Blickkontakt

Blickkontakt
Die Wahrsagerin, Caravaggio (um 1594)

Als Blickkontakt bezeichnet man den wechselseitigen Blick zweier Personen in die Augen, wenn dieser von beiden wahrnehmbar ist.

Blickkontakte sind ein wichtiges Ausdrucksmittel der Körpersprache (hier: Mimik) und ein zentraler Bestandteil der nonverbalen Kommunikation. Kaum eine andere Mimik vermag einen so facettenreichen Ausdruck zu vermitteln (das Auge als Spiegel der Seele).

Es handelt sich um ein dynamisches Sehereignis.

Der Blickkontakt kann rein nonverbal erfolgen oder Inhalte eines Gespräches begleiten sowie die Charakteristik einer Kommunikation unterlegen. Blickkontakte vermitteln die Motivation für die Übermittlung einer Nachricht aus Sicht des Kommunikators. Hieraus kann der Rezipient meistens seine Rolle bzw. seinen Stellenwert sowie die Bedeutung des Themas erkennen.

Blicke können die Emotionen, Stimmungen bzw. die Absicht einer Person vermitteln. Der Augenkontakt zeigt auch, wie wichtig dem Kommunikator der Rezipient oder der Anlass ist. Bei der Kommunikation ist auch zu beobachten, dass sich die Augenlider (Öffnung, Lidschlag) und die Pupillengröße verändern. Ferner ist hier die Art und Weise zu ersehen, beispielsweise die Blickbewegung und die Dauer des Blickkontakts.

Blickkontakt besteht gewöhnlich bei Begrüßungen, Gesprächen und bei gemeinsam ausgeführten Handlungen oder bei Handlungen, die beiderseits von Wichtigkeit sind. Ein nicht erwiderter, ausweichender oder leerer Blick wird oft als negativ (Desinteresse, Herabwürdigung oder auch Schüchternheit) empfunden; dies gilt nicht, wenn der Empfänger um die Begleitumstände des Kommunikators weiß.

Inhaltsverzeichnis

Dauer des Blickkontakts

Je wichtiger eine Aussage oder eine Handlung für den Sender ist, desto länger dauert der Blickkontakt und desto wichtiger ist dieser für den Transport der Nachricht. Abgesehen davon kann auch Augenkontakt bestehen, wenn Sender und Empfänger sehr an einer Kommunikation interessiert sind.

Oft ist es schwierig, die richtige Dauer des Blickkontaktes zu finden. Zu wenig Kontakt kann Desinteresse, Miss-/Nichtachtung, Unsicherheit, Verlegenheit, Schüchternheit oder Lüge transportieren. Ein sehr intensiver Blickkontakt beinhaltet hingegen eine besonders bedeutsame Kommunikation aus Sicht des Senders.

Die Dauer des Blickkontakts kann eine positive (Transport von Sympathie, der Wichtigkeit der Nachricht, der Wichtigkeit des Gesprächspartners o. ä.) oder eine negative Bedeutung haben (z. B. Dominanz, Bedrohung, Herausforderung), fragend, zustimmend oder ablehnend sein.

Starren

Ein Anstarren (Stielaugen) ist ein meist nicht-kommunikatives langes fokussiertes Ansehen und wird gemeinhin vom Empfänger als unangenehm, unhöflich und/oder abwertend empfunden.

Dabei ist es keineswegs so, dass sich zwei Menschen während eines Gesprächs permanent in die Augen blicken. Der Sender schaut immer wieder am Empfänger vorbei. Die Aufnahme des Blickkontaktes signalisiert dem Kommunikant, dass der Rezipient Aufmerksamkeit wünscht oder nach einem Redebeitrag in die Empfängerrolle wechselt.

Bei einem Bewerbungsgespräch versucht der Arbeitgeber neben Wahrheit oder Lüge auch Selbstbewusstsein oder Verunsicherung in den Augen abzulesen.

Kulturelle Unterschiede beim Blickkontakt

Die Informationen, die durch Augenkontakte übermittelt werden, können von Personen aus verschiedenen Kulturen unterschiedlich empfunden werden. So wird z. B. in westlichen Kulturen ein direkter Blickkontakt als vertrauensbildend und seine Vermeidung als Zeichen der Unaufrichtigkeit empfunden. In China dagegen wird der direkte Blickkontakt häufig als offensiv empfunden und daher vermieden.

Häufigkeit des Augenkontaktes

Zwinkern

Häufige Blickbewegungen können eine Musterung bedeuten oder auf Unsicherheit bzw. Nervosität des Senders hindeuten. Blinzeln kann Sympathie oder Nervosität transportieren. Der rasche Lidschlag transportiert oft Nervosität oder Unsicherheit, während der langsame Lidschlag (manchmal mit einem Auge) oft mit einem Lächeln verbunden ist und Sympathie transportiert (Zwinkern). Letzteres ist eine in Europa gängige Mimik, vor allem beim Flirten. Das Zwinkern kann beim Empfänger unangenehm sein, wenn sich beide nicht gut genug kennen oder ein Beteiligter keine Annäherung wünscht (vgl. Partnerwahl).

Blickkontakte als Übermittler wichtiger Informationen

Blickkontakte haben eine große Bedeutung beim Transport von Aussagen wie z. B. Aggression, Traurigkeit, Ärger, Angst, Liebe und Unschuldsbeteuerung.

