Zierbrunnen

Zierbrunnen
Ziehbrunnen im Hof des Klosters Wald

Ein Brunnen ist ursprünglich eine Vorrichtung oder Anlage, um Grund- oder Quellwasser zu fördern und bereitzustellen. Meist gibt es also einen Brunnenschacht und ein Auffang- oder Überlaufbecken. Wird der Brunnen aus gespanntem Grundwasser gespeist, bezeichnet man ihn als artesischen Brunnen. In der Regel dienen diese Brunnen der Wasserversorgung und der Bewässerung, es handelt es sich dabei also normalerweise um Trinkwasser. Sollte dem nicht so sein, so schreibt zumindest in Deutschland die Trinkwasserverordnung die Kennzeichnung mit dem Hinweis „kein Trinkwasser“ vor, daneben gibt es seit historischer Zeit Zierbrunnen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Aus der mesolithischen Siedlung Friesack in Brandenburg sind drei Gruben bekannt, die von Jägern und Sammlern zur Gewinnung von Trinkwasser angelegt wurden (Wasserlöcher). Auf diese Funktion deuten Schöpfgefäße aus einem Schildkrötenpanzer bzw. aus Birkenrinde, die auf den Grubensohlen entdeckt worden sind[1]. Die ältesten bisher bekannten Brunnen stammen aus der frühen Jungsteinzeit und wurden in Mylouthkia auf Zypern in festem Kalkstein abgeteuft (10. und 9. Jahrtausend v. Chr.). Der heute unter dem Meeresspiegel gelegene Brunnen von Atlit Yam (Israel) stammt aus dem 6. Jahrtausend v. Chr. (spätes PPN B)[2]. Die ersten Brunnen in Mitteleuropa stammen aus der Bandkeramik, ca. 5550 - 4950 v. Chr., etwa der 1990 gefundene Brunnen in Kückhoven. Sie besaßen regelhaft eine stützende Auskleidung (sog. Brunnenkasten) aus Eichenholz. Aus der Schnurkeramik sind Brunnen mit einer Auskleidung aus Flechtwerk bekannt[3].

Brunnen zur Wassergewinnung und als Nutzbrunnen

Mädchen an einem defekten Ziehbrunnen, 1941 in Russland
Ein Ziehbrunnen in der Puszta (ung. gémeskút, Schaduff) zur Versorgung der Viehherden
Brunnen auf der Festung Königstein
Brunnen auf Menorca

Es wird zwischen Lauf- und Ziehbrunnen unterschieden. Der einfachste Brunnen ist ein Auffangbecken aus Holz oder Naturstein, mit dem das aus einer Quelle austretende Wasser direkt aufgefangen wird, bevor es zu einem Bach weitergeleitet wird.

Unter einem Tiefbrunnen (oder Ziehbrunnen) versteht man eine vom Menschen geschaffene Öffnung im Erdreich oder im Gestein, die meist senkrecht hinunter geht. Die Öffnung kann klein und dann entweder verrohrt sein oder aber groß und durch die natürliche Festigkeit des Umgebungsmaterials erhalten bleiben (begehbare Brunnen). Aus modernen engen Bohrungen wird das Wasser durch technische Hilfsmittel (Winde oder Pumpe) nach oben gefördert.

Ebenfalls durch natürlichen Druck werden einfache Laufbrunnen möglich. Dabei wird das Wasser in größerer Höhe gefasst und fließt durch eine Leitung entlang des natürlichen Geländegefälles bis zum Brunnen. Der Wasserstrom ist beim Laufbrunnen stetig, eine mechanische Förderung unnötig. In vielen Fällen sind Laufbrunnen mit zusätzlichen Becken oder Trögen versehen, die als Viehtränken oder zum Wäschewaschen dienen.

Ziehbrunnen

Ziehbrunnen sind seit dem frühen Neolithikum nachgewiesene (Zypern) urtümliche Schächte, die im Erdreich durch Holzkonstruktionen (Holzkastenbrunnen) stabilisiert wurden. Solche Schöpfeinrichtungen dienen zur Erleichterung der Wasserbeschaffung, insbesondere beim Tränken von Viehherden. Bekanntes Beispiel sind die Brunnen der Puszta, die es so im gesamten Steppengürtel Eurasiens und anderswo gibt. Neben dem Einsatz der Hebelwirkung über den Schwingbaum, an dem Gegengewichte die Arbeit erleichtern, sind Räder, Seile und Zugtiere (Büffel, Esel, Kamele) im Einsatz. Die in Mitteleuropa gebräuchliche Ziehvorrichtung, bei der ein Seil auf einem verhältnismäßig kleinen Rundholz aufgewickelt wird, sind dagegen technisch gesehen keine besonders effektiven Lösungen.

