Burg Hinterhohenschwangau

Burg Hinterhohenschwangau
Blick von Osten

Das Schloss Neuschwanstein ist ein Schloss im Allgäu auf dem Gebiet der Gemeinde Schwangau bei Füssen, das Ludwig II. von Bayern erbauen ließ. Es ist das berühmteste seiner Schlösser und eines der bekanntesten Touristenziele in Deutschland. Architektur und Innenausstattung treiben den romantischen Historismus und Eklektizismus des 19. Jahrhunderts auf die Spitze. Es wird daher von Touristikunternehmen auch als „Märchenschloss“ bezeichnet. In unmittelbarer Nähe liegt auch das Schloss Hohenschwangau.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Ursprünglich standen an der Stelle des heutigen Schlosses die Burgen Vorder- und Hinterhohenschwangau, die zu Lebzeiten König Ludwigs nur noch als Ruinen vorhanden waren. Diese Ruinen wurden vor der Grundsteinlegung zu Neuschwanstein komplett entfernt. An der Stelle des heutigen Schlosses Hohenschwangau stand eine Burg namens Schwanstein, die Namen wurden Anfang des 19. Jahrhunderts vertauscht. „Im echten Styl der deutschen Ritterburgen“ wollte König Ludwig II. (Bayern) die Burgruine Vorderhohenschwangau wieder aufgebaut haben, wie aus einem Brief an Richard Wagner vom 15. Mai 1868 hervorgeht. Angeregt zu diesem Burgbau wurde Ludwig II. durch frühe Pläne seines Vaters, ganz besonders aber wohl durch seine Reise 1867 nach Eisenach, wo er mit seinem Bruder Otto I., König von Bayern die Wartburg besuchte. Beim Ritterbad und dem Sängersaal dienten die Vorbilder auf der Wartburg als Entwurfsvorlagen. Ludwig II. ließ sich allerdings nicht nur vom deutschen Mittelalter, sondern auch von der maurischen Welt Spaniens sowie von der Sagenwelt Richard Wagners inspirieren, wofür ihm Eduard Riedel und Christian Jank die Entwürfe lieferten.

Ludwig hielt sich zur Zeit seiner Entmündigung am 9. Juni 1886 in Neuschwanstein auf, es war das letzte seiner selbst in Auftrag gegebenen Schlösser, das er bewohnte. Beim Tod Ludwigs in der Nähe von Schloss Berg am 13. Juni 1886 war Neuschwanstein noch nicht fertiggestellt. Ludwig wohnte nach bis dato 17-jähriger Bauzeit gerade einmal 172 Tage im Schloss. Lediglich ein Drittel der geplanten Räume war zu diesem Zeitpunkt vollendet. Ludwig II. wollte dieses Schloss niemals der Öffentlichkeit zugänglich machen, wollte es lieber zerstört wissen als vom gemeinen Volk entzaubert. Aber schon sechs Wochen nach seinem Tod wurde das Schloss für Besucher geöffnet, und heute zählt Neuschwanstein bis zu 5000 Besucher am Tag in der Hochsaison (Juni bis August). Um einen reibungslosen Besichtigungsverlauf zu gewährleisten, wurden einige Räume noch fertiggestellt – so wurde der Mosaikfußboden im Thronsaal erst nach dem Tod des Königs vollendet.

Baugeschichte

Neuschwanstein 1886 beim Tod Ludwigs II.
Neuschwanstein während der Bauarbeiten (um 1882/85)

Die Grundsteinlegung erfolgte am 5. September 1869. In den Jahren 1869 bis 1873 wurde der Torbau fertiggestellt und vollständig eingerichtet, so dass Ludwig hier zeitweilig wohnen und die Bauarbeiten beobachten konnte. 1874 übernahm Georg von Dollmann die Leitung der Baumaßnahmen von Eduard Riedl. Im Jahr 1880 war Richtfest für den Palas, der 1884 bezogen werden konnte. Eine abgeschlossene Wohnung wurde für den König im zweiten Obergeschoss eingerichtet, komfortable Räume im ersten Stockwerk sorgten für ausreichende Bequemlichkeit der gesamten Bauleitung. Die Wünsche und Ansprüche Ludwigs wuchsen mit dem Bau: Anstelle des großen Thronsaales war ursprünglich ein bescheidenes Arbeitszimmer geplant, vorgesehene Gästezimmer wurden aus den Entwürfen wieder gestrichen, um Platz für einen „Maurischen Saal“ zu schaffen (der aufgrund der ständigen Geldknappheit letztlich aber nicht realisiert wurde).

