Zentralfriedhof Friedrichsfelde

Zentralfriedhof Friedrichsfelde
Übersichtsplan
Kapelle auf dem Friedhof, Sommer 2010

Der Zentralfriedhof Friedrichsfelde im Berliner Ortsteil Lichtenberg des gleichnamigen Bezirks zählt zu den bekanntesten Friedhöfen Berlins. Als Begräbnisstätte zahlreicher sozialdemokratischer, sozialistischer und kommunistischer Politiker und Aktivisten erhielt er bereits vor dem Ersten Weltkrieg den Beinamen Sozialistenfriedhof. Später entstand auf seinem Areal die Gedenkstätte der Sozialisten. Der gesamte Friedhof steht unter Denkmalschutz.[1]

Inhaltsverzeichnis

Geschichte des Friedhofes

Am 28. April 1880 erwarben die Berliner Stadtväter auf Initiative des Stadtrats Ernst Friedel[2] von dem Rittergutsbesitzer Roeder ein 1000 × 250 Meter großes Areal vor den östlichen Grenzen Berlins in der Gemeinde Friedrichsfelde, um dort den Berliner Gemeindefriedhof Friedrichsfelde einrichten zu können.[3] Mit der gestalterischen Planung des neuen Friedhofs wurde der Berliner Stadtgartendirektor Hermann Mächtig beauftragt. Nach dem Vorbild des Ohlsdorfer Friedhofs in Hamburg entwarf er eine große parkähnliche Begräbnisstätte, die unter Leitung des Gartenarchitekten Axel Fintelmann verwirklicht wurde.

Die offizielle Eröffnung der nunmehr als Central-Friedhof Friedrichsfelde bezeichneten Anlage erfolgte 1881. Erstmals für Berlin waren hier auch Armenbegräbnisse möglich, weil die Stadt die Kosten übernahm. 1911 wurden diese Begräbnisse wieder eingestellt, da mittlerweile auch viele wohlhabende Berliner den Friedhof aufgrund seiner ansprechenden Gestaltung als Bestattungsort wählten.

In den ersten Jahren seines Bestehens stieg die Zahl der Beisetzungen auf diesem Friedhof fast explosionsartig. Die Stadtverwaltung ließ deshalb um 1895 durch die Preußische Ostbahn eine Eisenbahnverbindung hierher einrichten, weil für die Bestattungsunternehmen als auch für die Trauergäste der Weg sehr beschwerlich war.[3]

Die erste Urnenbestattung auf dem Central-Friedhof Friedrichsfelde fand am 22. September 1887 statt, wobei diese Urne eine Überführung aus einem anderen Ort war. Ein städtisches Krematorium zur Einäscherung der Verstorbenen in Berlin wurde erst 1912 in Berlin-Wedding fertiggestellt. Der zögerliche Beginn der Feuerbestattung beruhte auf dem Widerstand der Kirchengemeinden gegen diese Form der Bestattung.[3]

Im August 1900 wurde der Central-Friedhof Friedrichsfelde in ganz Deutschland bekannt, als der SPD-Gründer Wilhelm Liebknecht hier beerdigt wurde. Bei seiner Beisetzung zogen rund 150.000 Personen von Charlottenburg nach Friedrichsfelde. Weil später auch Paul Singer, Ignaz Auer, Emma Ihrer und weitere Sozialdemokraten dort bestattet wurden, erhielt der Friedhof bald den Beinamen Sozialistenfriedhof. Die unmittelbar am Haupteingang eingerichtete Grabstätte der meisten dieser Personen befand sich auf einem leichten Hügel, der umgangssprachlich bei den politischen Anhängern auch Feldherrnhügel genannt wurde.[3]

Beerdigung der Revolutionsopfer 1919
Das Revolutionsdenkmal von 1926

Während und vor allem am Ende des Ersten Weltkrieges starben in Berlin zahlreiche Einwohner an Hunger und Entkräftung, auch verwundete Soldaten erlagen ihren Verletzungen. Etwa 150 tote Soldaten und unzählige Zivilisten fanden zwischen 1916 und 1919 auf dem Central-Friedhof Friedrichsfelde ihre letzte Ruhestätte. Ein Kriegerdenkmal wurde nicht gestiftet.

