Bernhard Zeller

Bernhard Zeller

Bernhard Zeller (* 19. September 1919 in Dettenhausen bei Tübingen; † 7. September 2008 in Ludwigsburg) war ein deutscher Literaturhistoriker und Archivar. Als Gründungsdirektor leitete er das Deutsche Literaturarchiv Marbach von 1956 bis 1985 und machte es zu einer international angesehenen Institution.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Leistung

Aufgewachsen im elterlichen evangelischen Pfarrhaus besuchte Bernhard Zeller bis zum Abitur das Stuttgarter Eberhard-Ludwigs-Gymnasium. Anschließend studierte er an der Eberhard Karls Universität Tübingen Geschichte, Germanistik und Latein. Nach Staatsexamen und Promotion über das Lindauer Heilig-Geist-Spital (1948) war er zunächst im Schuldienst tätig.

Zeller wurde 1953 Archivar des Schiller-Nationalmuseums und 1955 dessen Direktor. Gemeinsam mit dem damaligen Präsidenten der Deutschen Schillergesellschaft Wilhelm Hoffmann entwickelte er die Erweiterungspläne des Schiller-Nationalmuseums zu einem Deutschen Literaturarchiv. 1956 wurde daraufhin das Deutsche Literaturarchiv offiziell gegründet und Zeller wurde auch dessen Direktor.

Durch seine zahlreichen Kontakte konnte Zeller für das Archiv neben vielen anderen Manuskripte von Franz Kafka, Carl Zuckmayer, Joseph Roth erwerben. Das kleine Archiv als Anhängsel des Schiller-Nationalmuseums wandelte sich unter seiner Direktion zur international bekannten und anerkannten Forschungsstätte für deutschsprachige Literatur, die nicht nur Germanisten sondern auch ehemalige Exil-Schriftsteller anzog wie Eduard Berend, Max Brod, Kurt Pinthus und Max Zweig. Ninon Hesse brachte den gesamten Nachlass Hermann Hesses nach Marbach.

Neben seiner erfolgreichen Tätigkeit als Akquisiteur von Spenden und Manuskripten und als Sammler von Vor- und Nachlässen war Zeller auch Autor zahlreicher Bücher und Verfasser von Nach- und Vorworten als Herausgeber. Darüber hinaus war er wesentlich an einigen Werkeditionen aus den Sammlungen des Archivs beteiligt, so als Mitherausgeber der historisch-kritischen Gesamtausgabe der Werke Eduard Mörikes und der Gesammelten Werke Wilhelm Lehmanns. Geradezu einen Bestseller schrieb er mit seiner Bildmonographie über Hermann Hesse, die 1963 erstmals erschien und von der in über 37 Auflagen über 270.000 Exemplare verkauft wurden.

Irene Ferchl beschreibt in ihrem Nachruf Zellers erfolgreiches Wirken für das Deutsche Literaturarchiv: „Er hatte erkannt, dass keine andere Institution in jenen Nachkriegsjahren in der Lage war, die Zeugnisse der ganzen zeitgenössischen Literatur zu bewahren, und legte einen Sammelschwerpunkt auf die Exilliteratur; neben den bis dahin in Marbach vor allem gepflegten schwäbischen Dichtern ging es nun um die ganze deutschsprachige Literatur, und dazu wurden nicht nur Nachlässe der toten Schriftsteller, sondern auch die inzwischen sogenannten Vorlässe der lebenden Autoren und Wissenschaftler erworben. Zeller war ein Meister in der Akquirierung von Bibliotheken und Autografen, hat durch persönliche Kontakte und kluge Diplomatie, durch seine Überzeugungskraft, die wissenschaftliche Seriosität und begeisterte Vermittlungstätigkeit verband, die Marbacher Institutionen zu dem gemacht, was sie heute sind.“ (Stuttgarter Zeitung vom 9. Sept. 2008, siehe Weblink)

Auszeichnungen und Ehrungen

Dem Ehrenmitglied der Deutschen Schillergesellschaft Bernhard Zeller wurden zahlreiche Ehrungen zuteil: Er war seit 1985 Ehrenbürger seines Wohnortes Marbach am Neckar und außerdem Honorarprofessor und Ehrensenator der Tübinger Universität. Er erhielt die Ehrendoktorwürden der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und der University of East Anglia in Norwich, das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse sowie die Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg. 2001 bekam Zeller den Ludwig-Uhland-Preis und für seine Marbacher Memorabilien wurde er im selben Jahr mit dem Schillerpreis der Stadt Marbach am Neckar ausgezeichnet. Er war Mitglied der Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur, der Bayerischen Akademie der Schönen Künste in München und der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt.

