Zangwill

Zangwill
Theaterprogramm für The Melting Pot (1916)

Israel Zangwill (* 14. Februar 1864[1] in London[2]; † 1. August 1926 in Midhurst) war ein Londoner Erzähler, Theaterschriftsteller, Journalist, Verfasser zahlreicher Skizzen und Romane aus dem Eastend (Judenviertel im Osten Londons) sowie zionistischer Aktivist.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Geboren als Sohn armer russisch-jüdischer Einwanderer, besuchte Zangwill zunächst in Bristol die Schule, doch bald zog die Familie nach Ostlondon. Dort besuchte er die Jewish Free School. Als 16-jähriger gewann er den ersten Preis in einem Wettbewerb für Kurzgeschichten. Sein erstes Buch verfasste er mit 18 Jahren (Motza Kleis). Nach Abschluss des Studiums wurde er Mitarbeiter in der Zeitschrift The Idler.

1903 heiratete er Edith Ayrton (sie kämpfte mit Unterstützung ihres Mannes um das Frauenstimmrecht). Mit ihr hatte er zwei Söhne und eine Tochter.

1926, verzweifelt über den Untergang seiner politischen Ideale, erlitt er einen Nervenzusammenbruch und starb.

Nationaljüdische Haltung - Zionismus - Territorialismus

Zangwill hatte trotz grosser Verbundenheit mit der jüdischen Tradition und einer teilweisen Identifikation mit dem jüdischen Ghettoleben und den es tragenden Idealen zeit seines Lebens eine zwiespältige Haltung zum überkommenen, orthodox-chassidisch geprägten Judentum, das er andererseits als überholt und nicht mehr in die moderne Zeit passend empfand. Diese Zerrissenheit zwischen Herkunft, jüdischer Ghetto-Wärme und den Verlockungen einer fremden, unheimlichen Welt thematisiert er immer wieder in seinen Schriften bis in einzelne Charaktere hinein.

Zangwill wurde ein früher Anhänger Herzls unter den Chowewe-Zion Englands. Zangwill war bereits, bevor er Herzl kennen lernte, Mitglied des nationaljüdisch orientierten Maccabean-Clubs in London. Nordau brachte Herzl und Zangwill zusammen. Das erste Treffen zwischen den beiden fand am 21. November 1895 in London statt, worüber Herzl in sein Tagebuch schrieb:


"Besuch bei Israel Zangwill, dem Schriftsteller. Er wohnt in Kilburn, NW. Fahrt im Nebel durch endlose Strassen ... Das Haus ist ein etwas dürftiges Heim. In der mit Büchern tapezierten Studirstube sitzt Zangwill vor einem enormen Arbeitstisch, mit dem Rücken gegen den Kamin. Auch dicht am Feuer sein Bruder [Louis Zangwill, 1869-1938, ebenfalls englischer Erzähler], lesend. Machen beide den Eindruck fröstelnder Südländer, die nach Ultima-Thule [nach vorchristlichen griechischen Geographen das äusserste Land am nördlichen Ende der "Welt"] verschlagen sind. Israel Zangwill hat einen langnasigen Negertypus, sehr wollige tiefschwarze in der Mitte gescheitelte Haare und im glattrasirten Gesicht den Ausdruck von hartem Hochmuth eines nach schweren Kämpfen durchgedrungenen ehrlichen Strebers. Die Unordnung in seinem Zimmer, am Arbeitstisch lässt mich errathen, dass er ein verinnerlichter Mensch ist. Ich habe nichts von ihm gelesen, glaube ihn aber zu kennen. Er muss alle Sorgfalt, die sein Aeusseres vermissen lässt, auf seinen Stil verwenden. Unsere Unterredung ist mühsam. Wir sprechen Französisch, das er nicht genügend beherrscht. Ich weiss gar nicht, ob er mich versteht. Dennoch einigen wir uns über Hauptpunkte. Er ist auch für unsere territoriale Selbständigkeit. Er steht aber auf dem Racenstandpunkt, den ich schon nicht acceptiren kann, wenn ich ihn und mich ansehe. Ich meine nur: wir sind eine historische Einheit, eine Nation mit anthropologischen Verschiedenheiten. Das genügt auch für den Judenstaat. Keine Nation hat die Einheit der Race."


Israel Zangwill verliess allerdings 1905 die offizielle zionistische Bewegung im Zusammenhang mit der Uganda-Kontroverse und gründete nach dem 7. Zionisten-Kongress (Basel) die Jewish Territorial Organization (JTO), deren Ziel es war, irgendwo auf der Welt Grund und Boden für eine jüdische Besiedlung zu erwerben. Die Organisation siedelte einige tausend Juden in Galveston, Texas, an, blieb aber erfolglos (u. a. das von der portugiesischen Regierung befürwortete Angolaprojekt 1912).

Nach der Balfour-Deklaration und der damit zusammenhängenden ausserordentlichen Stärkung des Zionismus kehrte Zangwill wieder zur offiziellen zionistischen Linie zurück, aber die Schwierigkeiten der Pioniere mit der Besiedlung und den Arabern machten ihn wieder schwankend, ein anderes Land könne vielleicht doch die geeignetere Option sein. 1925 löste sich die territorialistische Bewegung auf (die JTO hatte sich bereits 1918 aufgelöst).

Werke

  • The Children of the Ghetto, 1892
  • Ghetto Tragedies, 1893
  • The King of Schnorrers, 1894
  • Dreamers of the Ghetto, 1898,
  • The Mantle of Elijah, 1899-1902
  • Ghetto Comedies, 1907
  • The Melting Pot, 1908 (in diesem Melodram verwendete Zangwill erstmals den Begriff vom „Schmelztiegel“, der zum Schlagwort für die Einwanderungpolitik der USA werden sollte)
  • The War God, 1911

Weblinks

Fussnoten

  1. nach anderen Quellen am 24. Februar 1864 oder am 21. Januar 1864
  2. nach anderen Quellen in Bristol

Nachweis

  • Lexikon des Judentums; Bertelsmann-Lexikon-Verlag, Gütersloh 1971, ISBN 3-570-05964-2, Sp. 891

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