Budapester Thermalbäder

Budapester Thermalbäder
Votivtafel am Lukacs-Bad

Die Budapester Thermalbäder sind die Thermalquellen und Badehäuser in der ungarischen Hauptstadt Budapest. Diese Stadt ist nicht nur das einzige Kurbad, das zugleich Hauptstadt ist, sondern auch die größte Kurstadt Europas. Aus über 120 heißen Quellen stehen täglich über 30.000 Kubikmeter mineralstoffreiches Wasser in 21 Bädern zur Verfügung, von denen 10 Heilbäder sind. Viele dieser Bäder sind zugleich Bauten von beträchtlichem historischen wie architektonischen Rang.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Freigelegte Grundmauern eines Thermalbades in Aquincum (unter einer Autobahnbrücke)

Bereits im 2. Jahrhundert gab es im damals römischen Aquincum, dem heutigen Budapest, 14 Thermen. Die Kultur der römischen Thermalbäder ging mit dem Niedergang des Römischen Reichs und dessen Rückzug aus Pannonien allmählich wieder verloren, wurde aber mit der Besetzung durch die Türken während des 16. und 17. Jahrhunderts neu begründet, und 1669 wird bereits von acht Bädern berichtet. Die von den Türken etablierte Badekultur in der Form des Hamam blieb auch nach deren Rückzug aus Ungarn bis heute populär. Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts kam es zu einem besonderen Höhepunkt, als Bäder wie das Gellért-Bad, das wohl berühmteste Budapests, oder das Széchényi-Bad, bis heute einer der größten Badekomplexe ganz Europas, als monumentale Repräsentativbauten errichtet wurden. Seit dem Ende des Kommunismus 1989 werden viele der Bäder sukzessive restauriert.

Bedeutung

Für Budapest haben die Thermalbäder durch die Jahrhunderte hindurch in zweierlei Hinsicht Bedeutung gehabt.

Zum einen sind sie bis in die Gegenwart, ganz der durch die türkische Besatzung vermittelten orientalischen Badekultur entsprechend, wichtige soziale Treffpunkte für die Bewohner der Stadt. Das regelmäßige Bad entspricht dabei ungefähr dem Kneipen- oder Café-Besuch anderer europäischer Länder. Obwohl Budapest auch eine hochstehende Café-Kultur besitzt, treffen sich Nachbarn oder Freunde meist im gleichen Bad.

Zum anderen zählten Budapests Thermalbäder in der Blütezeit des Bade- und Kurtourismus, vor allem im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert, zu den wichtigsten und beliebtesten Kurbädern Europas. Die Kombination aus metropolitanem Lebensstil und Kurbetrieb konnte keine andere Stadt Europas bieten, zumal zu dieser Zeit auch der Charakter der Budapester Bäder sich stilistisch von Funktions- zu Repräsentativbauten wandelte.

Gepflogenheiten

Der Besucher des Bades erhält nach dem Umziehen von einem Schließer einen Spind zugewiesen, in dem er seine Sachen ablegen kann. Die Schlüsselgewalt bleibt beim Schließer, der Besucher bekommt nur eine Marke mit einer eingestanzten Nummer ausgehändigt, die auf einem Kreidetäfelchen am Spind notiert wird, zusammen mit seiner Ankunftszeit. Zumindest im Szechenyi-Bad, im Gellért-Bad, im Rudas-Bad und im Lukács-Bad sind in jüngster Zeit elektronische Schlüsselsysteme installiert worden. Man erhält ein Armband mit einem Transponder-Chip, das die bezahlten Leistungen Buchung (Heil-/ Thermalbad, Spind/Kabine usw.) an die Eingangsschranken meldet und Zutritt gewährt (oder eben nicht) und auch als Kabinenschlüssel dient. Obacht: die "einfachen" Armbänder berechtigen auch nur zum einmaligen Zutritt - verlässt man den Bad-Bereich, was beim Gellért-Bad an mehreren Stellen möglich ist, hat man Mühe, wieder hineinzukommen - die BadewärterInnen sind aber ggf. sehr zuvorkommend! In Schwimmbereichen ist in manchen Bädern (nicht im Gellért-Bad) das Tragen von Badekappen verpflichtend, in manchen Bädern darf auch nur in eine vorgegebene Richtung - und damit quasi im Kreisverkehr - geschwommen werden. In den Thermalbädern ist nicht nur das „Plantschen“, sondern auch Schwimmen unerwünscht. Das Tragen von normaler Badekleidung ist in den nach Geschlechtern getrennten reinen Thermalbädern unüblich, meist wird nur ein leichter Lendenschurz getragen, der den Schambereich verdeckt, auch völlige Nacktheit ist durchaus nicht selten.