Am 25. Januar 1919 wurden die 33 Opfer des Spartakusaufstandes (5.–12. Januar 1919), darunter auch der ermordete Karl Liebknecht, auf diesem Friedhof in einem Massengrab beigesetzt. Karl Liebknecht war ein Sohn Wilhelm Liebknechts. Später in diesem Jahr folgten weitere inzwischen identifizierte tote Revolutionäre, darunter Rosa Luxemburg. Zur Erinnerung an die auf dem Friedhof bestatteten Toten aus der Arbeiterbewegung sollte ein angemessenes Mahnmal errichtet werden, das schließlich im Frühjahr 1926 nach einem Entwurf von Ludwig Mies van der Rohe realisiert und unter dem Namen Revolutionsdenkmal am 13. Juni 1926 enthüllt wurde.

Bis 1933 fanden auf dem Friedhof beim Revolutionsdenkmal jährlich Aufmärsche und Gedenkfeiern zu Ehren von Lenin, Liebknecht und Luxemburg (sogenannte ‚LLL-Wochen‘) statt. Im Februar 1933 wurde das Denkmal durch Nationalsozialisten schwer beschädigt, Anfang des Jahres 1935 schließlich bis auf das Fundament abtragen und die umliegenden Gräber eingeebnet.[3] Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die zerstörte Anlage nicht wiederhergestellt.

1947 kaufte die Stadt Berlin für den Friedhof sieben Hektar Land hinzu und konnte damit eine wesentliche Erweiterung der Bestattungsmöglichkeiten unter Beibehaltung des Parkcharakters gewährleisten.

Im September 1949 gab der Berliner Magistrat statt einer Wiederherstellung des 1935 abgetragenen Revolutionsdenkmals den Auftrag zum Bau einer neuen gemeinsamen Gedenkstätte für Sozialdemokraten und Kommunisten, die im vorderen Teil des Friedhofs angelegt werden sollte. Die Bauarbeiten einschließlich der Umbettung der Särge erfolgten ab 1950, am 14. Januar 1951 wurde die neue Anlage unter dem Namen Gedenkstätte der Sozialisten unter Anwesenheit von führenden Politikern der DDR eingeweiht. Bis zum Ende der DDR diente diese Anlage zusammen mit der angrenzenden Gräberanlage Pergolenweg als Ehrenfriedhof für Personen, die sich nach Ansicht der SED um die ‚sozialistische Idee‘ verdient gemacht hatten. Neue Grabanlagen werden hier seit dem Ende der DDR im Jahr 1989 nicht mehr vergeben.

Seit einer Gebietsreform im Jahr 2001 gehört der Zentralfriedhof nicht mehr zum Ortsteil Friedrichsfelde, sondern zum Ortsteil Lichtenberg. Der Name der Anlage wurde jedoch nicht offiziell geändert.

Grabanlagen

Gedenkstätte der Sozialisten mit Gräberanlage Pergolenweg

Gemauerter Gedenkstein mit rotem Winkel

Gräberanlage für Opfer des Faschismus und Verfolgte des Naziregimes

Auf einen Beschluss des Magistrats von Berlin im Jahr 1975 wurden auf fünf Ost-Berliner Friedhöfen Ehrenhaine für Verfolgte des Naziregimes, Revolutionäre und verdiente Persönlichkeiten eingerichtet. Damit sollte den Überlebenden des Widerstands gegen den Nationalsozialismus eine würdige Begräbnisstätte geschaffen werden. Die Gräberanlage auf dem Zentralfriedhof (VdN-Ehrenhain) wurde auf dem 1947 hinzugekauften Areal eingerichtet und am 29. Januar 1978 eingeweiht. Die Form der Grabsteine – Stelen oder Platten –, ihr Granit-Material und die Beschränkung auf das Geburts- und Sterbejahr der Toten waren festgelegt. Mit dieser Urnenanlage ist der Zentralfriedhof Friedrichsfelde zur größten Berliner Begräbnisstätte von Verfolgten und Widerstandskämpfern geworden. Den Beginn der Gräberanlage markiert eine aus Ziegeln gemauerte Stele, die den roten Winkel der politischen KZ-Häftlinge trägt.

