World Wide Web Consortium

World Wide Web Consortium
World Wide Web Consortium
(W3C)
Logo des W3C
Zweck: Standardisierungsgremium für das World Wide Web
Vorsitz: Tim Berners-Lee
Gründungsdatum: Oktober 1994
Sitz: MIT (Vereinigte Staaten),
ERCIM (Europa),
Keio University (Asien)
sowie weltweit verteilte regionale Büros
Website: www.w3.org
www.w3c.de

Das World Wide Web Consortium (kurz: W3C) ist das Gremium zur Standardisierung der das World Wide Web betreffenden Techniken. Es wurde am 1. Oktober 1994 am MIT Laboratory for Computer Science in Cambridge (Massachusetts) gegründet.

Gründer und Vorsitzender des W3C ist Tim Berners-Lee, der auch als der Erfinder des World Wide Web bekannt ist. Das W3C entwickelt technische Spezifikationen und Richtlinien mittels eines durchgehend entwickelten Prozesses, um maximalen Konsens über den Inhalt eines technischen Protokolls, hohe technische und redaktionelle Qualität und Zustimmung durch das W3C und seiner Anhängerschaft zu erzielen.[1]

Seit Januar 2011 befindet sich der Sitz des Deutsch-Österreichischen Büros in Berlin am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI).

Beispiele für durch das W3C standardisierte Technologien sind HTML, XHTML, XML, RDF, OWL, CSS, SVG und WCAG.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Geschichte des W3C ist eng mit der Entwicklung des WWW verbunden. Gründer Tim Berners-Lee war bewusst, dass die inkonsistente Nutzung der Technologien URI, HTTP und HTML dazu führen könnte Verknüpfungen unwirksam und damit das WWW nutzlos zu machen. Deswegen wollte er die Spezifikationen zu diesen Technologien von der Internet Engineering Task Force (IETF) standardisieren lassen.

Nach einem IETF-Treffen im Jahre 1992 in Boston gründete sich eine WWW-spezifische Arbeitsgruppe, die allerdings keine brauchbaren Standards veröffentlichen konnte. Zeitgleich wurden immer mehr WWW-Browser entwickelt, wodurch Berners-Lee intensiver über eine Körperschaft, welche die Evolution des Webs steuert, nachdachte. Diese sollte außerdem verhindern, dass das Web sich in verschiedene Teilwebs – mit entweder kommerzieller oder akademischer Ausrichtung – untergliedert und stattdessen seinen universellen Charakter behält.[2]

Das W3C wurde daraufhin nicht am CERN – dem Entstehungsort des WWWs –, aber mit dessen Zusammenarbeit am LCS | MIT gegründet (Mittlerweile in CSAIL - Computer Science and Artificial Intelligence Laboratory umbenannt). Des Weiteren unterstützten die U.S. Defense Advanced Research Project Agency (DARPA) und die Europäische Kommission das Projekt. Das W3C sollte von Anfang an den kleinsten gemeinsamen Nenner einer Technologie finden und diesen zu einer Spezifikation verarbeiten, so dass diese von allen Mitgliederorganisationen unterstützt wird. Um die Internationalität des WWW zu betonen, sollten neben dem MIT weitere Hosts auf unterschiedlichen Kontinenten hinzukommen.

Das Institut National de Recherche en Informatique et en Automatique (INRIA) wurde im April 1995 der europäische Host des W3C, aber 2003 durch das European Research Consortium in Informatics and Mathematics (ERCIM) ersetzt.[3] Die Keio University (Japan) wurde im Jahre 1996 asiatische Hostorganisation. Zudem unterstützen weltweit verteilte Büros, so genannte Offices, die Aktivitäten des W3C.[4]

