Zuchtperlen

Zuchtperlen

Eine Perle ist ein fester, oft runder Fremdkörper aus Perlmutt, der in bestimmten perlbildenden Mollusken heranwächst.

Inhaltsverzeichnis

Kulturelle Bedeutung

Erste Überlieferungen, in denen Perlen erwähnt werden, stammen aus dem chinesischen Geschichtsbuch von Shu King aus dem Jahr 2206 v. Chr. („... erhielt König Yu Perlen als Tribut vom Fluss Hwai ...“).

Im gesamten Altertum, ob in der arabischen Welt, Persien oder Indien, waren Perlen hoch geschätzt. In der islamischen Perlensymbolik wird die Perle in der Regel mit Jungfräulichkeit verbunden. Für die kurdischen Mystiker ist die Perle wie „ein Embryo, das am Grund seines Muscheluterus schlummert“.

Auch bei Griechen und Römern waren Perlen sehr begehrt. Die Römer übernahmen den griechischen Namen „margarita“ für Perlen auch als Bezeichnung für die Geliebte. Eine ganze Reihe von Muscheln erhielt später den Namenszusatz „margaritifera“. Ein Begriff, der sich bis heute im Namen Margarete erhalten hat.

In vielen Kulturen hatte und hat die Perle einen tiefen Symbolcharakter. So sind Perlen in China z. B. das Symbol für Reichtum, Weisheit und Würde; in Japan bedeuten sie Glück, in Indien Kinderreichtum. In den arabischen Kulturen werden Frauen oder bestimmte Körperpartien wie z. B. Zähne oft mit Perlen verglichen. Die Perle galt darüber hinaus sowohl als Aphrodisiakum wie als Heilmittel für Melancholie und Wahnsinn. Sie ist auch Symbol für Tränen.

Im Mittelalter erhält sie zudem einen sakralen Charakter. Perlen galten als Zeichen der Liebe zu Gott. So finden sie auch im Neuen Testament der Bibel Erwähnung: Und die zwölf Tore waren zwölf Perlen, je eines der Tore war aus einer Perle, und die Straße der Stadt reines Gold, wie durchsichtiges Glas (Offenbarung des Johannes). Sie waren nicht zuletzt durch die Erwähnung in der heiligen Schrift unverzichtbarer Teil der Machtdemonstration christlicher Herrscher, die sie vorwiegend im Sinne der Zahlensymbolik einsetzten.

Die Margaritomantik befasst sich mit der Weissagung mit Hilfe von Perlen. Unter arabischem Einfluss beginnt ab dem 8. Jahrhundert die Verwendung als Heilmittel. In Europa wurden Flussperlen zur Herstellung von Perlmilch verarbeitet und das „aqua perlata“ des Mittelalters verwendete Perlenpulver, Essig oder Zitronensaft, Zucker und Kräuter. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts nehmen Perlen einen festen Platz in den Lehrbüchern der Pharmazie ein.

Entstehung

Perlen bilden sich in der Natur unter nicht genau geklärten Umständen. Die frühere Vermutung, ein in die Muschel eingedrungenes Sandkorn sei der Auslöser zur Bildung einer Perle, wird heute von der Wissenschaft mehrheitlich verworfen. Man geht davon aus, dass ein Sandkorn einem dem Leben am Boden angepassten Tier wie der Muschel keinerlei Schwierigkeiten bereitet.

Jochen Schlüter, Leiter des Mineralogischen Museums der Universität Hamburg, geht davon aus, dass für die Perlenbildung Epithelzellen der Muschel verantwortlich sind, die durch Einbohrung von Parasiten oder durch andere Verletzungen ins Innere der Muschel gelangen. Dort bilden sie weiterhin Schalenbestandteile, die sich rund um die Zellen in Schichten ablagern.[1]

Zusammensetzung

Bruchfläche von Perlmutt im Rasterelektronenmikroskop

Die Perle hat eine kristalline Struktur und besteht wie die Muschelschale zu 80–92 % aus Calciumcarbonat (CaCO3) in seiner primären Form des so genannten Aragonit. Sekundär ist Calciumcarbonat als Calcit vertreten, hinzu kommt ein kleiner Anteil an Wasser. Die Kristalle wachsen in Form von Plättchen, sind schichtweise geordnet und werden von einer organischen Mischung aus Proteinen und so genanntem „Conchin“ (bzw. „Conchiolin“) gewissermaßen lose miteinander „verkittet“. Dadurch entsteht eine hohe Bruch- und Stoßfestigkeit. Die Bestandteile von Perlmutt und die Bestandteile der Perlen sind identisch, jedoch unterscheiden sich die Mengenanteile. Perlmutt enthält z. B. etwas mehr Wasser.

