Bulawa (Rakete)

Bulawa (Rakete)

Bulawa (russisch Булава; russisch für Streitkolben) (NATO-Code:SS-N-32; GRAU-Index:3M30) ist eine U-Boot-gestützte ballistische Interkontinentalrakete (SLBM) aus russischer Produktion. Der Systemindex der Russischen Streitkräfte lautet RSM-56 Bulawa.

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung

Die Systementwicklung begann kurz nach dem Zerfall der Sowjetunion im Jahr 1992. Für die Entwicklung der Bulawa wurden viele Komponenten der Topol-M (RS-12PM) übernommen. Das Entwicklungsprogramm des Moskauer Institut für Wärmetechnik (MITT) verzögerte sich gegenüber den ursprünglichen Planungen allerdings um bis zu 5 Jahre. Der Beschluss über die Entwicklung der Bulawa wurde 1998 von Wladimir Kurojedow, Oberbefehlshaber der russischen Seestreitkräfte, nach drei fehlgeschlagenen Tests der interkontinentalen ballistischen Testfeststoffrakete „Bark“ gefasst.

Technik

Bulawa-Varianten

Die SS-N-30 ist eine dreistufige SLBM, deren ersten beiden Stufen mit einem Feststoffraketentriebwerk und die dritte Stufe mit Flüssigkeitsraketentriebwerk ausgestattet ist. Die dritte Stufe soll dabei die nötige Geschwindigkeit beim Abtrennen der Sprengköpfe und eine bessere Manövrierfähigkeit bieten. Die Steuerung der SS-N-30 erfolgt mittels einer Trägheitsnavigationsplattform sowie mit einem elektrooptischen System zur Astronavigation. Es wird eine Präzision (CEP) von unter 350 m erreicht. Die Lenkwaffen können aus dem aufgetauchten oder aus dem getauchten U-Boot verschossen werden.

Es werden folgende Varianten entwickelt:

  • Bulawa-M ist mit einem MARV-Gefechtskopf mit einer Sprengleistung von 550 kT oder 1 MT bestückt, Reichweite 10.000 km.
  • Bulawa-30 ist mit sechs Gefechtsköpfen MIRV 150 kT bestückt. Reichweite 6.500 km.
  • Bulawa-47 ist mit drei GLONASS-gelenkten Penetrations-Gefechtsköpfen von jeweils 5 kT bestückt und ist zur Bekämpfung von verbunkerten Anlagen konzipiert. Reichweite 8.500 km.

Mit der Bulawa lassen sich sämtliche strategische Ziele, wie gehärtete Raketensilos und unterirdische Kommandobunker bekämpfen. US- und NATO Experten sehen die Bulawa als hervorragende Zweitschlagswaffe, mit der aber auch ein erfolgreicher Erstschlag geführt werden kann.

Testreihen

Die Serie fehlgeschlagener Tests rief besonders 2009 in Russland unter Fachleuten eine Diskussion über die Ausrichtung des strategischen Rüstungsprogramms hervor.[1] Diese verschärfte sich, nachdem der abgebrochene Oktobertest am 9. Dezember 2009 nachgeholt wurde und erneut scheiterte, durch eine Fehlfunktion der dritten Raketenstufe.[2]

Bulawa-M-Raketen sollten ursprünglich bereits 2009 bei der russischen Marine eingeführt werden.[3] Auch eine mobile, fahrzeuggebundene Ausführung ist geplant. Die Bulawa soll die Hauptbewaffnung der neuen U-Boote der Borei-Klasse (Projekt 955) werden. Jedes dieser U-Boote kann mit 16 R-30 Lenkwaffen bestückt werden. Die ersten Tests auf der neuen U-Boot-Klasse sind Im Dezember 2010 mit dem Atom-U-Boot K-535 Juri Dolgoruki geplant.

