Bundesversammlung (Schweiz)

Bundesversammlung (Schweiz)
Bundeshaus (Parlamentsgebäude) und Bundesplatz in Bern

Die Bundesversammlung (französisch Assemblée fédérale, italienisch Assemblea federale, rätoromanisch Assamblea federala), das Parlament der Schweizerischen Eidgenossenschaft, besteht aus zwei gleichgestellten Kammern: dem 200 Mitglieder zählenden Nationalrat und dem 46-köpfigen Ständerat. National- und Ständerat bilden zusammen die gesetzgebende Gewalt (Legislative).[1] Die Kammern verhandeln in der Regel getrennt.[2]

Inhaltsverzeichnis

Kompetenzen der Bundesversammlung

Hauptaufgabe des Parlamentes und seiner Mitglieder ist die Vertretung der unterschiedlichen Interessen der Wählerinnen und Wähler. Das Parlament beschliesst über alle grundlegenden Fragen des Bundesstaates (unter Vorbehalt der übergeordneten Referendums- und Initiativrechte des Volkes und der Stände). Bundesrat, Bundesgerichte und Bundesverwaltung dürfen nur im Rahmen der ihnen von Volk oder Parlament übertragenen Aufgaben aktiv werden. Die Kompetenzen der Bundesversammlung werden in der Bundesverfassung geregelt. Die wesentlichen Kompetenzen sind:

Wandelhalle im Bundeshaus

Gesetzgebungskompetenz

In modernen demokratischen Staaten ist alles staatliche Handeln an die Gesetze gebunden. Das heisst, dass der Staat nur dort handeln kann, wo eine allgemeingültige Regelung dies ermöglicht. Die Gesetzgebung ist deshalb die zentrale Aufgabe des Staates. Da das Parlament die höchste demokratische Legitimation aller staatlichen Organe aufweist, ist ihm diese Aufgabe zugetragen. Das Parlament wird deshalb auch als «Legislative» bezeichnet. In der Schweiz werden in denjenigen Bereichen, in welchen die gesetzgebende Gewalt beim Bund liegt, die zur Ausübung dieser Gewalt ergehenden Gesetze von der Bundesversammlung geschaffen. Dazu gehören, auf einer höheren Ebene, die verfassungsändernden Erlasse; auch die Verfassungsrevisionen werden – ausgenommen bei Volksinitiativen – von der Bundesversammlung geschaffen. Das alles unter Vorbehalt des obligatorischen oder fakultativen Referendums.[3]

Finanzkompetenz

Diese Kompetenz bezieht sich nicht auf die Erhebung von Steuern, sondern auf die Verwendung ihres Ertrages. (Die Steuererhebung wird durch Gesetze geregelt, sie fällt also unter die Gesetzgebungskompetenz des Parlaments [s. oben].) In der Ausübung ihrer Finanzkompetenz äussert sich die Bundesversammlung zu den Ausgaben des Bundes, gewährt oder verweigert Kredite, das heisst sie ermächtigt den Bundesrat oder ermächtigt ihn nicht, Verpflichtungen einzugehen oder Schulden zu begleichen. Subventionsbestimmungen sowie Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen, die neue einmalige Ausgaben von mehr als 20 Millionen Franken oder neue wiederkehrende Ausgaben von mehr als 2 Millionen Franken nach sich ziehen, bedürfen der Zustimmung der beiden Räte («Ausgabenbremse»). Die Bundesversammlung beschliesst also die Ausgaben des Bundes, setzt den jährlichen Voranschlag fest (in der Wintersession) und nimmt jeweils in der Sommersession die jährliche Staatsrechnung ab.