Organisation

Für das W3C arbeiten zwischen 50 und 60 Personen, die die organisatorischen Prozesse leiten und zumeist in einer der drei Hostorganisationen angestellt sind.[5] Außerdem wird das W3C durch seine Mitgliederorganisationen unterstützt. Zwischen 300 und 350 Organisationen sind derzeit Mitglied im W3C. Hinzu kommen die vielen freiwilligen Helfer und Helferinnen, die an den Diskussionsprozessen der Mailinglisten teilnehmen, Empfehlungen übersetzen, Implementierungen von Spezifikationen schreiben und als Open Source veröffentlichen, sich an Arbeitsgruppen beteiligen oder sich anderwärtig im W3C engagieren.[6]

Das W3C finanziert sich über die Beiträge der Mitgliedsorganisationen und freiwilligen Spenden. Erst am Ende des Jahres 2009 bestätigte die Internet Society (ISOC) – Dachorganisation der IETF – einen Betrag in Höhe von 2,5 Millionen US-Dollar, auf die nächsten drei Jahre verteilt, an das W3C zu spenden.[7]

Neben den drei Hostorganisationen MIT, ERCIM und Keio University, die sich administrativen Tätigkeiten widmen, ergänzen weltweit verteilte Büros die Arbeit des W3Cs. Diese haben zur Aufgabe einerseits das Bewusstsein für Standards und für das W3C zu wecken und andererseits:

  • Interessengruppen anzusprechen und die Beziehung zur regionalen Politik und Wirtschaft zu fördern
  • Regionale W3C-Mitglieder zu unterstützen
  • Rückmeldungen zu geben, über die - der Region betreffenden - Thematiken
  • Die regionale Akzeptanz von W3C-Standards zu fördern, mit besonderer Hinsicht auf regionalspezifische kulturelle Gegenstände
  • Verbreitung von Übersetzungen der W3C–Empfehlungen

Das regionale Büro benutzt dabei verschiedene Kommunikationsmöglichkeiten, wie eine eigene Website, Newsletter, Broschüren oder Konferenzen. Gehostet werden die Offices von Wirtschaftsneutralen Mitgliederorganisationen des W3C (von daher meist Hochschulen oder Forschungseinrichtungen).[8]

Mitgliedschaft

Jede Art von Organisation – sei es Wirtschaftsunternehmen, Regierungs- oder Nichtregierungsorganisation, Universität oder Forschungseinrichtung – kann dem W3C beitreten. Der zu entrichtende Mitgliedsbeitrag orientiert sich an der Form und dem Herkunftsland des potentiellen Teilnehmers. Die gesamte Organisation zählt dabei als ein eigenständiges Mitglied, es können demzufolge keine Tochterunternehmen separates Mitglied beim W3C werden. Das kann zu Mitgliederschwund führen, wenn z.B. Unternehmen fusionieren.

Auf der Homepage des W3C befindet sich ein Tool, das den jährlich zu entrichtenden Beitrag anhand von Art und Herkunftsland der Organisation automatisch berechnet.[9]

Mitarbeiter der einzelnen Organisationen nehmen an den Arbeitsgruppen teil, in denen Empfehlungen entwickelt werden. Zudem hat jedes Mitglied das Recht auf einen Sitz im beratenen Ausschuss des W3C sowie das Recht Vorschläge einzureichen, um in die Entwicklungsprozesse rund um das W3C aktiv einzugreifen.[10]

Status

Auch wenn das W3C zahlreiche De-facto-Standards hervorgebracht hat, ist das W3C keine zwischenstaatlich anerkannte Organisation und damit genau genommen nicht berechtigt, zum Beispiel die ISO-Normen festzulegen. (Dennoch bilden W3C-Standards, wie zum Beispiel XML die Basis mancher ISO-Normen).

Das W3C nennt seine Standards – um ihrem nicht-offiziellen Charakter zu entsprechen – W3C Recommendations, also W3C-Empfehlungen. Um die Zusammenarbeit mit internationalen Standardisierungsgremien wie der ISO zu verbessern, ist das W3C bestrebt, Transpositionsprozesse wie PAS oder Fast Track zu nutzen, damit die Empfehlungen schneller den Status eines internationalen Standards erhalten.

