Zentrum für Europäische Integrationsforschung

Zentrum für Europäische Integrationsforschung

Das Zentrum für Europäische Integrationsforschung (Center for European Integration Studies, ZEI) ist ein interdisziplinäres Forschungs- und Weiterbildungsinstitut in Bonn, das von der Philosophischen Fakultät und von der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität getragen wird. Das ZEI beteiligt sich seit seiner Gründung 1995 durch Forschungsarbeiten, Politikberatung, Dialoge zwischen Wissenschaft und Praxis sowie Angebote der Graduiertenausbildung und Weiterbildungsmöglichkeiten an der Lösung bisher unbewältigter Probleme der europäischen Einigung und der Gestaltung der Rolle Europas in der Welt. Das ZEI ist ein nationales Exzellenzzentrum in Fragen der Europaforschung mit weltweiter Ausstrahlung. Direktoren des ZEI sind Ludger Kühnhardt (geschäftsführend), Christian Koenig und Jürgen von Hagen.

Inhaltsverzeichnis

Aufgaben

Der Bonn-Berlin-Vertrag vom 29.Mai 1994 sah die Errichtung eines „Zentrum für Europäische Integrationsforschung“ (ZEI) und eines „Zentrum für Entwicklungsforschung“ (ZEF) als zentrale wissenschaftliche Einrichtungen der Universität Bonn vor. Am 4. Mai 1995 hat der Senat der Universität Bonn die Einrichtung dieser beiden Zentren beschlossen. Das Gesamtkonzept wurde in Absprache mit den beteiligten Stellen der Bundesregierung und des Landes Nordrhein-Westfalen erstellt. Es basiert auf einem ursprünglichen Vorschlag des Senats der Universität Bonn vom 11. Februar 1993. Der Senatsbeschluss vom 4. Mai 1995 gilt als Gründungsdatum des „Zentrum für Europäische Integrationsforschung“ (ZEI) und des „Zentrum für Entwicklungsforschung“ (ZEF). Gemäß dem Gründungsbeschluss des Senats der Universität Bonn vom 4. Mai 1995 lautet die Aufgabenstellung des ZEI wie folgt: „Das ZEI hat als eine fach- und fakultätsübergreifende Einrichtung zum Ziel, Problemfelder politischer, rechtlicher, wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und kultureller Integrationsdisparitäten im regionalen wie gesamteuropäischen Kontext zu untersuchen. Das ZEI betreibt Grundlagenforschung im konzeptionellen Bereich, regt Integrationsforschung an und koordiniert diese Bemühungen innerhalb der Universität sowie nach außen hin. Das ZEI beteiligt sich an der Lösung konkreter Integrationsprobleme und dient zudem der Praxisberatung. Insgesamt versteht sich as ZEI als Plattform zur Diskussion grundsätzlicher Fragen, erarbeitet Konzepte, Hypothesen und Modelle. Als Schnittstelle zwischen Theorie und Praxis konzentriert sich das ZEI in besonderer Weise auch auf das ‚institution and capacity building’ auf dem Gebiet der Integrationsforschung in Europa. Seine so definierte Katalysatorfunktion kann das ZEI nur wahrnehmen durch konsequente Öffnung nach außen, durch Einbezug von Gastwissenschaftlern sowie durch enge Kooperation mit außeruniversitären Institutionen der Integrationsforschung, der Integrationspraxis und der Europäischen Union.“

Forschung

Das ZEI verbindet Forschung, Beratung und Weiterbildung in pluridisziplinärer Weise. Die Forschungs- und Beratungstätigkeit am ZEI wird in Forschungsgruppen geleistet, die sich besonderen Schwerpunktthemen widmen. In diesen arbeiten Wissenschaftler aus den verschiedenen Abteilungen des Zentrums, die sich mit gemeinsamen oder ähnlichen Fragestellungen befassen, sowie Gastforscher und externe Partner.

