ČSD

ČSD

Československé státní dráhy [ˈtʃɛskoˌslovɛnskɛː ˈstaːtniː ˈdraːɦɪ], kurz: ČSD (deutsch: Tschechoslowakische Staatsbahnen) war der Name der Staatsbahn in der einstigen Tschechoslowakei.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die ČSD in der Ersten Republik

Gegründet wurden die ČSD als Staatsbahn der Tschechoslowakei unmittelbar nach dem Ende des Ersten Weltkriegs am 28. Oktober 1918. Die ČSD übernahmen in der Folge von den k.k. österreichischen Staatsbahnen kkStB und der Ungarischen Staatsbahn MÁV fast das gesamte Schienennetz im Gebiet der neu gegründeten Tschechoslowakei. Eigenständig blieben zunächst die großen Privatbahnen Kaschau-Oderberger Bahn, Aussig-Teplitzer Eisenbahn und Buschtěhrader Eisenbahn. Für die Mehrzahl der privaten Lokalbahnen in Böhmen übernahm die ČSD von den kkStB die Betriebsführung.

Ab Anfang der 1920er Jahre wurden die meisten Privatbahnen per Gesetz in der Tschechoslowakei verstaatlicht und fortan in das Netz der ČSD eingegliedert. Zu dieser Zeit wurden auch die tschechischen/slowakischen Bahnhofsnamen allgemein eingeführt. In den deutschsprachigen Gebieten der Tschechoslowakei wurde jedoch wie im alten Österreich die Zweisprachigkeit beibehalten.

Große Anstrengungen waren in den ersten Jahren des Bestehens der Tschechoslowakei nötig, das auf die alten Hauptstädte Wien und Budapest ausgerichtete Eisenbahnnetz an die neuen Verkehrsbedürfnisse anzupassen. Für den Ost-West-Verkehr stand zunächst nur die eingleisige, schwierig trassierte Kaschau-Oderberger Bahn zur Verfügung. Umfassende Investitionen waren darum zunächst für den zweigleisigen Ausbau der wichtigsten Magistralen und für Streckenneubauten zwischen dem tschechischen und dem slowakischen Landesteil vonnöten. Eines der wichtigsten Projekte war der Neubau der zweigleisigen Hauptbahn zwischen Prag und Brünn, welche jedoch erst nach dem Zweiten Weltkrieg fertiggestellt werden konnte.

Tatra-Turmtriebwagen M 120.4

Als eine der ersten Bahngesellschaften in Europa bemühte sich die ČSD schon recht früh um eine Motorisierung ihrer Eisenbahnstrecken. Ab Mitte der 1920er Jahre setzte die ČSD mit Erfolg auf vielen schwach ausgelasteten Hauptstrecken Motorzüge ein, die aus einem benzolelektrischen Triebwagen und passenden Anhängewagen bestanden. Ab Anfang der 1930er Jahre wurden dann auch für die vielen Lokalbahnen entsprechenden Fahrzeuge beschafft. Damit gelang es der ČSD schon Mitte der 1930er Jahre, auf vielen Nebenstrecken den Dampfbetrieb weitgehend abzulösen und eine deutliche Erhöhung der Reisegeschwindigkeiten zu erzielen.

Um die vom Bahnbetrieb ausgehende Rauchbelastung zu reduzieren, wurden Mitte der 1920er Jahre die im Stadtgebiet von Prag gelegenen Eisenbahnstrecken mit 1500 Volt Gleichstrom elektrifiziert. Weitergehende Planungen für die Ausweitung des elektrischen Bahnbetriebs wurden vorerst nicht realisiert.

Ab 1936 führte auch die ČSD wie andere europäische Eisenbahnverwaltungen einen Schnellverkehr mit Triebwagen ein. Zwischen Prag und Bratislava verkehrte als Slovenská Strela (deutsch: Slowakischer Pfeil) ein Schnelltriebwagen von Tatra, der die Strecke fahrplanmäßig in 4 Stunden und 28 Minuten zurückgelegte.

Nach der Unterzeichnung des Münchner Abkommens am 29. September 1938 wurde das an Deutschland gefallene Sudetenland von den ČSD geräumt. Am 30. September 1938 wurde ein Großteil der Fahrzeuge einschließlich der Bahnhofseinrichtungen und des tschechischen Personals ins Innere des Landes überführt. Wenig später wurde die ČSD vertraglich gezwungen, die aus dem Sudetenland abgefahrenen Eisenbahnfahrzeuge, Einrichtungen und Anlagen an die Deutsche Reichsbahn abzutreten. Am 14. November 1938 wurde die Abgabe von 877 Lokomotiven, 136 Triebwagen, 158 Triebwagen-Beiwagen, 117 Schnellzugwagen, 2.160 Personenzugwagen und 23.500 Güterwagen vereinbart. Zudem wurde die ČSD verpflichtet, für alle zerstört zurückgelassenen Anlagen entsprechenden Schadenersatz zu leisten.

Die Protektoratsbahnen und die Slovenské železnice 1939–1945

Mit der Auflösung der Tschechoslowakei am 15. März 1939 und der Errichtung des Protektorats Böhmen und Mähren kam es zur Auftrennung in die eigenständigen Eisenbahnen Českomoravské dráhy – Protektoratsbahnen Böhmen und Mähren, kurz ČMD-BMB (deutsch: Böhmisch-Mährische Bahn) und die Slovenské železnice, kurz SŽ (deutsch: Slowakische Eisenbahn). Die ČMD-BMB behielt ihre organisatorische Eigenständigkeit, wurde aber der Deutschen Reichsbahn unterstellt.

Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges am 1. September 1939 kommt es zur schrittweisen Abstellung aller Motortriebwagen, da sämtliche Kraftstoffe für die Kriegsführung benötigt werden. Auch die Schnellverbindung Slovenská Strela wird eingestellt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die ČSD am 9. Mai 1945 wiederbegründet. Vor allem in Böhmen hatte das Eisenbahnnetz der Tschechoslowakei nur geringe Kriegsschäden erlitten, sodass der Bahnverkehr recht rasch auf allen Strecken wieder aufgenommen werden konnte. Tschechische bzw. Slowakische Bahnhofsnamen waren ab 1945 obligatorisch, nur Bahnhöfe in Orten mit ausschließlich deutschen Namen behielten diesen bis zu ihrer offiziellen Umbenennung in den Jahren 1946/1948.

Reisezug in Jedlová (1974)

Nach Kriegsende am 9. Mai 1945 befanden sich viele deutsche Fahrzeuge in der Tschechoslowakei, die in den Bestand der ČSD eingereiht wurden. Ein Teil dieser Fahrzeuge – wie zum Beispiel aus Schlesien evakuierte elektrische Lokomotiven und Triebwagen, die auf böhmischen Bahnhöfen zurückblieben – wurden später im Tausch gegen andere Lokomotiven an Deutschland zurückgegeben.

Mit besonderem Elan ging die ČSD noch 1945 daran, die Lücken im Fahrzeugpark mit Neubauten aus den tschechoslowakischen Lokomotivfabriken zu schließen. Schon im Dezember 1945 verließ die erste neugebaute Dampflokomotive für die ČSD die Werkhallen der schwer zerstörten Škoda-Werke in Pilsen. Die von den ČSD in den folgenden Jahren von Škoda und ČKD beschafften Dampflokomotiven gehörten zu modernsten und leistungsstärksten Lokomotivkonstruktionen in Europa. Deren Leistungsfähigkeit wurde nur noch von den französischen Lokomotiven erreicht.

Schon vor 1950 wurden die Planungen für eine umfassende Elektrifizierung des Streckennetzes wieder aufgenommen. Aufbauend auf eine Projekt der Deutschen Reichsbahn von 1943 begannen wenig später die Arbeiten zur Elektrifizierung auf dem neigungsreichsten Abschnitt der einstigen Kaschau-Oderberger Bahn am Fuß der Hohen Tatra. Im Gegensatz zur Vorkriegszeit wählte man nun jedoch eine Fahrleitungspannung von 3000 V Gleichstrom, wie sie seinerzeit auch in den Nachbarländern Polen und Sowjetunion favorisiert wurde. Zügig wurde die Streckenelektrifizierung nach Westen und Osten fortgesetzt, sodass bereits Anfang der 1960er Jahre ein durchgängiger elektrischer Zugverkehr zwischen Košice in der Slowakei und Most in Nordböhmen möglich war. Am 15. Mai 1962 wurde auch im Prager Knoten die Fahrleitungspannung von 1,5 auf 3 kV angehoben.

Baureihe E 499.0 Bobina

Allerdings bewährte sich das 3-kV-Gleichstromsystem nicht, da die Lokomotivleistungen von den übertragbaren Fahrleitungsströmen begrenzt werden. Von Pilsen ausgehend wurde darum ab 1960 parallel ein mit 25-kV-25-Hz-Industriestrom elektrifiziertes Streckennetz geschaffen. Als Resultat dieser Entwicklung mussten nun Systemwechselbahnhöfe zwischen den beiden elektrifizierten Netzen eingerichtet werden, auf denen bei allen Zügen umständlich die elektrischen Lokomotiven gewechselt wurden. Erst mit der Indienststellung von Zweisystemlokomotiven waren ab 1976 wieder Zugläufe ohne Lokomotivwechsel möglich.

Auch der zweigleisige Ausbau vieler wichtiger Strecken wurde weiter vorangetrieben. Priorität erhielt jedoch der Ausbau der Güterverkehrsstrecken, sodass viele Strecken mit mittlerem Verkehrsaufkommen auch weiterhin eingleisig blieben oder nur auf kurzen Abschnitten zweigleisig ausgebaut wurden. Um dennoch die nötigen Kapazitäten für den Gütertransport zu erhalten, ging die staatliche Verkehrspolitik dazu über, einen Teil des Personenverkehrs auf Busse der ČSAD zu verlagern.

Nach 1970 stagnierte die technische Weiterentwicklung des Streckennetzes. Eine Erhöhung der zulässigen Streckenhöchstgeschwindigkeiten von 120 auf 160 km/h, wie in Europa ab den 1960er Jahren allgemein üblich, musste aus wirtschaftlichen Gründen unterbleiben. Zumindest wurden die dafür nötigen Lokomotiven und Wagen ab Mitte der 1970er Jahre beschafft. Mittlerweile in Europa allgemein eingeführte technische Neuerungen, wie der Einbau lückenloser Gleise oder etwa der Betrieb von Wendezügen konnten bis 1989 nur ansatzweise eingeführt werden. Auch eine wirtschaftlich durchaus notwendige Reduzierung des Streckennetzes – wie bei den meisten anderen europäischen Eisenbahnen – fand bei den ČSD nie statt. Die ČSD betrieben darum auch noch in den 1980er Jahren eines der dichtesten Eisenbahnnetze der Welt.

Mit der Auflösung der Tschechoslowakei am 31. Dezember 1992 hörte auch die ČSD auf zu bestehen. Fahrzeugpark und Strecken wurden zum 1. Januar 1993 an die Nachfolgeunternehmen České dráhy ČD (Tschechische Bahnen) in Tschechien und Železnice Slovenskej republiky ŽSR (Eisenbahnen der Slowakischen Republik) in der Slowakei überführt.

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