Burggraf

Burggraf
Das Areal der Nürnberger Burggrafenburg, links mit der Walburgiskapelle, einem der letzten Überreste der Burggrafenburg.

Der Burggraf (lat. praefectus, castellanus oder burggravius) ist ein Amt aus dem Lehnswesen des Mittelalters. Der Herrschaftsbereich eines Burggrafen hieß Burggrafschaft (lat. prefectura). Die zum landsässigen niederen Adel gehörenden Burggrafen übernahmen die Amtsbezeichnung manchmal auch als Namensbestandteil.

Der Begriff Burggraf kann sehr unterschiedliche Aspekte umfassen. Burggrafen konnten entweder dem König, einem Bischof oder einem Landesherren unterstehen, wobei sie administrative, militärische und/oder jurisdiktionelle Aufgaben wahrnahmen. Die Spannbreite reicht von Burggrafen, die tatsächlich nur das militärische Kommando über eine Burg innehatten und sich um deren Unterhaltung und Sicherung zu sorgen hatten, bis zu Burggrafen, die ihre Herrschaft über ein größeres Territorium ausdehnen konnten.

Der erste Burggraf im Deutschen Reich wird für Regensburg erwähnt. Arnold von St. Emmeram nennt in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts einen gewissen Burchard als prefectus Ratisbonensis. Die Gründung der Burggrafschaft erfolgte zwischen 953 und 972, vielleicht zum Jahreswechsel 960/61. Nach Burchard kamen die Burggrafen seit ca. 980 aus der Familie der Babonen. Nach deren Aussterben kurz vor 1200 gelangte die Burggrafschaft an Herzog Ludwig I. von Bayern. Der Charakter der Burggrafschaft war lange umstritten. Neue Forschungen haben ergeben, dass es sich bei der Burggrafschaft Regensburg um eine Stadtgrafschaft handelte. Die Burggrafschaft war demnach nicht der Grafschaft im westlichen Donaugau nachgeordnet oder eingegliedert, sondern eine eigenständige Grafschaft, deren Inhaber gräfliche Rechte (Jurisdiktion, Militärverwaltung, Administration) aus eigener Kraft ausübten. Anderen, wie den Burggrafen von Rheineck gelang es sogar, reichsunmittelbar zu werden und eine den Reichsgrafen ähnliche Stellung zu erhalten.

Daneben gab es – vor allem in Süd- und Ostdeutschland – im 11. bis 12. Jahrhundert zahlreiche Burggrafen – erwachsen aus dem älteren Amt des (Burg-)Vogtes – die nur der militärische Befehlshaber einer Reichs- oder Bischofsburg, einer Königs- oder Bischofsstadt waren und damit Übergeordnete der Burgmannen.

Ab Mitte des 12. Jahrhunderts schuf König Konrad III. eine neue Qualität des Burggrafen während der deutschen Ostkolonisation. Sie wurden Schützer und Verwalter von umfangreichem Königsgut im Umkreis der bedeutenden Reichsburgen und erhielten hier auch das Richteramt. Sie traten auch selbst als Kolonisatoren auf und schufen sich damit eigene Herrschaften. Mit dem Erstarken der Wettiner in der Markgrafschaft Meißen, dem späteren Sachsen, verschwanden sie in diesem Teil des Reiches im Verlauf der nächsten 200 Jahre.

Wie die anderen Ämter des Lehnsstaats wurde auch der Burggraf bald erblich, dann auch für landesherrliche Burgvögte benutzt, und war manchmal sogar nur ein reiner Titel.

Die Burggrafschaft konnte auch Ausgangspunkt adeliger Territorialpolitik werden, wie dies besonders deutlich bei den Burggrafen von Nürnberg oder der Burggrafschaft Friedberg zu beobachten ist.

Besonders bekannt sind die (bischöflichen) Burggrafen von Mainz, Magdeburg und Würzburg, die Burggrafen von Dohna, die Burggrafen von Staufeneck sowie die hohenzollernschen Burggrafen von Nürnberg und die meinheringer Burggrafen von Meißen, die Verwalter und Richter waren, aber nur in der Burg das militärische Kommando hatten.

Die das Amt vergebende Stelle konnte der Deutsche Kaiser oder ein geistliches Fürstentum wie das Hochstift Würzburg, das zunächst das Burggrafenamt an die Grafen von Henneberg vergab, oder das Stift St. Cassius in Bonn, das das Burggrafenamt für den Drachenfels (Siebengebirge) in Kurköln vergab.

Manchmal war das Amt von Beginn an erblich ausgelegt (Drachenfels), meist wurde es später erblich (Nürnberg) oder es wurde auch entzogen (wie im Fall des Bistums Würzburg, das seine weltliche Sicherung 1230 selbst übernahm).

Ein Beispiel für die Entwicklung des Burggrafenamtes ist die Entwicklung der Burggrafen von Tirol, die sich von den Vögten für die Bischöfe von Trient und Brixen zu den das ganze Land beherrschenden Grafen von Tirol, deren damaliges Kerngebiet in Südtirol heute Burggrafenamt heißt.

In Österreich wurde der Begriff Burggraf erst ab dem Ende des Mittelalters verwendet. Parallel wurde auch dazu der gleichbedeutende Ausdruck Burghauptmann verwendet, den es bis heute gibt.

Die einzige ehemals adlige Familie Deutschlands, die den Amtstitel "Burggraf" auch heute noch als Namensbestandteil trägt sind die Dohna (Adelsgeschlecht).

Siehe auch

Literatur

  • Karl August Eckhardt: Präfekt und Burggraf, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Germanistische Abteilung 46 (1926), S. 163–205
  • Joachim Friedl: Die Burggrafschaft Regensburg. Militärkommando oder Stadtgrafschaft?, in: Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg 146 (2006), S. 7–58
  • Aloys Meister: Burggrafenamt oder Burggrafentitel?, in: Historisches Jahrbuch 27 (1906), S. 253–265
  • Siegfried Rietschel: Das Burggrafenamt und die hohe Gerichtsbarkeit in den deutschen Bischofsstädten während des frühen Mittelalters, 1905, ND 1965
  • Hans Schulze: Burggraf, -schaft, in: Lexikon des Mittelalters 2, 2002, Sp. 1048–1050
  • André Thieme: Die Burggrafschaft Altenburg. Studien zu Amt und Herrschaft im Übergang vom hohen zum späten Mittelalter, 2001
  • Wilhelm Volkert: Kleines Lexikon des Mittelalters. Von Adel bis Zunft. Verlag C. H. Beck, München 1991, S. 44-45

Weblinks


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