Zielgruppe

Zielgruppe

Unter einer Zielgruppe (engl. target audience) versteht man im Marketing eine bestimmte Menge von Marktteilnehmern, die auf kommunikationspolitische Maßnahmen homogener reagieren als der Gesamtmarkt.[1] Die Grundlage zur Zielgruppenfindung nach jeweils relevanten Merkmalen ist die Marktsegmentierung.[2]

Als Zielgruppe kann jede Art von Anspruchsgruppe gelten, neben Verbrauchern auch Großhändler oder Meinungsführer.

Inhaltsverzeichnis

Überblick

Die Beschreibung einer Zielgruppe erfolgt eher traditionell und vergleichsweise einfach über soziodemografische Merkmale (wie zum Beispiel Alter, Familienstand, verfügbares Haushaltseinkommen, geografisches Gebiet nach Nielsengebieten etc.), gelegentlich aber auch – und das mit mehr Aufwand – über ihre psychografischen Merkmale (wie zum Beispiel Einstellungen und Werte mit dem daraus resultierenden Konsumverhalten, Vorlieben, Statusbewusstsein, Offenheit, ästhetisches Empfinden etc.).

Ausschlussmerkmale sind nicht Bestandteile einer Zielgruppenbeschreibung. Es werden höchstens Abgrenzungen formuliert aber nicht, wer nicht zur Zielgruppe gehört.

Die Untersuchung bestimmter Zielgruppen ist Aufgabe der Marktforschung. Ihr Ziel ist die Untersuchung von Zielgruppen, an die sich später einzelne Produktentwicklungen (also das Entwickeln neuer bzw. veränderter Leistungsangebote) und die entsprechenden Kommunikationsmaßnahmen richten. Die sorgfältig formulierte Zielgruppenbeschreibung ist für die nachgelagerte Produktpolitik und die Marktkommunikation, zum Teil auch für die Preispolitik im Marketing eines Angebotes von grundlegender Bedeutung.

Die individualisierte Ansprache von Zielgruppenteilnehmern ist Bestandteil der Verkaufstechnik und der praktischen Verkaufspsychologie. Über Motivationskonzepte wie der Maslowsche Bedürfnispyramide und verschiedene Dominanzstrategien wird versucht, den potenziellen Kunden passgenau anzusprechen und mit der zu verkaufenden Leistung zu identifizieren.

Negativ macht eine ungenaue Zielgruppendefinition die Zusammenarbeit mit den entsprechenden Bereichen im Unternehmen mitunter sogar unmöglich, da eine Werbeagentur beispielsweise die Elemente der Gestaltung unbedingt auf die Merkmale einer Zielgruppe abstimmen muss, um sie tatsächlich auch zu erreichen. Anders gesagt ist die Zielgruppenbestimmung das Fundament jedes Marketings beziehungsweise muss aus der Produktentwicklung zurück extrahiert werden, bevor an ein erfolgreiches Konzept für die Marktkommunikation gedacht werden kann. Von daher kann es für ein Produkt oder ein und dieselbe Dienstleistung auch durchaus mehrere, klar voneinander abgegrenzte Zielgruppen geben.

Zielgruppendefinition

Für jede kunden- und marktorientierte Unternehmung ist es wichtig, eine möglichst homogene Zielgruppe zu definieren. Homogene Zielgruppen zeichnen sich durch viele oder spezielle Gemeinsamkeiten im Kaufverhalten aus. Dies erlaubt der Marktforschung oder Marktpsychologie durch Studien deren Verhalten zu beobachten, analysieren und schließlich vorhersagbar zu machen. Ein berechenbares Kaufverhalten kann sich eine Unternehmung zunutze machen und gezielt die einzelnen Marketinginstrumente zur Anwendung bringen.

Eine Zielgruppendefinition ist die Folge von Marktsegmentierungen.

Es kann sein, dass Zielgruppendefinition für ein Produkt oder eine Dienstleistung regelmäßig überdacht und erneuert werden. Andererseits haben sich in den vergangenen Jahren Zielgruppen herauskristallisiert, die übernational und relativ konstant vorkommen. Beispiele für letztere sind:

  • WOOF (Akronym für Well off older Folks), besser verdienende Senioren
  • Sinus-Milieus (Verortung nach sozialer Lage, Grundorientierung und gesellschaftlichen Auffassungen)
  • SOHO (Small Office, Home Office)
  • DINK (Akronym für Double income no kids), kinderlose Doppelverdiener
  • LOHAS (Akronym für „Lifestyle of Health and Sustainability“)
  • LOVOS („Lifestyles of Voluntary Simplicity“)

Dass sich Zielgruppen auflösen und neue definiert werden müssen, hängt zum Beispiel mit Veränderungen der Wettbewerbsbedingungen (Sättigungserscheinungen am Markt, Marktfragmentierung, Wechsel vom techn. geprägtem Produkt- zum Kommunikationswettbewerb) oder auch mit Veränderungen der Kommunikationsbedingungen (Reizüberflutung/Information-Overflow, Trend zur Bildkommunikation und Instrumentenvielfalt, hybrides Konsumentenverhalten) zusammen.