Derzeit ist die Arbeit des ZEI in vier Forschungsgruppen organisiert:

Forschungsgruppe Europäische Institutionen und politische Identität

Die Arbeit dieser Forschungsgruppe konzentriert sich auf die Rolle und Entwicklung der Institutionen (EU Regierungssystem) im Rahmen der europäischen Integration. Daneben ist die Koordination der Wirtschafts- und Fiskalpolitik der EU-Länder ein wichtiges Thema mit Institutionenbezug. Das ZEI begleitete den EU-Vertragsreformprozess vom Vertrag von Amsterdam bis zum Vertrag von Lissabon, zu dem ein interdisziplinärer Kommentar gemeinsam mit französischen Partnern erarbeitet wurde. In nicht unerheblichem Maße befasst sich die Forschungsgruppe auch mit dem spannungsreichen Prozess der türkischen Beitrittsverhandlungen zur EU. Im Blick auf Fragen der politischen Identität Europas wird seit Aufnahme der Tätigkeit des ZEI immer wieder eine Brücke zwischen den unterschiedlichen Wissenschaftstraditionen und der politischen Öffentlichkeit geschlagen. Besondere Aufmerksamkeit richtet die Arbeit dieser Forschungsgruppe auf Problemstellungen im Kontext des Dialogs der Kulturen und Religionen.

Forschungsgruppe Europäische Mikrostrukturen, Regulierung und Wettbewerbsrecht

Diese Forschungsgruppe ist in Forschungsprojekte gegliedert, welche sich jeweils mit sektorspezifischen Fragestellungen und Reformvorhaben der Themengebiete befassen. Die Projektgruppen arbeiten zu den Bereichen Europäisches Telekommunikationsrecht, Energierecht, Eisenbahnrecht, Vergaberecht und der Regulierung Europäischer Gesundheitsmärkte/Europäisches Pharmarecht. Zwei Twinning-Projekte in Marokko und in Polen zum Öffentlichen Wettbewerbsrecht haben maßgeblich von der beratenden Unterstützung des ZEI profitiert.

Forschungsgruppe Europäische Wirtschaftspolitik

Schwerpunkt dieser Forschungsgruppe ist die umfassende ökonomische Analyse des fiskalischen Föderalismus, die für den Aufbau eines föderalen Systems in Europa von großer Bedeutung ist. Neben der Begleitung und Beobachtung der Prozesse, die zur Einführung des Euro geführt haben sind der politökonomische Ansatz und die Beschäftigung mit der Frage nach der Gestaltung der Fiskalpolitik der Mitgliedsländer in der Währungsunion von ebenso großer Bedeutung für die Arbeit dieser Forschungsgruppe wie Fragen hinsichtlich der Umsetzung von EU-Richtlinien in den Mitgliedsstaaten. Ein weiterer Schwerpunkt dieser Forschungsgruppe liegt auf der Analyse der wechselnden komparativen Wettbewerbsvorteile und des Transfers von Wissen und Technologie in der Weltwirtschaft.

Forschungsgruppe Europas Rolle in der Welt

Die Arbeit dieser Forschungsgruppe konzentriert sich vor allem auf die Entwicklung eines globalen Profils der EU im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und auf die weltweite Projektion der EU als eines Modells der regionalen Integrationsbildung. Neben den institutionenpolitischen Aspekten befasst sich die Forschungsgruppe besonders auch mit Fragen der EU-Nachbarschaftspolitik, insbesondere im Blick auf die Mittelmeerpolitik der EU. Mit der systematischen Durchdringung der bi-regionalen Strategien der EU und komparativen Forschungen zu nichteuropäischen Integrationsgemeinschaften legte die Forschungsgruppe eine wissenschaftliche Grundlage, die sich auch in Weiterbildungsinitiativen zur vergleichenden Regionalintegration und in politikberatenden Kooperationen mit nichteuropäischen Integrationsgemeinschaften niederschlägt.