Das Schloss wurde in konventioneller Backsteinbauweise errichtet und dann später mit anderen Gesteinsarten verkleidet. Die Sandsteinquader für die Portale und Erker stammen aus Schlaitdorf, am Schönbuchrand in Württemberg gelegen. Für die Fenster, die Gewölbebogenrippen, Säulen und Kapitelle wurde Untersberger Marmor, aus der Gegend von Salzburg, verwendet. Für den nachträglich in die Pläne eingearbeiteten Thronsaal wurde ein Stahlgerüst eingezogen. Um den Transport der enormen Menge an Baumaterialien zu erleichtern, wurde ein Gerüst errichtet und ein Dampfkran aufgestellt, welcher das Material zur Baustelle heraufzog. Ein weiterer Kran sorgte für Erleichterung auf der Baustelle selbst. Der damals neu gegründete Dampfkessel-Revisionsverein, der spätere Technische Überwachungsverein TÜV, überprüfte regelmäßig diese beiden Kessel auf ihre Sicherheit.

Nach dem Tode König Ludwigs II. wurden der Viereckturm und das Ritterhaus vereinfacht fertiggestellt und die Kemenate errichtet, zu der nur das Fundament gelegt war. Nicht mehr ausgeführt wurde das Kernstück der Anlage, der Bergfried mit der Burgkapelle, wie ihn Christian Jank in seinem Entwurf von 1871 dargestellt hat. Der Burggarten mit Terrassen und Springbrunnen unterhalb des Thronsaals wurde ebenfalls nicht errichtet.

Die soziale Versorgung der Bauarbeiter

Sehr modern war die soziale Einrichtung „Verein der Handwerker am königlichen Schlossbau zu Hohenschwangau“, die am 3. April 1870 gegründet wurde. Der Zweck des Vereins war, bei geringen eigenen Monatsbeiträgen und verstärkt durch erhebliche Zuschüsse des Königs, für erkrankte oder verletzte Bauarbeiter eine Lohnfortzahlung zu garantieren. Die Baufirma bürgte, ähnlich einer heutigen Sozialversicherung oder Berufsgenossenschaft, für das Gehalt über 15 Wochen gegen einen Betrag von 0,70 Mark. Für die Nachkommen derjenigen, die beim Bau tödlich verunglückten, gab es sogar eine Rente - wenn auch klein, aber zu damaligen Zeiten nicht üblich.

Statistiken berichten von 39 Familien, denen diese Rente zugesprochen wurde, was für damalige Bauten und deren Arbeitsbedingungen auffällig wenige sind. Denn die Großbaustelle war etwa zwei Jahrzehnte lang der größte Arbeitgeber der Region: Täglich arbeiteten mindestens 200 Steinmetze, Maurer, Bedienstete und Arbeiter auf der Baustelle, nicht berücksichtigt alle Lieferanten oder Ladenbesitzer. Und zu Zeiten, als der König besonders enge Termine und dringende Änderungen forderte, sollen es sogar bis zu 300 Arbeiter pro Tag gewesen sein, die auch in der Nacht beim Schein von Öllampen ihren Dienst taten. Statistiken aus den beiden Jahren 1879/1880 belegen eine immense Menge an Baumaterialien: 465 Tonnen Salzburger Marmor, 1550 Tonnen Sandstein, 400.000 Ziegelsteine und 2050 Kubikmeter Holz für das Baugerüst.

