Bundes-Immissionsschutzgesetz

Bundes-Immissionsschutzgesetz

Bundes-Immissionsschutzgesetz ist die Kurzbezeichnung für das deutsche Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge. Es regelt das Gebiet des Umweltrechts und ist das bedeutendste praxisrelevante Regelwerk dieses Rechtsgebietes, solange es kein einheitliches deutsches Umweltgesetzbuch gibt.

Basisdaten
Titel: Gesetz zum Schutz vor
schädlichen Umwelteinwirkungen
durch Luftverunreinigungen, Geräusche,
Erschütterungen und ähnlichen Vorgängen
Kurztitel: Bundes-Immissionsschutzgesetz
Abkürzung: BImSchG
Art: Bundesgesetz
Geltungsbereich: Bundesrepublik Deutschland
Rechtsmaterie: Besonderes Verwaltungsrecht, Umweltrecht
Fundstellennachweis: 2129-8
Ursprüngliche Fassung vom: 15. März 1974
(BGBl. I S. 721, ber. S. 1193)
Inkrafttreten am: 22. März 1974
bzw. 1. April 1974
Letzte Neufassung vom: 26. September 2002
(BGBl. I S. 3830)
Inkrafttreten der
Neufassung am:
4. Oktober 2002
Letzte Änderung durch: Art. 8 G vom 8. November 2011
(BGBl. I S. 2178, 2198)
Inkrafttreten der
letzten Änderung:
1. Dezember 2011
(Art. 37 Abs. 1 G vom 8. November 2011)
GESTA: G034
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte und Ansatzpunkt des Gesetzes

Das Bundes-Immissionsschutzgesetz ist ein deutsches Bundesgesetz aus dem Jahr 1974. Es geht in seiner Regelungsstruktur (etwa: die Genehmigungspflicht, die Aufzählung der genehmigungsbedürftigen Anlagen, Instrumente der nachträglichen Anordnung und der Stilllegungs-/Beseitigungsverfügung) aus den §§ 16 bis 25 der Gewerbeordnung hervor, die schon vor 1918 das Anlagengenehmigungsrecht regelten. Für die umweltbezogene Überhöhung der später in das Bundes-Immisionsschutzgesetz ausgegliederten gewerberechtlichen Vorschriften dürfte (besonders bezüglich der Technikstandards) nicht zuletzt der US-amerikanische Clean Air Act (CAA, enthalten in U.S.Code, Titel 42, §§ 7401 ff.) von 1970 Pate gestanden haben. Heute noch ist das Bundes-Immissionsschutzgesetz das Genehmigungsrecht für Industrie- und Gewerbeanlagen, weshalb seine Ausführung vielfach noch durchaus folgerichtig den Gewerbeüberwachungsbehörden, wie z.B. den staatlichen Umweltämtern, Gewerbeaufsichtsämtern oder Bezirksregierungen obliegt.

1974, als das Gesetz erlassen wurde, hatte man industrielle Emissionen als ein ernsthaftes Problem für die Umwelt und die menschliche Gesundheit erkannt ("Umweltbewusstsein") und war deren Regulierung mit dem Instrumentarium der Gewerbeordnung (beispielsweise frühere politische Kampagnen zur Luftreinhaltung wie "Blauer Himmel über der Ruhr") an Grenzen gestoßen. Es ist seitdem vielfach verändert, in seinem Regelungsumfang erweitert und in der Regelungstechnik präzisiert worden.

Ansatzpunkt des Gesetzes sind bestimmte Formen der Umwelteinwirkung (= Immission), die als "Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnlichen Vorgänge" definiert werden, also nur Imponderabilien sein können. Aus der Sicht von Umweltschutz oder Umwelttechnik erscheint diese Fixierung des Gesetzes auf unwägbare Stoffe eher willkürlich; sie erklärt sich aber aus dem Bürgerlichen Recht. § 906 Abs. 1 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) lautet:

"Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden."