Zeittafel der Testreihen

Datum Ergebnis Position U-Boot Anmerkungen
24. Juni 2004 Gescheitert Start am Boden Das Feststoffraketentriebwerk explodierte kurz nach dem Test am Boden.
01 23. September 2004 Erfolgreich Aufgetaucht TK-208 Dmitri Donskoi
der Typhoon-Klasse (Projekt 941)
Die Rakete wurde vom Atom-U-Boot abgefeuert und erreichte eine Höhe von 40 Metern
02 27. September 2005 Erfolgreich Aufgetaucht TK-208 Dmitri Donskoi Erster Flugtest, bei dem in 14 Minuten mehr als 5.500 km zurückgelegt wurden. Die Test-Gefechtsköpfe gingen dabei zielgenau nieder.
03 21. Dezember 2005 Erfolgreich Getaucht TK-208 Dmitri Donskoi Erster Start aus einem getauchten U-Boot. Die Rakete erreichte zielgenau das Testgelände Kura auf der Halbinsel Kamtschatka.
04 7. September 2006 Gescheitert Getaucht TK-208 Dmitri Donskoi Die Rakete wich nach dem Start aufgrund eines Programmierfehlers von ihrer vorgegebenen Flugbahn ab und stürzte ins Weiße Meer.
05 25. Oktober 2006 Gescheitert Getaucht TK-208 Dmitri Donskoi Die Rakete wich erneut nach dem Start im Weißen Meer von ihrer vorgegebenen Flugbahn ab und löste den Selbstzerstörungsmachanismus aus.
06 24. Dezember 2006 Gescheitert Aufgetaucht TK-208 Dmitri Donskoi Rund drei Minuten nach dem Start startet die dritte Stufe mit dem Flüssigtreibstoff nicht und die Rakete leitete ihre Selbstzerstörung ein.
07 29. Juni 2007 Erfolgreich Getaucht TK-208 Dmitri Donskoi Zweiter erfolgreicher Start aus einem getauchten U-Boot. Die Rakete erreichte zielgenau das Testgelände Kura auf der Halbinsel Kamtschatka.
08 18. September 2008 Erfolgreich Getaucht TK-208 Dmitri Donskoi Start um 18:45 Uhr Ortszeit und erfolgreicher Einschlag auf dem Testgelände Kura auf der Halbinsel Kamtschatka um 19:05 Uhr.
09 28. November 2008 Erfolgreich Getaucht TK-208 Dmitri Donskoi Erneut erfolgreicher Start aus einem getauchten U-Boot. Die Rakete erreichte zielgenau wieder das Testgelände Kura auf der Halbinsel Kamtschatka.
10 23. Dezember 2008 Gescheitert Getaucht TK-208 Dmitri Donskoi Erneut startete die dritte Stufe nicht und die Rakete leitete ihre Selbstzerstörung ein.
11 15. Juli 2009 Gescheitert Getaucht TK-208 Dmitri Donskoi Kurz nach dem Start im Weißen Meer versagte das Steuerungssystem der ersten Stufe und die Rakete leitete die Selbstzerstörung ein. Ein weiterer geplanter Test im Oktober 2009 wurde kurzfristig abgesagt.
12 9. Dezember 2009 Gescheitert Getaucht TK-208 Dmitri Donskoi Erneut startete die dritte Stufe nicht und die Rakete leitete ihre Selbstzerstörung ein.
13 7. Oktober 2010 Erfolgreich Getaucht TK-208 Dmitri Donskoi Erneut erfolgreicher Start aus einem getauchten U-Boot. Die Rakete erreichte zielgenau wieder das Testgelände Kura auf der Halbinsel Kamtschatka.
14 29. Oktober 2010 Erfolgreich Getaucht TK-208 Dmitri Donskoi Erneut erfolgreicher Start aus dem Weißen Meer. Die Rakete erreichte zielgenau das Testgelände Kura auf der Halbinsel Kamtschatka.
15 28. Juni 2011 Erfolgreich Getaucht K-535 Juri Dolgoruki Erfolgreicher Start aus dem Weißen Meer. Die Rakete erreichte zielgenau das Testgelände Kura auf der Halbinsel Kamtschatka.
16 27. August 2011 Erfolgreich Getaucht K-535 Juri Dolgoruki Erfolgreicher Start aus dem Weißen Meer. Die zwei MIRV-Gefechtsköpfe erreichten das Zielgebiet im Pazifik nach einem Flug von rund 9.000km.
17 28. Oktober 2011 Erfolgreich Getaucht K-535 Juri Dolgoruki Erfolgreicher Start aus dem Weißen Meer. Die Gefechtsköpfe erreichten das Zielgebiet im Pazifik nach einem Flug von rund 9.000km.[4]

Verweise

Siehe auch

Literatur

  • Jane's strategic weapon systems. Jane's Edition. Jane's Information Group, Coulsdon 2006. ISSN 0958-6032
  • SS-NX-30 (Bulawa). Defense Threat Informations Group 2006.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Michael Schwirtz: Russian Weapon Is in Need of Rescue , in: New York Times, 16. Juli 2009.
  2. Spiegel Online: Explodierte Rakete blamiert Russlands Militär, Nachricht vom 10. Dezember 2009
  3. Russia will adopt new Bulava-M submarine-based ballistic missiles for service with the Navy (englisch)
  4. [1]

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