Betonboot

Betonboot
Paul Kossel, Deutsches Schifffahrtsmuseum Bremerhaven
Betonschiff „Capella“ in Rostock
Betonschiff „Hans Martin“ in Norwegen, Schifffahrtsmuseum Porsgrunn
Betonschiff „Treue“ an der Schlachte in Bremen

Ein Betonschiff ist ein Schiff mit einem Rumpf aus Beton, der mit Stahl oder mit anderen geeigneten Bewehrungseinlagen versteift ist.

Inhaltsverzeichnis

Merkmale

Der Baustoff Beton ist preiswert und die Menge an Bewehrungsstahl ist geringer als bei einem Schiff, das vollständig aus Stahl besteht. Einzelanfertigungen sind aufwendig, wogegen durch den Einsatz von Betonschalungen kostensparender Serienbau möglich ist. Weiterhin ist Beton sehr widerstandsfähig und Schäden beispielsweise durch Holzschädlinge entfallen, die Anhaftung von Algen und Meerestieren ist im Vergleich mit anderen Schiffbaumaterialien minimal. Die Aufwendungen für Pflege und Reparatur sind niedriger als bei konventionellen Schiffen.

Nachteilig sind die benötigten Wandstärken und das resultierende Gewicht größerer Schiffe, was sich negativ auf die Betriebskosten und die Manövrierfähigkeit auswirkt. Im konventionellen Schiffbau werden in der Regel Stahl, Holz oder Kunststoffe verwendet. Der Baustoff Beton gilt in diesem Bereich als unüblich. Fortschritte in der Werkstoffforschung ermöglichen den Einsatz von Beton und Bewehrungsmaterial mit verbesserten Eigenschaften besonders bezüglich Gewicht und Flexibilität.

Geschichte

Das erste Fahrzeug in der Stahlbetonbauweise wurde 1848 von Joseph-Louis Lambot als Boot hergestellt und 1855 auf der Weltausstellung in Paris gezeigt.[1] [2] Um 1860 wurden in den Niederlanden Leichter für die Kanalschifffahrt aus Beton gebaut. In Italien begann Carlo Gabellini um 1860 mit dem Bau kleinerer Schiffe aus Stahlbeton. Das bekannteste seiner Schiffe war die Liguria.[3]

In Zeiten mit Stahlknappheit griff man auf die Idee zurück, Schiffe aus Stahlbeton (engl. Ferrocement) herzustellen. Einer der deutschen Pioniere im Betonschiffbau war Gottfried Feder. Um die Zeit von 1916 bis 1918 versuchte sich der von kriegsbedingten Verlusten hart geforderte Frachtschiffbau mit Eisenbeton-Handelsschiffen, die auch noch einige Jahre später gebaut und eingesetzt wurden. Durch die Auslegung, die sich zu sehr an der herkömmlichen Spantenbauweise orientierte, kam es jedoch noch zu keinem Serienbau. Die Schiffe ließen sich schlecht manövrieren und zeigten zudem schlechte Seeeigenschaften. An der Donau wurden während des ersten Weltkrieges und danach von dem Bauunternehmen Wayss & Freytag Betonschleppkähne gebaut. Auch in Amerika wurden in dieser Zeit etliche Betonschiffe hergestellt, 1917 entstand der Namsenfjord, 1918 schließlich die Faith.[3]

Während des Zweiten Weltkrieges wurden wieder Betonschiffe gebaut. Durch Einsatz der für den Werkstoff Beton günstigeren Schalenbauweise konnten diese Fahrzeuge ab ca. 1940 wirtschaftlich in Serie gefertigt werden. Vier Grundtypen wurden projektiert: Leichter für die Binnenschifffahrt, Tanker, Frachter, und Küstenmotorschiffe. Es konnten Stahleinsparungen bis zu 70 % erzielt werden. Das Bauunternehmen DYWIDAG (Dyckerhoff & Widmann) stellte einen Großteil der Rümpfe in Zusammenarbeit mit diversen Werften her (die Anzahl ist unklar. Es handelt sich mindestens um 50 Stück, Schätzungen gehen bis zu 200 Stück) [4]. Die Entwicklung der Schalenbauweise wurde von Ulrich Finsterwalder vorangetrieben. Auch von Seiten der USA wurde im Zweiten Weltkrieg der Betonschiffbau intensiviert. Nur ein Teil dieser Schiffe (FCB Ferroconcrete Barge[5], LST Landing Ship Tank) kam zum Einsatz. Andere wurden nach dem Krieg in der amerikanischen Berufsschifffahrt eingesetzt.

Im Rahmen eines von den USA geförderten Projektes wurden 1969 auf den Philippinen und in Südvietnam je ein Prototyp für Patrouillenboote vom Typ Swift PCF-2 in Betonbauweise gefertigt.[6] Die vietnamesische Marine hatte 71 Betondschunken vom Typ Yabuta im Einsatz.[7] Mitte der 1970er Jahre wurde ein seetauglicher LNG-Tanker entwickelt, es kam jedoch niemals zur Herstellung.[8]

Noch heute werden Schiffe oder Boote in Stahlbetonweise gebaut. Durch die lange Lebensdauer der Rümpfe sind noch etliche ältere Schiffe im Einsatz[9].