Manche Blicke wie zum Beispiel der „Schlafzimmerblick“ (Erotik) bedürfen wegen ihrer Eindeutigkeit keiner Unterstreichung durch Gesten oder Worte.

Des Weiteren ist es möglich, weitere Gefühle wie Abneigung oder Sympathie mithilfe eines Blickes auszudrücken. Friedrich Wilhelm Barfuss, Autor des Buches: Populäres Lehrbuch der Optik stellte einst folgende Behauptung auf: "Der Blick ist das Fenster zur Stärke oder Schwäche bzw. zur Intelligenz eines Menschen. Nur ein intelligenter Mensch kann die verschiedenen Gefühle, die in Blicken liegen richtig anwenden, weiß, in welchen Situationen welcher Blick angewendet werden muss. Ich möchte keineswegs arrogant erscheinen oder mich selbst loben, aber ich habe schon immer den passenden Blick für bestimmte Situationen beherrscht."

Informationen, die durch Blickkontakt übermittelt werden, werden intensiver wahrgenommen als ohne diesen (vgl. Aufmerksamkeit). Je häufiger respektive länger der Blickkontakt besteht, umso wirkungsvoller wird die Nachricht vom Empfänger aufgenommen.

Wortumfeld

Der Augenblick im Sinne von Gegenwart oder im Sinne einer kurzen Zeitspanne, hat auch Eingang in die Sprache gefunden. Beispiele: Die Interjektion „Einen Augenblick!“ steht für die Bitte um Geduld, die einer kommunizierten Person gilt. Der Ausspruch „im Augenblick“ steht für eine gegenwärtige Situation. „Jeden Augenblick“ heißt, dass ein Ereignis unmittelbar bevorsteht oder praktisch dauernd stattfindet. „Einen Blick auf jemanden werfen“ bedeutet, dass eine Person jemanden im Blickfeld hat, weil sie an ihm interessiert ist.

Ein böser Blick ist die vermeintliche Belegung eines Fluches oder eines Zaubers alleine durch Blickkontakt durch eine Hexe bzw. einen Hexer/Magier.

Ein Gespräch zwischen zwei Personen wird als „Vier-Augen-Gespräch“, und nicht etwa als „Vier-Ohren-Gespräch“ bezeichnet, was die Bedeutung des Blickkontakts bei dieser Gesprächsform hervorhebt. Auf „gleicher Augenhöhe“ verhandeln bedeutet, dass sich die Gesprächspartner als ebenbürtig betrachten.

Sonstiges

Bei der Begegnung von Unbekannten vermittelt der Blickkontakt erste wichtige Informationen (erster Eindruck).

Der Augengruß ist ein kurzer Blickkontakt, der nur zum Grüßen dient. Beim Kennenlernen zwischen Menschen, die eine Beziehung beabsichtigen, ist der erste ausdrucksstarke Blickkontakt von erheblicher Bedeutung.

Ein bekanntes (Kinder-)Spiel ist das Blickduell, wo man sich absichtlich gegenseitig lange in die Augen blickt, bis einer zuerst wegschaut oder anfängt zu lachen.

Autistische Menschen sind oft nicht in der Lage, verbale und nonverbale Nachrichten in einem Gespräch gleichzeitig zu verarbeiten. Typischerweise führt das dazu, dass Autisten ihr Gegenüber umso weniger ansehen, je intensiver sie sich mit dem Inhalt des Gespräches beschäftigen. Dies führt beim Gesprächspartner leicht zu Verwirrung bzw. wird als Ausdruck von Verlegenheit oder Desinteresse fehlinterpretiert.

Bei Präsentationen, Verkaufsgesprächen oder Lehrveranstaltungen steigert der Blickkontakt mit dem Publikum dessen Aufmerksamkeit und Interesse (vgl. AIDA-Modell).

Philosophie

In Das Sein und das Nichts beschreibt Jean-Paul Sartre den Blickkontakt, der natürlich auch einseitig stattfinden kann, einmal als einseitige Form des Besitzergreifens („possession“) des Anderen, aber auch wechselseitig als Objektivierung. Im Blickkontakt wird der andere sozusagen erst als Sein geschaffen, ja geboren in seiner Nacktheit. Diese Form der Entstehung bezieht Sartre auf die Grundlage des Ichs („fondement de moi“). Der Mensch erkennt sich also im anderen.[1] Dieser Gedanke wurde von der Psychologie aufgegriffen, siehe → Spiegelstadium, Spiegelung und die Theorie von Donald W. Winnicott, dass der Blickkontakt der Mutter als Vorstadium des Spiegelstadiums aufzufassen ist.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Sartre, Jean-Paul: L’être et le néant. Essai d’ontologie phénoménologique. [1943] Gallimard tel, 2007, ISBN 978-2-07-029388-9, Kap. 3, Abs. 1, Seite 404 f.

Literatur

  • Hilarion G. Petzold: Psychotherapie & Babyforschung. Band 2: Die Kraft liebevoller Blicke. Säuglingsbeobachtungen revolutionieren die Psychotherapie. Junfermann, Paderborn 1995, ISBN 3-87387-122-X, (Innovative Psychotherapie und Humanwissenschaften 56).

Weblinks

 Commons: Blickkontakt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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