Xia-Dynastie

Xia-Dynastie
Gebiet der Xia-Dynastie

Die Xia-Dynastie (chinesisch 夏朝 Xiàcháo, W.-G. Hsia-ch'ao) ist die erste dokumentierte Dynastie in der chinesischen Geschichte. Sie existierte möglicherweise zwischen ca. 2200 v. Chr. bis ca. 1800 v. Chr. Überliefert sind insgesamt Namen von 17 Königen aus 13 Generationen.

Die tatsächliche Existenz der Xia-Dynastie wird bis heute von vielen, vor allem westlichen Historikern bezweifelt. Sie kritisieren vor allem das Fehlen überzeugender zeitgenössischer Artefakte, während die ersten schriftlichen Berichte über die Xia-Dynastie erst im zeitlichen Abstand von über 1000 Jahren nach dem Zeitgeschehen vorliegen, so dass man zwischen Sagen und Realität kaum unterscheiden kann. Viele chinesische Historiker und Archäologen gehen davon aus, dass die historische Aufzeichnung im Kern die Realität darstellt. Vor allem werden reiche Siedlungsreste aus der frühen Bronzezeit in der Nähe von Anyang in der Provinz Henan, die 1928 entdeckt wurden, als eine Hauptstadt der Xia interpretiert, manche Forscher sehen diese Dynastie daher in der Erlitou-Kultur angesiedelt. Vor allem in den 1960er und 1970er wurden in dem Bereich, der historischen Überlieferungen nach zum Herrschaftsgebiet der Xia zählen soll, mehrere bronzezeitliche Siedlungen und Gräber entdeckt und ausgegraben, die auf die Existenz eines einheitlichen Staates hindeuten. Da von der Xia-Zeit keine schriftlichen Dokumente hinterlassen worden sind, bleibt die Interpretation der Ausgrabungen in Hinsicht auf die Existenz einer Zentralregierung schwierig.

Inhaltsverzeichnis

Territorium

Nach der Beschreibung in antiken Texten reichte das Territorium der Xia nach Osten bis zu den Grenzen zwischen den heutigen Provinzen Henan, Hebei und Shandong, nach Süden bis Hubei, nach Westen bis zum südlichen Teil von Henan und nach Norden bis Hebei. Es konzentrierte sich im mittleren Lauf des Gelben Flusses und reichte teilweise bis zum Jangtsekiang. Ihre Hauptstadt wurde mehrfach verlegt, wobei mindestens eine der beschriebenen Stellen in der Nähe der Stadt Anyang in der Provinz Henan als eine relativ große, zeitgenössische Siedlung angesehen werden kann.

Gesellschaft

Vermutlich handelt es sich bei der Xia-Dynastie um einen Stammesverband unter Führung eines Königshauses. So befand sich die Gesellschaftsentwicklung zwischen frühem lockerem Stammesverband mit wechselndem Führer und späterem zentralistischen Staat.

Über das Leben, die Organisation, den Tageslauf der Menschen jener Zeit ist bislang nichts bekannt. Die antiken Textüberlieferungen begrenzen sich auf Aufzählungen der Ereignisse im Königshaus. Die Auswertungen der Ausgrabungen sind noch nicht besonders weit fortgeschritten.

Technologie

Eierschalenkeramik-Pokal aus der Longshan-Kultur, 1976 in der Chengziya-Stätte in Shandong entdeckt

Landwirtschaft wurde zur Xia-Zeit bereits intensiv betrieben. Der Sage nach wurden zu dieser Zeit auch alkoholische Getränke gebraut. Um die Produktion der Landwirtschaft zu steigern, wurden die ersten Kalender angefertigt. In antiken Texten wurde der Ursprung des traditionellen chinesischen Kalenders auf das Kalenderwesen der Xia-Zeit zurückgeführt.

Ebenfalls betrieben wurde Viehwirtschaft. Angeblich wurde Pferdezucht besondere Bedeutung beigemessen.

Es gab wahrscheinlich bereits ausdifferenzierte Handwerksberufe für die Ton- und Bronzebearbeitung.