Die Ausstattung und Innenräume

Postkarte: Ludwig II. (Bayern), beritten, in der Uniform seines Leibregiments, des 4. Chevauleger Regiments. Im Hintergrund Neuschwanstein

Obwohl es nicht vollendet wurde, beherbergt das Schloss eine große Zahl bedeutsamer Innenräume der Neoromanik. Zu den wichtigsten zählt hierbei der nach dem Vorbild der Allerheiligen-Hofkirche in der Münchner Residenz gestaltete und von Julius Hofmann entworfene Thronsaal, dessen Wandmalereien Wilhelm Hauschild schuf. Dieser doppelstöckige, zweitgrößte Saal des Schlosses endet in einer Apsis, welche den – nie fertiggestellten – Thron Ludwigs aufnehmen sollte. Der Fußboden ist mit Pflanzen- und Tierdarstellungen versehen. Der größte Raum, der Sängersaal, wurde nach dem Beispiel des Festsaals in der Wartburg geschaffen und mit Themen aus Lohengrin und Parzival ausgeschmückt. Neben den großen Prunksälen wurden für Ludwig auch die kleineren Wohnräume geschaffen. Zwischen dem nahezu intim wirkenden Wohn- und dem Arbeitszimmer findet sich hier eine kleine so genannte Grotte, die mit einem künstlichen Wasserfall und farbiger Beleuchtung dekoriert wurde. Das Esszimmer wurde mittels eines Speiseaufzuges mit der Küche verbunden. Da sich diese drei Stockwerke tiefer befindet, konnte hier kein „Tischlein-deck-Dich“ wie in Schloss Linderhof und Schloss Herrenchiemsee installiert werden. Im Schlafzimmer des Königs – zusammen mit der Kapelle die einzigen in den Formen der Neogotik gestalteten Räume – steht ein mächtiges, mit Schnitzwerk verziertes Bett. An dem mit kleinen Fialen dekorierten Betthimmel und den Wandverkleidungen aus Eichenholz arbeiteten vierzehn Schnitzer über vier Jahre. In diesem Raum wurde Ludwig in der Nacht vom 11. zum 12. Juni 1886 festgenommen.

Thronsaal, Postkarte Ende 19. Jahrhundert

Das Schloss war mit technischen Raffinessen ausgestattet, welche dem neusten Stand der damaligen Zeit entsprachen. So verfügte es unter anderem über eine ausgeklügelte Calorifère-Heizung und eine batteriebetriebene Klingelanlage für die Dienerschaft. Die Küchenausstattung enthielt einen Rumfordherd, der den Spieß durch Eigenwärme in Bewegung setzte und somit seine Umdrehungen der Hitze anpassen konnte. Auch eine eigene Warmwasseraufbereitung war bereits eingebaut, für damalige Zeiten ebenso ein Novum wie die Toiletten mit automatischer Spülung.

Weiter zu besichtigende Räume während der Führung sind die Dienerschaftsräume. Diese sind recht spärlich mit Mobiliar aus massiver Eiche eingerichtet. Neben je einem Tisch und einem Schrank gibt es noch je zwei 1,80 m lange Betten. Die Räume waren mit Fenstern aus undurchsichtigem Glas vom Gang, der von der Freitreppe zur Haupttreppe führte, abgegrenzt, so dass der König ungesehen ein- und ausgehen konnte. Den Dienern war es nicht gestattet, die Haupttreppe zu benutzen, sie mussten die wesentlich schmalere und steilere Dienerschaftstreppe nutzen. Während die Diensträume eher bescheiden wirken, ist 62 Treppenstufen höher der Prunk im Wohngeschoss des Königs nicht zu übersehen. Ein Mosaik schmückt den Boden des Thronsaals und ein Leuchter, einer byzantinischen Krone nachempfunden, spendet Licht. Lediglich der Thron fehlt im Thronsaal; vor seinem Eintreffen war der König bereits verstorben.

Das Schloss als Museum

Abbildung auf Briefmarke der Serie Burgen und Schlösser von 1977

Das Schloss wurde sechs Wochen nach Ludwigs Tod der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Zunächst durften sich die Besucher frei im Schloss bewegen, was zur Folge hatte, dass sich das von der Hofschreinerei extra angefertigte Mobiliar sehr schnell abnutzte – jeder wollte auf den Stühlen des Königs sitzen. Dieser Umstand erklärt den Zustand der Einrichtung, obwohl der König ja nur kurz darin gewohnt hat. Um weiteren Verschleiß zu vermeiden, ist es heute nur noch im Rahmen einer etwa 35-minütigen Führung möglich, das Schloss zu besichtigen. Daneben gibt es noch so genannte Themenführungen, die sich beispielsweise mit den Sagenwelten der jeweiligen Bilder befassen.

