Zwei-Kammern-System

Zwei-Kammern-System
██ Länder mit Einkammersystem
██ Länder mit Zweikammernsystem
██ Andere

Ein Zweikammersystem, auch Bikameralismus oder Zweikammerparlament genannt, ist eine Organisationsform von Parlamenten durch zwei Verfassungsorgane, die Kammern oder Häuser genannt werden.

Unter einem Zweikammersystem wird im klassischen Konstitutionalismus des 19. Jahrhunderts der Grundsatz verstanden, dass das Parlament aus zwei unterschiedlich zusammengesetzten Kammern bestehen soll, die aufgrund ihrer verschiedenen Struktur ein politisches Gleichgewicht bei der Gesetzgebung herstellen und damit zur Gewaltenteilung beitragen.

Inhaltsverzeichnis

Erste Kammer

Die erste Kammer (Unterhaus) besteht aus den aus allgemeinen und freien Wahlen hervorgegangenen Volksvertretern. In parlamentarischen Systemen wählt die erste Kammer die Exekutive.

Beispiele für Erste Kammern:

Zweite Kammer

Zweite Kammern sind jene Kammern, welche „nicht die allgemeine Volksvertretung darstellen, auch wenn sie im innerstaatlichen Sprachgebrauch auf Grund der historischen Entwicklung … als ‚Erste Kammer‘ bezeichnet werden“[1].

Beispiele für Zweite Kammern:

In föderalen Staaten wird die zweite Kammer aus „Vertretern der Gliedstaaten“ gebildet.

Beispiele für Zweite Kammern in föderalen Systemen:

Funktionen Zweiter Kammern

  • Repräsentation territorialer Interessen.
  • Kontrolle der Regierung. Da in parlamentarischen Systemen die Exekutive von der Ersten Kammer gewählt wird, kommt der oftmals unterschiedlich besetzten Zweiten Kammer eine wichtige Kontrollfunktion zu.
  • Gesetzgebung. Obwohl Zweite Kammern auch an der Gesetzgebung beteiligt sind, kann ihr Votum meist von der Ersten Kammer überstimmt werden. Nur wenige Zweite Kammern besitzen ein absolutes Vetorecht mit welchem sie Gesetze verhindern könnten (z. B. der deutsche Bundesrat in der Zustimmungsgesetzgebung).

Sonderfall Deutschland

Der Bundesrat des Deutschen Kaiserreiches, der Reichsrat der Weimarer Republik und der Bundesrat der Bundesrepublik Deutschland waren bzw. sind staatsrechtlich gesehen keine parlamentarische Kammern, weil sie aus weisungsgebundenen Vertretern der Landesregierungen bestanden bzw. bestehen. In der Politikwissenschaft allerdings werden sie analytisch wie Zweite Kammern behandelt.

Kritik

Es wird am Zweikammersystem kritisiert, dass es dazu neige, flexible Politik zu verhindern, da eine Kammer oftmals die andere blockieren könne (häufig als Politikverflechtung bezeichnet). Dies geschieht gerade bei unterschiedlichen politischen Mehrheiten in beiden Kammern. Unter dem Aspekt der Gewaltenteilung wird dieser Blockadeeffekt allerdings auch positiv gesehen.

Siehe auch

Literatur

  • Gisela Riescher, Sabine Ruß, Christoph M. Haas: Zweite Kammern. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München, Wien 2000.
  • Arend Lijphart: Patterns of Democracy. Yale Universtity Press, New Haven 1999.
  • Hans Albrecht Schwarz-Liebermann von Wahlendorf: Struktur und Funktion der sogenannten Zweiten Kammer, Tübingen 1958.

Einzelnachweise

  1. Schwarz-Liebermann von Wahlendorf 1958: V

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