Wörter

Wörter
Ein lateinischer Text ohne erkennbare Wortumbrüche

Ein Wort ist eine selbstständige sprachliche Einheit. In der Sprache hat es, im Gegensatz zu einem Laut oder einer Silbe, eine eigenständige Bedeutung. Eine allgemein akzeptierte Definition existiert nicht.

Der Plural von „Wort“ lautet Wörter, wenn es um das Auftreten mehrerer einzelner davon geht (Das Verzeichnis enthält 100.000 Wörter.). Von Worten spricht man hingegen bei der Verwendung von Wörtern in feststehenden Zusammenhängen (Dankesworte, Grußworte, i.W.) oder geläufigen Ausdrücken (ehrliche Worte, leere Worte), bei Verwendung von Zitaten aus der Literatur (Der Worte sind genug gewechselt..., Goethe, Faust I) sowohl in eher lässiger Umgangssprache (haste da noch Worte) wie in „gehobener Sprache“ als Ausdruck „gewählter Ausdrucksweise“ (in wohlgesetzten Worten hob er an...).[1]

Wort bezeichnet als Kollektivum auch eine bedeutsame, kurze Aussage (Ein Wort der Weisheit, Machtwort), insbesondere wenn sie eine feste Form bilden, in die Einschübe nicht möglich sind (etwa in Sprichwort). Diese bestehen ihrerseits aus mehreren grammatikalischen Wörtern. Der Plural Worte ist hierbei erforderlich. Wörter der Weisheit ist somit ein Oxymoron.

Des Weiteren bezeichnet das Wort als Singularetantum – von dem hierbei kein Plural gebildet werden kann – eine Lehre (z. B. das Wort Gottes) oder ein Versprechen (z. B. sein Wort brechen).

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

Wörter gehören zu den ältesten abstrahierenden symbolischen Formen der Menschheit. Ob nicht z. B. Bilder älter sind, ist eine empirisch schwer beantwortbare Frage (vgl. Urgesellschaft). Voraus gingen ihnen jedenfalls erfahrungsbewährte Wiederholungen konkreter Handlungen. Ob sich bestimmte Urwörter (Ur-Sätze?) annehmen lassen, ist strittig, obwohl die Vergleichende Sprachwissenschaft hieran arbeitet. Erste etablierte Worte, wahrscheinlich sehr konkret durch Gestik und Mimik darstellenden Charakters begleitet, erlaubten dann weitere und stärker abstrahierende Wörter – zum Beispiel konnten sich aus „eine Handvoll“, „in Hörweite“ bzw. „zuerst“, „tags“ bzw. „Mamma“, „Vortänzer“, noch stärker abstrahierend, dann kategoriale Wörter bezüglich „Raum“ bzw. „Zeit“ bzw. benennbarenSubjekten“ entwickeln. Schlüsse, die sich auf den Spracherwerb in der Ontogenese des einzelnen Kleinkindes stützen und daraus auf das erste Sprechen in der Phylogenese der Menschheit folgern, sind keineswegs zwingend, obwohl hilfreich.

Charakterisierung

Muttersprachler glauben oft, durch ihr Sprachgefühl ein intuitives Verständnis davon zu haben, was in ihrer Sprache ein Wort ausmacht; die Sprachwissenschaft aber tut sich damit schwer, allgemeingültige Kriterien zur Abgrenzung von Wörtern zu finden. Je nach Blickwinkel sind verschiedene Kriterien möglich, die je nach theoretischem Hintergrund und Erkenntnisinteresse miteinander kombiniert oder ergänzt werden:

Phonetisch/phonologisches Kriterium
(phonologisches Wort[2]): Wörter sind Lautfolgen, die durch Grenzsignale wie zum Beispiel Pausen voneinander abgehoben sind. Im Deutschen hat jedes Wort genau eine Hauptakzentstelle. In einigen Sprachen, wie beispielsweise im Französischen, werden die Wörter beim Sprechen stark aneinander gebunden und miteinander verschmolzen. Das führt dazu, dass eine vom Schriftbild ausgehende Definition stark von einer lautorientierten Definition abweichen kann. Nach dem phonetischen Kriterium würden auch Laute wie "Äh" usw. zu den Wörtern gezählt.
Orthografisches Kriterium
(grafisches Wort[3]): Ein Wort ist eine Buchstabengruppe zwischen zwei Trennzeichen, meistens Leerzeichen. Diese Definition schließt Orthografien ohne Trennzeichen sowie Sprachen ohne Schrifttradition aus und ist stark vom Wandel der Orthografie abhängig.
Morphologisches Kriterium
(morphologisches Wort[4]): Ein Wort ist eine möglichst kleine sprachliche Einheit, die eine Bedeutung trägt und frei vorkommen kann. In dieser Definition entspricht Wort etwa einem freien Morphem, das aber durch Prä - oder Suffixe erweitert sein kann (Bsp: Herr, herrlich, verherrlichen). Ein so definiertes Wort kann mit Flexionsendungen versehen werden, wodurch man die Wortformen dieses Wortes erhält (zum Beispiel Frau, Frauen; laut, lauter, mache, machst, macht etc.).
Syntaktisches Kriterium
(syntaktisches Wort[5]): Wörter sind Einheiten, die sich innerhalb eines Satzes verschieben, durch andere austauschen und durch das Einfügen weiterer Wörter voneinander trennen lassen. Problematisch an dieser Definition ist, dass man mit diesem Kriterium Wortformen wie Frau und Frauen nicht als zusammengehörig bestimmen kann. Weitere Probleme werfen zum Beispiel die trennbaren Verben im Deutschen auf, die sich zwar voneinander trennen lassen, aber trotzdem als Ganzes ersetzbar sind.
Semantisches Kriterium
(lexikalisches Wort[6], Lexem[7]): In semantischer Hinsicht sind Wörter kleinste, relativ selbstständige Träger von Bedeutung, die im Lexikon angeführt sind. Die Bedeutung von Wörtern wird aber von ihrem Äußerungskontext mitbestimmt und ist deshalb nicht ohne weitere Untersuchungen fassbar. Einigen Wörtern lässt sich keine lexikalische Bedeutung zuordnen, allenfalls eine grammatische (Funktionswörter).

Klassifikation

In der Grammatik werden Wörter nach Wortarten (zum Beispiel Substantiv, Adjektiv, Verb...) unterschieden und hinsichtlich Satzstellung, Flexion, Tonalität (in Tonsprachen wie Mandarin-Chinesisch) et cetera untersucht.

Es gibt verschiedene Ansätze, Wörter nach Wortarten zu gliedern. Es werden syntaktische, morphologische und funktionale Kriterien verwendet. Im Wesentlichen geht die heutige Klassifikation schon auf die Antike (Dionysos Thrax) zurück, hat aber auch deren Probleme mitgeschleppt.

Plural

Für „Wort“ gibt es zwei Pluralformen[8].

  • Wörter bezieht sich auf die Form bzw. die grammatische Einheit „Wort“.
  • Worte bezieht sich auf den Inhalt, zum Beispiel für im Sinnzusammenhang stehende Wörter eines bekannten Ausspruchs (siehe Schlagwort (Sprachwissenschaft), Sprichwort).

Die Unterscheidung wird inzwischen oft ignoriert.

Aufbau

Wörter bestehen aus Morphemen, das sind die kleinsten bedeutungstragenden Einheiten im Sprachsystem, in flektierenden Sprachen aus Stamm- und Flexionsmorphem (Haus+es). In einer isolierenden Sprache wie im klassischen Chinesisch oder Vietnamesischen hingegen gibt es keine Flexion.