Internationale Kompetenz

Die Bundesversammlung kann sich aufgrund dieser Kompetenz an der Gestaltung der Aussenpolitik der Schweiz beteiligen und die Pflege der Beziehungen zum Ausland beaufsichtigen. Sie genehmigt die völkerrechtlichen Verträge; davon ausgenommen sind die Verträge, für deren Abschluss aufgrund von Gesetz oder völkerrechtlichem Vertrag der Bundesrat zuständig ist.[4]

Die Vereinigte Bundesversammlung applaudiert dem neu gewählten Bundesrat Didier Burkhalter

Wahlkompetenz

Die Wahlkompetenz nimmt die Bundesversammlung als Vereinigte Bundesversammlung wahr, das heisst in gemeinsamer Sitzung von Nationalrat und Ständerat unter Leitung des Nationalratspräsidenten. In dieser Versammlungsform wählt das Parlament die sieben Mitglieder der Regierung sowie den Bundeskanzler. Das Parlament wählt auch die Mitglieder der eidgenössischen Gerichte (Bundesgericht, Bundesstrafgericht, Bundesverwaltungsgericht) und des Militärkassationsgerichts. Bei Kriegsgefahr wählt die Bundesversammlung den General der Schweizer Armee.[5]

Aufsichtskompetenz

Über folgende Aufsichtskompetenzen verfügt die Bundesversammlung:

  • Oberaufsicht über den Bundesrat und die Bundesverwaltung: Mit der Oberaufsicht soll geprüft werden, ob Bundesrat und Verwaltung ihre Aufgaben gesetzmässig, zweckmässig und wirksam erfüllen.
  • Oberaufsicht über die Gerichte: Die Bundesversammlung vergewissert sich, ob die Gerichte ihre Aufgaben richtig erfüllen. In dieser Kontrolle überwacht sie nicht die Rechtsprechung der Gerichte, sondern sie muss prüfen, ob die hängigen Verfahren innert nützlicher Frist erledigt werden, ob also die richterlichen Behörden so organisiert und ausgestattet sind, dass sie die ihnen unterbreiteten Fälle erledigen können.
  • Oberaufsicht über andere Träger von Aufgaben des Bundes (zum Beispiel die Post oder die SBB).[6]

Beziehungen zwischen Bund und Kantonen

Die Bundesversammlung sorgt für die Pflege der Beziehungen zwischen Bund und Kantonen. Sie gewährleistet die Kantonsverfassungen.[7]

Verwaltungsmässige Kompetenz

Die Bundesversammlung entscheidet über Gesuche für Eisenbahnkonzessionen, den Verlauf von Nationalstrassen und die Bewilligung zum Bau von Einrichtungen zur Erzeugung von Atomenergie.

Weitere Kompetenzen

  • Überprüfung der Wirksamkeit von Massnahmen des Bundes (Evaluation);[8]
  • Erteilung von Aufträgen an den Bundesrat;[9]
  • Treffen von Massnahmen zur Wahrung der äusseren Sicherheit, der Unabhängigkeit und der Neutralität der Schweiz;
  • Treffen von Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit;
  • Anordnung des Aktivdienstes;
  • Treffen von Massnahmen zur Durchsetzung des Bundesrechts;
  • Überprüfung der Gültigkeit zu Stande gekommener Volksinitiativen;
  • Mitwirkung bei der Planung der Staatstätigkeit;
  • Entscheidung über Einzelakte, soweit ein Gesetz dies ausdrücklich vorsieht (dazu gehören unter anderem Eisenbahnkonzessionen oder die Bewilligungen zum Bau von Einrichtungen zur Erzeugung von Atomenergie);
  • Entscheidung über Zuständigkeitskonflikte zwischen den obersten Bundesbehörden und
  • Entscheidung über Amnestien und Begnadigungen.[10]
Session im Nationalrat

Sessionen

Der Sitz der Bundesversammlung ist in Bern. In Ausnahmefällen darf das Parlament beschliessen, ausserhalb Berns zu tagen.[11] Dies war bis anhin dreimal der Fall: In der Herbstsession 1993 tagte sie vom 20. September bis zum 8. Oktober aufgrund von Renovationsarbeiten im Nationalratssaal in Genf; in der Frühjahrssession 2001 tagte sie vom 5. bis zum 23. März aufgrund von Sanierungsarbeiten im Ständeratssaal in Lugano; und in der Herbstsession 2006 tagte sie vom 18. September bis zum 6. Oktober in Flims (Kanton Graubünden). Das Parlamentsgebäude wurde in dieser Zeit totalsaniert.[12] National- und Ständerat kennen drei Arten von Sessionen:

  1. die ordentliche Session;
  2. die ausserordentliche Session und
  3. die Sondersession.