Bedeutende Budapester Bäder

Rudasbad an der Donau

Rudas-Bad

Der unmittelbar an der Donau, zu Füßen des Gellért-Berges gelegene Badekomplex des Rudas-Bades (ehemals Zöldoszlopos fürdő, Grünes Säulenbad) wurde um 1550 mit einem Thermalbad begründet und ist mehrfach erweitert worden. Die bedeutendsten Erweiterungen waren 1883 die Errichtung des Dampfbades, 1986 die Errichtung eines Hallenschwimmbades sowie die Ergänzung um eine Physiotherapieabteilung. Diese bietet bei Beschwerden der Bewegungsorgane und bei Erkrankungen des Magen- und Darmtraktes Bewegungs- und Wannenbäder im Heilwasser, Unterwasserstrahlmassagen und weitere Massagen an. Fachärztliche Betreuung gibt es zur Rheumatologie.

Der Kern des Komplexes, das Thermalbad, ist 1566 unter Herrschaft des Paschas Szokoli Musztafa umgebaut, seither jedoch kaum verändert worden. Es befindet sich somit heute noch annähernd im fast 450 Jahre alten Originalzustand: damit ist es das älteste und gilt als das schönste der noch von den Türken erbauten Bäder Budapests.

Die von acht roten Marmorsäulen getragene Kuppel des Thermalbades, mit einem Durchmesser von 10 Metern, überdeckt ein achteckiges, von drei Quellen gespeistes Mittelbecken (96 m², 36° C), umgeben von einem spitzbogigen Umgang. In den Ecken des Raumes befinden sich vier weitere kleine Becken (9 m²) mit unterschiedlichen Temperaturen (42 °C, 33 °C, 30 °C, 28 °C). Die ursprünglich einzige Lichtquelle des Raumes sind in die Kuppel eingelassene Tessellae aus farbigem Glas, durch die getöntes Tageslicht einfällt.

Im April 2004 wurde das Rudas-Bad zu Renovierungszwecken geschlossen, die Arbeiten wurden Ende 2005 abgeschlossen. Der Zutritt zum Thermalbad war traditionell Männern vorbehalten, es galt als Treffpunkt für Journalisten und Politiker. Nach der Wiedereröffnung gab es Proteste von Frauen, denen die Stadtleitung schließlich nachgab, und im Bad wurden 2006 versuchsweise auch "Damentage" eingeführt. Es gibt außerdem noch nachts die Möglichkeit für beide Geschlechter, das Bad gemeinsam zu nutzen, allerdings nur in Badebekleidung. An den Wochenenden steht das Bad beiden Geschlechtern zur Verfügung.

Király-Bad

Das über 400 Jahre alte Kiralybad

Mit dem Bau des Király-Bades wurde 1565 unter der Herrschaft des Budaer Paschas Arszlán (Löwe) begonnen und durch seinen Nachfolger, Sokoli Mustafa, beendet. Anders als andere Bäder ist es nicht auf eigenen, natürlichen Warmwasserquellen errichtet, sondern wird von den Quellen am Lukács-Bad gespeist. Sinn dieser Maßnahme durch die Türken war es, ein Bad innerhalb des Festungsringes zu haben, um auch im Fall einer Belagerung ein Bad benutzen zu können. Der Name „Király“ (ungarisch „König“) stammt von der Familie, die das Bad nach der Zurückeroberung von Buda ab 1796 betrieb.

Das Király-Bad wurde durch die Királys in seine heutige Form umgebaut, wobei sie die alten Gebäudestrukturen mit den neuen Elementen kombinierten und so den Charakter des Kunstdenkmals erhielten. Das Bad musste nach schweren Schäden im Zweiten Weltkrieg renoviert werden und wurde 1950 wiedereröffnet. Damit ist das Király neben dem Rudas-Bad das einzige Bad, das den Besucher die original türkische Badekultur spüren lässt. Es ist täglich wechselnd für Männer oder Frauen geöffnet. Mit der Schließung des Rác-Bades zu Renovierungszwecken im Jahre 2002 ist das Király-Bad an dessen Stelle auch als schwuler Treffpunkt getreten.

Zur Therapie der Erkrankung der Bewegungsorgane werden heute das Bewegungsbad im Heilwasserbecken, das Wannenbad mit Heilwasser, die Unterwasserstrahlmassage und die medizinische Heilmassage angeboten.

Repräsentative Badearchitektur (Gellért)

Gellért-Bad

Das im Sezessionsstil gebaute Gellért-Bad ist das berühmteste Bad Budapests. Die Quellen am Gellértberg, die es nutzt, wurden bereits im 13. Jahrhundert, wie auch noch Jahrhunderte später, unter Abdurrahman Abdi Pascha als Hammam genutzt. 1835 wurde es von Maximilian II. Joseph (Bayern) besucht. Das heutige Bad wurde zusammen mit dem Gellért-Hotel errichtet und 1918 eröffnet. Der eklektische Stil des nach Art der Secession erbauten und, verglichen mit anderen Bädern der Stadt, sehr großen Bades ist trotz des Zweiten Weltkrieges bis heute fast unverändert erhalten geblieben. Das von verspielt geformten und mosaikgeschmückten Mauern umrahmte Außenbecken wurde 1927 eröffnet und war damit das erste Wellenbad weltweit. 1934 kam ein Sprudelbad hinzu. Das Dach des inneren Hauptbeckens kann bei gutem Wetter geöffnet werden. Durch Renovierungen in jüngster Zeit erhielten die Sitzbecken in der Schwimmhalle und im Freien sowie das Kinderbecken moderne Filter- und Umwälzanlagen.