Beispiele für Zielgruppen spezieller Märkte

Im B2C-Markt
  • demografische Merkmale (Alter, Geschlecht, Familienstatus, Wohnort usw.)
  • sozioökonomische Merkmale (Bildungsstand, Gehalt, Beruf usw.)
  • psychografische Merkmale (Einstellung, Motivation, Meinung usw.)
  • Kaufverhalten (Preissensibilität, Kaufreichweite usw.)
Im B2B-Markt
  • organisatorische Merkmale (Unternehmensgröße, Unternehmensstandort, Marktanteil usw.)
  • ökonomische Merkmale (Finanzen, Liquidität, Bestände usw.)
  • Kaufverhalten des Unternehmens (Zusammenführende Buying Center, Lieferantentreue, Kaufzeitpunkt usw.)
  • personenbezogene Merkmale oder Charakteristika der Entscheidungsträger der Unternehmen (Informationssammlung, Zeitdruck, innovationsfreudig usw.)

Beispiel für eine sehr konkrete Zielgruppendefinition

Die Zielgruppe für Beamer in Deutschland umfasst geschlechtsneutral internationale Marktteilnehmer im Alter von 28 bis 48 Jahren mit einem verfügbaren Jahreseinkommen ab ca. 20.000 Euro, die vorwiegend beruflich als Weiterbildner tätig sind, im häuslichen Bereich gesteigerten Wert auf hohe Darstellungsqualität von Video- oder Fernsehdarstellung legen, im gastronomischen Bereich als Pächter bzw. Eigentümer einer Schankstelle Gäste betreuen sowie gewerbliche Abnehmer in vorgenannten Bereichen und Hotels ab drei Sterne Kategorisierung. Geografisch kann eine erhöhte Präsenz in Ballungszentren angenommen werden.

Werberelevante Alterszielgruppe

→ Hauptartikel: Werberelevante Zielgruppe

Die Zuschauerschaft der 14- bis 49-Jährigen bei Fernsehsendern wird in Deutschland als werberelevante Zielgruppe bezeichnet und gilt in der Branche als zweite relevante Messgröße neben der Gesamtreichweite. Diese vom Alter her eingegrenzte Art der Quotenerhebung wird hierzulande oft kritisiert. Ihren Ursprung hat sie in der Entwicklung des amerikanischen Fernsehmarktes Ende der 1950er Jahre, als das Network ABC nach Reichweitenverlusten auf ein jüngeres Publikum gesetzt hatte und es ihm dank der neuen Zielgruppendefinition eine bessere Werbevermarktung ermöglichte. Seinerzeit war die Definition jedoch an die damalige demografische Entwicklung in den USA gekoppelt. In Deutschland wurde sie vom früheren RTL-Vermarktungschef Uli Bellieno unter Helmut Thoma eingeführt, jedoch gab es hier keine demografische Rechtfertigung für eine solche Alterszielgruppeneingrenzung, weshalb sie oft als willkürliche Festlegung in der Kritik steht.[3] Zurzeit gibt es in Deutschland Ansätze zur Neudefinition der werberelevanten Zielgruppe.

Einzelnachweise

  1. Rainer Olbrich: Marketing: Eine Einführung in die marktorientierte Unternehmensführung, Springer, 2. Auflage, 2009, ISBN 3540235779, Seite 178
  2. Zielgruppe – Definition im Gabler Wirtschaftslexikon
  3. S. Beltwinkel, T. Großpietsch: Privatsender - Milliardendeals durch erfundene Zielgruppe, Zapp-Beitrag vom 17. September 2008 auf der Video-Plattform YouTube (abgerufen am 20. August 2010)

Literatur

  • Haedrich, Holger: Zielorientierte Segmentierung, St.Gallen 2000. (auch online)
  • Florian Allgayer, Jochen Kalka: Der Kunde im Fokus: Die wichtigsten Zielgruppen im Überblick - Milieus, Lebenswelten, Konsumenten, Redline Wirtschaftsverlag, 1. Auflage, 2007, ISBN 363601501X
  • Florian Allgayer: Zielgruppen finden und gewinnen. Wie Sie sich in die Welt Ihrer Kunden versetzen, mi-Fachverlag, 1. Auflage, 2007, ISBN 363603085X
  • Jochen Kalka, Florian Allgayer: Zielgruppen: Wie sie leben, was sie kaufen, woran sie glauben, Moderne Industrie, 2. Auflage, 2007, ISBN 3636031325

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Zielgruppe – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Wikiquote: Zielgruppe – Zitate

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