Brainstorming

Brainstorming

Brainstorming ist eine von Alex F. Osborn erfundene und von Charles Hutchison Clark weiterentwickelte Methode zur Ideenfindung, die die Erzeugung von neuen, ungewöhnlichen Ideen in einer Gruppe von Menschen fördern soll. Er benannte sie nach der Idee dieser Methode, nämlich „using the brain to storm a problem“ (wörtlich: Das Gehirn verwenden zum Sturm auf ein Problem). Hilbert Meyer verwendet in UnterrichtsMethoden als Übersetzungsangebot den Begriff „Kopfsalat“.[1]

Inhaltsverzeichnis

Technik und Einsatzgebiet

Der Name „Brainstorming“ hat sich schnell verbreitet, wird heute aber auch fälschlich für andere Techniken als die von Osborn beschriebene verwendet.

Anwendung findet dieses Verfahren bevorzugt im gesamten Bereich der Werbung. Es wird aber mit mehr oder weniger Erfolg auch bei sämtlichen Problemen eingesetzt, die neue Lösungen erfordern, zum Beispiel bei der Produktentwicklung oder beim Konstruieren neuer technischer Geräte. Die Ergebnisse eines Brainstormings können in weiteren Arbeitsschritten verwendet werden, es kann aber auch das (ergebnislose) Brainstorming allein als kreative Lockerungsübung eingesetzt werden.

Das ursprüngliche Verfahren sieht zwei Schritte vor:

Vorbereitung

Es wird eine Gruppe aus 5-20 Personen zusammengestellt. Je nach Problemstellung kann sie aus Experten/Mitarbeitern, Laien oder Experten anderer Fachgebiete bestehen. Die Gruppenleitung bereitet Anschauungsmaterial vor und führt die Gruppe in das Problem ein, das dabei analysiert und präzisiert wird. Dabei sollte die Frage- bzw. Aufgabenstellung weder zu breit und allgemein gehalten sein ("Wie können wir die Welt retten?") noch zu kleinteilig bzw. spezifisch ("Welches Klebeverfahren um Bauteil A an B zu befestigen?"). Den Gruppenmitgliedern wird im Vorfeld der Ablauf des Brainstormings mitgeteilt, ob es sich um ein moderiertes oder nichtmoderiertes Brainstorming handelt. Ein Protokollant kann ernannt werden.

Vier grundsätzliche Regeln gelten beim Brainstorming:

  1. Kombinieren und Aufgreifen von bereits geäußerten Ideen
  2. Kommentare, Korrekturen, Kritik sind verboten.
  3. Viele Ideen in kürzester Zeit (Zeitrahmen ca. 5-30 min)
  4. Freies Assoziieren und Phantasieren ist erlaubt.

Phase Eins: Ideen finden

Nun nennen die Teilnehmer spontan Ideen zur Lösungsfindung, wobei sie sich im optimalen Fall gegenseitig inspirieren und untereinander Gesichtspunkte in neue Lösungsansätze und Ideen einfließen lassen. Die Ideen werden protokolliert. Alle Teilnehmenden sollen ohne jede Einschränkung Ideen produzieren und mit anderen Ideen kombinieren. Die Gruppe sollte in eine möglichst produktive und erfindungsreiche Stimmung versetzt werden. In dieser Phase gelten folgende Grundregeln:

  • Keine Kritik an anderen Beiträgen, Ideen, Lösungsvorschlägen (kreative Ansätze können sich auch aus zunächst völlig unsinnigen Vorschlägen entwickeln).
  • Keine Wertung oder Beurteilung der Ideen.
  • Jeder soll seine Gedanken frei äußern können.
  • Keine Totschlagargumente.
  • Je kühner und phantasievoller, desto besser. Dadurch wird das Lösungsfeld vergrößert.

Phase Zwei: Ergebnisse sortieren und bewerten

Nach einer Pause werden nun sämtliche Ideen (von der Gruppenleitung) vorgelesen und von den Teilnehmern bewertet und sortiert. Hierbei geht es zunächst nur um bloße thematische Zugehörigkeit und das Aussortieren von problemfernen Ideen. Die Bewertung und Auswertung kann in derselben Diskussion durch dieselben Teilnehmer erfolgen oder von anderen Fachleuten getrennt vorgenommen werden.

Schwächen – Varianten – Kritik

Untersuchungen behaupten, dass schon die Äußerung einer Idee die Ideenfindung der anderen Teilnehmenden beeinflusst. Daher ist es sinnvoll, alle Teilnehmenden vor dem eigentlichen Brainstorming ihre Ideen aufschreiben zu lassen, um danach zunächst gänzlich unbeeinflusst davon berichten zu können.

Laut einem Bericht in „Bild der Wissenschaft“ 1/2005 nützt die traditionelle Brainstorming-Methode jedoch nachweislich nichts: 50 Studien zeigten ein vernichtendes Ergebnis, die Kandidaten konnten es in Gruppen nicht besser, weil sie sich gegenseitig blockierten. Meist mussten sie warten, bis ein anderer ausgeredet hatte, was ihre Kreativität hemmte. Einzelkämpfer hingegen hatten nicht nur mehr, sondern auch bessere Eingebungen als die Gruppe. Kreativität hinge somit eher vom Bewusstseinsstand der Einzelnen ab.