Zusätzlich zu den gemischten Schwimmbecken gibt es noch getrennte Thermal- und Dampfbäder für Männer und Frauen. Neben der opulenten Ausstattung mit drei Außen- und zehn Innenbecken (26 bis 38°C) macht das große Angebot an therapeutischen Maßnahmen (Bewegungsbad im Heilwasserbecken, Wannenbad mit Heilwasser, Schlammpackungen, Unterwasser-Traktionsbad, Kohlensäurebad, medizinische Heilmassage, Unterwasser-Strahlmassage, Elektrotherapie und Massage) das Gellértbad, auch wegen des touristischen Publikums, zu einem der wichtigsten Bäder der Stadt. Es ist geeignet bei Erkrankungen der Bewegungs- und Atmungsorgane sowie bei Krankheiten des peripheren Kreislaufsystems, wobei fachärztliche Betreuung bei Rheumatologie und Pulmonologie angeboten wird.

Die Außenanlagen des Széchenyi

Széchenyi-Bad

Siehe Hauptartikel Széchenyi-Heilbad

Das Széchenyi-Bad verfügt über die tiefsten und mit 75 °C heißesten Thermalquellen Budapests, die erst 1879 entdeckt wurden und die ersten im Pester Teil der Stadt waren. Bereits im Jahre 1881 waren sie als Artesisches Bad bekannt. Das Széchenyi-Bad ist einer der bis heute größten Badekomplexe Europas und liegt mitten im Stadtwäldchen. 1927 wurde das Bad um eine Volksbad-Abteilung für Männer und Frauen und ein Strandbad erweitert. Mitte der 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts entstand eine gemeinsame Thermalabteilung für Besucher in Badebekleidung und eine physiotherapeutische Abteilung. 2004 wurde das Bad vollständig und originalgetreu restauriert.

Die weitläufige und spektakulär palastartige Anlage des Széchenyi verfügt über drei Außen- und zwölf Innenbecken mit Temperaturen zwischen 16 °C und 40 °C sowie zwei Saunen, ein Dampfbad und einen Heißraum. Das Erlebnisbecken bietet unter anderem Unterwasserstrudel, einen Strömungskanal, eine Genickdusche und in Sitzbänke eingebaute Wasserstrahler zur Rückenmassage. Zu physiotherapeutischen Behandlungen gibt es das Bewegungsbad oder Wannenbad im Heilwasser, Schlammbehandlungen, das Unterwassertraktionsbad, das Kohlensäurebad, Elektrotherapie, Heilgymnastik und Massagen. Des Weiteren werden Indikationen bei Erkrankungen der Bewegungsorgane, bei Frauenleiden, Erkrankungen des peripheren Kreislaufsystems und bei Erkrankungen des Magen- und Darmtraktes angeboten. Fachärztliche Betreuung gibt es bei Rheumatologie.

Das Lukacs-Bad

Lukács-Bad

Das Lukács-Bad ist ein Thermal- und Schwimmbad, errichtet im neoklassizistischem Stil durch József Hild im Jahre 1842. Es liegt etwas abseits der touristischen Routen. Bis zur Errichtung des Széchényi war es das größte und beliebteste Bad Budapests. Von seinem früheren Glanz als eines der international renommiertesten Heilbäder der Stadt zeugen noch die zahlreichen Votivtafeln im Hof der Anlage, die in vielen Sprachen von den Heilungen und Linderungen durch die Wasser des Bades berichten.

1979 wurde im Lukács-Bad die erste Abteilung für die physiotherapeutische Betreuung eingerichtet. In insgesamt acht Becken (22°–40 °C) werden die Behandlungen Bewegungsbad, Schlammbehandlung, Unterwassertraktionsbad, Kohlensäurebad, Elektrotherapie und weitere Massagen angeboten. Fachärztliche Betreuung gibt es zu Rheumatologie. Die inneren Anlagen haben dabei architektonisch wenig zu bieten (und sind derzeit auch nicht in allerbestem Zustand), die Außenbecken sind jedoch sehenswert.

Császár-Komjádi-Bad

Das ursprünglich 1571/1572 durch Sokoli Mustafa errichtete Császár-Bad, dessen Quellen bereits die Römer kannten und nutzten, ist 1829 von József Hild, dem Baumeister des Lukács-Bades, erweitert und stark verändert worden. Direkt daran angrenzend findet sich das Komjádi Sportschwimmbad, das 1976 erbaut wurde.

Weitere Bäder der Stadt

  • Palatinus-Strand (Donaustrandbad, nur saisonal geöffnet)
  • Rác-Bad (aus dem 16. Jh.)
  • Dagaly-Strandbad (modernes Kurbad im Norden der Stadt)

Galerie

Weblinks

 Commons: Budapester Thermalbäder – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

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