Perlen sind härter bzw. widerstandsfähiger als Perlmutt. Ihre Mohs'sche Härte beträgt 3,5–4. Sie wachsen in Schichten, die bei einer durchgesägten Perle ähnlich wie Baumringe zu sehen sind.

Der Glanz, „Lüster“ genannt, entsteht durch die Lichtreflexion und -brechung an den Kristallgrenzen des Calciumcarbonats wie an den dort eingelagerten Wassermolekülen und wird umso feiner, je dünner und zahlreicher die Schichten sind (Interferenz). Durch das „Austrocknen“ und eine Veränderung der organischen Bestandteile ergibt sich der Alterungsprozess der Perlen.

Die Farbe ist abhängig von der Art der Perlmuschel, ihrem Lebensraum und der Wassertemperatur. Sie reicht von Weiß über Gelb, Rosa bis Grau. Perlen können, nachdem sie aus der Muschel genommen wurden, in nahezu allen Farben gefärbt werden. Sie vertragen jedoch weder Hitze, Laugen noch Säuren. (Man denke an Kleopatra und ihre legendäre Wette mit Marcus Antonius.)

Bezeichnungen

  • Als „echte Perle“ dürfen nur natürlich entstandene, also nicht gezüchtete Perlen bezeichnet werden. Vereinzelt werden sie auch als „Orient-Perlen“ bezeichnet.
  • „Akoya-Perle“ ist eine generelle Handelsbezeichnung für im Meer gewachsene Zuchtperlen der "Pinctada Martensi" und "Pinctada Fucata" aus dem japanischen Meer. Seit einigen Jahren züchten die Chinesen ebenfalls diese Muscheln für die Perlenproduktion. Die Akoya-Perl-Muscheln sondern sehr viel weniger Perlmutt ab als die Südsee- oder Tahiti-Muscheln. Die Beschichtung des Perlmuttkerns ist deshalb bei den Akoya-Perlen sehr viel dünner.
  • Unregelmäßig geformte Perlen nennt man „Barock-Perlen“.
  • Als „Biwa-Perlen“ werden japanische Süßwasserperlen aus dem Biwa-See bezeichnet.
  • „Buton-Perlen“ sind cabochonförmige Perlen, die an der Muschelschaleninnenseite gewachsen sind und aus der Schale herausgesägt werden.
  • „Mabé-Perlen“ sind ebenfalls Halb-Perlen in untypischen Formen wie z. B. Halbkugeln, Herzen, Quadrate etc.
  • „Keshi-Perlen“ entstehen ohne menschliches Zutun, zusätzlich bei der Zucht.

Kriterien zur Beurteilung

Bei einem Schmuckgegenstand gibt es neben objektiven Kriterien auch solche, die subjektiver Natur oder einer Mode unterworfen sind. Bei Perlen werden als Kriterien genannt: die Form, Größe/Gewicht, der Lüster und die Reinheit der Oberfläche und die Farbe.

Größe
Größenangaben gelten immer für den mittleren Durchmesser der Perle und nicht deren Länge. Das Gewicht wird normalerweise in Karat, Grain (1 Grain= 0,06479891 gr.) oder Momme angegeben. Zuchtperlen werden meist in Karat oder Momme gewogen, während Naturperlengewichte in Grain angegeben werden. Stränge und größere Perlenmengen werden oft in Gramm bzw. Kilogramm gewogen.
Form
als Hauptformen gelten: rund bzw. semi-rund, tropfenförmig, button, oval, geringt, barock/semi-barock. Die Form einer Perle ist vor allem als eine Modebeurteilung zuzuordnen.
Lüster
der/das Lüster beschreibt den Glanz der Perloberfläche, hervorgerufen durch die Lichtbrechung und die Reflexion des Lichts durch die feinen Schichten der Aragonit-Kristalle. Das Lüster gilt als Hauptkriterium zur Bestimmung der Perlqualität bei gleicher Größe.
Reinheit
Die Oberflächenbeschaffenheit wird als zweitwichtigstes Kriterium zur Bestimmung der Perlqualität angenommen. Kleinere Unebenheiten, Vernarbungen und Vertiefungen in/auf der Oberfläche werden als Spots bezeichnet.
Farbe
die durch den Vergleich mit Farbskalen bestimmte Farbe ist für die Perlqualität unerheblich. Für den Wert der Perle ist sie dennoch als Kriterium hervorzuheben, da die Nachfrage nach Farben differenziert.