Anders verhält es sich mit elektronischem Brainstorming, das mit Hilfe elektronischer Meetingsysteme online durchgeführt wird. Diese Systeme setzen wesentliche Grundregeln des Brainstormings auf technischer Ebene durch und hebeln schädliche Einflüsse der Gruppenarbeit durch Anonymisierung und Parallelisierung der Eingaben aus.[2] Die positiven Effekte elektronischen Brainstormings verstärken sich mit wachsender Gruppengröße.[3]

Um weniger ausdrucksstarke, aber gleichwertig qualifizierte Mitarbeiter einzubeziehen, kann auch auf Brainwriting oder die Collective-Notebook-Methode ausgewichen werden. Auch hier gilt, dass jede Variation in Umgebung und Art der Durchführung neue Impulse liefert. Als hilfreich erweist sich bei Brainstormings auch, sogenannte „Outsider“ in das Brainstorming einzubeziehen. Mitglieder innerhalb einer Organisation blockieren zumeist bei der Ideenfindung, weil sie zu sehr in bestimmten Strukturen denken und darin gefangen sind. Leute von außerhalb können die Denkprozesse beschleunigen und positiv beeinflussen.

Andererseits sind wiederum geübt kreative Menschen in der Lage, sich innerhalb einer Brainstorming-Sitzung gegenseitig anzuregen und zu beflügeln. Die Brauchbarkeit der Ideen hängt wesentlich von der Vertrautheit der Teilnehmenden mit dem Problemgebiet ab, vielfältige Interessen und breite Allgemeinbildung sind ebenfalls vorteilhaft.

Brainstorming und verwandte Methoden werden manchmal nur deshalb angewendet, um möglichst viele Personen an der Problemlösung zu beteiligen, also aus (betriebs-)politischen Gründen. In solchen Fällen spielt die Effektivität keine große Rolle. Wird Brainstorming streng ergebnisorientiert eingesetzt und auch nur von für diese Methode geeigneten Personen ausgeübt, kann es sehr schnell zu guten Teilergebnissen führen, die wiederum weitere Arbeitsschritte befruchten.

Ein Sozialpsychologe der Universität Utrecht machte bezüglich Brainstorming ein Experiment, in dem 20 allein nachdenkende Menschen bis zu 50 % mehr und originellere Einfälle hatten als „Teams“, die klassisches Brainstorming betrieben.[4]

Vor- und Nachteile

Vorteile

  • Ermöglicht Finden von innovativen Ideen und ausgefallenen Problemlösungen
  • Einsatz, wenn normale Techniken keine weiteren Lösungsansätze bieten (Sackgasse)
  • Einfach zu handhaben
  • Geringe Kosten
  • Ausnutzung von Synergieeffekten infolge der Gruppenbildung

Nachteile

  • Sehr abhängig von Teilnehmern
  • Gefahr der Abschweifung
  • Aufwändige Selektion geeigneter Ideen
  • Gefahr von gruppendynamischen Konflikten
  • Patentschutz schwierig (Wer hatte zuerst die Idee?)

Anwendung

  • Für Problemarten einfacher Komplexität
  • Gut geeignet für Problemlösungen auf rein sprachlicher Ebene (Namens- und Slogan-Findung)
  • Geeignet für Zielformulierung und Aussagen mit Symbolcharakter
  • Brauchbar als Einstieg in ein Thema, um das Feld der Lösungsansätze abzustecken

Variationen

  • Elektronisches Brainstorming: Anonymisierung und Parallelisierung von Ideen; überwindet soziale Barrieren in der Gruppe; Vorteile wachsen mit Größe der Gruppe
  • Brainwriting (in verschiedenen Formen): Schriftliche Ideensammlung; besser geeignet für stillere Teilnehmer oder Gruppen, in denen mit Spannungen zu rechnen ist
  • Brainwalking: Ideensammlung in Bewegung und auf im Raum verteilten Plakaten mit unterschiedlichen Fragestellungen; besser geeignet für größere Gruppen und erfahrene Teilnehmer

Siehe auch

Ideenfindung, Problemlösungsverfahren, Elektronisches Meetingsystem, TRIZ, Mind Map, Edison-Prinzip, Qualitätsmethode, Brainwriting, Ideenzirkel, Brainclipping, Selbstgesteuertes Lernen, Ideenkorb im ZRM

Einzelnachweise

  1. Hilbert Meyer, UnterrichtsMethoden, Band II, Frankfurt 19871, 20026
  2. Nunamaker, J., Dennis, A. R., Valacich, J. S., Vogel, D. R. and George, J. F. (1991), "Electronic Meeting Systems to Support Group Work," Communications of the ACM, Vol. 34, No. 7, pp. 40-61
  3. Dennis, A. R. and Valacich, J. S. (1993), "Computer Brainstorms: More Heads are Better than One," Journal of Applied Psychology, Vol. 78, No. 4, pp. 531-537.
  4. Sven F. Goergens im Focus: »Brainstorming« - Irren ist quantitativ..., Ausgabe 05/2009 vom 26. Januar, Seite 90

Literatur

  • M. Nückles, J. Gurlitt, T. Pabst, A, Renkl: Mind Maps und Concept Maps. Visualisieren – Organisieren – Kommunizieren. Beck-Wirtschaftsberater im dtv, München 2004, ISBN 3-423-50877-9
  • Olaf und Johannes: Brainstorming: How to Create Successful Ideas. Wilshire Book Company, 1989, ISBN 0-87980-423-8
  • Osborn, A.F. (1957). Applied Imagination. New York: Charles Scriber’s Sons.
  • Bosse, A. (2007). Das kollektive Genie: Die Innovationsleistung rollengestützter Gruppen. Marburg: Tectum, ISBN 3-8288-9332-5
  • Tara Teramata & B.A. Nijstad (Eds.), Group Creativity: Innovation Through Collaboration. London: Oxford University Press. ISBN 0-19-514730-8
  • Schlicksupp, H. (1999). Ideenfindung. Würzburg: Vogel. ISBN 3-8023-1786-6

Weblinks


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