Brian Epstein

Brian Epstein

Brian Samuel Epstein (* 19. September 1934 in Liverpool, England; † 27. August 1967 in London, England) war ein britischer Geschäftsmann, der bekannt wurde als Manager der Musikgruppe The Beatles und weiterer Gruppen aus Liverpool.

Inhaltsverzeichnis

Werdegang

Brian Epstein wuchs mit litauisch-englischen Eltern auf und wurde jüdisch erzogen. Während des Zweiten Weltkriegs zog die Familie nach Southport. Im Jahr 1944 kehrte er mit seinen Eltern nach Liverpool zurück und besuchte nach häufigem Schulwechsel 1949 die neunte Schule. Im November 1952 wurde Brian Epstein zum Wehrdienst eingezogen und diente im Royal Army Service Corps, das er im März 1954 wegen psychischer Probleme wieder verlassen musste.[1] Am 31. August 1955 wurde er von seinem Vater zum Direktor bei Isaac Epstein & Sons (Liverpool) Ltd. - einem von zwei elterlichen Möbelgeschäften - ernannt. Nach einem kurzen Aufenthalt bei der RADA (Royal Academy of Dramatic Arts) ab September 1956 übernahm er im Oktober 1957 erneut einen Job im Geschäft seines Vaters, einem Elektroladen mit Waschmaschinen, Fernseh- und Radiogeräten.[2]

Die elterlichen Möbel- und Elektroläden befanden sich zunächst im Stadtteil Everton, wo Jim McCartney (Paul McCartneys Vater) bei Harry Epstein (Brian Epsteins Vater) ein Klavier gekauft hatte. Nach dem Umzug ins nahegelegene Liverpool bestand ein Drittel des Ladens aus einer Schallplattenabteilung, die dem Geschäft den Firmennamen Northern End Music Stores (NEMS) gab. Diesen durfte Epstein übernehmen, als 1957 in der Innenstadt von Liverpool ein zweiter Laden eröffnet wurde. Epstein interessierte sich zunächst nicht für Popmusik, bemerkte aber die sich intensivierende Nachfrage. Cliff Richards Titel Living Doll hatte ab Januar 1959 alle Verkaufsrekorde des Ladens gebrochen.[3] Der Ladenangestellte Alistair Taylor erinnerte sich danach, dass Epstein eines Tages darauf wettete, dass die Ray-Charles-Single Georgia on My Mind das Potenzial für eine Nummer eins hätte.[4] Der im Dezember 1960 in England erschienene Titel erreichte dort nie den ersten Rang, aber zuvor in den USA am 14. November 1960.

Beatles-Platte

Brian Epstein bemerkte die Beliebtheit der Liverpooler Musikzeitung Mersey Beat und bestellte zwölf Dutzend Exemplare der zweiten Ausgabe vom 20. Juli 1961.[5] Darin wurde gemeldet, dass die – nur regional bekannten - Beatles einen Plattenvertrag bei der deutschen Polydor unterschrieben hätten. Das war am 1. Juli 1961 geschehen, nachdem sie zuvor am 22. Juni 1961 in der Friedrich-Ebert-Halle[6] in Hamburg-Heimfeld als Begleitmusiker für Tony Sheridan die Single My Bonnie (My Bonnie Lies Over the Ocean)/The Saints (When the Saints Go Marching In) mit dem Produzenten Bert Kaempfert aufgenommen hatten. Die Single benennt als Interpreten „Tony Sheridan and the Beat Brothers” und verkaufte in Deutschland 100.000 Exemplare.[7] Unsicher ist sich die Fachwelt über das deutsche Veröffentlichungsdatum, doch wird überwiegend vom 23. Oktober 1961 ausgegangen.

Wenige Tage später gab es im NEMS-Laden einige Anfragen zur nicht vorrätigen Beatles-Single My Bonnie. Epsteins Laden-Assistent Alistair Taylor notierte dies am 28. Oktober 1961, und Epstein fand heraus, dass die Single in Deutschland produziert und veröffentlicht worden war. Nach weiteren Anfragen recherchierte Epstein den Aufenthaltsort der Gruppe und bestellte beim Großhandel die Mindestmenge von 25 Exemplaren. Diese waren schnell verkauft, sodass es zu Nachbestellungen kam. Am 9. November 1961 besuchte er mit Alistair Taylor ein Beatles-Konzert im Cavern Club und nahm dort ersten Kontakt mit der Gruppe auf.[8] Epstein war beeindruckt von ihrer Musik, ihrem Rhythmus und ihrem Humor auf der Bühne. Für den 10. Dezember 1961 war ein Treffen zwischen Epstein und der Gruppe im NEMS-Laden anberaumt.

