Yesemek

Yesemek
Sphingen in verschiedenen Stadien der Fertigstellung

Beim Dorf Yesemek im Südosten der Türkei liegen ein Steinbruch und eine Bildhauerwerkstatt und -schule aus hethitischer Zeit. Yesemek liegt etwa 20 km südöstlich von İslahiye und etwa 60 km westlich von Gaziantep in der Provinz Gaziantep.

Die Werkstatt und der Steinbruch stammen aus der Zeit des hethitischen Großreichs. Das Werkstattgelände liegt unter freiem Himmel an einem Hang auf einer Fläche von etwa 300 mal 300 Metern. Damit ist es die größte bekannte Steinmetzwerkstatt des Nahen Ostens[1]. Es ist als Freilichtmuseum (türkisch Acik Hava Heykel Müzesi) dem Archäologischen Museum von Gaziantep angegliedert.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Gelände der Werkstatt

Die Entstehung des Ateliers wird in die Regierungszeit von Großkönig Šuppiluliuma I. in der Mitte des 14. Jahrhunderts v. Chr. datiert. Mit dem Ende des hethitischen Großreichs wurden Steinbruch und Werkstatt wahrscheinlich aufgegeben. In der Zeit der späthethitischen Kleinkönigreiche, als Yesemek im neunten vorchristlichen Jahrhundert zum aramäischen Fürstentum Sam'al (heute Zincirli) gehörte, wurde die Produktion nochmals aufgenommen. Die Erzeugnisse dieser Zeit weisen aramäische und assyrische Einflüsse auf. Nachdem im 8. Jahrhundert v. Chr. Sam'al unter assyrische Herrschaft kam, wurde das Gelände aufgegeben. Die Steinmetzen gaben ihre Arbeit auf oder wurden möglicherweise nach Assyrien gebracht, um für die dortigen Herrscher zu arbeiten.

Skulpturen

Berggötter

Es sind verschiedene Grundtypen von Skulpturen vorhanden. Den größten Anteil haben zum einen Sphingen mit weiblichem Kopf und Löwenkörpern, zum anderen Löwen, die teilweise geflügelt dargestellt sind. Sphingen und Löwen waren wohl für die Tore von hethitischen Städten, Palästen und Tempeln gedacht und erinnern stark an Torfiguren zum Beispiel von Hattuša und Alaca Höyük. Weiterhin gibt es Gruppen von Berggöttern mit vor der Brust verschränkten Armen, Reliefs mit Kampfszenen sowie einen Bärenmenschen. Bei letzterem wird vermutet, dass es sich um eine Auftragsarbeit handelt. Die Berggötter wiederum ähneln stark denen, die in Eflatun Pınar als Sockel für das dortige Quellheiligtum dienen. Sphinx-, Löwen- und Götterfiguren sind in allen Stadien der Fertigstellung zu sehen. Ein bemerkenswertes Exemplar einer Sphinx in fertigem Zustand wurde in Zincirli gefunden und befindet sich heute im Museum von Gaziantep.

Bearbeitung

Portallöwe

Im Steinbruch wurden große Blöcke des rötlich gefärbten Basalts gebrochen, indem zunächst an der vorgesehenen Bruchstelle mit Hammer und Meißel ein Spalt geschlagen wurde. In diesen führte man trockene Holzstücke ein, die mit Wasser begossen wurden. Durch die Triebkraft des quellenden Holzes wurden große Felsstücke herausgesprengt. Danach wurden zunächst die Umrisse der Figuren angezeichnet, herausgemeißelt und die Oberfläche grob geglättet. Darauf erfolgte eine feinere Bearbeitung, die wiederum mit einem Poliergang abgeschlossen wurde[2]. Die letzte, feinste Detailbearbeitung wurde meist nicht in der Werkstatt, sondern am Bestimmungsort der Monumente vorgenommen. Über die Transportmethoden dorthin kann nur spekuliert werden.

Forschungsgeschichte

Relief eines Streitwagens

Yesemek wurde 1890 vom deutschen Forscher und späteren Direktor des Museums für Völkerkunde in Berlin Felix von Luschan während seiner Grabungen in Zincirli entdeckt[3]. Erste Ausgrabungen nahm Bahadir Alkim zwischen 1958 und 1961 vor, es wurden um die 200 Statuen gefunden. Die späteren Arbeiten unter dem Archäologen und Direktor des Museum für anatolische Zivilisationen in Ankara İlhan Temizsoy förderten weitere 100 Artefakte ans Tageslicht. 1989 bis 1991 schließlich wurde das Gelände dem Museum von Gaziantep angegliedert und zum Freilichtmuseum ausgebaut.

Einzelnachweise

  1. Hürriyet-Meldung
  2. Museum Gaziantep
  3. http://www.mustafatasar.gen.tr/yesemek1/yesing2.htm

Literatur

  • Marianne Mehling (Hg.): Knaurs Kulturführer in Farbe Türkei. Droemer-Knaur 1987 ISBN 3-426-26293-2

Weblinks


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