Beni Hammad

Beni Hammad
Minarett in Beni Hammad

Die Al Qal'a von Beni Hammad (arabisch ‏قلعة بني حماد‎) sind die Ruinen einer Bergfestung aus dem 11. Jahrhundert in der Provinz M'Sila im Norden Algeriens.

Inhaltsverzeichnis

Lage

Die Ruinenstadt liegt in der Nähe der Provinzhauptstadt Mechta Bichara an einem Berghang auf etwa 950 bis 1000 Metern Höhe.

Geschichte

Bereits in römischer Zeit war die Stätte bewohnt: Ende des 19. Jahrhunderts wurde ein Mosaik mit der Darstellung des "Triumphs des Amphitrion" gefunden, welches sich heute im Archäologischen Museum von Algier befindet.

Die ehemals bedeutende islamische Festungsstadt mit einem Mauerumfang von sieben Kilometern wurde 1007 durch Hammad, Sohn des Begründers der Hammadiden-Dynastie in Algerien, Hammad ibn Buluggin als Haupt- und Residenzstadt gegründet. In der Folgezeit wurde sie reich mit einer Moschee sowie Palast- und Wohnbauten ausgestattet. Während ihres Bestehens war sie die Hauptstadt der hammadidischen Emire. Der Geograph El Bekri beschreibt die Stadt im 11. Jahrhundert - ohne jedoch selbst jemals dort gewesen zu sein - als ein "Zentrum des Handels, das alle Karawanen aus dem Irak, aus Ägypten und Syrien und aus allen Teilen des Maghreb aufsuchen". Im Jahr 1090 wurde die Siedlung allerdings unter dem Druck der Banu Hilal-Beduinenstämme aufgegeben und 1152 (oder 1163) von den Almohaden weitgehend zerstört. Für archäologisch Interessierte bietet sich das Bild einer befestigten muslimischen Stadt der damaligen Zeit, von der allerdings nur noch die Grundmauern erhalten sind.

Moschee

Die Grundmauern der etwa 63 × 53 Meter großen Hauptmoschee mit ihren 13 Längs- und 8 Querschiffen und dem - unmittelbar vor dem Minarett befindlichem - Innenhof (sahn) sind noch erkennbar. Demzufolge handelte es sich um eine Säulenmoschee wie sie in Kairouan und Córdoba vorgebildet war - mit leicht verbreitertem Mittelschiff und Querschiff unmittelbar vor der Qibla-Wand, weshalb man von einem T-förmigen Grundriss sprechen kann. Vor der Mihrab-Nische befand sich ein - den Angehörigen der Herrscherfamilie vorbehaltener - abgrenzter Bereich (maqsura); links neben der Mihrab-Nische lag der separate Eingang für den Imam, rechts befand sich das Gefach für den Minbar. Die Bauzeit der Moschee ist nicht überliefert - wahrscheinlich ist die 2. Hälfte des 11. Jahrhunderts, da nach der (vorübergehenden) Aufgabe der Stadt im Jahr 1090 kaum noch mit größeren Bautätigkeiten zu rechnen ist.

Minarett

Minarett aus der Nähe

Von den vielen Bauten der einstmals bedeutenden Stadt hat sich nur das - komplett aus behauenen Steinen errichtete - Minarett der Hauptmoschee mit seiner heutigen Höhe von etwa 25 Metern in wesentlichen Teilen erhalten; über einen ehemals wohl vorhandenen Laternenaufsatz kann nur spekuliert werden. Das Minarett stand - wie in Kairouan und ursprünglich auch in Córdoba - exakt gegenüber dem Mihrab.

Während drei Außenwände des Turms ungegliedert und undekoriert blieben, ist die der Moschee zugewandte Schaufassade in dekorativer Weise mit Bogennischen versehen und im - zurückgestuften und von einem hohen Bogen überfangenen - Mittelfeld durch Fenster geöffnet. Die mittlere obere - durch Mauerwerk geschlossene - Nische zeigt bis auf den heutigen Tag eine Füllung aus spitzbogigem Blend-'Maßwerk', welches (auf einer Rekonstruktionszeichnung) im Bogenfeld des darunter befindlichen Fensters wiederkehrt. Seitlich sind zwei hohe und schlanke Nischen mit Bogenabschlüssen in das Mauerwerk eingelassen - darüber befinden sich jeweils zwei nur geringfügig vertiefte Felder, in welche (gemäß Rekonstruktionszeichnung) ursprünglich möglicherweise ein Rauten- oder Gitterdekor eingearbeitet war, von dem allerdings nichts erhalten ist.

Auffällig ist die Tatsache, dass die Bogenfelder der Fensteröffnungen bzw. der seitlichen Begleitnischen (noch) nicht - wie in der späteren Kunst des Maghreb und Andalusiens generell üblich - rechteckig ummantelt sind (alfiz).

