Bradykardie

Bradykardie
Klassifikation nach ICD-10
R00.1 Bradykardie, nicht näher bezeichnet
ICD-10 online (WHO-Version 2011)

Bradykardie (griech. βραδυκαρδία, bradykardía, wörtl.: „Langsamherzigkeit“) bezeichnet in der Medizin einen Herzschlag unter 60 Schläge pro Minute beim Erwachsenen Menschen.[1][2][3] Das Gegenteil von Bradykardie nennt man Tachykardie: eine Pulsfrequenz von über 100 Schlägen pro Minute in Ruhe.[4][2]

Inhaltsverzeichnis

Physiologie

Beim herzgesunden Menschen wird die Geschwindigkeit des Herzschlages durch den Sinusknoten, den körpereigenen Herzschrittmacher, gesteuert. Die Schnelligkeit des Herzschlages, zu bestimmen durch Tastung des Pulses, hängt u.a. vom körperlichen Belastungsniveau ab. Üblicherweise fällt die Herzfrequenz nicht unter 40 Schläge pro Minute, Ausnahmen bilden gut trainierte Ausdauersportler, bei denen eine niedrigere Frequenz in Ruhe durchaus als normal angesehen werden kann, sofern die Herzfrequenz unter Belastung adäquat ansteigt.[3] Es liegt dann eine vom Sinusknoten gesteuerte Bradykardie (Sinusbradykardie) vor.

Pathophysiologie

Krankhafte Ursachen für eine Bradykardie sind nur durch ein Ruhe-EKG identifizierbar. Hierzu zählen

  • Erkrankung des Sinusknoten ohne ausreichenden Anstieg der Herzfrequenz unter Belastung (chronotrope Inkompetenz) und niedriger Ruhefrequenz (Sinusbradykardie beim Sick-Sinus-Syndrom = Syndrom des kranken Sinusknoten),
  • Blockierung der Erregungsleitung über die Herzvorhöfe (SA-Block),
  • Erkrankung des AV-Knoten mit Blockierung zweiten bis dritten Grades (AV-Block),
  • langsames Vorhofflimmern (Bradyarrhythmia absoluta).

Neben einer Erkrankung des Herzens wie einer koronaren Herzerkrankung können Medikamente (Betablocker, Clonidin, Verapamil, Diltiazem, Digitalis) häufig ursächlich sein. Auch ein erhöhter Hirndruck verursacht häufig eine Bradykardie.

Symptomatik

Von Beschwerdefreiheit über Leistungsminderung bis hin zu Ohnmachtsanfällen (Synkopen), Verschlechterung (Dekompensation) einer bestehenden Herzinsuffizienz oder auch komplettem Herzstillstand mit Tod kann die Ausprägung von Beschwerden sehr unterschiedlich sein.

Diagnostik

EKG-Diagnostik einer Bradykardie (37/min)

Die sicherste Methode zur Diagnostik einer Bradykardie bietet das EKG. Phasen langsamen Herzschlages lassen sich im Langzeit-EKG erfassen. Sind weniger Pulsschläge zu tasten als im EKG zu zählen, spricht man von einem Pulsdefizit. Im Rahmen einer pulsoximetrischen Überwachung wird die Herzfrequenz immer mit ausgegeben, diese Methode ist aber fehleranfällig, da nur der Puls, nicht jedoch die elektrische Herzaktion gezählt wird. Auch mit Ultraschall kann durch Dopplersonographie die Herzfrequenz bestimmt werden. Nicht zuletzt kann man das Herz abhören (Auskultation).

Therapie

Kommen Medikamente als Ursachen einer dauerhaften oder rezidivierend auftretenden, krankhaften Bradykardie nicht in Frage, ist die Implantation eines Herzschrittmachers notwendig. Überbrückend kann auch eine passagere Variante mit wenig Aufwand gelegt werden. Medikamentöse Maßnahmen wie die Gabe von Parasympatholytika (z. B. Atropin) oder Sympathomimetika (z. B. Adrenalin) kommen nur in Notfallsituationen zur Überbrückung in Betracht. Gegebenenfalls ist eine Herzdruckmassage erforderlich.

Einzelnachweise

  1. Roche Lexikon Medizin. 5 Auflage. Elsevier GmbH, Urban & Fischer Verlag, München 2003, ISBN 3-437-15072-3 (Stichwort:Bradykardie).
  2. a b Pschyrembel Klinisches Wörterbuch. 259 Auflage. de Gruyter, Berlin, New York 2002, ISBN 3-11-016523-6 (Stichwort:Bradykardie, Tachykardie).
  3. a b Mewis, Riessen, Spyridopoulos (Hrsg.): Kardiologie compact - Alles für Station und Facharztprüfung. 2 Auflage. Thieme, Stuttgart, New York 2006, ISBN 3-13-130742-0, S. 512.
  4. Roche Lexikon Medizin. 5 Auflage. Elsevier GmbH, Urban & Fischer Verlag, München 2003, ISBN 3-437-15072-3 (Stichwort:Tachykardie).
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