Veröffentlichungen

Im ZEI sind zwei monographische Schriftenreihen entstanden:

Im Nomos Verlag (Baden-Baden) erscheinen die „Schriften des Zentrum für Europäische Integrationsforschung“, herausgegeben von Ludger Kühnhardt. Von 1998 bis 2010 sind in dieser Reihe 72 Bände erschienen. Der Nomos Verlag bietet in Deutschland das führende Verlagsprogramm zu europawissenschaftlichen Fragen an.

In der Schriftenreihe „ZEI Studies in European Economics and Law“, herausgegeben von Jürgen von Hagen, sind von 2000 bis 2004 sieben Bände von Kluwer Academic Publishers (Amsterdam/New York), der 2004 mit dem Springer Akademischen Verlag fusionierte, veröffentlicht worden. Der Springer Akademische Verlag ist weltweit im rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Bereich profiliert.

Im ZEI sind zwei eigene Reihen von Arbeitspapieren mit weltweiter Beachtung entstanden:

  • „ZEI Discussion Paper“ mit politischer, politikwissenschaftlicher und geisteswissenschaftlicher Ausrichtung.
  • „ZEI Working Paper“ mit wirtschaftswissenschaftlicher Ausrichtung.

Im Bereich der rechtswissenschaftlichen Befassung mit Netzindustrien, Kommunikation und deren europarechtlicher Regulierung veröffentlicht Christian Koenig als geschäftsführender Herausgeber die Zeitschriftenreihe „Netzwirtschaften & Recht“ („N&R“) im Verlag Recht und Wirtschaft (Frankfurt/Main) und als Mitherausgeber die Zeitschrift „Kommunikation &Recht“ (K&R“), ebenfalls im Verlag Recht und Wirtschaft (Frankfurt/Main).

Das ZEI veröffentlichte bzw. veröffentlicht drei politikbegleitende Informationsdienste:

  • „ZEI SOE Monitor“, der zwischen 2001 und 2004 die Umbrüche in Südosteuropa nach dem Ende der jugoslawischen Kriege begleitete.
  • „ZEI EU-Turkey-Monitor, der seit 2005 den Verhandlungsprozess zwischen der EU und der Türkei begleitet.
  • „ZEI Regional Integration Observer“, der seit 2007 Pionierarbeit im kontinuierlichen Vergleich regionaler Integrationsprozesse weltweit leistet.

Aus- und Weiterbildung

Das ZEI führt zwei international angesehene, einjährige Aufbaustudiengänge auf Master-Niveau durch:

Der interdisziplinäre „Master of European Studies“ (MES) bietet mit Dozenten aus ganz Europa und vermittels vielfältiger Begegnungen mit Praktikern der europäischen Integration einen anerkannten Rahmen, um die Europakompetenz der Teilnehmer zu erhöhen. Der Master bietet herausragende Möglichkeiten für eine europäische Karriere bzw. für eine Karriere mit Bezug zu den europäischen Integrationsentwicklungen. In bisher zwölf Studienjahren haben seit 1998 315 Fellows aus 52 Ländern am Studiengang des ZEI teilgenommen und beachtliche Karrierewege in aller Welt eingeschlagen.

Mit dem „Master of European Regulation of Network Industries“ (MERNI) bietet das ZEI seit 2007/2008 einen spezialisierten postgraduierten Studiengang an, der zum Titel Master of Laws (LL.M.) führt. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, wie sich die rechtlichen und regulatorischen Entwicklungen der Integration auf die Funktionsweise netzwirtschaftlicher Märkte und auf die strategischen Handlungsoptionen von Gesetzgebern und Unternehmen auswirken. In den ersten drei Studienjahren haben 42 Fellows aus 17 Ländern am MERNI-Studiengang teilgenommen und darauf aufbauend erfolgreiche Berufswege eingeschlagen.

Daneben führte und führt das ZEI regelmäßig Sommerschulen und Weiterbildungsmaßnahmen durch. Besonders zu erwähnen sind die Transatlantic Summer Academy (bis 2004), die ZEI Summer School in Macroeconomics und die ZEI Academy in Comparative Regional Integration.

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