buruli-Ulkus]
ICD-10 online (WHO-Version 2011)

Das Buruli-Ulkus (Ulcus tropicum) ist eine in den Tropen verbreitete infektiöse Erkrankung der Haut und Weichteile mit Bildung zum Teil ausgedehnter Geschwüre. Erreger ist das atypische Mykobakterium (MOTT) Mycobacterium ulcerans, das mit den Erregern von Tuberkulose und Lepra verwandt ist.

Inhaltsverzeichnis

Epidemiologie

Verbreitet ist die Erkrankung in vielen Ländern West-, Zentral- und Ostafrikas, kommt aber auch in Südasien, Lateinamerika und Australien vor. Häufig ist die ländliche Bevölkerung in der Nähe von Gewässern oder Sumpfland betroffen. Die Übertragungsmechanismen sind nicht völlig geklärt. Möglich scheint die Übertragung durch bestimmte Mückenarten.

Klinik

In den meisten Fällen sind die Extremitäten betroffen, bei Kindern können die Ulzerationen überall vorkommen. Aus einer papelartigen bis knotigen Hautschwellung heraus entwickelt sich das Geschwür, das erhebliche Ausdehnung annehmen kann. Verhängnisvoll ist, dass die Läsion schmerzlos ist und daher oft erst sehr spät einem Arzt vorgestellt wird. Nach Monaten bis Jahren heilt sie gelegentlich von selbst aus, allerdings kann es auch zu schweren Verstümmelungen, narbigen Kontrakturen oder Lymphödemen kommen.

Diagnose und Behandlung

Buruli-Ulkus an der Hand eines peruanischen Patienten. A) zum Zeitpunkt der Diagnosestellung. B) Der Ulkus vier Wochen später. C) Chirurgisches Débridement, fünfeinhalb Wochen nach Diagnosestellung. D) Verheilte Wunde fünf Monate nach A und ein Monat nach autologer Hauttransplantation

In Endemiegebieten wird die Diagnose in der Regel klinisch unterstützend durch die Mikroskopie aus Wundabstrichen oder Feinnadelaspiraten auf säurefeste Stäbchenbakterien nach Ziehl-Neelsen als first-line Test im Feld gestellt. Die histopathologische Untersuchung exzidierten Gewebes oder von 3mm Stanzbiopsien stellt eine hochsensitive und spezifische Methode dar, ist jedoch in Endemiegebieten meist nicht verfügbar. Die labordiagnostische Nachweismethoden mit der höchsten Sensitivität und Spezifität stellt die PCR der repetitiven Insertionssequenz IS2404 des M. ulcerans Genoms dar, und ist als konventionelle PCR oder real-time PCR nur in nationalen Referenzlaboren verfügbar. Die kulturelle Anzüchtung des Bakteriums ist geprägt von einer niedrigen Sensitivität (40-70%) und einer langen Inkubationszeit von mindestens 6 Wochen; somit ist diese Methode für die zeitnahe Diagnostik und Einleitung der Therapie ungeeignet, stellt jedoch derzeit die einzige Möglichkeit zum Viabilitätsnachweis der Erreger dar, welcher insbesondere bei Therapieversagern und Rezidiven für weitere Therapieentscheidungen notwendig ist. [1]

Die Therapie erfolgte bis 2004 weitgehend mittels chirurgischer Exzisionen, wobei Rezidivraten bis zu 30% berichtet wurden, da die Mykobakterien weit bis ins makroskopisch gesund erscheinende Gewebe vordringen. Eine rein chirurgisch kurative Therapie ist vorwiegend bei prä-ulcerativen Formen der Erkrankung erfolgversprechend [2]. Seit 2004 empfiehlt die WHO eine standardisierte antimykobakterielle Therapie mit Rifampicin p.o. und Streptomycin i.m. über 8 Wochen, die derzeit als hocheffizient eingestuft wird. Seit Einführung dieses Therapieregimes werden Rezidivraten von unter 2% berichtet. Antibiotikaresistenzen sind lediglich bei Monotherapie mit Rifampicin aus Ghana berichtet worden und stellen derzeit noch keinen limitierenden Faktor für eine erfolgreiche Chemotherapie dar [3]. Erste klinische Studien zur Anwendung eines rein oralen Therapieregimes mit Rifampicin und Clarithromycin zeigten erfolgsversprechende Ergebnisse vorwiegend bei früh diagnostizierten Erkrankungsfällen [4] [5].


Konsequentes Erhitzen der betroffenen Areale auf Temperaturen von 40°C inaktiviert die Bakterien und wird derzeit im Feldversuch erprobt. In einer ersten Studie bekamen sechs Buruli-Patienten mehrere Wochen lang Verbände mit entsprechenden Paketen aufgelegt. Alle Geschwüre heilten, Rückfälle waren auch 18 Monaten nach Abschluss der Behandlung nicht zu beobachten. Jetzt sollen die Methode an einer größeren Zahl von Patienten weiter erprobt und die Funktionsmechanismen im Detail erforscht werden.[6]
Wie kürzlich französische Wissenschaftler feststellten, haben auch bestimmte Illite (Tonmineralien) eine gute heilende Wirkung, welche zukünftig kostengünstige Präparate ermöglichen könnten[7].

Einzelnachweise

  1. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20210548
  2. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19139811
  3. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21036838
  4. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20137805
  5. http://www.who.int/buruli/information/iec/en/index.html
  6. Erste Studie erfolgreich (englisch).
  7. Wissenschaft.de: Schlamm gegen Bakterien

Weblinks

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