Das aufgrund der grundsätzlichen Konzentrierung auf imponderabile Einwirkungen anfangs eher medial auf die Luft bezogene Gesetz dient heute, nachdem es infolge ganzheitlicher Umweltschutzansätze der Europäischen Union ergänzt wurde, auch dem ganzheitlichen Umweltschutz. Dies zeichnet es aus gegenüber vielen anderen Umweltgesetzen, die noch immer an bestimmten Umweltmedien orientiert sind. Ob das Immissionsschutzgesetz seiner Regelungsstruktur nach für einen ganzheitlichen Ansatz geeignet ist, kann füglich bestritten werden, da es allein gegenüber einer bestimmten Gruppe von Emittenten ausreichende administrative Handhaben zur Verfügung stellt.

Regelungsansatz

Immissionen lassen sich vorrangig dadurch begrenzen, dass Emissionen begrenzt werden. Die gesetzliche Begrenzung von Emissionen ist immer ein Eingriff in die Handlungs-, namentlich die Gewerbefreiheit. Deswegen dürfen sie nicht "um ihrer selbst willen" begrenzt werden, sondern nur - nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip - analog zu ihrer Schädlichkeit, das heißt ihrer Einwirkung auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit. Das Gesetz bezweckt die Abwehr bestehender oder bevorstehender Gefahren und dient - bei genehmigungsbedürftigen Anlagen - der Vorsorge (siehe auch Vorsorgeprinzip).

Das Gesetz stellt Anforderungen an alle Anlagen. Anlagen sind dabei nicht nur industrielle Großanlagen, sondern etwa auch alltägliche Gegenstände wie Fahrrad, Fernseher, Kaminofen oder Rasenmäher (derer sich sogar die Europäische Union mit einer eigenen Richtlinie - umgesetzt in der 32. Durchführungsverordnung zum BImSchG, vorher eigenständig in der aufgehobenen 8. BImSchV - annahm) als ortsveränderliche (Nr. 2), oder Sportplätze und Turnhallen als ortsfeste (Nr. 1) Anlagen. Unter die Nummer 3 fällt zum Beispiel eine Baustelle, wenn sie von gewisser Dauer ist.

Bestimmte Anlagen unterliegen wegen ihres erhöhten Gefahrenpotentials einer Genehmigungspflicht mit erhöhten Anforderungen (genehmigungsbedürftige Anlagen, § 4 Abs. 1 BImSchG). Diese Anlagen sind nicht im Gesetz selbst aufgeführt, sondern in der 4. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetz (4. BImSchV - siehe dort) abschließend in einer langen Liste verschiedener Anlagentypen enummeriert; dabei ist häufig die Größe oder der Produktionsdurchsatz einer Anlage, das heißt das Überschreiten bestimmter Schwellenwerte hinsichtlich Schadstoffausstoß, Stoffdurchsatz, Kapazität oder ähnlichem, maßgeblich dafür, ob sie der Genehmigungspflicht unterliegt oder nicht.

Genehmigungsverfahren

Das Genehmigungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz ist ein sehr anspruchsvolles Verfahren, weil darin sämtliche Umweltauswirkungen einer Anlage berücksichtigt und gewürdigt werden müssen. Auf die Genehmigung besteht ein Rechtsanspruch gem. §6 Abs.1 BImSchG ("Die Genehmigung ist zu erteilen..."). Das Genehmigungsverfahren für die Neuerrichtung bestimmter Anlagen ist grundsätzlich öffentlich (Auflistung dieser Anlagen in Spalte 1 im Anhang zur 4. BImSchV - s. dort). Dies bedeutet, dass der Antrag auf eine Genehmigung öffentlich bekanntgemacht wird und die Gelegenheit besteht, bei der Genehmigungsbehörde Einwendungen gegen das Vorhaben zu erheben. Diese Einwendungen können von jedermann bis 2 Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist (§ 10 Abs. 3 S. 5 BImSchG) erhoben werden. Verspätete Einwendungen werden nicht mehr berücksichtigt (sog. materielle Präklusion). Für andere Neuanlagen ist das Genehmigungsverfahren nicht öffentlich (vergl. Spalte 2 im Anhang zur 4. BImSchV - s. dort). Bei Änderungen bestehender Anlagen (§ 16) kann der Antragsteller unter gewissen Voraussetzungen beantragen, das Verfahren ohne Beteiligung der Öffentlichkeit durchzuführen.

