Öffentlicher Bücherschrank

Öffentlicher Bücherschrank
Öffentlicher Bücherschrank in Benutzung, Bonn (2008)

Ein öffentlicher Bücherschrank (auch offener Bücherschrank, (Aus)tauschbibliothek oder (Aus)tauschbücherei genannt) ist ein Schrank zur Aufbewahrung von Büchern, der genutzt wird, um kostenlos, anonym und ohne jegliche Formalitäten Bücher zum Tausch oder zur Mitnahme aufzubewahren und anzubieten. Im öffentlichen Raum existieren spezielle, stabile Konstruktionen, die jedermann zugänglich sind. In kirchlichen, gewerblichen oder öffentlichen Einrichtungen werden herkömmliche Bücherregale verwendet, welche gegebenenfalls nur in bestimmten Zeiträumen zugänglich sind.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung und Idee

Ähnlich der Idee zum Bookcrossing entwickelte sich bereits in den 1990er Jahren der Gedanke, Bücherschränke zu etablieren, die jederzeit und öffentlich zugänglich sein sollten, um den Austausch von Literatur zu unterstützen.[1] Ausgehend von Installationen als künstlerischer Akt (ab 1991 durch das Aktionskünstler-Duo Clegg & Guttmann) wurden Ende der 1990er Jahre erste Bücherschränke zur Nutzung als „kostenlose Freiluft-Bibliothek“ in Darmstadt und Hannover realisiert.[2] Seitdem 2002 der Entwurf von der Designerin und Buehnenbildnerin Trixy Royeck im Rahmen eines Wettbewerbes der Bürgerstiftung Bonn prämiert wurde[3], findet das Konzept zahlreiche Nachahmer.[4] Auch in Österreich wurde in Wien im Februar sowie im Juni 2010 ein öffentlicher Bücherschrank eröffnet.[5] In Basel, wo in Cafés und Treffpunkten bereits öffentliche Bücherregale[6] eingerichtet sind, steht seit Juni 2011 der erste öffentliche Bücherschrank der Schweiz.[7][8]

Gefördert und finanziert durch unterschiedliche Träger (Privatpersonen, Stiftungen, Lions-Clubs, Bürgervereine und ähnliche Organisationen, in Jülich existiert sogar ein „Offener Bücherschrank e.V.“[9]) entstehen seitdem speziell gebaute oder umgestaltete, wetterfeste Bücherschränke. In diese kann jeder Bürger seine Bücher einstellen, um sie anderen Lesern anzubieten. Man darf jederzeit Bücher entnehmen und diese zum Lesen mitnehmen; ob man sie zurückbringt, behält, tauscht oder nicht, entscheidet jeder Nutzer selbst.

Nutzung und Akzeptanz

Wenn es gelingt, die öffentlichen Bücherschränke an Orten zu errichten, die zentral gelegen, leicht erreichbar sind und genügend Zulauf haben, werden sie zumeist schnell akzeptiert und gerne genutzt. Sofern einzelne Fälle von Vandalismus-Schäden auftreten, können diese in der Regel durch beständige Aufmerksamkeit und Pflege so genannter „Bücherschrankpaten“ minimiert werden. Die Akzeptanz, Motivation und die Nutzerstruktur von öffentlichen Bücherschränken wurde im Jahr 2008 beispielhaft durch eine Studie der landwirtschaftlichen Fakultät/Professur für Haushalts- und Konsumökonomik der Universität Bonn erforscht.[10][11] Hierbei wurde festgestellt, dass sich das System als bemerkenswerte Alternative zum klassischen Buchhandel entwickelt habe. Man könne jedoch nicht von einer klassischen Tauschbörse sprechen, sondern von einer freiwilligen Übertragung. Die Befragung der Benutzer brachte hervor, dass die regelmäßige Nutzung beispielhaft sein könnte und ähnliche Versorgungssysteme für andere Waren erwünscht seien.[12] Aufgrund der sehr guten Akzeptanz dieser Idee ist eine rasche Verbreitung von öffentlichen Bücherschränken in Deutschland festzustellen. Eine strapazierfähige und wetterfeste Bauweise fördert die dauerhafte Nutzung.[13]

Liste der Bücherschränke

Eine Übersicht der bekannten öffentlichen Bücherschränke befindet sich in der Liste öffentlicher Bücherschränke.