Ordentliche Session

Die aktuelle Praxis sieht vor, dass National- und Ständerat sich zu vier ordentlichen Sessionen von je drei Wochen Dauer pro Jahr versammeln. Beide Räte tagen an denselben Tagen.[13]

Ausserordentliche Session

Ein Viertel der Mitglieder eines Rates oder der Bundesrat können die Einberufung der Räte zu einer ausserordentlichen Session verlangen.[14] Die ausserordentliche Session dient nicht der Erledigung von Geschäften, sondern erlaubt den Räten, auf besondere Ereignisse zu reagieren.

Sondersession

Jeder Rat kann für sich Sondersessionen beschliessen, wenn die ordentlichen Sessionen zum Abbau der Geschäftslast nicht ausreichen.[15] Damit gehört die Sondersession im Grunde zum Typus der ordentlichen Session. Über die Abhaltung einer Sondersession entscheidet das Ratsbüro des jeweiligen Rates (siehe unten). Gänzlich frei ist das Büro jedoch nicht in dieser Entscheidung, denn das Geschäftsreglement des Nationalrates hält fest, dass der Rat sich pro Jahr mindestens einmal zu einer höchstens eine Woche dauernden Sondersession versammelt, sofern genügend Beratungsgegenstände behandlungsreif sind.[16].

Parlamentarische Instrumente, Vorstösse

Antrag

Die Ratsmitglieder können zu hängigen Beratungsgegenständen Anträge einreichen, um einen vom Rat zu behandelnden Entwurf zu einem Erlass (Bundesgesetz, Bundesbeschluss oder Verordnung der Bundesversammlung) abzulehnen oder anzunehmen, zu ändern oder einer Kommission zuzuweisen oder an den Bundesrat zurückzuweisen. Mit einem Ordnungsantrag kann eine Änderung des Verfahrens vorgeschlagen werden. Der Antrag ist eines der wichtigsten Instrumente der Ratsmitglieder.[17]

Parlamentarische Initiative

Mit einer parlamentarischen Initiative kann der Entwurf zu einem Erlass oder können Grundzüge eines solchen Erlasses vorgeschlagen werden. Alle Gesetzgebungsarbeiten erfolgen in einer Kommission von National- oder Ständerat (Legislativkommissionen). Die parlamentarische Initiative ist ausgeschlossen, wenn zum gleichen Gegenstand bereits eine Vorlage unterbreitet worden ist. Dann kann das Anliegen im Rat mit einem Antrag eingebracht werden.[18]

Parlamentarische Vorstösse

Motion

Die Motion beauftragt den Bundesrat, einen Erlassentwurf vorzulegen oder eine Massnahme zu treffen. Die Motion wird von einem oder mehreren Ratsmitgliedern unterzeichnet. Wenn ihr der Rat der Motionärin oder des Motionärs und anschliessend auch der andere Rat zustimmen, gilt die Motion als angenommen. Der Zweitrat kann auf Antrag der vorberatenden Kommission oder des Bundesrates Änderungen am Text vornehmen. Über die Änderungen des Zweitrates beschliesst der Erstrat nochmals, ohne selber weitere Änderungen vornehmen zu dürfen.[19]

Postulat

Das Postulat beauftragt den Bundesrat, zu prüfen und zu berichten, ob ein Entwurf zu einem Erlass der Bundesversammlung (Bundesgesetz, Bundesbeschluss oder Verordnung) vorzulegen oder eine Massnahme zu treffen sei.[20]

Interpellation

Die Interpellation verlangt Auskunft über wichtige innen- oder aussenpolitische Ereignisse und Angelegenheiten des Bundes. Über die Antwort des Bundesrats kann eine Diskussion verlangt werden. Eine Interpellation kann mit Zustimmung des Ratsbüros als dringlich erklärt und in der laufenden Session behandelt werden, wenn sie bis zum Beginn der dritten Sitzung (in der Regel am Mittwoch der ersten Sessionswoche) einer dreiwöchigen Session eingereicht wird.[21]

