Bessarabiendeutscher Verein

Bessarabiendeutscher Verein
Sitz des Bessarabiendeutschen Vereins in Stuttgart

Der Bessarabiendeutsche Verein e. V. ist ein Verein mit Sitz in Stuttgart. In ihm haben sich Bessarabiendeutsche, die Bessarabien bei der Umsiedlung 1940 verlassen haben, sowie ihre Nachkommen zusammengeschlossen. Vereinsziel ist die Bewahrung der Kultur und der Werte der Bessarabiendeutschen, deren Vorfahren Anfang des 19. Jahrhunderts nach Bessarabien im damaligen russischen Zarenreich ausgewandert waren. Außerdem vertritt der Verein seit 2008 die Dobrudschadeutschen- und Bulgariendeutschen, die zuvor in der Landsmannschaft der Dobrudscha- und Bulgariendeutschen zusammengeschlossen waren.

Inhaltsverzeichnis

Sitz und Organisation

Der Vereinssitz befindet sich in Stuttgart im Haus der Bessarabiendeutschen. In Hannover wird eine Geschäftsstelle Nord betrieben, die zuvor Sitz des Hilfskomitees der Evangelisch-lutherischen Kirche aus Bessarabien war. Vereinsvorsitzender ist seit 2011 Günther Vossler, zuvor war es seit der Vereinsgründung 2006 Ingo Rüdiger Isert. Stellvertreter sind Erika Wiener, Linde Daum und Werner Schäfer. Dem Vorstand gehören 15 Beisitzer sowie der Bundesgeschäftsführer Kuno Lust. In den einzelnen Bundesländern gibt es, je nach Anteil an Vereinsmitgliedern, 65 gewählte Delegierte. Am stärksten ist mit Abstand Baden-Württemberg vertreten. Die Delegierten wählen den 20-köpfigen Vereinsvorstand. Der Verein hat nach eigenen Angaben derzeit (2010) rund 2.500 Mitglieder.

Im Haus der Bessarabiendeutschen wird vom Verein das Heimatmuseum der Bessarabiendeutschen betrieben. 2009 kam ein weiterer Ausstellungsort im früheren Bessarabien hinzu. Es handelt sich um das Edwin-Kelm-Museum in Friedenstal [1]. Der langjährige Bundesvorsitzende der Landsmannschaft der Bessarabiendeutschen Edwin Kelm erwarb dort Mitte der 1990er Jahre den früheren Bauernhof seiner Großeltern. Er ließ die Hofanlage restaurieren und die inzwischen abgerissenen Wirtschaftsgebäude, die Sommerküche und den Brunnen wieder errichten. Daraus wurde das bessarabiendeutsche Dorf- und Bauernmuseum unter seinem Namen. Die Hofanlage repräsentiert mit ihren ausgestellten landwirtschaftlichen Arbeitsgeräten eine typische Landwirtschaft der deutschstämmigen Bevölkerung, bevor sie das Land 1940 nach der Besetzung durch die Sowjetunion verließ. 2009 übereignete Edwin Kelm das Museum dem Bessarabiendeutschen Verein.

Gründung durch Zusammenschluss

Der Verein entstand 2006 durch die Fusion der bisherigen bessarabiendeutschen Vereinigungen:

Obwohl die Vereinsfusion 2006 stattfand, wurde aus formellen Gründen als Gründungsdatum des Vereins das Datum der Gründung des Hilfskomitees am 17. Juni 1946 genommen. Die ebenfalls bessarabiendeutsche Vereinigung Alexander-Stift (Diakonische Altenpflegeeinrichtung) wurde wegen ihrer Wirtschaftskraft von ihrem Trägerverein, dem bisherigen "Hilfskomitee der Ev.-luth. Kirche aus Bessarabien", in die Selbstständigkeit entlassen.

Mit der Fusionierung bündelten sich die Nachkommen der deutschstämmigen Bevölkerungsgruppe aus Bessarabien in einem Großverein. Der Personenkreis, der bis zur Umsiedlung von 1940 in Bessarabien geboren wurde oder gelebt hat, wird beständig kleiner.

Im September 2008 beschlossen die Mitglieder der Landsmannschaft der Dobrudscha- und Bulgariendeutschen mit großer Mehrheit, sich dem Bessarabiendeutschen Verein anzuschließen. [2] Grund für den Anschluss sind Auflösungserscheinungen der Landsmannschaft, da viele ihrer Mitglieder aus der Erlebnisgeneration mittlerweile verstorben sind. Beide deutschen Volksgruppen aus der Dobrudscha und Bessarabien sind durch ihre Herkunft eng verbunden. Die Dobrudschadeutschen bildeten sich zum großen Teil aus Bessarabiendeutschen, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ins Nachbargebiet auf der Suche nach Ackerland ausgewandert waren.

Vereinsangebote

Der Verein bietet an eigenen Aktivitäten und Einrichtungen:

  • Haus der Bessarabiendeutschen mit Fest- und Tagungsräumen
  • Heimatmuseum
  • Bibliothek und Bildarchive
  • Familienkunde
  • Glaubens- und Frauenarbeit
  • Kultur- und Traditionspflege
  • Reisen ins frühere Bessarabien und in Ansiedlungsgebiete in Polen
  • Unterstützung von Heimatortsgemeinschaften
  • Monatliche erscheinende Zeitung Mitteilungsblatt in einer Auflage von 3000 Exemplaren (2009)
  • Jährliche Herausgabe des Jahrbuchs der Deutschen aus Bessarabien

Vereinszweck

Zweck des Vereins ist laut Satzung:

  • Pflege der Gemeinschaft unter den Deutschen aus Bessarabien und ihren Nachkommen
  • Fortführung der kulturellen, gesellschaftlichen und glaubensmäßigen Werte und Traditionen der Bessarabiendeutschen
  • Bewahrung der bessarabiendeutschen Geschichte und Kultur
  • Förderung publizistischer Arbeit durch eigenes Presseorgan und Bücher, Medien
  • Vertreten der Bessarabiendeutschen in der Öffentlichkeit
  • Kontakte in die frühere Heimat Bessarabien mit Unterstützung der dortigen Bewohner
  • Pflege der Erinnerung an die Anwesenheit der Bessarabiendeutschen im früheren Bessarabien durch Errichtung von Gedenksteinen, Schaffung von Ortsmuseen

Geschichtliche Aufarbeitung der Zeit des Nationalsozialismus

2009 rief der Verein eine Bessarabiendeutsche Historische Kommission ins Leben [3], um die Zeit des Nationalsozialismus unter wissenschaftlichen Ansprüchen geschichtlich aufzuarbeiten. Ihr gehören 6 anerkannte Persönlichkeiten des Vereins an. Untersucht werden sollen dabei einzelne zeitliche Abschnitte, wie

  • 1930er Jahre in Bessarabien mit der aus Deutschland kommenden nationalsozialistischen Ideologie und ihren Auswirkungen
  • 1940 mit der Umsiedlung und dem Einbürgerungsverfahren, den Bedingungen in den Umsiedlungslagern und der Rekrutierung von Bessarabiendeutschen für die Waffen-SS
  • ab 1941 mit der Ansiedlung im besetzten Polen
  • Nachkriegszeit mit der Nachwirkung der NS-Zeit und der Übernahme früherer Führungseliten

Einzelnachweise

  1. Weihnachtsbrief 2009 des Bessarabiendeutschen Vereins
  2. Mitteilungsblatt des Bessarabiendeutschen Vereins e. V., Heft 11, November 2008.
  3. Bessarabiendeutsche Historische Kommission - Bericht über die bisherige Arbeit

Weblinks

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