Bettelordenskirche

Bettelordenskirche
Die Antoniterkirche in Köln, eine Bettelordenskirche aus dem 14. Jahrhundert

Die Kirchenbauten der Bettelorden bilden einen eigenen Typus innerhalb der Architekturgeschichte. Die Bettelordensarchitektur beginnt im 1. Viertel des 13. Jahrhunderts und erreicht im 14. Jahrhundert eine hohe Blüte.

Inhaltsverzeichnis

Architektur

Die Bauvorschriften der Dominikaner und Franziskaner beschränkten sich auf wenige Forderungen und Verbote. Sie verlangten Schlichtheit und maßvolle Größe der Gebäude, den weitgehenden Verzicht auf plastische oder malerische Ausstattung, den Verzicht auf Gewölbe in der Kirche mit Ausnahme des Chorraums sowie Turmlosigkeit und Nutzung eines Dachreiters als Glockenstuhl. Zwar scheint es auf den ersten Blick schon früh zu Verstößen gegen die Vorschriften gekommen zu sein. Bereits eine der ersten Kirchen auf deutschem Boden, die 1268 geweihte Dominikanerkirche in Esslingen/N., ist vollständig gewölbt. Jedoch können bei den betreffenden Kirchen zumeist dafür besondere Motivationen seitens der Konvente beziehungsweise der Förderer (Stifter, Städte) geltend gemacht werden.[1] Oder es lässt sich wie im Fall von Esslingen durch genaue Bauuntersuchungen feststellen, dass die Gewölbe über dem Laienbereich (Langhaus ohne Chorbereich) erst im ausgehenden 13. Jahrhundert sekundär gewölbt wurden.[2] Im 14. und 15. Jahrhundert entfernten sich die Bauwerke offensichtlich immer weiter vom Regelkanon. Sie bleiben im lokalen Maßstab jedoch schlicht.

Stilistisch orientierten sich die Bettelordenskirchen am zu jener Zeit aktuellen gotischen Stil, allerdings in reduzierter Formensprache. Im Gegensatz zu der Vertikalität, den zergliederten Bauformen und dem prächtigen Bauschmuck der Kathedralgotik zeichnen sich die zeitgleichen Bettelordenskirchen durch ihre Einfachheit und Strenge in Bau- und Raumform sowie Sparsamkeit in den Einzelformen aus. Ihre äußere Erscheinung zeigt in der Regel einen kubisch zusammengefassten, horizontal gestreckten Baukörper ohne aufwendige Gliederungen. Auf reiche Bauplastik, ein Querhaus sowie auf Glockentürme wurde stets verzichtet.

Eine Bevorzugung eines bestimmten charakteristischen Bautyps ist allgemein nicht feststellbar, auch innerhalb der diversen Orden sind nur geringe Unterschiede erkennbar. Gebaut wurden Saalkirchen, Basiliken und Hallenkirchen mit verschiedenster Anzahl von Schiffen, teilweise asymmetrisch angelegt. Allerdings scheint es zumindest in den ersten Jahrzehnten der Bautätigkeit bei Franziskanern und Dominikanern Hinweise auf Präferenzen der jeweiligen Orden für bestimmte Bautypen zu geben.[3] So bevorzugten die Franziskaner offenbar zunächst schlichte Saalkirchen, während die Dominikaner auf den Bautyp der Basilika zurückgriffen. Die Dominikaner bauten etwas früher und öfter (über dem Chor) gewölbte Kirchen, die Franziskaner hingegen bevorzugten eher Räume mit Holzbalkendecken, Holztonnengewölben oder – südlich der Alpen – offene Dachräume mit Transversalbögen. Der Chor besitzt meist ein Kreuzgewölbe. Die anfängliche Kleinchörigkeit und der Verzicht auf einen Lettner wurden bald wieder aufgegeben. Für die italienischen Bettelorden ist die Übernahme des Zisterzienserchores mit am Querhaus aufgereihten Kapellen charakteristisch (z.B. Santa Croce (Florenz))

Charakteristisch ist allgemein die Weiträumigkeit des Laienbereichs, die sich aus dem weitgehenden Verzicht differenzierender Bauglieder ergibt. Die häufig verwendeten Begriffe Predigt- oder Volkskirche bei der Charakterisierung von Bettelordenskirchen sind nicht zutreffend. Zumeist bestehen die mittelalterlichen Bettelordenskirchen aus einem zwei- oder dreischiffigen Langhaus und einem einschiffigen Chor.

Ausstattung

Über Ausstattung und Schmuck der Bettelordenskirchen lässt sich heute aufgrund der gründlichen Zerstörungen seit der Reformation kaum mehr etwas sagen. Anfängliche Bemühungen der Orden, übermäßigen Luxus einzudämmen – so erlaubte ein Franziskanerstatut von 1260 nur Bilder des Kruzifixus, der Madonna, des hl. Johannes, Franziskus und Antonius – scheinen jedenfalls gescheitert zu sein. Gegen sie sprach die Abhängigkeit der Klöster von stiftungsfreudigen Patriziat. Von prachtvollen Glasfenstern, einer großen Zahl von Grabmälern und Wappenschildern, deren Auftraggeber großzügige Stifter waren, liest man in den zeitgenössischen Quellen recht häufig.

Klostergebäude

Die Klostergebäude richteten sich meist nach den örtlichen, oftmals beengten Gegebenheiten. Meist waren die Klausurgebäude im konventionellen Schema um einen rechteckigen Kreuzgang angeordnet. Die Mönche bewohnten einzelne Zellen. Auf Wirtschaftsgebäude konnte verzichtet werden, da man keine Landwirtschaft betrieb.

Fußnoten

  1. Todenhöfer 2007, S. 49–62.
  2. Jaeger, Falk: Das Dominikanerkloster in Esslingen. Baumonographie von Kirche und Kloster, Sigmaringen 1994, S. 93.
  3. Todenhöfer 2010, S. 226f.

Literatur

  • Wolfgang Schenkluhn: Architektur der Bettelorden : die Baukunst der Dominikaner und Franziskaner in Europa. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2000.
  • Achim Todenhöfer: Apostolisches Ideal im sozialen Kontext. Zur Genese der Bettelordensarchitektur im 13. Jahrhundert.. In: Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft. 34, 2007, ISBN 978-3-87375-173-9 (formal falsche ISBN), S. 43–75.
  • Leopold Giese: Bettelordenskirchen, in: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte, Bd. 2, Stuttgart 1939, 394–444, Onlineversion.
  • Achim Todenhöfer: Kirchen der Bettelorden. Die Baukunst der Dominikaner und Franziskaner in Sachsen-Anhalt. Dietrich Reimer Verlag, Berlin 2010, ISBN 978-3-496-01396-9.

Siehe auch


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