Anfrage

Die Anfrage verlangt Auskunft über wichtige innen- oder aussenpolitische Ereignisse und Angelegenheiten des Bundes. Die Anfrage wird vom Bundesrat schriftlich beantwortet und im Rat nicht behandelt. Die Anfrage kann im Nationalrat mit Zustimmung der Präsidentin oder des Präsidenten, im Ständerat mit Zustimmung des Ratsbüros dringlich erklärt werden. Sie muss in einer dreiwöchigen Session eine Woche vor Sessionsende und in einer einwöchigen Session am ersten Tag eingereicht werden.[22]

Fragestunde im Nationalrat

Die Montagssitzungen des Nationalrates der zweiten und dritten Sessionswoche beginnen mit einer Fragestunde. Behandelt werden aktuelle Fragen, die am vorangehenden Mittwoch bis spätestens zum Sitzungsschluss eingereicht worden sind. Die Fragen sind kurz zu fassen (einige Zeilen, ohne Begründung). Sie werden von der zuständigen Departementschefin oder vom zuständigen Departementschef kurz beantwortet, sofern die Fragestellerin oder der Fragesteller anwesend ist. Anschliessend können diese eine sachbezogene Zusatzfrage stellen. Die Dauer der Fragestunde beträgt höchstens 90 Minuten.[23]

Organe der Bundesversammlung

Das Bundesgesetz über die Bundesversammlung (ParlG) bezeichnet folgende Organe der Bundesversammlung:

  1. den Nationalrat;
  2. den Ständerat;
  3. die Vereinigte Bundesversammlung;
  4. die Präsidien;
  5. die Büros;
  6. die Koordinationskonferenz und die Verwaltungsdelegation;
  7. die Kommissionen und ihre Subkommissionen sowie Delegationen und
  8. die Fraktionen.

Nationalrat

Der Nationalrat besteht aus 200 Abgeordneten des Volkes, die direkt vom Volk gewählt und seit 1919 nach dem Prinzip des Proporzes alle vier Jahre gewählt werden. Eine Legislaturperiode dauert folglich 4 Jahre. Bei rund 7,5 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern entfällt auf je 37'500 ein Sitz (Wohnbevölkerung geteilt durch 200). Jeder Kanton ist ein Wahlkreis und entsendet zumindest eine Nationalrätin oder einen Nationalrat, auch wenn seine Bevölkerungszahl unter 37'500 Einwohnern liegt. In den Kantonen, in denen dies der Fall ist, gilt die Majorzwahl: Gewählt ist, wer am meisten Stimmen erhält. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los.

Ständeratssaal

Ständerat

Der Ständerat setzt sich aus 46 Vertreterinnen und Vertretern der Schweizer Kantone zusammen. Jeder Kanton wählt zwei, Obwalden und Nidwalden, Basel-Landschaft und Basel-Stadt sowie Appenzell Ausser- und Innerrhoden je eine oder einen Vertreter. Für 45 Mitglieder erfolgt die Wahl gleichzeitig mit dem Nationalrat. In Appenzell Innerrhoden wählt die Landsgemeinde die Ständevertretung im April vor den Nationalratswahlen. Bei der Ständeratswahl gilt kantonales Recht. Für die Wahlen in den Ständerat gelangt in den Kantonen das Majorzsystem zur Anwendung, ausgenommen in den Kantonen Jura und Neuenburg, wo das Proporzsystem gilt.

Vereinigte Bundesversammlung

National- und Ständerat verhandeln gemeinsam als Vereinigte Bundesversammlung unter dem Vorsitz des Nationalratspräsidenten, um[24]

  • Wahlen vorzunehmen (siehe oben, Punkt Kompetenzen),
  • Zuständigkeitskonflikte zwischen den obersten Bundesbehörden zu entscheiden,
  • Begnadigungen auszusprechen,
  • besonderen Anlässen beizuwohnen und
  • Erklärungen des Bundesrates entgegenzunehmen.