Schriften

  • Das Heilig-Geist-Spital zu Lindau im Bodensee von seinen Anfängen bis zum Ausgang des 16. Jahrhunderts. Lindau 1952 (Dissertation. Tübingen 1948).
  • Schiller. Eine Bildbiographie. Kindler, München 1958.
  • Hermann Hesse in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Rowohlt, Reinbek 1963. Neuausgabe: 2005, ISBN 978-3-499-50676-5.
  • Das Deutsche Literaturarchiv in Marbach. Zur Eröffnung des Neubaus am 16. Mai 1973. Klett, Stuttgart 1973.
  • Autor, Nachlass, Erben – Probleme der Überlieferung von Literatur. Mainz 1981.
  • Marbach am Neckar. Die Geburtsstadt Friedrich Schillers. Anton H. Konrad, Weißenhorn 1982.
  • Schwäbischer Parnass. Betrachtungen zur Literaturgeschichte Württembergs. Schmidt, Esslingen 1983. Neuausgabe 2005, ISBN 3-87407-667-9.
  • Harry Graf Kessler – Zeuge und Chronist seiner Epoche. Steiner, Wiesbaden 1989.
  • Mit Margrit Zeller: Städte in alter Zeit. Eine literarisch-historische Reise durch Baden und Württemberg. Metzler, Stuttgart 1990.
  • Marbacher Memorabilien – Vom Schiller-Nationalmuseum zum Deutschen Literaturarchiv 1953–1973. Marbach 1995, ISBN 3-929146-35-5.
  • Marbacher Memorabilien II – Aus der Museums- und Archivarbeit 1972–1986. Marbach 2000, ISBN 3-933679-50-8.

Herausgeberschaft

  • Kataloge zu Ausstellungen in Marbach, oft gemeinsam mit Mitarbeitern erarbeitet:
    • Gerhart Hauptmann: Leben und Werk. Eine Gedächtnisausstellung des Deutschen Literaturarchivs zum 100. Geburtstag des Dichters im Schiller-Nationalmuseum. 1962.
    • Gestalten und Begegnungen: Deutsche Literatur seit dem Ausgang des 19. Jahrhunderts. Ein Querschnitt durch die Sammlungen des Deutschen Literaturarchivs im Schiller-Nationalmuseum Marbach a. N. 1964.
    • Die Insel: Eine Ausstellung zur Geschichte des Verlages unter Anton und Katharina Kippenberg. 1965.
    • Stefan George: 1868–1968. Der Dichter und sein Kreis. 1968.
    • Eduard Mörike: 1804, 1875, 1975 – Gedenkausstellung zum 100. Todestag im Schiller-Nationalmuseum Marbach a. N. 1975.
    • Carl Sternheim: Aus dem bürgerlichen Heldenleben. 1980.
    • Klassiker in finsteren Zeiten 1933–1945. 1983.
    • Das Innere Reich 1934–1944. Eine Zeitschrift für Dichtung, Kunst und deutsches Leben. 1983.
  • Werk- und Einzelausgaben, oft gemeinsam mit Kollegen:
    • Wilhelm Hauff: Werke. Insel, Frankfurt am Main 1969.
    • Friedrich Schiller: Der Geisterseher. Erzählungen und historische Charakteristiken. Reclam, Stuttgart 1958.
    • Schillers Schwabenreise 1793–1794. Bilder, Briefe, Berichte. Stuttgart 1959.
    • Hermann Hesse: Eine Chronik in Bildern. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1960.
    • Oskar Kreibich: Bildnis und Handschrift – Malerbesuche bei Dichtern und Gelehrten in Südwestdeutschland. Rosengarten, Konstanz 1961.
    • Das Sonntagsblatt für gebildete Stände. Eine Zeitschrift der Tübinger Romantiker. Marbach 1961.
    • Wende der Buchkunst: Literarisch-künstlerische Zeitschriften aus den Jahren 1895 bis 1900. Stuttgart 1962.
    • Friedrich Schiller: Der Verbrecher aus verlorener Ehre und andere Erzählungen. Reclam, Stuttgart 1964.
    • Hermann Hesse: Neue deutsche Bücher: Literaturberichte für Bonniers Litterära magasin 1935–1936. Marbach 1965.
    • Buchkunst und Dichtung: Zur Geschichte der Bremer Presse und der Corona. München 1966.
    • Kurt Wolff: Briefwechsel eines Verlegers 1911–1963. Frankfurt am Main 1966.
    • Schillers Leben und Werk in Daten und Bildern. Insel, Frankfurt am Main 1966.
    • Karl Otten: Werk und Leben. Texte – Berichte – Bibliographie. Hase und Koehler, Mainz 1982.
    • Literatur im deutschen Südwesten. Theiss, Stuttgart 1987.
    • Thea Sternheim: Tagebücher 1905–1927. Die Jahre mit Carl Sternheim. Hase und Koehler, Mainz 1995.
    • Eduard Mörike: Gedichte in einem Band. Insel, Frankfurt am Main 2001.
    • Eduard Mörike: Du bist Orplid, mein Land! Das ferne leuchtet. Gedichte, Prosa, Briefe. Insel, Frankfurt am Main 2004.

Literatur

  • Hans-Henrik Krummacher, Fritz Martini, Walter Müller-Seidel (Hrsg.): Zeit der Moderne. Zur deutschen Literatur von der Jahrhundertwende bis zur Gegenwart. Bernhard Zeller zum 65. Geburtstag. Kröner, Stuttgart 1984.

Weblinks


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