Epstein wird Beatles-Manager

Hier einigte man sich, dass Epstein der Manager der Gruppe werden sollte.[9] Der am 1. Februar 1962 beginnende und vom Familienanwalt Rex Makin vorbereitete Fünf-Jahres-Vertrag sah eine Einkommensbeteiligung von zunächst 10% für Epstein vor, bei Überschreitung des Schwellenbetrages von Pfund 1.500 jährlich erhöhte sich die Beteiligung auf 15%. Weiterhin sah der Vertrag vor, dass Epstein die Gruppe „in sämtlichen Angelegenheiten beraten solle, die Kleidung, Aussehen („make-up“), Präsentation und Strukturierung des Auftritts betreffen.“[10] Epstein war der Choreograph der synchronen Verneigung der Beatles am Ende eines jeden Auftritts. Dieses saubere, adrette Auftreten machte die Beatles für ein größeres Publikum akzeptabel. Am 24. Januar 1962 unterschrieben die vier Beatles – die damals aus John Lennon, Paul McCartney, George Harrison und Pete Best bestanden–, nicht jedoch Epstein. Dieser sorgte für eine konsequente Umsetzung des Managmentvertrags und verpasste den Beatles das Image disziplinierter, gut gekleideter und ordentlicher Jungs. Epstein, seit 3. August 1961 Kolumnist des Mersey Beat, nutzte nun jede Gelegenheit zur Verbreitung des Beatles-Namens.

Plattenvertrag

Hauptziel Epsteins war die Vermittlung eines Plattenvertrages für die Beatles, denn deren Plattenvertrag mit der deutschen Polydor Records endete am 24. Juni 1961. Die Epsteins verfügten inzwischen über neun Plattenläden in Liverpool mit über 500.000 Platten im Lagerbestand, was auch britischen Plattenfirmen nicht verborgen blieb. Am 18. Dezember 1961 erhielt er eine Absage von Ron White, weil EMI kein Interesse an der Gruppe habe. Immerhin gelang Epstein danach bei Decca, einen Termin für Probeaufnahmen für den 1. Januar 1962 zu erhalten, der von Mike Smith überwacht wurde. Auch hier gab es eine Absage durch Chef Dick Rowe, weil man Brian Poole & The Tremeloes bevorzugt hatte. Weitere Absagen von Pye, Philips und Oriole folgten, doch der unermüdliche Manager versuchte es noch einmal bei EMI. Für den 13. Februar 1962 wurde ein Treffen mit dem Labelchef George Martin des EMI-Tochterlabels Parlophone vereinbart, und ein weiteres Treffen fand am 9. Mai 1962 statt. Ergebnis war eine Probeaufnahme am 6. Juni 1962. Noch im selben Monat bot Parlophone den Beatles einen Plattenvertrag an, den sie unterschrieben. Die erste reguläre Aufnahmesession war für den 4. September 1962 vorgesehen, an dem die Single Love Me Do/P.S. I Love You in den Abbey Road Studios entstand – der Rest ist Geschichte.

Epstein wird Manager weiterer Künstler

Epstein übernahm die Funktion eines Managers auch bei anderen Gruppen aus Liverpool, darunter Gerry & The Pacemakers, The Big Three, Billy J. Kramer & the Dakotas, The Fourmost, The Remo Four sowie die Solisten Tommy Quickly und Cilla Black. Epstein hatte bei der Anzahl von Künstlern die Idee, zusammen mit seinem Bruder Clive Epstein eine Managementgesellschaft zu gründen, in der das Künstlermanagement gebündelt werden konnte. So kam es zur Gründung von NEMS Enterprises am 26. Juni 1962, deren Kapital hälftig von den Brüdern gehalten wurde.

Mittlerweile war Love Me Do am 5. Oktober 1962 ohne besondere Öffentlichkeitsarbeit veröffentlicht worden und konnte bis auf Rang 17 der britischen Charts vordringen. Dabei verstummten die Gerüchte nie, dass Brian Epstein 10.000 Exemplare als Inhaber seines Plattenladens NEMS zur Verbesserung der Chart-Platzierung geordert habe.[11] Nicht nachhelfen musste Epstein bei der am 22. Januar 1963 aufgenommenen ersten Single How Do You Do It? von Gerry & The Pacemakers, die damit noch vor den Beatles die erste Topnotierung erreichen konnten. Die Spitzenposition der britischen Charts schafften außer den Beatles auch die von Epstein gemanagten Billy J. Kramer und Cilla Black.