Die Genehmigung gewährt dem Anlagenbetreiber Rechtssicherheit nicht nur in öffentlich-rechtlicher, sondern auch in privatrechtlicher Hinsicht: mit ihrer Erteilung sind die nachbarrechtlichen Ansprüche auf Beseitigung und Unterlassung von Immissionen (§ 906 BGB, siehe oben Nr. 1) beschränkt; der vom Betrieb der genehmigten Anlage beeinträchtigte Nachbar kann die Einstellung des Betriebes nicht mehr verlangen (§ 14 BImSchG). Er kann aber, sofern für ihn Gefahren aus der Beschaffenheit oder dem Betrieb der Anlage entstehen, von der zuständigen Behörde verlangen, dass sie nach § 17, § 5 BImSchG (siehe dazu unten: Dynamik des BImSchG) dem Anlagenbetreiber Abwehrmaßnahmen auferlegt.

Die Dynamik des Immissionsschutzrechts

Anders als bei Genehmigungen nach dem Baurecht oder dem US-amerikanischen Clean Air Act (CAA) ist der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage nach dem BImSchG nicht auf ewig vor neuen Anforderungen an die immissionsschutzrechtliche Sicherheit gefeit. Nach § 17 Abs. 1 BImSchG können auch noch nach der Genehmigung Anordnungen getroffen werden, um die Betreiberpflichten des § 5 BImSchG (sog. Grundpflichten) durchzusetzen. Dies ist insbesondere die Pflicht, schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren und Belästigungen abzuwehren, aber auch die Pflicht, schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren und Belästigungen vorzubeugen (sog. Vorsorgepflicht). Gerade die Vorbeugepflicht ist technologiebezogen, d.h. die Maßnahmen zur Gefahrenvorsorge müssen dem jeweiligen Stand der Technik entsprechen. Da sich dieser mit dem technischen Fortschritt ständig verändert (-bessert), verändert sich auch der Inhalt der Vorsorgepflicht, weshalb diese Pflicht als dynamische Pflicht bezeichnet wird. Damit können mit jeder Verbesserung der Vorsorgetechnologien über den § 17 Abs. 1 i.V.m. der Vorsorgepflicht aus § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG neue, dem neuen Stand der Technik angepasste, nachträgliche Anordnungen ergehen, die so eine dynamische Anpassung der Beschaffenheit und des Betriebes der Anlage an den technischen Fortschritt auf dem Gebiete der Gefahrenvorsorge ermöglichen.

Das Gleiche gilt in abgeschwächter Form für nicht genehmigungsbedürftige Anlagen: hier können die Anordnungen auf § 24 i.V.m. § 22 BImSchG, der ebenfalls technologiebasierte Pflichten regelt, gestützt werden.

Implementierung - das Vollzugsdefizit

Das BImSchG bietet der Verwaltung grundsätzlich eine breit gefächerte Auswahl an Instrumenten zur Durchsetzung der Grundpflichten des Betreibers (siehe zur Dynamik) und damit zur Gewährleistung der Sicherheit der genehmigungsbedürftigen Anlagen in Bezug auf die menschliche Gesundheit, Sachgüter und die Umwelt.