Präsidien

Die Präsidentin oder der Präsident leitet die Verhandlungen des Rates. Sie oder er legt im Rahmen der Sessionsplanung die Tagesordnung des Rates fest, leitet das Ratsbüro und vertritt den Rat gegen aussen. Die Präsidentin oder der Präsident sowie die beiden Vizepräsidentinnen oder Vizepräsidenten bilden das Präsidium. Präsidentin oder Präsident sowie erste und zweite Vizepräsidentin respektive Vizepräsident werden jeweils für die Dauer eines Jahres gewählt. Eine Wiederwahl für das folgende Jahr ist ausgeschlossen. Die Ratspräsidentin oder der Ratspräsident stimmt in aller Regel nicht mit. Das Recht sieht aber zwei Ausnahmen vor:

  • Bei Stimmengleichheit im Rat steht der jeweiligen Präsidentin oder Präsidenten der Stichentscheid zu und
  • bei Dringlicherklärung von Bundesgesetzen; bei Subventionsbestimmungen sowie Verpflichtungskrediten und Zahlungsrahmen, die eine vom Gesetz festgesetzte Grösse übersteigen; und bei der Erhöhung der Gesamtausgaben bei einem ausserordentlichen Zahlungsbedarf.

Der Nationalrat kennt darüber hinaus auch das Alterspräsidium. Eine Alterspräsidentin oder ein Alterspräsident wird nur alle vier Jahre bestimmt. Alterspräsidentin oder Alterspräsident ist dasjenige Mitglied des Rates, das die längste ununterbrochene Amtsdauer aufweist. Bei gleicher Amtsdauer hat das ältere Mitglied den Vorrang. Die Alterspräsidentin oder der Alterspräsident führt den Vorsitz im Rat, bis die neue Präsidentin oder der neue Präsident gewählt ist. Nebst anderen Aufgaben hält die Alterspräsidentin oder der Alterspräsident vor dem sich neu konstituierenden Rat nach den Gesamterneuerungswahlen des Parlamentes eine Rede.

Büros

Das Büro ist jenes Organ eines Rates, das sich mit dem Verfahren, der Organisation und der Verwaltung des entsprechenden Rates beschäftigt. Das Büro des Nationalrates setzt sich zusammen aus den drei Mitgliedern des Präsidiums, den vier Stimmenzählerinnen oder Stimmenzählern und den Präsidentinnen oder Präsidenten der Fraktionen. Das Büro des Ständerates setzt sich zusammen aus den drei Mitgliedern des Präsidiums, einer Stimmenzählerin oder einem Stimmenzähler, einer Ersatzstimmenzählerin oder einem Ersatzstimmenzähler und je einem weiteren Mitglied aus denjenigen Fraktionen der Bundesversammlung, welche im Ständerat mindestens fünf Mitglieder umfassen, das weder Mitglied des Präsidiums noch Stimmenzählerin oder Ersatzstimmenzählerin ist.

Die Büros von Nationalrat und Ständerat erstellen das Sessionsprogramm des jeweiligen Rates, ernennen die Mitglieder von Kommissionen und Delegationen, weisen ihnen ihre Aufgabenbereiche und die zu behandelnden Geschäfte zu und legen den Zeitplan der Beratungen fest. Das Büro des Nationalrates und das Büro des Ständerates bilden zusammen die Koordinationskonferenz.

Koordinationskonferenz und Verwaltungsdelegation

Das Büro des Nationalrates und das Büro des Ständerates bilden die Koordinationskonferenz. Nebst der Planung der Tätigkeiten der Bundesversammlung und der Abstimmung der Sessions- und Jahresplanung sorgt sie sich um den Geschäftsverkehr zwischen den beiden Räten und dem Bundesrat. Sie kann Weisungen über die Zuteilung der personellen und finanziellen Mittel an die Organe der Bundesversammlung erlassen, wählt den Generalsekretär der Bundesversammlung, und sie genehmigt die Bildung neuer Fraktionen. Erweitert sich die Koordinationskonferenz durch die Präsidentinnen oder Präsidenten der aussenpolitischen Kommissionen, plant und koordiniert sie die Aussenbeziehungen der Bundesversammlung.