Zuchtperlen

japanische Perlen

Fast alle Perlen, die heutzutage für die Schmuckherstellung verwendet werden, werden gezüchtet. Zur Zucht wird ein Nukleus in Form eines gedrechselten runden Kerns aus der Schale der Mississippi-Muschel – einer amerikanischen Süßwassermuschel – zusammen mit einem Stück Mantelgewebe einer Spendermuschel in das Tier operiert, worauf es einige Jahre in frei hängenden Muschelkörben im Meer heranwächst.

Der Japaner Kokichi Mikimoto schaffte es, in den frühen 1920er Jahren die ersten vollrunden Zuchtperlen auf den Markt zu bringen. Zehn Jahre zuvor, 1913, hatte der deutsche Zoologe Friedrich Alverdes nachgewiesen, dass Perlen durch die Verlagerung von Epithelzellen in das Bindegewebe des Mantels der Muschel entstehen. Das letzten Endes von Mikimoto verwendete Verfahren geht auf zwei andere Japaner, Tokichi Nishikawa und Tatsuhei Mise, zurück, die es ihrerseits wahrscheinlich von dem Australier William Saville-Kent übernommen haben.

Allerdings wurden bereits im 5. Jahrhundert n. Chr. in China so genannte „Buddha-Perlen“ in Süßwassermuscheln (wie z. B. Hyriopsis cumingii) gezüchtet. Dabei handelte es sich um in die Muscheln eingefügte kleine Buddha-Figuren aus Elfenbein, Gips oder Blei, die mit der Zeit durch Perlmutt beschichtet wurden. Dem schwedischen Naturwissenschaftler Carl von Linné war es schon im Jahre 1758 gelungen, mit einem T-förmigen Silberdraht einen Kern aus Gips in eine Süßwassermuschel, die Malermuschel (Unio pictorum), einzufügen, um runde Perlen zu züchten. Später verkaufte er das patentierte Verfahren. Das Patent wurde jedoch nie praktisch eingesetzt und geriet in Vergessenheit.

Die Muscheln können im Meer etwa zwei Jahre lang im so genannten Perlsack eine Perlmuttschicht um den Nukleus ausbilden, wobei nicht jede Muschel den Nukleus annimmt oder die Operation überlebt. Nur 30 % der Muscheln produzieren Perlen. 10 % sind kommerziell nutzbar, lediglich 3 % sind perfekt rund, und nur 0,5 % erreichen die höchste Qualitätsstufe. Das bedeutet: rund 25.000 Nukleus-Einsetzungen ergeben etwa 125 perfekte Perlen. (Die Zahlen variieren je nach Muschelart, Ort und Bedingungen der Zucht). Neben der Zuchtperle kann die Muschel in dieser Zeit auch eine Reihe sehr kleiner Perlen, den so genannten Saatperlen, ausbilden. Sie kann theoretisch mehrmals „geimpft“ werden bzw. kann mehrere Nuklei gleichzeitig aufnehmen.

Nur einige wenige von weltweit 10.000 Muschelarten können Schmuckperlen hervorbringen. Bei der Zucht im Meerwasser kommen Muscheln der Gattung Pinctada, der Perlmuschel (fälschlich oft auch Perlauster bezeichnet), zum Einsatz; Süßwasser-Zuchtperlen werden in Muscheln der Gattung Hyriopsis gezüchtet.

Nicht handelbare Perlen werden bereits in den Perlfarmen aussortiert und geschreddert. Das Pulver wird von der Kosmetikindustrie weiter verarbeitet.