Am sensationellen Welterfolg der Beatles konnte Epstein sowohl finanziell als auch ideell partizipieren, die Medien klassifizierten ihn als „fünften Beatle“, auch wenn er künstlerisch nicht eingriff wie es andere Manager zu jener Zeit praktizierten. Mit zunehmender Bekanntheit seiner berühmtesten Schützlinge hatte er keine Mühe mehr, für sie Auftritte zu organisieren. Dennoch wurden ihm einige ungünstige Entscheidungen angelastet wie etwa die Vergabe von 90% der Rechte am Beatles-Merchandising an eine fremde Firma.[12]

Unzufrieden über die schwache Werbung für Love Me Do durch den EMI-Konzern und dessen Musikverlag Ardmore & Beachwood, entschied sich Epstein auf Empfehlung von Beatles-Produzent George Martin für den gerade im September 1961 gegründeten Musikverlag Dick James Music Ltd. Gefragt danach, wie Dick James sich die Promotion der neuen Single Please Please Me vorstelle, rief dieser den Produzenten der neuen Fernseh-Show „Thank Your Lucky Stars“ an. Er erreichte, dass die Beatles in der Show am 19. Januar 1963 in der populären Musiksendung auftreten durften,[13] und Dick James Music wurde der künftige Musikverlag der Beatles.[14] Ein Jahr später war es Epstein gelungen, die Beatles am 9. Februar 1964 in der Ed Sullivan Show zu platzieren und damit den wichtigen amerikanischen Markt zu erschließen.

Im Oktober 1964 erschien Epsteins Autobiografie „A Cellarful of Noise“ (Ein Keller voller Lärm), die er zusammen mit dem Journalisten Derek Taylor verfasst hatte. Am 20. Dezember 1964 kaufte er für sich ein fünfstöckiges georgianisches Wohnhaus in Londons Stadtteil Belgravia (24 Chapel Street) für 60.000 Pfund, das noch Bedeutung erlangen sollte.

Niedergang

Anfang 1967 schien der mittlerweile drogensüchtige Epstein in dem Maße Interesse an seinen Aufgaben zu verlieren, wie die Beatles sich im Erfolg steigerten. Die am 1. Februar 1967 fällige Vertragsverlängerung des ersten Managementvertrages mit den Beatles kam nicht zustande. Seine Enttäuschung hierüber äußerte er gegenüber seinem Branchenkollegen Larry Parnes. Am 19. Mai 1967 organisierte Epstein in seinem Wohnhaus Chapel Street einen Presseempfang für das bald erscheinende Konzeptalbum Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band. Am Freitag, dem 25. August 1967, bereitete sich Epstein auf ein Wochenende mit Freunden für private Feiern zum bevorstehenden Veröffentlichungstermin des Sgt.-Pepper-Albums in seinem Wochenendhaus Kingsley Hill/Sussex vor. Auf der drogengeladenen Party waren Leute aus dem Musikgeschäft – auch drei Beatles − in Sgt.-Pepper-Kostümen erschienen. Noch am Freitagabend fuhr Epstein mit dem Versprechen nach London, wieder zum Wochenendhaus zurückzukehren. Als er am Sonntag, dem 27. August 1967 immer noch nicht zurückgekommen war, versuchte man, ihn telefonisch in der Chapel Street zu erreichen. Das schlug fehl. Als sich die Vermutung verstärkte, dass etwas nicht stimmen könnte, ließ man in Anwesenheit von Epsteins Hausarzt die Wohnungstüren aufbrechen. Epstein lag tot auf seinem Bett, gestorben an einer Überdosis Carbitol-Schlaftabletten aus Kaliumbromid.[15]

Einzelnachweise

  1. Bill Harry: The Ultimate Beatles Encyclopedia. 1993, S. 224.
  2. Debbie Geller: The Brian Epstein Story. 2000, S. 23.
  3. Debbie Geller, a.a.O., S. 33.
  4. Debbie Geller, a.a.O., S. 31 f.
  5. die erste Ausgabe erschien am 6. Juli 1961; Barry Miles/Keith Badman, The Beatles Diary: The Beatles Years, 2001, S. 39.
  6. Kein Tonstudio, sondern eine Schulaula, die unter anderem für Konzerte genutzt wird.
  7. Bill Harry, a.a.O., S. 478.
  8. Die Beatles gastierten hier seit dem 21. März 1961 als Hausband.
  9. Bill Harry, a.a.O., S. 225.
  10. Bill Harry, a.a.O., S. 225.
  11. Mark Lewisohn: The Beatles Recording Sessions. London: Hamlyn, 1988. S. 22.
  12. Bill Harry, a.a.O., S. 229.
  13. Aufgenommen am 13. Januar 1963.
  14. Genau genommen war die eigens am 28. Februar 1963 neu gegründete Northern Songs Ltd. der Beatles-Musikverlag, verwaltet von Dick James Music.
  15. L. John Perkins: A Day in the Life. 2005, S.212.

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