Brunnenbau

Brunnenbau

In den Artikeln Brunnenbau und Horizontalbrunnenbau wird der Bau verschiedener Brunnentypen beschrieben. Zur Messung des Grundwasserspiegels kann man das Tiefenlot, die Brunnenpfeife, das Kabellichtlot, Widerstandsketten oder ein Echolot verwenden.

Der artesische Brunnen ist ein natürlicher Brunnen, aus dem Grundwasser wie aus einem System kommunizierender Röhren durch Überdruck aufsteigt. Der Aufstiegskanal ist dabei typischerweise künstlich angelegt und somit ein Tiefbrunnen.

Eine besondere Brunnenform stellen die vor allem im Iran, in Afghanistan und im westlichen Teil Pakistans verbreiteten Qanate dar, bei denen es sich um horizontale Wassersammelstollen mit mehreren vertikalen Zugangsschächten handelt.

Zierbrunnen

Brunnen waren bis zur Einführung des Leitungswassers als öffentliche Orte der Wasserversorgung Treffpunkt für Menschen und insbesondere für Wäscherinnen, sie haben diese soziale Funktion in vielen Ländern nach wie vor. Viele historische Brunnenanlagen stehen heute unter Denkmalschutz und gelten zum Teil als Sehenswürdigkeit. Dadurch sind Brunnenanlagen auch heute ein Anziehungspunkt im öffentlichen Raum.

Brunnen wurden als Symbole der Macht des Erbauers seit der Renaissance oft prunkvoll ausgestaltet, so wurde etwa die Fontana di Trevi in Rom als Stiftung Papst Nikolaus V. anlässlich der Restaurierung des Aquädukts Aqua Virgo erbaut.

Mit dem Aufkommen von Wasserleitungen, die das Nutzwasser direkt in die Haushalte brachte, verschwanden die Entnahme- und Waschbrunnen im öffentlichen Raum. Sie wurden in vielen Dörfern und Städten durch mehr oder weniger gelungene künstlerisch gestaltete Brunnenanlagen ersetzt. Sie können dann oft die Komplexität von Wasserspielen erreichen: Bestandteile solcher Wasserspiele sind auch Fontänen, Kaskaden und Becken.

Das Wasser kühlt durch die Verdunstung im Sommer und trägt somit zur Verbesserung des Kleinklimas bei. Im islamischen Raum sind Innenbrunnen ein wichtiger Bestandteil von Palästen, da sie die Innenraumtemperatur absenken.

Zierbrunnenanlagen haben eine Umwälzpumpe. Es wird daher nur das verdunstete Wasser ersetzt. Sie sollten vor Beginn der ersten Fröste entleert werden.

Brauchtum

In Oberfranken, besonders in der Fränkischen Schweiz, gibt es den Brauch, Osterbrunnen zur Feier des Osterfestes zu schmücken. Im schwäbischen Raum gibt es in manchen Städten den Brauch des jährlichen, so genannten Geldbeutelwaschens im Brunnen. In manchen Städten werden zur Fasnacht Leute in einen Brunnen geworfen. Münzen, die in einen Brunnen geworfen werden, sollen zu Lebensglück oder einer Rückkehr an den Brunnen führen, so z.B. speziell beim Trevibrunnen in Rom.

Siehe auch

Brunnen nach Bauweise

Brunnen nach Standort

Einzelnachweise

  1. Gramsch 1997
  2. Galili/Sharvit 1997
  3. dazu generell als bestes Überblickswerk der Band "Brunnen der Jungsteinzeit"

Literatur

  • Gerhard Hirschmann: Der Hiserleinbrunnen. In: Nürnberger Altstadtberichte, Hrsg.: Altstadtfreunde Nürnberg e.V., Heft 1 (1976).
  • Hermann Bischofberger: Art. Brunnen, Brunnengemeinschaft. In: Albrecht Cordes, Heiner Lück, Dieter Werkmüller, Ruth Schmidt-Wiegand (Hrsg.), Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, 2., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage, Band I, Erich Schmidt Verlag, Berlin 2008, Sp. 692-694. ISBN 978-3-503-07912-4
  • Kurt Müller: Gerühmt, verbannt und wiederentdeckt. Die komplizierte Geschichte des Kunstbrunnens zur Erinnerung an die erste deutsche Eisenbahn [„Der Eisenbahnbrunnen“] In: Nürnberger Altstadtberichte, Hrsg.: Altstadtfreunde Nürnberg e.V., Heft 16 (1991).
  • Landschaftsverband Rheinland, Rheinisches Amt für Bodendenkmalpflege (ed.), Brunnen der Jungsteinzeit. Internationales Symposium in Erkelenz, 27. bis 29. Oktober 1997. Materialien zur Denkmalpflege im Rheinland 11, 1998 (Bonn, Habelt).

Weblinks

Siehe auch


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