Perlmuschel

Bei der Zucht im Meer kommen Muscheln der Gattung Pinctada, der Perlmuscheln (die engl. Bezeichnung pearl oyster wird oft fälschlich als „Perlauster“ übersetzt), zum Einsatz. Sie sind nämlich nicht mit der als Delikatesse geltenden Europäischen Auster, (Ostrea edulis) oder der Pazifischen Felsenauster (Crassostrea gigas) zu verwechseln, sondern gehören zur Familie der Flügelmuscheln

Zu den häufigsten Zuchtmuscheln gehören:

  • Pinctada martensii (Dunker, 1872): Diese Muschel kommt hauptsächlich vor den südlichen Inseln Japans vor. Die bis zu 8 cm groß werdende Pinctada martensii, wird auch als Akoya (jap.: ako = mein Kind, ya = zeigt die Zuneigung) bezeichnet. Die Perlen dieser Muschel erreichen eine Größe bis zu 12 mm. Sie werden in Japan seit etwa 100 Jahren zur Perlgewinnung gezüchtet, in China seit 1980.
  • Pinctada maxima (Jameson, 1901): Bei der Perlmuschelart Pinctada maxima handelt es sich um eine außerordentlich große Muschel. Sie kann über 5 kg wiegen. Sie kommt im östlichen Indischen Ozean bis hin zum tropischen westlichen Pazifik vor. Die Perlen dieser gut zur Zucht geeigneten Muschel können bis 20 mm groß werden.
  • Pteria penguin (Röding, 1798): Pteria penguin ist im Roten Meer, persischen Golf, Indischen Ozean und dem tropischen westlichen Pazifik beheimatet. Sie wird manchmal auch als „Schwarze Flügelmuschel“ bezeichnet. Sie produziert, wie auch Pinctada margaritifera die bekanntesten schwarzen Perlen.
Tahitiperle (der Pinctada margaritifera cumingi)
  • Pinctada margaritifera (Linnaeus, 1758): Diese Muschel ist an der Ostküste Afrikas, dem Roten Meer, im Persischen Golf, Indischen Ozean, westlichen und mittleren pazifischen Raum beheimatet. Es handelt sich bei Pinctada margaritifera eher um eine Gruppe ähnlicher, jedoch leicht unterschiedlicher Muscheln. So wird zum Beispiel die „Schwarzlippige Perlmuschel“ aus dem polynesischen Raum, aus der die Tahitiperle gewonnen wird, als Pinctada margaritifera cumingi geordnet. Kulturhistorisch dürften die kostbarsten und berühmtesten Perlen der Antike (wie etwa die legendären Perlenohrringe der Königin Kleopatra) von dieser Muschelart stammen.
  • Pinctada radiata (Leach, 1814) ist im Persischen Golf, Roten Meer, Indischen Ozean und, seit dem Bau des Suez Kanals, stellenweise nun auch im Mittelmeer beheimatet. Die meisten Perlen der Antike dürften dieser Muschelart zu verdanken gewesen sein. Der Umfang der Kultivierung dieser Muschelart im Sinne der Zuchtperlen gilt als unbemerkenswert. Ihre Naturperlen genießen jedoch noch heute einen hohen Stellenwert.
  • Pinctada imbricata (Röding, 1798): Bei der Muschelart Pinctada imbricata handelt es sich um jene Perlmuschel, welche für die ersten Perlen aus der Neuen Welt (Amerika) sorgte. Der Weltentdecker Kolumbus hatte Perlen dieser Muschelart bei Indianern an der Küste Venezuelas vorgefunden. Sie wird auch als „Atlantische Perlmuschel“ bezeichnet, da sie im westlichen Atlantik beheimatet ist (Bermuda, Florida und nördliches Südamerika). Die natürlichen Bestände dieser Muschelart gelten durch Überfischung vielerorts als ausgerottet oder sehr gefährdet, zumal diese Muschelart im Sinne der Zuchtperlen nicht kultiviert wird.
  • Pinctada fucata (Gould, 1857) könnte als die bedeutendste Muschelart in der Geschichte der Perlenzucht gelten. Mit dieser Muschelart eröffnete der japanische Perlenzüchter Mikimoto bereits Anfang des 20. Jahrhunderts den Weltmarkt der Zuchtperlen. Sie ist auch als die „Akoya-Muschel“ (Akoya oyster) bekannt. Die Bezeichnung Pinctada fucada ist wissenschaftlich noch etwas unstabil. Sie ist in den Meeresgewässern von Japan, China, Taiwan, Vietnam und Australien beheimatet.
  • Pinctada mazatlanica (Hanley, 1855) wird manchmal auch als die „La Paz Perlmuschel“ bezeichnet. Die wohl berühmteste tropfenförmige (halbbarocke) Perle aller Zeiten, La Peregrina, dürfte vermutlich von dieser Muschelart stammen. Das Verbreitungsgebiet dieser ostpazifischen Muschelart erstreckt sich von der Westküste Mexikos (Baja California) bis nach Peru. Sie kann eine Größe von über 20 cm erreichen. Natürliche Perlen können über 10 mm groß sein. Neben weißen Perlen bringt diese Muschelart auch dunkelfarbige Perlen hervor.