Sonstiges

Neuschwanstein (Bildmitte unten) und Hohenschwangau (Links unten) mit Panorama vom Säuling aus

Das Schloss Neuschwanstein gehört zu den bedeutsamsten Touristenzielen Deutschlands und gilt weltweit als Sinnbild für die Zeit der Romantik. Es lockt pro Jahr um die 1,3 Millionen Gäste an, eine Aufnahme in die Liste des UNESCO-Weltkulturguts wird angestrebt. Es war Vorbild für die Dornröschenschlösser in den Disneyland-Themenparks und Drehort für diverse Märchenfilme.

Am Ende des Zweiten Weltkrieges wurden auf dem Schloss Goldschätze der Deutschen Reichsbank gelagert. In den letzten Kriegstagen wurden sie jedoch an einen bis heute unbekannten Ort verschleppt. Nach dem Zweiten Weltkrieg nutzte die Bayerische Archivverwaltung einige Räume im Schloss Neuschwanstein als provisorisches Bergungslager für Archivalien, da man in München ausgebombt worden war.

Der chinesische Unternehmer Zhang Yuchen möchte das Schloss Neuschwanstein in China eins zu eins nachbauen. Er erstellte bereits eine Kopie des Schlosses Maisons-Laffitte.

Außerdem war Neuschwanstein unter der Abstimmung über die neuen Weltwunder im Jahr 2007 zu finden. Das Schloss konnte sich allerdings nicht durchsetzen und wirbt nun mit dem Zusatz „…das achte Weltwunder“.

Marienbrücke

Marienbrücke und Schloss Neuschwanstein
Marienbücke

Die Marienbrücke in der Gemeinde Schwangau bei Füssen ist eine Brücke über die Pöllatschlucht unmittelbar hinter und direkt sichtbar vom Schloss Neuschwanstein. Die Brücke wurde benannt nach Ludwigs Mutter Marie.

1845 hatte König Maximilian II. von Bayern über die Pöllat einen hölzernen Reitersteg anlegen lassen, der allerdings schon wenige Jahre später wieder erneuert werden musste. Im Jahr 1866 ließ König Ludwig II. diesen Steg von den Gustavsburger Werkstätten der Maschinenbau-Gesellschaft Nürnberg, Cramer-Klett & Co (heute MAN AG), durch eine filigrane Eisenkonstruktion nach einem Entwurf des Königlichen Oberbaurats Heinrich Gottfried Gerber ersetzen. Beim Bau der Marienbrücke wurde zum ersten Mal eine zur damaligen Zeit völlig neue Konstruktionsweise erfolgreich erprobt: In neunzig Metern Höhe über dem Pöllatfall wurden die Träger durch Vorbauen der einzelnen Trägerfache von den auf beiden Seiten im Felsen befestigten Verankerungen aus aufgestellt, ohne weitere stützende Rüstung.

Im Jahr 1984 wurde die Brücke restauriert, wobei die Träger erneuert werden mussten. Die Geländer sind bis heute im Original erhalten.

Weitere Ludwigsschlösser

Literatur

  • Jean Louis Schlim: Ludwig II. Traum und Technik. Buchendorfer Verlag, ISBN 3-934036-52-X.
  • Michael Petzet: Gebaute Träume. Die Schlösser Ludwigs II. von Bayern. Hirmer, ISBN 3-7774-6600-X.
  • Marcus Spangenberg: Der Thronsaal von Schloss Neuschwanstein. Ludwig II. und sein Verständnis vom Gottesgnadentum. Schnell und Steiner, Regensburg 1999, ISBN 3-7954-1225-0 (englische Ausgabe 3-7954-1233-1).

Weblinks

47.55757910.7497047Koordinaten: 47° 33′ 27,28″ N, 10° 44′ 58,93″ O


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