Die Verwaltungsdelegation besteht aus je drei von der Koordinationskonferenz gewählten Mitgliedern der Büros beider Räte. Ihr obliegt die oberste Leitung der Parlamentsverwaltung. Sie übt das Hausrecht in den Räumlichkeiten der Bundesversammlung und der Parlamentsdienste aus. (Ausnahme: Für das Hausrecht in den Ratssälen ist die jeweilige Präsidentin oder der jeweilige Präsident zuständig.) Der Verwaltungsdelegation obliegt im Weiteren (und nicht abschliessend) die Vertretung der Entwürfe für die Voranschläge und die Rechnung der Bundesversammlung; die Begründung, Änderung und Beendigung der Arbeitsverhältnisse des Personals der Parlamentsdienste und die Genehmigung der Geschäftsordnung der Parlamentsdienste.

Südansicht des Bundeshauses bei Nacht

Kommissionen und ihre Subkommissionen sowie Delegationen

Kommissionen

Kommissionen haben die Aufgabe, die ihnen zugewiesenen Geschäfte vorzuberaten und ihrem Rat Antrag zu stellen. Sie arbeiten dabei intensiv mit dem Bundesrat zusammen.

Der Nationalrat verfügt über 12 ständige Kommissionen:

  • 10 Legislativkommissionen und 2 Aufsichtskommissionen (siehe unten).

Der Ständerat verfügt über 11 ständige Kommissionen:

  • 9 Legislativkommissionen und 2 Aufsichtskommissionen.

Die Kommissionen des Nationalrates setzen sich aus 25 Mitgliedern zusammen, diejenigen des Ständerates aus 13 Mitgliedern. Weitere Aufgaben sind die regelmässige Verfolgung der gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen sowie die Ausarbeitung von Anregungen zur Problemlösung in ihren von den Büros zugewiesenen Sachbereichen der Bundespolitik (Kommissionsinitiative). Die Kommissionen tagen durchschnittlich drei bis vier Tage pro Quartal.

Während die Protokolle der Sitzungen von National- und Ständerat im Amtlichen Bulletin publiziert werden und für jedermann zugänglich sind, werden zwar auch die Kommissionssitzungen protokolliert, doch sind diese Protokolle für die Öffentlichkeit nicht einsehbar.

Folgende Legislativkommissionen bestehen:

  • Aussenpolitische Kommissionen APK
  • Kommissionen für Wissenschaft, Bildung und Kultur WBK
  • Kommissionen für soziale Sicherheit und Gesundheit SGK
  • Kommissionen für Umwelt, Raumplanung und Energie UREK
  • Sicherheitspolitische Kommissionen SiK
  • Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen KVF
  • Kommissionen für Wirtschaft und Abgaben WAK
  • Staatspolitische Kommissionen SPK
  • Kommissionen für Rechtsfragen RK

Folgende Aufsichtskommissionen bestehen:

Subkommissionen

Kommissionen können, die Zustimmung des jeweiligen Büros vorausgesetzt, aus ihrer Mitte Subkommissionen einsetzen. Die Kommission versieht dabei die eingesetzte Subkommission mit einem Auftrag und legt fest, bis wann die Subkommission Bericht zu erstatten hat. Die Subkommission erstellt im Rahmen ihres Auftrages Antrag. Mehrere Kommissionen können gemeinsame Subkommissionen einsetzen.

Delegationen

Bei einer Delegation im engeren Sinn handelt es sich um eine Subkommission innerhalb einer Kommission. Delegationen sind in der Regel mit besonderen Aufgaben betraut. National- und Ständerat kennen folgende gemeinsame Delegationen:

  • VD – Verwaltungsdelegation
  • FinDel – Finanzdelegation
  • GPDel – Geschäftsprüfungsdelegation
  • NAD – NEAT-Aufsichtsdelegation

Delegationen, die einen Spezialfall der Kommissionen darstellen, sind die Delegationen internationaler parlamentarischer Versammlungen. Sie haben die Aufgabe, die Schweizerische Bundesversammlung in einer internationalen parlamentarischen Versammlung zu vertreten. National- und Ständerat unterhalten Delegationen bei:

  • EFTA/EP – Europäische Freihandelsassoziation / Europäisches Parlament
  • IPU – Interparlamentarische Union
  • OSZE – Parlamentarische Versammlung der OSZE
  • ER – Parlamentarische Versammlung des Europarates
  • NATO-PV – Parlamentarische Versammlung der NATO