Süßwasserperle

Süßwasserperlen unterscheiden sich von anderen Zuchtperlen dadurch, dass sie nicht mit einem Nukleus versehen werden. Stattdessen wird nur ein kleiner Schnitt im Gewebe vorgenommen, in den ein Gewebeteilchen einer anderen Muschel eingesetzt wird. Dieser Vorgang wird bis zu 25mal an jeder Hälfte der Muschel, u. a. Hyriopsis schlegelii (Martens, 1861) vorgenommen, sodass bis zu 50 Perlen entstehen können. Die Muscheln werden dann zurück in ihren Lebensraum im Süßwasser gesetzt und zwischen 2 und 6 Jahren gehegt. Die Perlen bestehen aus solidem Perlmutt, sind aber nur selten rund, da kein Nukleus eingepflanzt wurde, der die Form beeinflussen konnte. Die Muscheln sind auch viel leichter anzubauen. Ihre Sterberate ist deutlich niedriger als die der mit Nukleus bestückten. Außerdem werden Süßwassermuscheln viel seltener Opfer von Naturkatastrophen, wie Taifunen und Flutwellen, die Meerwasser-Perlenfarmen plagen.

Die meisten Süßwasserperlen kommen heutzutage aus China, nachdem Anfang der 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts die ersten kernlosen Süßwasserzuchtperlen in den Handel kamen. Heute ist es möglich, annähernd runde Perlen bis zu 12 mm Größe mit feinem Lüster zu züchten. Dazu werden geerntete Perlen mit neuem Epithelmaterial ein zweites oder auch drittes Mal in eine Perlmuschel, wie Hyriopsis cumingii (Lea, 1852) eingepflanzt. In neuerer Zeit werden Süßwasserperlen auch mit Nukleus gezüchtet und sind der japanischen Salzwasserzuchtperle sehr ähnlich.

Flussperlen

Kette aus bayrischen Flussperlen

Die Flussperlmuschel (Margaritifera margaritifera (L., 1758)) ist maximal 14 cm groß. Sie bildet meist kleine, nicht ganz runde Perlen, mit einem etwas schwächeren Lüster, als bei Meerwasserperlen aus und kommt in den Flüssen und Bächen der nördlichen Hemisphäre vor. Für das Wachstum einer Perle von 4 mm wird mit einer Wachstumszeit von 20 bis 25 Jahren gerechnet, für Perlen von 6–7 mm mit 40 bis 50 Jahren. Die Muschel benötigt absolut saubere, kalkarme Gewässer, die im Urgestein entspringen und gilt deshalb als bester „Umweltindikator“.

Verwendung

Herstellung von Perlenketten

Bereits Plinius und Tacitus beschrieben die Flussperle, die aber bei beiden keine große Begeisterung erkennen ließ. Sueton, der Sekretär von Kaiser Hadrian, schreibt allerdings in seiner Geschichte der römischen Kaiser, dass die britischen Perlen seinerzeit „den göttlichen Julius zum Englandfeldzug bewogen hatten“.

Die Perlen waren immer sehr rar und damit überaus kostbar obwohl sie bereits im 19. Jahrhundert gezüchtet wurden. So führte Sachsen bei einer Fischerei-Ausstellung 1880 in Berlin seine Zuchtperlen vor. Es dürfte als gesichert gelten, dass die europäischen Zuchtperlenmethoden auch japanischen Naturwissenschaftlern bekannt waren, zumal die Beschaffung jeglichen westlichen Wissens eines der Hauptanliegen der Meiji-Restauration unter Kaiser Meiji (1868–1912) war. Auf Grund des sehr langsamen Wachstums und der hohen ökologischen Anforderungen war die Zucht der Flussperle aber wahrscheinlich nicht rentabel.