Bekannte Betonschiffe

  • Die Capella liegt am Warnowufer in Rostock. Sie gehört zum Schiffbau- und Schifffahrtsmuseum Rostock und wird als Ausstellungsraum genutzt. Die Frachtschute ist ohne eigenen Antrieb. In der Planung wurden dafür zwei Antriebsmaschinen vorgesehen. Das Schiff hat die Jahre bis zum Museumseinsatz nur im Wasser, einem Nebenarm der Warnow verbracht und schwimmt noch heute.[10]
  • Die Clementesse ist ein Schoner der auf der Aroldsener Bauwerft in Aroldsen von 1975 bis 1982 entstand. Das Schiff gehört der Flotte der Schiffergilde Bremerhaven an.[11]
  • Die Heraclitus ist eine Dschunke aus Beton. Sie segelt seit 1975 im Auftrag des Institute of Ecotechnics und ermöglicht mit ihren Forschungsreisen maritime Untersuchungen. [12]
  • Die Kranich VII lief im Juni 2002 vom Stapel. Konstruiert und hergestellt wurde sie von Willi Hartung in 17-jähriger Arbeit und ist zu 100 % im Eigenbau entstanden. Die Yacht weist eine Länge über alles von 15 m und eine Rumpflänge von 14 m auf. Sie ist 4,2 m breit und hat einen Tiefgang von 2 m. Der Mast misst 17 m über Deck. Für den Fall, dass nicht genügend Wind vorhanden sein sollte, wird die Yacht mit einem Dieselmotor von 53,8 PS max / 50 PS Dauerleistung angetrieben. Zudem verfügt die Yacht über ein 24 Volt Bordnetz, welches über ein Ladegerät und/oder einen Windgenerator gespeist wird.
  • Das Betonschiff RIVERBOAT liegt seit über 60 Jahren in Lübeck. Das Schiff ist 55 Meter lang und 7,5 Meter breit und verfügte nie über einen eigenen Antrieb. Es wurde 1943 von DYWIDAG (Dyckerhoff & Widmann) in Holland gebaut und diente kurz nach dem Krieg als Auffangstation für Flüchtlinge. Ende der 1970er Jahre wurde ein Jazzlokal daraus und jetzt liegt es, generalüberholt, als Gastronomieschiff im Lübecker Klughafen. Ein Teil des Schiffes beheimatet ein Szenerestaurant, während der andere Teil für Firmenevents und Feiern vermietet wird.[14]
  • Sint-Jozef ist eine Kirche auf einem Betonschiff in Antwerpen.[15]
  • Das Küstenmotorschiff Treue wurde 1943 gebaut, wegen des knappen Stahls aus wasserdichtem Beton. Fast zwei Jahrzehnte lang transportierte es Holz auf der Nord- und Ostsee. 1962 aus dem Schiffsregister gelöscht, diente die Treue zunächst als schwimmende Motorradwerkstatt und später als Lagerkahn im Hamburger Hafen. Inzwischen liegt es als schwimmendes Event- und Gastronomieschiff in Bremen.[16]

Siehe auch

Literatur

  • Dr. Ing. W. Petry, Zur Frage des Eisenbetonschiffbaues, Zementverlag, Charlottenburg, 1920
  • Colin Brookes, Ferro-cement Boats, International Marine Pub., ISBN 0-9521067-3-6
  • Jan van Oosterbeek, Du brauchst nicht Tischler lernen um ne Yacht zu bauen ISBN 3831113920
  • Jack R. Whitener, Ferro-Cement Boat Construction ISBN 978-0870331404

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Dokumentation des ersten Betonbootes, Comité d’Histoire de l’Equipement, des Transports et du Logement
  2. Das erste Betonboot, Lambot, Museum von Brignoles
  3. a b Robert Eberhardt, „Concrete Shipbuilding in San Diego, 1918-1920”, Journal of San Diego History, 41:2, Frühjahr 1995.
  4. Übersicht der Werften mit Betonschiffbau und Bauverzeichnisse
  5. FCB Informationen über Betonschiffe in England
  6. Patrouillenboot Prototypen Philippinen, Südvietnam
  7. Vietnam, Betondschunke Typ Yabuta
  8. Geschichte des Betonschiffbaus Berliner Zeitung
  9. Marktüberblick existierender Stahlbetonschiffe
  10. MS Capella, Betonschiff, Frachtmotorschiff, Rostock
  11. SY Cementesse, Betonschiff, Schoner, Bremerhaven
  12. Dschunke Heraclitus, Institute of Ecotechnics
  13. MS Paul Kossel, Betonschiff, Motorschlepper, Bremerhaven
  14. CS Riverboat, Betonschiff, Pontonnutzung, Lübeck
  15. Sint-Jozef, Betonschiff, Kirche, Antwerpen
  16. MS Treue, Betonschiff, Küstenmotorschiff, (Treue GbR), Bremen

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