Breite Straße (Berlin-Mitte)

Breite Straße (Berlin-Mitte)
Breite Straße

Die Breite Straße im Berliner Ortsteil Mitte des gleichnamigen Bezirks erstreckt sich vom Schlossplatz bis zur Gertraudenstraße und führt ihren Namen seit Anfang des 18. Jahrhunderts als zu der Zeit breiteste Straße im eng bebauten Stadtteil Cölln. Im Mittelalter führte sie den Namen Große Straße. Die besondere Breite der Straße weist darauf hin, dass sie bereits zu dieser Zeit der bevorzugte Wohnort der Fernhandelskaufleute (also der reichsten Bürger) war, zumal auf der Rückseite Anschluss an den bevorzugten Wasserverkehr bestand (Niederlagsrecht der Doppelstadt).

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Breite Straße mit Ribbeck-Haus auf einem Foto von 1890
Breite Straße 3 im Jahre 1950. Das letzte Freihaus Berlins aus der Zeit um 1730 galt 1956 als „dringend instandzusetzen“, wurde aber wenig später abgerissen

Nach dem Bau des Berliner Schlosses, dessen Portal I in der Südfassade sich an der Breiten Straße orientierte, entstanden entlang der Breiten Straße mehrere Freihäuser für Angehörige des Hofes. Die Straße entwickelte sich zu einer der vornehmsten Adressen der Stadt, obwohl sie schon von Anfang an wegen ihrer Verkehrslage längs der Spree der bevorzugte Wohnort der reichsten Bürger Cöllns, der Fernhandelskaufleute, gewesen war. Eine Gedenktafel (Nr. 11, früher Nr. 20) erinnert an die Gründung der Julius Springer Verlagsbuchhandlung; auch der erste Sitz der Vossischen Zeitung befand sich hier. Prominente Bewohner waren zum Beispiel Karl Friedrich Schinkel, Andreas Schlüter, Michael Mathias Smids und der reiche Tabakhändler Wilhelm Ferdinand Ermeler. Im 19. Jahrhundert wandelte sich das Straßenbild von einer vornehmen Wohnstraße zur belebten Geschäftsstraße; zwischen der Brüderstraße und der Breiten Straße etablierte sich das Warenhaus von Rudolph Hertzog.

Nach den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg galten etwa zwei Drittel der Gebäude der Breiten Straße als wiederaufbaufähig und ein Drittel als zerstört.[1] Im Zusammenhang mit dem Abriss des Berliner Schlosses zur Schaffung eines Demonstrationsplatzes und der späteren Errichtung des Staatsratsgebäudes wurde die Breite Straße durch den vollständigen Abriss der westlichen Straßenbebauung in den 1960er Jahren auf eine Breite von über fünfzig Metern verdoppelt. Dem Abriss fielen sechs denkmalgeschützte, nur teilweise beschädigte oder bereits restaurierte Wohnhäuser des 18. Jahrhunderts zum Opfer.[2] Das bekannteste war das Ermelerhaus (damals Nr. 11), dessen unter Verwendung geborgener Teile errichteter Nachbau sich seit 1968/69 am Märkischen Ufer befindet.

Die neuen Gebäude auf der Westseite waren der Kanzleiflügel des Staatsratsgebäudes (Nr. 1, heute Verwaltung der privaten Hochschule ESMT) und das Ministerium für Bauwesen der DDR (Nr. 12–17). Im östlichen Teil blieben zwei historische Gebäude, das Ribbeck-Haus (Nr. 35), mit dem einzigen Spätrenaissancegiebel Berlins, und der Alte Marstall (Nr. 36/37, heute Hochschule für Musik „Hanns Eisler“), erhalten. Ebenfalls unter Denkmalschutz steht die 1966 errichtete Berliner Stadtbibliothek (Nr. 32–34).

Der DIHT (heute DIHK), BDA und BDI haben seit 1999 ihren Sitz im Haus der Deutschen Wirtschaft (Nr. 20–29). Dieses Gebäude wurde zum Teil auf der alten Breiten Straße errichtet. Bei der archäologischen Vorbereitung dieses Neubaus wurde die bisher älteste frühdeutsche Siedlungsspur für die Doppelstadt gefunden: ein auf „um 1170“ dendroadatierter Holzbalken, allerdings in Zweitverwendung. Der Fundort, ein holzverkleideter Keller, gehörte zu einem Straßenniveau um/nach 1200.

Entwicklung

Die Breite Straße gehört zum Entwicklungsbereich Hauptstadt Berlin – Parlaments- und Regierungsviertel. Der öffentlich verfügbare Raum soll durch „Nutzungsmischung und Reurbanisierung qualifiziert werden“.[3] Für die Neubebauung hat der Senat von Berlin 2009 den Bebauungsplan I–208 aufgestellt, der im Sommer 2011 vom Abgeordnetenhaus von Berlin bestätigt wurde.

Im Vorgriff auf den Bebauungsplan wurde die Fahrbahn der Breiten Straße in den Jahren 2007–2009 von den 24 Metern der DDR-Zeit auf die durchschnittliche historische Breite von 14 Metern zurückgebaut. Jedoch ist die Straßenführung heute schnurgerade, vor der Neuplanung zu DDR-Zeiten hatte die Breite Straße über mehr als 700 Jahre lang eine leichte Krümmung, sodass beim Betreten der Straße von der Gertraudenstraße aus das Schloßportal I nicht sichtbar war. Diese Unregelmäßigkeit ist typisch für Stadtgrundrisse aus dem 12. bis 14. Jahrhundert.

Gleichzeitig wurden die Radverkehrs- und Parkstreifen neu angelegt. Geplant ist, das ehemalige Ministerium für Bauwesen der DDR nach dem Auszug des BND in seine neuen Räume in der Chausseestraße abzureißen und die gewonnene Straßenbreite für eine neue Großwohnungssiedlung zu nutzen.[3] Am südlichen Ende der Straße soll das Cöllnische Rathaus als moderne Interpretation der historischen Form („kritische Rekonstruktion“) entstehen.

Weblinks

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Einzelnachweise

  1. Karte der Gebäudeschäden 1945, zu erreichen über „Starten“ und „Historische Karten“, Herausgeber: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin
  2. Zum Denkmalsbestand nach 1945 siehe Hans Müther: Berlins Bautradition. Kleine Einführung, Das Neue Berlin, Berlin 1956, S. 85–112: Register der historischen Berliner Städtebau- und Baudenkmale im Stadtbezirk Mitte (mit zwei Plänen), hier S. 93/94
  3. a b Flyer der Senatsverwaltung zur Gertraudenstraße / Breite Straße. Abgerufen am 17. Januar 2011.

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