Ständige Delegationen zur Pflege der Beziehungen mit Parlamenten anderer Staaten:

  • Delegation für die Beziehung zum Deutschen Bundestag
  • Delegation für die Beziehung zum österreichischen Parlament
  • Delegation für die Beziehung zum französischen Parlament
  • Delegation für die Beziehung zum italienischen Parlament
  • Delegation für die Beziehung zum Landtag des Fürstentums Liechtenstein

Fraktionen

Die Bundesversammlung ist politisch in Fraktionen und nicht in Parteien gegliedert. Die Fraktionen umfassen Angehörige der gleichen Partei oder gleichgesinnter Parteien. Eine Fraktion ist also nicht immer mit einer Partei identisch.

Zur Bildung einer Fraktion ist der Zusammenschluss von mindestens fünf Mitgliedern eines Rates erforderlich. Im Ständerat gibt es nur informelle Fraktionen. Die Fraktionen sind für die Meinungsbildung wichtig. Sie beraten wichtige Ratsgeschäfte (Wahlen und Sachgeschäfte) vor und versuchen, sich auf einheitliche Positionen festzulegen, welche von den Ratsmitgliedern im Rat sowie gegenüber den Medien und der Öffentlichkeit vertreten werden. Im Nationalrat ist die Fraktionszugehörigkeit eine Voraussetzung für den Einsitz in eine Kommission.

Parlamentsdienste

Die Parlamentsdienste unterstützen die Bundesversammlung bei der Erfüllung ihrer Aufgaben. Sie erbringen eine umfassende Dienstleistung und ermöglichen damit den Parlamentarierinnen und Parlamentariern eine vertiefte und kreative gesetzgeberische Arbeit.

  • Sie planen und organisieren die Sessionen und die Kommissionssitzungen;
  • sie erledigen die Sekretariatsgeschäfte und erstellen Berichte, Protokolle sowie Übersetzungen;
  • sie beschaffen und archivieren Dokumente und
  • sie beraten die Ratsmitglieder in Fach- und Verfahrensfragen.

Sie stehen unter der Leitung des Generalsekretärs der Bundesversammlung.

Weblinks

 Commons: Schweizer Bundesversammlung – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur

  • Leonhard Neidhart: Das frühe Bundesparlament. Der erfolgreiche Weg zur modernen Schweiz. NZZ Libro, Zürich 2010, ISBN 978-3-03823-634-4