  • Die Anordnungen nach § 17 BImSchG (siehe dazu oben zur Dynamik), eventuell gemachte Auflagen zur Genehmigung und Pflichten aus Rechtsverordnungen (siehe dazu unten zu Durchführungsverordnungen) können gegen den Betreiber nach § 20 Abs. 1 BImSchG durchgesetzt werden, indem ihm bis zur Erfüllung der Pflichten der Betrieb der Anlage verboten wird.
  • Auflagen und Anordnungen können zudem auf dem Verwaltungsvollstreckungswege durchgesetzt werden.
  • Typisch gewerberechtlich ist die Vorschrift des § 21 BImSchG. Danach kann bestimmten natürlichen Personen das Mitwirken beim Betreiben der genehmigungsbedürftigen Anlage versagt werden, wenn sie sich als unzuverlässig herausgestellt haben.
  • Typisch polizeirechtlich ist die Vorschrift des § 20 Abs. 2 BImSchG, wonach eine genehmigungsbedürftige Anlage, die ohne Genehmigung betrieben wird, stillgelegt (d.h. der Betrieb untersagt) oder gar beseitigt werden kann.
  • Nach § 62 BImSchG können diverse Verstöße gegen immissionsschutzrechtliche Vorschriften als Ordnungswidrigkeiten mit Bußgeld geahndet werden.
  • Schwerere Verstöße können sogar als Straftat gemäß § 327 StGB geahndet werden (Beispiel: Die Errichtung einer genehmigungsbedürftigten Anlage ist eine Ordnungswidrigkeit, wogegen der nicht genehmigte Betrieb einer genehmigungsbedürftigen Anlage eine Straftat darstellt).
  • Zur Durchführung einer wirksamen Kontrolle der überwachungsbedürftigen Anlagen sind die Behörden befugt, das Anlagengrundstück und, unter bestimmten Voraussetzungen, auch Geschäfts- und Wohnräume zu betreten (§ 52 BImSchG).
  • Regelmäßig müssen von Betreibern bestimmter Anlagen Emissionserklärungen abgegeben werden (§§ 26 ff. BImSchG), die dann von der Behörde auszuwerten sind.

Obschon das BImSchG einen differenzierten Katalog an Durchsetzungsinstrumenten kennt, wird landläufig vom Vollzugsdefizit gesprochen. Damit ist gemeint, dass längst noch nicht alle Anlagen auf dem Stand der Technik sind, wie sie es eigentlich sein sollten (s. oben zur Dynamik) und dass der Großteil der Verstöße gegen immissionsschutzrechtliche Vorschriften trotz weitgehender Möglichkeiten nach dem BImSchG und sogar nach § 327 StGB ungeahndet bleibt. Dies mag zum Einen auf die begrenzten Kapazitäten der Überwachungsbehörden zurückzuführen sein, denen eine schier unüberschaubare Zahl von Anlagen gegenübersteht, deren Betreiber natürlich bemüht sind, sowenig reguliert zu werden wie möglich. Ein anderer nicht zu unterschätzender Grund ist die starke Einflussnahme lokaler und regionaler Politik auf die Verwaltung, um Maßnahmen gegen Anlagenbetreiber, die ja auch Steuern zahlen und Arbeitsplätze schaffen oder erhalten, zu verhindern. Zudem sei das Problem der fehlenden finanziellen Mittel von Anlagenbetreibern und Staat genannt, das dazu führt, dass (kostspielige) Gefahrenabwehr- oder Beseitigungsanordnungen nicht vollzogen werden. Die in diesem Rahmen anfallenden Ersatzvornahmekosten, die bei den oftmals insolvenznah agierenden Betreibern kaum beigetrieben werden können, schrecken auch staatliche Stellen vom Vollzug der eigenen Anordnungen ab.

Weitere Zwecke und Inhalte des Gesetzes

Das Gesetz enthält neben den Vorschriften, die auf einzelne Anlagen bezogen sind, auch solche, die die Überwachung der Luftqualität (§§ 44 ff. BImSchG) regeln, auf die räumliche Planung einwirken (§ 50 BImSchG) sowie solche, die die Vorsorge für Störfälle betreffen (§§ 51a, 52a, 58a-d und 12. BImSchV (s. dort)).