Die Geschichte der sächsischen Perlenfischerei beginnt im 16. Jahrhundert und hält bis zum Ende des 19. Jahrhunderts an. Zwischen 1719 und 1879 wurden insgesamt 22.732 Perlen gefunden, im Grünen Gewölbe in Dresden liegt eine Kette aus Flussperlen, die Berühmtheit erlangt hat, sie geht auf das Jahr 1734 zurück.

In Russland hat es in den vergangenen Jahrhunderten die reichhaltigsten Perlenfunde gegeben. Die sakrale Goldschmiedekunst griff früh auf Perlen zurück, und einzigartige Exemplare sind heute in der Rüstkammer des Kremls in Moskau und in den Museen von Sankt Petersburg und Nowgorod und anderen Städten zu sehen.

Kunsthandwerkliche Arbeiten mit Flussperlen besitzen in Deutschland u. a. die Schatzkammer der Residenz in München, die Schatzkammer, Altötting, das Bayerische Nationalmuseum in München, das Schloss Kronburg südlich von Memmingen, der Hildesheimer Domschatz, das Kloster Ebstorf in der Lüneburger Heide, das Grüne Gewölbe in Dresden sowie das Kestner-Museum in Hannover.

Anekdoten

Jan Vermeer: Die Perlenwägerin

Eine der bekanntesten schwarzen Orient-Perlen ist die Azra. Sie ist das Herzstück einer Kette der russischen Kronjuwelen. Schätzungen zufolge müssen mehr als 15.000 Perlmuscheln aus der Natur geöffnet werden, um eine dieser erlesenen Perlen zu finden.

Legenden um die schwarze Perle

Einer polynesischen Legende nach wurde die Perlmuschel den Menschen von Oro gegeben, dem Gott des Friedens und der Fruchtbarkeit, der über einen Regenbogen auf die Erde hinabgestiegen sei. Es geht auch die Geschichte um, dass er dieses Geschenk aus Liebe zur schönen Prinzessin der Insel Bora-Bora gemacht habe.

Nach der altindischen Überlieferung, über die bereits Plinius und nach ihm viele andere berichteten, entstehen Perlen durch die Befruchtung der Muschel durch Tau. Diese Vorstellungen u. a. wurden später durch der Wahrheit näher kommende verdrängt, indem man die Perlen wie Bezoarsteine entstehen ließ, mit welchen sie das schichtenweiße Wachsen gemeinsam haben.

Im Kaiserreich China wurde den chinesischen Kaisern bei deren Ableben eine große Perle in den Mund gelegt.

Perlen in Griechenland

Die älteren griechischen Schriftsteller sprechen nicht von den Perlen; der erste, bei dem sie vorkommen, war Theophrast, ein Schüler des Aristoteles. In seinem Buch über die Steine schreibt er, dass kostbare Halsbänder aus Perlen gemacht würden. Bei den Medern und Persern waren besonders nach dem Sieg über Krösus Armringe und Halsbänder von Perlen, an welchen sie reich waren, ein so beliebter Schmuck, dass sie diesen – wie Chares bezeugt – höher schätzten als goldenes Geschmeide.

Kleopatras Essig

Plinius berichtet über die berühmten, tropfenförmigen Perlen an den Ohrringen der ägyptischen Königin Kleopatra. Er schätzte den Wert dieses Perlen-Sets auf ca. 60 Mio. Sesterzen (also ca. 1,9 Mio. Unzen feinen Silbers). Er erzählt, dass Kleopatra, um dem römischen Feldherrn Marcus Antonius ihre Liebe zu beweisen, mit diesem eines Tages wettete, ihm das teuerste Festessen aller Zeiten bereiten zu können. Marcus Antonius nahm die Wette an. Verblüfft war der berühmte Feldherr, als er nur leere Teller und zwei Gläser Wein bei diesem Festessen vorfand. Die Königin löste eine der beiden Perlen ihrer Ohrringe in ihrem Glas Wein auf und trank es. Dann reichte sie Marcus Antonius die zweite Perle, damit er dasselbe tue. Er gab sich geschlagen und reichte der Königin die verbleibende Perle zurück.

