Ökofeminismus

Ökofeminismus

Der Ökofeminismus ist eine soziale und politische Strömung, die den Anspruch erhebt, Ökologie (genauer Tiefenökologie) und Feminismus zu vereinen.

Ökofeministen argumentieren, dass es zwischen der Unterdrückung der Frau im Patriarchat und der Unterdrückung der Natur mit der Folge der Umweltzerstörung weitreichende Parallelen gebe. Einige Strömungen des ökologischen Feminismus gehen auch davon aus, dass Frauen sich per se der Natur stärker verbunden fühlen, während andere Strömungen ein angeblich verträglicheres Verhältnis von Frauen zu Umwelt und Umweltqualitäten und ein vermeintlich unverträglicheres Verhältnis von Männern auf soziokulturelle Folgen der hierarchischen Geschlechterverhältnisse zurückführen. Die Soziologin Maria Mies bezeichnet den weiblichen Körper als „dritte Kolonie“ neben kolonisierten Staaten und der unterworfenen Natur.

In den USA entstand diese Form des Feminismus in den 1970er Jahren, im März 1980 fand die erste ökofeministische Konferenz in Amherst (USA) statt.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Ökofeminismus wird damit begründet, dass ein angenommenes männliches Dominanzsystem unabhängig von den ihm zugrunde liegenden Ursachen dazu geführt habe, dass sich seit der Moderne ein sich zum Selbstzweck hin weiterentwickelndes Aktionsmodell etabliert habe, das sich nicht mehr in Verbindung zum Menschen als integrativen Teil seiner Umgebung befinde.

Mit dem Erreichen eines existenzbedrohenden Ungleichgewichtes innerhalb dieses patriarchalischen Dominanzsystems, dem ein Erfassen des Gesamtzusammenhanges gerade durch seine Entfernung davon nicht mehr möglich sei, würden die selbsterzeugten Systemfehler deutlich. Die produzierte und Leben bedrohende Trennung von Mensch und Natur, wie auch die von male und female, könne in einem zum Selbstzweck gewordenen, aber nicht selbst zu regulierenden patriarchalichen System nicht überwunden werden. Um die von male dominance geschaffenen Probleme zwischen male, female und nature aufzulösen, bedürfe es eines Erkennens der Systembrüche im Gesamtsystem und einer Wiederherstellung der verbindenden Zusammenhänge im Aktionsmodell. Da male dominance sich mittels seiner Loslösung von female und nature aus dem Gesamtzusammenhang entfernt habe, dieser Trennungsvorgang aber nicht stattgefunden habe zwischen female und nature, sollte zwischen diesen beiden ein verbundenes Verhältnis zu erwarten sein, das Lösungsansätze zur drängenden Gesamtsystemproblematik offenbart.

Dem patriarchalischen Aktionssystem sei es nicht möglich, die für seine Etablierung notwendigen, sozusagen programmierten Systemfehler immanent zu korrigieren. Ökofeminismus versteht sich daher in seinem Kern als logische Folge von male dominance und weist in seinen Forderungen die sich zum runaway effect entwickelnden systemimmanenten Ungleichgewichte dieses Aktionsmodells auf.

Kritik am Naturbegriff des Ökofeminismus

Die amerikanische Literaturwissenschaftlerin Camille Paglia hält dagegen mit „It is nature, not society, that is our greatest oppressor“. (Die Natur, nicht die Gesellschaft, ist unser größter Unterdrücker.) [1]. Paglia spricht sich für einen gänzlich anderen Naturbegriff aus. Es sei grundsätzlich falsch, zu ignorieren, wie sehr der Mensch der Natur ausgeliefert sei, einer wörtlich chthonischen Realität. Die Natur sei von einer „unmenschlichen Grausamkeit der Biologie und Geologie“[2] und „Darwinscher Verschwendung und Blutrünstigkeit“[2] geprägt, denen die menschliche (apollinische) Kultur entgegenstehe und entgegenwirken müsse.

Machtstrukturen in der Gesellschaft seien kein Verbrechen, sondern die Kraft die Verbrechen im Zaum hielte[3]. Wenn der (Öko-)Feminismus über das ursprünglich angestrebte Ziel der Gleichberechtigung hinausgehe, verleugne er die Kontingenz des Lebens und die Abhängigkeit des Menschen von der schicksalhaften Macht der Natur[3].

Literatur

  • Maria Mies/Vandana Shiva, Ökofeminismus, Beiträge zur Praxis und Theorie, Rotpunktverlag, Zürich 1995
  • Carolyn Merchant, Radical Ecology, Routlege Verlag, New York/London 1992 (insbes. Kapitel 8)

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Sex, Art, and American Culture, Essays. Von Camille Paglia. Verlag Vintage Books; September 1992, ISBN 0-679-74101-1
  2. a b in Camille Paglia. Die Masken der Sexualität. Seite 17. Aus dem Amerikanischen von Margit Bergner, Ulrich Enderwitz und Monika Noll. Berlin: Byblos Verlag. ISBN 3-929029-06-5
  3. a b in Camille Paglia. Die Masken der Sexualität. Seite 13. Aus dem Amerikanischen von Margit Bergner, Ulrich Enderwitz und Monika Noll. Berlin: Byblos Verlag. ISBN 3-929029-06-5

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