Mit der neuen Fassung des BImSchG, veröffentlicht am 29. Juni 2005, ist ein neuer (sechster) Teil mit dem Titel Lärmminderungsplanung in das Gesetz eingefügt worden. Mit dieser Einfügung wird die EU-Umgebungslärmrichtlinie aus dem Jahr 2002 in deutsches Recht umgesetzt. Er führt im Gegensatz zum bisherigen punktuellen, also auf einzelne Emissionsquellen bezogenen Ansatz des BImSchG teilweise zu einer verstärkt holistischen, auf die Qualität der gesamten Umgebungsluft bezogenen Herangehensweise, wie dies auch dem Clean Air Act eigentümlich ist.

Durchführungsverordnungen

Das Gesetz selbst regelt nur die grundsätzlichen Anforderungen. Die für die Praxis wesentlichen, überwiegend technischen Einzelheiten sind in zahlreichen Durchführungsverordnungen (BImSchV) geregelt, die konkrete Anforderungen an bestimmte Typen von Anlagen definieren sowie Einzelheiten zum Genehmigungsverfahren und zur Überwachung von Anlagen enthalten.

Für Genehmigungsverfahren und Überwachungsaufgaben der zuständigen Behörden sind von den 38 Durchführungsverordnungen zum BImSchG die folgenden von besonderer Bedeutung:

1. BImSchV (Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen)

Die Erste Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes gilt für die Errichtung, die Beschaffenheit und den Betrieb von Feuerungsanlagen, die keiner Genehmigung nach § 4 BImSchG bedürfen.

4. BImSchV (Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen)

Die in § 1 getroffenen Festlegungen über Anlagenumfang und Nebenanlagen (über § 3 Abs. 5 des Gesetzes hinaus) haben Bedeutung für die Entscheidung, ob eine Anlage nach diesem Gesetz genehmigungsbedürftig ist oder nicht. Die genehmigungsbedürftigen Anlagen sind im Anhang der 4. BImSchV abschließend aufgelistet. Es handelt sich um Industrieanlagen aller Art, von denen wesentliche Umweltbeeinträchtigungen ausgehen können. Nur die in diesem Anhang aufgeführten Anlagen bedürfen bei Neubau oder wesentlicher Änderung (einer schon bestehenden Anlage) einer Genehmigung nach dem BImSchG (Neubau nach § 4 BImSchG, wesentliche Änderung nach § 16 BImSchG). Neu-Anlagen nach Spalte 1 werden in einem Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung genehmigt (vergl. 9. BImSchV). Neu-Anlagen der Spalte 2 werden i. d. R. ohne Öffentlichkeitsbeteiligung genehmigt. Wesentliche Änderungen einer Anlage - falls sie einer Genehmigung bedürfen und nicht (nach § 16 Abs. 1 BImSchG) als unwesentlich eingestuft werden - sollen auf Antrag des Betreibers ohne Beteiligung der Öffentlichkeit genehmigt werden (nach § 16 Abs. 2 BImSchG). Für Versuchsanlagen gelten besondere Regelungen (§ 1 4.BImSchV). Anlagen, die nicht im Anhang der 4. BImSchV aufgeführt sind (also nicht nach dem BImSchG genehmigungsbedürftig sind), benötigen in der Regel eine Baugenehmigung.

9. BImSchV (Verordnung über das Genehmigungsverfahren)

Errichtung und Betrieb einer im Anhang der 4. BImSchV aufgeführten Anlage bedürfen einer Genehmigung durch die zuständige Behörde nach § 4 (neue Anlage), § 15 (Änderung) oder § 16 (wesentliche Änderung) BImSchG. In der 9. BImSchV werden Details dieses Genehmigungsverfahrens festgelegt: Schriftlicher Antrag, Verfahrensart (öffentliches / nichtöffentliches Verfahren / vorzeitiger Beginn), Umfang der Antragsunterlagen (z.B. Bau-/Betriebsbeschreibung, Auszug aus Flurkarte, Lagepläne, Angaben über Emissionen und Emissionsminderungen sowie Maßnahmen zum Arbeitsschutz), Durchführung des Genehmigungsverfahrens, Beteiligung Dritter (Öffentlichkeit), Durchführung und Protokollierung des öffentlichen Erörterungstermins, Inhalt der Genehmigung, besondere Bescheide.