Geschriebene Wörter

Geschriebene Wörter werden mit Buchstaben, Schriftzeichen oder Symbolen dargestellt und in vielen Sprachen durch Leerzeichen vor dem Wort oder Satzzeichen voneinander abgetrennt. Im klassischen Chinesischen entspricht jedem Zeichen ein Wort, ein Morphem und eine Silbe.

Die Schrift und die Schreibrichtung ist abhängig von der Sprache (Deutsch: links→rechts; Arabisch und Hebräisch: rechts→links).

Gesprochene Wörter

Gesprochene Wörter bestehen aus Silben, die wiederum aus einem oder mehreren Phonemen (Lauten) bestehen. In manchen Sprachen kommen bedeutungsunterscheidende Töne hinzu (Mandarin-Chinesisch, Hausa, Vietnamesisch), sie werden Tonsprachen genannt (vgl. auch die Intonation deutscher Interjektionen wie „hm“). In Akzentsprachen wie Deutsch hat jedes Wort eine Hauptakzentstelle. In der gesprochenen Sprache liegt potenziell vor und hinter dem Wort eine kurze Pause.

Gedachte Wörter

Nonverbale bezeichnen die Urform der Kommunikation, siehe Monolog.

Wortschatz

Ein großer Teil des deutschen Wortschatzes besteht aus Wörtern, die anderen Sprachen entstammen, so genannten Fremd- und Lehnwörtern. Mit den 207 häufigsten Wörtern im Wortschatz eines deutschen Muttersprachlers lassen sich bereits 50% eines fast beliebigen Textes darstellen. Davon sind einsilbige Wörter die häufigsten. Je länger ein Wort, desto geringer seine Häufigkeit. Diese Beobachtung kann man in nahezu allen Sprachen machen. Das zugrundeliegende Prinzip nennt sich Zipfsches Gesetz beziehungsweise Huffman-Kodierung.

Sonstiges

Es ist inzwischen ein Sport daraus geworden, sich in einer vorgegebenen Zeit möglichst viele Wörter zu merken. Der Weltrekord für fünfzehn Minuten liegt bei 214 Wörtern. Um solche Gedächtnisleistungen zu vollbringen, greifen die Gedächtnissportler auf verschiedene Mnemotechniken zurück.

Religion

Das Evangelium nach Johannes beginnt mit einem tiefgründigen Prolog in der Form eines strophischen Liedes (1,1–18 EU) über das Wort. Der bekannte erste Satz lautet: "Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott." Auch in den heiligen Schriften anderen Religionen kommt dem Wort eine herausragende Bedeutung zu [9].

Siehe auch

Literatur

  • Helmut Martinetz (2006): Sprache und Sprechen, die Brückenbauer auf der Bühne des Alltags, Die Komplexität der Sprache, Sprache und ihr System, Litverlag Münster, London, Wien, ISBN 3-8258-9496-7
  • George A. Miller: Wörter. Streifzüge durch die Psycholinguistik, Zweitausendeins 1996, ISBN 3-86150-115-5
  • Johanna J. Danis (1992): Das WORT in der Psychotherapie, München, ISBN 978-3-925350-01-6

Quellen

  1. Vgl. den DWDS-Eintrag zu „Wort“()
  2. Meibauer, Einführung in die germanistische Linguistik, 2. Aufl. (2007), S. 17
  3. Kessel/Reimann, Basiswissen Deutsche Gegenwartssprache (2005), ISBN 3-8252-2704-9, S. 61
  4. Meibauer, Einführung in die germanistische Linguistik, 2. Aufl. (2007), S. 17
  5. Kessel/Reimann, Basiswissen Deutsche Gegenwartssprache (2005), ISBN 3-8252-2704-9, S. 61
  6. Duden, Die Grammatik, 7. Aufl. (2005), ISBN 3-411-04047-5, Rn. 197
  7. Duden, Die Grammatik, 7. Aufl. (2005), ISBN 3-411-04047-5, Rn. 197
  8. Plural von Wort
  9. Zitat aus den Veden

Weblinks

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