Paläste

Von den beiden bedeutendsten Palästen der Stadt haben sich ebenfalls nur die Grundmauern erhalten.

Manar-Palast

Der Manar-Palast liegt in einem durch eine Mauer abgetrennten und leicht erhöhten Bereich der Stadt: Es war ein für den Maghreb ungewöhnlicher zweigeschossiger Bau - wahrscheinlich mit einem Kuppelsaal im Obergeschoss. Seine Außenmauern waren durch hohe Nischen gegliedert. Die gesamte Architektur erinnert eher an orientalische Bauten. Im Inneren wurden einige Bruchstücke von Kacheln gefunden - die frühesten im Maghreb und ein weiterer Hinweis auf orientalische Einflüsse.

Dar al-Bahr-Palast

Der - mehrfach erweiterte - Bau mit einer Gesamtgrundfäche von etwa 250 × 160 Metern erinnert in seiner Gesamtanlage mit weiträumigen Innenhöfen bzw. Wasserbecken stark an eine römische Villa. Auch hier wurden Kachelreste gefunden.

Bedeutung

Auch wenn die Almohadenheere auf ihren Eroberungs- und Beutezügen die - in Teilen vielleicht wieder besiedelte - Stadt zerstörten, so übernahmen sie doch weitgehend die dreibahnige Fassadengestaltung des Minaretts der Qal'a für den Neubau des Minaretts der Großen Moschee in Sevilla ('Giralda'). Möglicherweise sind die normannischen Sommerpaläste La Zisa und La Cuba bei Palermo (Sizilien) vom Manar-Palast in der Qal'a der Beni Hammad inspiriert worden.

Die archäologische Stätte von Beni Hammad steht seit 1980 auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes.

Literatur

  • Hans Strelocke: Algerien. Kunst, Kultur und Landschaft. DuMont, Köln 1974, S. 87f ISBN 3-7701-0721-7
  • Alfred Renz: Geschichte und Stätten des Islam von Spanien bis Indien. Prestel-Verlag, München 2001, S. 183 ISBN 3-7913-0360-0
  • Markus Hattstein, Peter Delius (Hrsg.): Islam - Kunst und Architektur. Könemann, Köln 2000, S. 146f ISBN 3-89508-846-3

Weblinks

35.82254.79

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Beni-Hammad — (Beniditen), arabische Dynastie in NAfrika, Linie der Zeiriden, hatten ihren Sitz im Süden der Stadt Bugia gegen das Gebirge zu; der Erste der Dynastie war Hammad, ein Enkel des Zeiri, seit 997; der 8. nach ihm, Yahia, wurde 1152 von dem… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Beni Hammad Fort — Infobox World Heritage Site WHS = Al Qal a of Beni Hammad State Party = ALG Type = Cultural Criteria = iii ID = 102 Region = Arab States Year = 1980 Session = 4th Link = http://whc.unesco.org/en/list/102Al Qal a of Beni Hammad ( ar. قلعة بني… …   Wikipedia

  • Kalâa des Béni Hammad — La Kalâa des Béni Hammad * Patrimoine mondial de …   Wikipédia en Français

  • Kalaa des Beni Hammad — Kalâa des Béni Hammad La Kalâa des Béni Hammad 1 Patrimoine mondial de l humanité établi par l UNESCO Latitude Longitude …   Wikipédia en Français

  • Kalâa Des Béni Hammad — La Kalâa des Béni Hammad 1 Patrimoine mondial de l humanité établi par l UNESCO Latitude Longitude …   Wikipédia en Français

  • Kalâa des béni hammad — La Kalâa des Béni Hammad 1 Patrimoine mondial de l humanité établi par l UNESCO Latitude Longitude …   Wikipédia en Français

  • La Qalaa des Beni Hammad — Kalâa des Béni Hammad La Kalâa des Béni Hammad 1 Patrimoine mondial Latitude Longitude 35° 49′ 15″ Nord …   Wikipédia en Français

  • Qalaa des Beni Hammad — Kalâa des Béni Hammad La Kalâa des Béni Hammad 1 Patrimoine mondial de l’UNESCO Latitude Longitude 35° 49′ 1 …   Wikipédia en Français

  • Al-Qal'a de Beni Hammad — Al Qal a de Bení Hammad¹ Patrimonio de la Humanidad Unesco Coordenadas …   Wikipedia Español

  • Kalat Beni Hammad — Kạlat Beni Hammạd,   Ruinenstadt der berberischen Siridendynastie in Nordalgerien, in den Hodnabergen bei Bichara; 1007 gegründet, 1152 von den Almohaden zerstört. Die Ruinen von fünf Palastanlagen und der Großen Moschee (mit 13 schiffigem… …   Universal-Lexikon

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”