Sonstige auf dem Zentralfriedhof bestattete Personen (Auswahl)

Schriftsteller

Bruno Apitz, Peter Edel, Fritz Hampel, Peter Kast, Berta Lask, Rudolf Leonhard, Mischket Lieberman, Hans Marchwitza, Irmtraud Morgner, Mentona Moser, Herbert Nachbar, Peter Nelken, Peter Nell, Jochen Petersdorf, Ludwig Renn, Recha Rothschild, Ludwig Turek, Hans Weber, Alex Wedding, Franz Carl Weiskopf, Paul Wiens, Otto Braun (Schriftsteller), Otto Gotsche, Eduard Klein, Friedrich Wolf

Bildende Künstler

Leo Haas, Käthe Kollwitz, Reinhold Lingner, Hermann Mächtig, Paul Meyerheim, Jenny Mucchi-Wiegmann, Otto Nagel, Ludwig Hoffmann, Louis Rauwolf, Gabriele Mucchi, Walter Womacka

Theater- und Filmschaffende

Max Burghardt, Norbert Christian, Erich Franz, Hans Klering, Ernst Hermann Meyer, Ilse Rodenberg, Hans Rodenberg, Steffie Spira-Ruschin, Wolfgang E. Struck, Curt Tempte, Michael Tschesno-Hell, Gustav von Wangenheim, János Veiczi, Eduard von Winterstein

Wissenschaftler einschließlich Gartendirektoren

Eva Altmann, Friedrich Simon Archenhold, Axel Fintelmann, Emil Fuchs, Klaus Fuchs, Gerhard Hermann, Siegbert Kahn, Bruno Kaiser, Friedrich Karl Kaul, Georg Klaus, Rudolf Lindau, Hermann Mächtig, Alfred Meusel, Robert Naumann, Karl Polak, Hans Schaul, Albert Schreiner, Jakob Segal, Peter-Alfons Steiniger, Karl-Heinz Wirzberger, Klaus Zweiling, Hermann Weyl

Pädagogen

Max Kreuziger, Richard Schallock, Ernst Wildangel

Ärzte

Karl Kollwitz, Erwin Marcusson, Josef Rubens, Kurt Winter

Publizisten

Hermann Budzislawski, Richard Gladewitz, Georg Krauss, Julius Rodenberg, Georg Stibi

Siehe auch

Literatur

  • Joachim Hoffmann: Berlin-Friedrichsfelde. Ein deutscher Nationalfriedhof - Kulturhistorischer Reiseführer. Berlin 2001, ISBN 3-360-00959-2
  • Klaus Hammer: Friedhöfe in Berlin – Ein kunst- und kulturgeschichtlicher Führer, S. 112-124. Jaron Verlag, Berlin 2006, ISBN 3-89773-132-0
  • Volkmar Draeger: Wie geht's altes Haus? - Ruheplatz für Politiker, Künstler und Wissenschaftler - Seiten 151-155. Neues Deutschland Verlag und Druckerei, Berlin 2006; ISBN 3-9807073-7-7
  • Jürgen Hoffmann: Zentralfriedhof Friedrichsfelde Berlin. Die neuen Architekturführer Nr. 91. Stadtwandel Verlag Berlin, ISBN 3-937123-73-3

Weblinks

Einzelnachweise und Fußnoten

  1. Eintrag in der Berliner Landesdenkmalliste mit weiteren Informationen
  2. Friedel war Vorsitzender des Kuratoriums für das Bestattungswesen und wählte den Zentralfriedhof Friedrichsfelde auch selbst als letzte Ruhestätte. Sein Grab in zentraler Lage in einem Rondell neben dem Julius Rodenbergs wurde 1973 eingeebnet, aber nicht neu belegt.
  3. a b c d e Joachim Hoffmann: Berlin-Friedrichsfelde…
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