Varianten

Lesezeichen Salbke
tauschmich, Stadtbibliothek Schwabach
  • Eine abgewandelte Version des klassischen Bücherschranks befindet sich in Oerlinghausen. Dort hat die Projektgruppe „Zusammenleben / Soziales / Kultur“ der lokalen Agenda 21 einen kleineren Bücherschrank am Simonsplatz eingerichtet. Das Besondere hier ist, dass der Bücherschrank weitgehend aus der sogenannten „Büchertauschbörse“ bestückt wird. Diese Büchertauschbörse findet seit 2007 jeden Samstag Vormittag im Dietrich-Bonhoeffer-Haus in Oerlinghausen-Süd statt und funktioniert ähnlich wie ein Bücherschrank, also kostenlos und öffentlich, ist aber größer und zeitlich eingeschränkt. Das Besondere daran ist, dass man dort auch Buchwünsche hinterlegen kann, die von den Betreuern der Börse mit dem Bestand abgeglichen werden.
  • Im Magdeburger Stadtteil Salbke entstand mit dem Lesezeichen Salbke ein ungewöhnlich großes, auch städtebauliche Aufgaben erfüllendes Bauwerk, welches Träger mehrerer kleiner, frei zugänglicher Büchervitrinen ist. In einem benachbarten Ladengeschäft hält der örtliche Bürgerverein nach dem Prinzip der öffentlichen Bücherschränke mehr als 10.000 Bücher zu ehrenamtlich abgesicherten Öffnungszeiten bereit.
  • In Marburg gibt es einen öffentlichen Bücherschrank, integriert in ein Café. Die Marburger Stadtbücherei ist dazu übergegangen, aussortierte Bücher statt, wie früher in aufwändigen Ramsch-Veranstaltungen, in einem Schrank zum kostenfreien Mitnehmen anzubieten. Diese Variante von öffentlichen Bücherschränken funktioniert offensichtlich durch den laufenden Betrieb und die soziale Kontrolle der Benutzer. In dem geschützten Raum bedarf es keiner Patenschaft und es gibt keine Probleme mit dem Wetterschutz.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Book Crossing: Offene Bücherschränke in Bonn, reticon-Report von Martin Ragg, 2. April 2006
  2. Die Geschichte der Offenen Bibliotheken auf hannover.de
  3. Bürgerstiftung Bonn stellt offenen Bücherschrank auf, Presseerklärung der Bürgerstiftung Bonn, 15. November 2003
  4. ‚Bücherwald’- erstes öffentliches Bücherregal im Berliner Straßenraum, Presseerklärung Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, 27. Juni 2008
  5. offener Bücherschrank – Wien. 2010, abgerufen am 8. Februar 2010.
  6. Öffentliche Bücherregale
  7. Medienmitteilung der Christoph Merian Stiftung vom 14. Juni 2011.
  8. 3land.info: dies & das & ein neuer Bücherschrank
  9. Das JüLichT: Jülich ganz „sozial“ Beitrag 2. September 2010
  10. Der Bonner Bücherschrank auf der PoppelsdorferAllee – Ein merkwürdiges Versorgungssystem . Kurzfassung der Ergebnisse des Projekts „Das Nutzungsverhalten am Poppelsdorfer Bücherschrank“ (pdf) Autoren: Prof. Dr. Michael-Burkhard Piorkowsky, Sandra Bichler, Kerstin Hilt, Olga Reger
  11. Bonner "Gemeinschaftsmöbel" Studienobjekt: Offener Bücherschrank als soziales System (pdf) Autorin: Ulrike Klopp. In: forsch / Bonner Universitäts-Nachrichten 2/2009. (S.27)
  12. Poppelsdorfer Bücherschrank: Die Frauen geben, die Männer nehmen; Bonner General-Anzeiger, 3. Februar 2009
  13. Ein Schrank für ausgesetzte Bücher/Bürgerstiftung Bonn eröffnet in den kommenden Tagen zwei weitere Freiluft-Bibliotheken, Bonner General-Anzeiger, 20. November 2008

Weblinks

 Commons: Öffentlicher Bücherschrank – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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