Bei ihrer Entwicklung hat sich das W3C selbst zur Auflage gemacht, ausschließlich Technologien zu verwenden, deren Nutzung – im Rahmen der Implementation einer W3C-Empfehlung – frei von Patentgebühren ist. Details finden sich in der Patentpolitik des W3C.[11]

Entwicklung

Die Vorstufen im Entwicklungsprozess einer W3C-Empfehlung (W3C Recommendation) sind Arbeitsentwurf (Working Draft), letzter Aufruf (Last Call Working Draft), Empfehlungskandidat (Candidate Recommendation) und der Empfehlungsvorschlag (Proposed Recommendation). Zu einer Empfehlung werden weiterhin Berichtigungen veröffentlicht, und es kann eine neue Ausgabe einer Empfehlung herausgegeben werden (zum Beispiel existiert die XML-Empfehlung zurzeit in der fünften Ausgabe). Falls nötig, können Empfehlungen auch zur Überarbeitung zurückgezogen werden.

Des Weiteren ist es möglich, die Vorstufen der Empfehlungen auf das Level des Arbeitsentwurfes zurückzustufen. Das W3C publiziert darüber hinaus Anmerkungen (Notes) ohne normativen Anspruch.

Die Empfehlungen dürfen nicht als Lehrmaterialen für die W3C-Technologien angesehen werden. Sie stellen stattdessen eine Art Instruktion dar, die es erlaubt eine Technologie standardisiert zu implementieren. Demzufolge sind diese Dokumente für Laien oft - aufgrund der sehr eigenen Sprache - wenig verständlich oder aufschlussreich. Für Nutzer auf Anwendungsebene, die sich tiefer mit W3C-Technologien beschäftigen wollen, ist ein spezielles Tutorial zu empfehlen. Hierzu können auch die bereits erwähnten Anmerkungen (Notes) dienen, da diese durch ihren explorativen Charakter eher einem Tutorial entsprechen.

Anders als zum Beispiel bei den Request for Comments (RFC) der IETF, sind beim W3C alle Dokumente – vom ersten Arbeitsentwurf bis zur fertigen Empfehlung – auch nach dem Standardisierungsprozess online verfügbar. Weiterhin kann der Standardisierungsweg innerhalb eines Dokumentes anhand diverser Verlinkungen einfach nachvollzogen werden. Rechteinhaber aller Dokumente, einschließlich der fertigen Empfehlungen, sind dabei immer die Hosts: MIT, ERCIM und Keio University. Im Nachfolgenden sollen die einzelnen Schritte im Entwicklungsprozess zu einer Empfehlung beschrieben werden. Der Entwicklungsprozess bis zu einer Empfehlung ist auch auf den Seiten des W3C dokumentiert.[12]

  • Working Draft und Last Call Working Draft

Der Arbeitsentwurf (Working Draft) ist die erste Stufe im Standardisierungsprozess einer W3C-Empfehlung. Er liegt der Öffentlichkeit, den W3C-Mitgliedern und allen anderen interessierten Organisationen zur Kommentierung vor. In der Regel werden mehrere Arbeitsentwürfe entwickelt, dabei schafft es allerdings nicht jeder bis zur Empfehlung. Der Last Call Working Draft (deutsch letzter Aufruf) soll hierbei signalisieren, dass es sich um den geplanten letzten Arbeitsentwurf handelt.

  • Candidate Recommendation

Der Empfehlungskandidat (Candidate Recommendation) schließt die eigentliche Arbeit am Dokument größtenteils ab, das heißt, dass die betreuende Arbeitsgruppe alle technischen Anforderungen in das Dokument integriert hat. In diesem Status sind bereits Implementationen der Technologie möglich und auch gefordert, wobei die Erfahrungen aus den Implementationen in weitere Dokumente einfließen.

  • Proposed Recommendation

Der Empfehlungsvorschlag (Proposed Recommendation) ist ein durch die ersten Implementierungen ergänztes Dokument und gleichzeitig die letzte Stufe im Entwicklungsprozess zur Empfehlung. Der Vorschlag wird an den beratenden Ausschuss des W3C übersendet. Nach Zustimmung der Mitglieder und des Vorsitzenden erlangt er den Status einer Empfehlung.