Die Genehmigungsverfahren benötigen nach Vorliegen sämtlicher, für eine Beurteilung notwendige Unterlagen je nach Verfahrensart ein bis sechs Monate:

§ 4: sechs Monate

§ 15: ein Monat

§ 16: ohne Öffentlichkeitsbeteiligung drei Monate, mit Öffentlichkeitsbeteiligung sechs Monate

10. BImSchV (Verordnung über die Beschaffenheit und die Auszeichnung der Qualitäten von Kraft- und Brennstoffen)

Diese Verordnung regelt vor allem die Anforderungen an die Beschaffenheit von Kraftstoffen. In der Regel verweist sie dabei auf DIN-Normen. Darüber hinaus schreibt sie eine einheitliche, deutlich sichtbare Auszeichnung der Kraftstoffe an den Zapfsäulen der Tankstellen vor.

11. BImSchV (Verordnung über Emissionserklärungen)

Diese Verordnung gilt für die meisten genehmigungsbedürftige Anlagen und beschreibt die Forderung nach Angaben über die Schadstoffemissionen (Abgase, Staub, Gerüche, Abwasser), die von solch einer Anlage ausgehen.

12. BImSchV (Störfall-Verordnung)

Die Störfall-Verordnung beschäftigt sich mit Maßnahmen zur Verhütung von Störfällen und zur Begrenzung deren Auswirkungen im Bereich des Umgangs mit gefährlichen Stoffen.

13. BImSchV (Verordnung über Großfeuerungs- und Gasturbinenanlagen)

Diese Verordnung gilt mit einigen Ausnahmen für die Errichtung, die Beschaffenheit und den Betrieb von Feuerungsanlagen einschließlich Gasturbinenanlagen sowie Gasturbinenanlagen zum Antrieb von Arbeitsmaschinen mit einer Feuerungswärmeleistung von 50 Megawatt oder mehr für den Einsatz fester, flüssiger oder gasförmiger Brennstoffe.

17. BImSchV (Verordnung über die Verbrennung und die Mitverbrennung von Abfällen)

Diese Verordnung gilt für die Errichtung, die Beschaffenheit und den Betrieb von Verbrennungs- oder Mitverbrennungsanlagen. Ausnahmen sind in der Verordnung nachzulesen.

20. BImSchV (Verordnung zur Begrenzung der Emissionen flüchtiger organischer Verbindungen beim Umfüllen und Lagern von Ottokraftstoffen)

Diese Verordnung beschäftigt sich mit Anlagen zur Lagerung, Umfüllung und Beförderung von Ottokraftstoffen. Wesentliches Ziel dieser Verordnung ist es die dort entstehenden Emissionen an flüchtigen organischen Verbindungen zu reduzieren, u.a. durch den Einsatz von Gaspendelsystemen.

21. BImSchV (Verordnung zur Begrenzung der Kohlenwasserstoffemissionen bei der Betankung von Kraftfahrzeugen)

Die Verordnung schreibt vor, Ottokraftstoff-Zapfsäulen an Tankstellen mit Gasrückführungseinrichtungen auszustatten. Damit werden die beim Betanken entstehenden Benzindämpfe wieder dem Lagertank der Tankstelle zugeführt.

26. BImSchV (Verordnung über elektromagnetische Felder zur Elektromagnetischen Umweltverträglichkeit EMVU)

siehe Elektrosmog

27. BImSchV (Verordnung über Anlagen zur Feuerbestattung)

Diese Verordnung enthält immissionsschutzrechtliche Bestimmungen zur Luftreinhaltung beim Betrieb von Krematorien. Ziel der Verordnung ist es, den Austritt von Luftschadstoffen aus Krematorien zu reduzieren.


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