Einzelnachweise

  1. http://www.admin.ch/ch/d/sr/101/a148.html Artikel 148 der Bundesverfassung (BV).
  2. http://www.admin.ch/ch/d/sr/101/a156.html Artikel 156.1 BV.
  3. http://www.admin.ch/ch/d/sr/101/a164.html Artikel 164 BV. (Alle parlamentarischen Geschäfte sind auf der Geschäftsdatenbank des Parlamentes einsehbar. Siehe unter Weblinks: Curia Vista Geschäftsdatenbank.)
  4. http://www.admin.ch/ch/d/sr/101/a166.html Artikel 166 BV.
  5. http://www.admin.ch/ch/d/sr/101/a168.html Artikel 168 BV.
  6. http://www.admin.ch/ch/d/sr/101/a169.html Artikel 169 BV.
  7. http://www.admin.ch/ch/d/sr/101/a172.html Artikel 172 BV.
  8. http://www.admin.ch/ch/d/sr/101/a170.html Artikel 170 BV.
  9. http://www.admin.ch/ch/d/sr/101/a170.html Artikel 170 BV.
  10. http://www.admin.ch/ch/d/sr/101/a173.html Artikel 173 BV.
  11. http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_10/a32.html Artikel 32 Bundesgesetz über die Bundesversammlung (ParlG).
  12. Mehr über die Geschichte des Parlamentes und des Bundeshauses: siehe unter Weblink Parlamentsgeschichte.
  13. http://www.admin.ch/ch/d/sr/101/a151.html Artikel 151 BV; http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_10/a2.html Artikel 2 ParlG; http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_13/a33d.html Artikel 33d des Geschäftsreglementes des Nationalrates (GRN).
  14. http://www.admin.ch/ch/d/sr/101/a151.html Artikel 151 Abs. 2 BV.
  15. http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_10/a2.html Artikel 2 Abs. 2 ParlG.
  16. http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_13/a33d.html Artikel 33d lit. b GRN.
  17. http://www.admin.ch/ch/d/sr/101/a160.html Artikel 160 Abs. 2 BV; http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_10/a76.html Artikel 76 ParlG; http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_13/a50.html Artikel 50 GRN; http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_14/a38.html Artikel 38 des Geschäftsreglementes des Ständerates (GRS).
  18. http://www.admin.ch/ch/d/sr/101/a160.html Artikel 160 Abs. 1 BV; http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_10/a6.html Artikel 6 Abs. 1 ParlG; http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_10/a45.html Artikel 45 Abs. 1 ParlG; http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_10/a62.html Artikel 62 Abs. 2 ParlG; http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_10/a107.html Artikel 107–114 ParlG; http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_13/a23.html Artikel 23 Abs. 1 GRN; http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_13/a25.html Artikel 25–29 GRN; http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_14/a19.html Artikel 19 Abs.1 GRS; http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_14/a21.html Artikel 21 GRS; http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_14/a22.html Artikel 22 GRS; http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_14/a25.html Artikel 25 GRS.
  19. http://www.admin.ch/ch/d/sr/101/a171.html Artikel 171 BV; http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_10/a118.html Artikel 118–122 ParlG; http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_13/a25.html Artikel 25–29 GRN; http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_14/a21.html Artikel 21–26 GRS.
  20. http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_10/a6.html Artikel 6 ParlG; http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_10/a45.html Artikel 45 Abs. 1 ParlG; http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_10/a62.html Artikel 62 Abs.2 ParlG; http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_10/a118.html Artikel 118 ParlG; http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_10/a119.html Artikel 119 ParlG; http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_10/a123.html Artikel 123 ParlG; http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_10/a124.html Artikel 124 ParlG; http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_13/a21.html Artikel 21 GRN; http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_13/a23.html Artikel 23 GRN; http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_13/a25.html Artikel 25–29 GRN; http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_14/a17.html Artikel 17 GRS; http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_14/a19.html Arikel 19 GRS; http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_14/a21.html Artikel 21–25 GRS.
  21. http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_10/a125.html Artikel 125 ParlG; http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_10/a118.html Artikel 118 ParlG; http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_10/a119.html Artikel 119 ParlG; http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_13/a25.html Artikel 25–29 GRN; http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_14/a21.html Artikel 21–26 GRS.
  22. http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_10/a118.html Artikel 118 Abs. 1 lit. d ParlG; http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_10/a119.html Artikel 119 ParlG; http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_10/a125.html Artikel 125 ParlG; http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_13/a25.html Artikel 25 GRN; http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_13/a29.html GRN; http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_14/a21.html Artikel 21 GRS; http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_14/a25.html GRS.
  23. http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_13/a31.html Artikel 31 GRN.
  24. Art. 157 der Bundesverfassung, abgerufen am 17. Juni 2011.

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  • Schweiz — (Schweizerische Eidgenossenschaft, hierzu Karte »Schweiz«), ein aus 22 (resp. 25) Bundesgliedern, den Kantonen (resp. Halbkantonen; vgl. die Übersicht auf S. 185), bestehender Bundesstaat, zwischen 5°57 26 und 10°29 40 östl. L. und 45°49 2 und… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Schweiz [2] — Schweiz (Gesch.). Die ersten Bewohner der S. sollen celtischen Ursprungs gewesen u. von Nordost eingewandert sein. Sie waren in vier Stämme getheilt, wurden zusammen Helvetier genannt u. lebten in freier Verfassung. Nach ihnen hieß das Land… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Schweiz [1] — Schweiz (Helvetische Eidgenossenschaft, Geogr), ein aus 22 Cantonen bestehender Bundesstaat in Mitteleuropa, welcher früher Helvetien hieß u. den jetzigen Namen von dem wichtigsten der Urcantone, Schwyz, erhielt; grenzt an Baden, den Bodensee,… …   Pierer's Universal-Lexikon

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