Empfehlungen

Diese Empfehlungen wurden oder werden vom World Wide Web Consortium entwickelt:

Alle Empfehlungen und Arbeitsentwürfe sind über die W3C Webseite aufrufbar.[13]

Kritik

In der c’t Ausgabe 1/2007 fasst der Journalist Herbert Braun eine „Krise des W3C“ aufgrund „praxisfremder und jahrelang verschleppter Standards“ zusammen.

Er geht dabei besonders auf die Rolle des Standards HTML ein, dessen Sprachumfang seit Dezember 1997 nicht erweitert wurde. Auch die Empfehlungen zu XHTML können diese Problematik nicht lösen, da Version1 zwar strengere Regeln bietet, aber keine neuen Funktionen. XHTML2 sei dagegen zu komplex und nicht abwärtskompatibel.

Des Weiteren sind die Standardisierungsabläufe beim W3C komplexer geworden, wodurch die Prozesse sich verlangsamen. Håkon Wium Lie – Chief Technology Officer bei Opera Software – gibt im Interview zum Artikel dazu folgende Meinung wieder:

“Second, W3C has also evolved. In the early days, turning a Working Draft into a Recommendation was a simple month-long stint as Proposed Recommendation. These days, you have to issue call for comments, answer all the comments, make sure there are two implementations, and so forth. The formal process has become much longer and only specifications that have serious backers end up as Recommendations. ”

„Zum anderen hat sich das W3C entwickelt. In den alten Tagen war es eine Sache von wenigen Monaten, einen Arbeitsentwurf zu einer Empfehlung zu machen. Heute muss man zu Kommentaren aufrufen, all diese Kommentare beantworten, sicherstellen, dass es zwei Implementierungen gibt und so weiter. Der formale Prozess dauert viel länger und nur Spezifikationen mit ernsthaften Befürworten schaffen es zur Empfehlung.“

Håkon Wium Lie: Interview (Englisch) von Herbert Braun mit Håkon Wium Lie. Abgerufen am 15. November 2010

Der Artikel geht auch auf die Organisationsstruktur an sich ein, indem die Dominanz und Einflussnahme großer Mobilfunk- und Softwareunternehmen kritisiert wird. [14]

Einzelnachweise

  1. Zusammenfassung des Standardisierungsprozesses (englisch). Abgerufen am 15. November 2010
  2. Berners-Lee, Tim (1999): Der Web-Report. München: Econ, S. 86ff ISBN 3-430-11468-3
  3. Pressemitteilung zum Umzug des W3C vom INRIA an das ERCIM Abgerufen am 15. November 2010
  4. Geschichte des W3C. Abgerufen am 15. November 2010
  5. Übersicht aller Mitarbeiter/innen und deren Tätigkeiten (englisch). Abgerufen am 15. November 2010
  6. Organisation des W3C. Abgerufen am 15. November 2010
  7. Meldung von Heise Online zur Spende der ISOC an das W3C. Abgerufen am 15. November 2010
  8. Aufgabe der regionalen W3C Büros (englisch). Abgerufen am 15. November 2010
  9. Tool zum Berechnen der jährlich zu entrichtenden Mitgliedsbeiträge (englisch). Abgerufen am 15. November 2010
  10. Über die W3C-Mitgliedschaft. Abgerufen am 15. November 2010
  11. Zusammenfassung der W3C Patentpolitik (englisch). Abgerufen am 15. November 2010
  12. Entwicklungsprozess der technischen Reports des W3C (englisch). Abgerufen am 15. November 2010
  13. Standards und Arbeitsentwürfe des W3C (englisch). Abgerufen am 15. November 2010
  14. Braun, Herbert: Webstandards im Wandel - Die Krise des W3C und die Lösungsansätze, c't 1/2007, S. 162 - 169

Siehe auch

Weblinks

 Commons: W3C – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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