Wurster Friesisch

Wurster Friesisch

Das Wurster Friesisch (auch Wurtfriesisch, Wortfriesisch, Wurstfriesisch) war ein Dialekt der ostfriesischen Sprache, der vermutlich bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts im Land Wursten, nördlich von Bremerhaven, gesprochen wurde. Es gehörte mit dem Harlingerfriesischen und dem Wangerooger Friesischen zur weserfriesischen Dialektgruppe. Der letzte heute noch existierende ostfriesische Dialekt, das Saterfriesische, ist dagegen ein emsfriesischer Dialekt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Das Land Wursten gehörte nicht zum ursprünglichen Siedlungsgebiet der Friesen, wurde aber im im 8. Jahrhundert schließlich von ihnen kolonisiert und bildete später eine eigenständige Landesgemeinde. Im 15. Jahrhundert begann die ostfriesische Sprache auszusterben und wurde nach und nach in den Gebieten von der Lauwers bis zur Weser durch niedersächsische Dialekte ersetzt. Im Land Wursten hielt sich die Sprache allerdings etwas länger als in Ostfriesland und im Groningerland.

Am Ende des 17. Jahrhunderts wurde die Sprache in zwei Wörterlisten beschrieben, sie war zu diesem Zeitpunkt allerdings schon stark zurückgedrängt. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts war das Friesische auch in Wursten wohl endgültig ausgestorben.

Sprachliche Merkmale

Die weserfriesischen Mundarten der ostfriesischen Sprache hatten eine in den germanischen Sprachen einzigartige Besonderheit: Sie erhielten sich volle Vokale in Nebensilben. Im Wursterfriesischen, dem östlichsten dieser Dialekte, war dieses Phänomen besonders ausgeprägt. In altfriesischen Wörtern mit kurzem Stammvokal wanderte der Wortakzent von der ersten zur zweiten Silbe. So konnte es vorkommen, dass nicht nur der volle Vokal in der nun betonten Nebensilbe erhalten blieb, sondern stattdessen der alte Stammvokal teilweise bis zum kompletten Ausfall reduziert wurde. So entstanden beispielsweis Wörter wie snuh ("Sohn", aus altfr. sunu) oder kma ("kommen", aus altfr. koma).[1]

Der einzige überlieferte vollständige Satz des Wurtfriesischen lautet: Kma wit hart ick will di wit tell ("Komm her, ich will dir was erzählen").

Substratwirkung

Im niederdeutschen Dialekt des Landes Wursten finden sich heute noch einige friesische Substratwörter. Nils Århammar nennt 1984 die Beispiele "Maon" (Hand- und Spanndienste), "Bau(d)n" (Bremse), "Schuur/Schuulschotten" (Libelle) und "jill'n" (gellend schreien, wiehern). Von den phonologischen Besonderheiten des Wurtfriesischen ist allerdings nichts erhalten.[2]

Literatur

  • Bremer, Otto: „Wurstener Wörterverzeichnis“. Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur 13, 1888, S. 530–566.
  • Möllencamp, Rudolf: Die friesischen Sprachdenkmale des Landes Wursten. Bremerhaven: Dizen & Co. 1968.

Einzelnachweise

  1. Versloot, Arjen (2001): Grundzüge älterer ostfriesischer Sprache und Literatur. In: Munske, Horst H. u.a. (Hrsg.): Handbuch des Friesischen. Tübingen, S. 743.
  2. Karl Allers / Nils Århammar: Wurster Plattdeutsch. In: Jahrbuch der Männer vom Morgenstern 63 (1984), S. 43-68.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Ostfriesische Sprache — Gesprochen in Deutschland Sprecher 2000 Linguistische Klassifikation Indogermanisch Germanisch Westgermanisch Nordseegermanisch Fri …   Deutsch Wikipedia

  • Saterfriesisch — (Seeltersk) Gesprochen in Deutschland Sprecher 1.500 bis 2.500[1] Linguistische Klassifikation Indogermanische Sprachen Germanisch Westgermanis …   Deutsch Wikipedia

  • Saterländisch — Saterfriesisch (Seeltersk) Gesprochen in Deutschland Sprecher 1.500 bis 2.500[1] Linguistische Klassifikation Indogermanische Sprachen Germanisch Westgermanis …   Deutsch Wikipedia

  • Seeltersk — Saterfriesisch (Seeltersk) Gesprochen in Deutschland Sprecher 1.500 bis 2.500[1] Linguistische Klassifikation Indogermanische Sprachen Germanisch Westgermanis …   Deutsch Wikipedia

  • Wurstfriesisch — Das Wurster Friesisch (auch Wurtfriesisch, Wortfriesisch, Wurstfriesisch) war ein Dialekt der friesischen Sprache, der vermutlich bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts im Land Wursten, nördlich von Bremerhaven, gesprochen wurde. Es gehört mit dem… …   Deutsch Wikipedia

  • Wursten — Typische Bauernhäuser in Weddewarden (heute Stadtteil von Bremerhaven). Das Land Wursten ist eine historische Landschaft zwischen Bremerhaven und Cuxhaven. Während des Mittelalters bildete es die östlichste Landschaft der freien friesischen… …   Deutsch Wikipedia

  • Land Wursten — typische Bauernhäuser in Weddewarden (heute Stadtteil von Bremerhaven) Das Land Wursten ist eine historische Landschaft zwischen Bremerhaven und Cuxhaven. Während des Mittelalters bildete es die östlichste Landschaft der freien friesischen… …   Deutsch Wikipedia

  • Saterfriesische Sprache — Saterfriesisch (Seeltersk) Gesprochen in Deutschland Sprecher 1500 bis 2500[1] Linguistische Klassifikation Indogermanische Sprache …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”