Perlen in Rom

Der römische Kaiser Caligula (12–41 n. Chr.) ernannte sein Lieblingspferd Incitatus zum Senator und schmückte es anschließend mit einer Perlenkette. Seine dritte Ehefrau, Lollia Paulina, war eine regelrechte Perlenfanatikerin. Plinius erzählt von einer eher peinlichen Begegnung mit ihr bei einem völlig informellen Anlass. Sie war an Kopf, Hals, Ohren, Handgelenken und Fingern mit Perlen und Smaragden im Werte von 40 Mio. Sesterzen ausgestattet. Er erwähnt, dass sie sogar Quittungen von diversen Schmuckhändlern mit sich trug, um zu beweisen, wie wertvoll ihr Schmuck tatsächlich war.

Die Mode, eine große Perle im Ohr zu tragen, war zur Kaiserzeit in Rom so gewöhnlich geworden, dass sich jedes Freudenmädchen mit diesem Schmuck brüstete. Um sich von solchen zu unterscheiden, trugen Damen aus höheren Ständen Ohrgehänge aus zwei oder drei birnenförmigen Perlen, die man mit dem Modeausdruck Elenchen oder Respektperlen belegte.

Gegen diesen üppigen Luxus eifert schon Seneca. Der Kirchenvater Tertullian malt die Perlenzucht in lebendigen Farben, indem er ausruft: „Eine Million Sesterzen sind auf eine einfache Perlenschnur gereiht, ganze Wälder und Inseln trägt ein schwacher Nacken; in zarten Ohrläppchen hängt ein schweres Zinsenbuch und jeder Finger hat seinen Schatz, mit dem er tändelt. So hoch ist die Eitelkeit gestiegen, dass ein einziges Weib all ihr Hab und Gut am Leibe trägt.“

La Peregrina

La Peregrina ist wohl die berühmteste Perle der Welt. Sie wurde im 16. Jahrhundert wahrscheinlich an der Küste Panamas gefunden. Die eiförmige Perle wiegt 203.8 Grains und ist für ihre außerordentliche Schönheit bekannt. Sie war im Besitz der Spanischen Krone. Prinz Philipp II. von Spanien schenkte sie seiner Braut Maria Tudor, der Tochter Heinrich VIII. Von da an „pilgerte“ die Perle durch viele königliche Schmuckschatullen, unter anderem die Napoléons III. und Königin Viktorias.

1969 wurde sie bei Sotheby’s versteigert, wo sie der Schauspieler Richard Burton für 37.000 US-Dollar als Geschenk zum Valentinstag für Elizabeth Taylor erwarb, die die Perle bei Cartier in ein Collier fassen ließ. Vor Freude über das Ergebnis legte Taylor das Collier um und tanzte durch die Wohnung. Dabei ging die kostbare Perle jedoch verloren! Entsetzt begann sie barfuß die ganze Wohnung abzugehen um so vielleicht das Juwel zu finden. Als dies erfolglos blieb versuchte sie sich abzulenken und beschloss ihre Pekinesenwelpen zu füttern. Doch als sie die beiden zu sich rief, kaute einer der Hunde bereits auf etwas herum: Er hatte die Perle gefunden und sie für einen leckeren Imbiss gehalten. Taylor war erleichtert, zumal sie la Peregrina ohne jeglichen Kratzer wieder hatte. [2]

La Regente

La Regente ist mit 337 Grains eine der größten Perlen der Welt. Napoleon I. schenkte diese Perle seiner zweiten Frau zur Geburt seines Sohnes, des späteren Königs von Rom. Später gehörte die Perle zum französischen Kronschatz und wurde 1887 vom Juwelier Faberge im Zuge der Kronschatzveräußerung ersteigert, der die Perle an die Perlensammlerin Fürstin Jussupow weiterverkaufte, der auch die Perle La Pellegrina gehörte (nicht zu verwechseln mit La Peregrina). La Regente war unter den wenigen Juwelen des riesigen Vermögens, die ihr Sohn, Fürst Felix, nach der Flucht aus Russland retten konnte. Vom Erlös der Perle konnte er einige Jahre leben.

2005 wurde die Perle erneut auf einer Auktion angeboten und ist bei einem Verkaufswert von 2,1 Mio. Euro im Moment die teuerste Perle der Welt.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. natur+kosmos 6/2007, Seite 56
  2. Elizabeth Taylor, My Love Affair with Jewelry, 2002.

Weblinks


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