Geschichte

Der folgende Umriss der Ereignisse stammt wie oben erwähnt aus Dokumenten, die erst sehr viel später entstanden sind, ihre Genauigkeit ist kaum noch zu überprüfen. Manche der dokumentierten Ereignisse können mit Sicherheit als Sagen angesehen werden:

Der Gründer der Xia-Dynastie war König Yu. Vor Yu wurde der Königstitel nicht dynastisch weitergereicht. Der neue König wurde vom alten König ernannt und von den Stämmen bestätigt. König Yu tat sich durch die Bekämpfung einer großen Überschwemmung hervor und erlangte so das Vertrauen des alten Königs Shun und der Stämme. Nach Yus Tod jedoch ließ sein Sohn sich zum König ausrufen, der so das alte Empfehlungssystem außer Kraft setzte. Dies erregte den Widerstand unter den Stämmen, den Qǐ jedoch militärisch niederschlagen konnte. Danach ließ er die Stammesfürsten versammeln um sein neues dynastisches System zu bestätigen.

Nach Qis Tod wurde sein Sohn Tài Kāng König. Da Tài Kāng ein sehr luxuriöses Leben führte und das Staatsgeschäft vernachlässigte, wurde sein Königstitel von seinen fünf Brüdern streitig gemacht. Schließlich konnte sein Bruder Zhòng Kāng den Titel für sich gewinnen. (Es gibt auch Quellen, wonach Zhòng Kāng ein Sohn Tài Kāngs sei.) Der Bruderkampf hatte jedoch das Xia-Haus geschwächt, so dass Zhòng Kāngs Sohn Xiāng von einem Usurpator entmachtet werden konnte. Erst Xiāngs Sohn Shǎo Kāng konnte die Rebellion niederschlagen und die Dynastie wiederherstellen. Shǎo Kāngs Sohn Zhù konnte wieder erfolgreich und dauerhaft die Dynastie stärken. Am Ende der Dynastie jedoch, ab König Kǒng Jiǎ, wurde die Dynastie abermals von inneren Kämpfen geschwächt.

Der letzte Xia-König Jié wurde als besonders brutal beschrieben. Seine Gewaltherrschaft entzog der Xia-Dynastie jede Unterstützung aus der Bevölkerung und in den Stämmen, so dass der Führer Tāng des Stammes Shang in eine Rebellion ziehen konnte und so die Xia-Dynastie beendete. Bis heute gilt der Name Jie in China als Synonym für Gewaltherrschaft und Tyrannei.

Herrscher der Xia-Dynastie

Reihenfolge Chinesischer
Name
Pinyin Anmerkungen
01 Yu auch Xià Yǔ (夏禹) oder Dà Yǔ (大禹) genannt
02 Sohn von Yu
03 太康 Tài Kāng Sohn von Qǐ
04 仲康 Zhòng Kāng Bruder oder Sohn von Tài Kāng
05 Xiāng Sohn von Zhòng Kāng
06 少康 Shǎo Kāng Auch Xià Shào Kāng (夏少康) genannt, Sohn von Xiāng
07 Zhù Sohn von Shǎo Kāng
08 Huái Sohn von Zhù
09 Máng Sohn von Huái
10 Xiè Sohn von Máng
11 不降 Bù Jiàng Sohn von Xiè
12 Jiōng Bruder von Bù Jiàng
13 Jǐn Sohn von Jiōng
14 孔甲 Kǒng Jiǎ Sohn von Bù Jiàng und damit Vetter von Jǐn
15 Gāo Sohn von Kǒng Jiǎ
16 Sohn von Gāo
17 Jié Sohn von Fā, auch Xià Jié (夏桀) oder Lǚ Guǐ (履癸) genannt

Literatur

zur Schwierigkeit der Datierung der Xia-Dynastie vgl.:

  • Allan, Sarah: Erlitou and the formation of Chinese Civilization: Toward a new paradigma/ in: Journal of Asian Studies 66, No.2 2007, S.461 - 496
  • Franke, Herbert; Trauzettel, Rolf: Das Chinesische Kaiserreich. (Fischer Weltgeschichte, 19.) Frankfurt/Main: Fischer Bücherei, 1968. [Die Autoren gehen davon aus (S. 18-26), dass die Hsia-Dynastie "kein Phantasieprodukt" ist.]
  • Hulsewé, A. F. P.: China im Altertum. In: Propyläen Weltgeschichte. Band 2: Hochkulturen des mittleren und östlichen Asiens. Frankfurt/Main: Ullstein, 1962, S. 477-571. [Der Autor nimmt an (S. 491), dass die Geschichtlichkeit der Hsia künftig bewiesen werden kann.)

Weblinks

 Commons: Xia-Dynastie – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien
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