Wolfgang Kraushaar

Wolfgang Kraushaar

Wolfgang Kraushaar (* 2. September 1948) ist ein deutscher Politikwissenschaftler am Hamburger Institut für Sozialforschung (HIS). Seit 1981 ist er Mitglied in der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Kraushaar studierte nach dem Abitur an der König-Heinrich-Schule in Fritzlar mit Unterbrechungen zwischen 1968 und 1982 Politikwissenschaft, Philosophie und Germanistik an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Nach seiner Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer absolvierte er 1969/70 seinen Zivildienst in einer Psychiatrischen Klinik. Im Jahr 1972 war er Mitbegründer der Sozialistischen Hochschulinitiative, 1974/75 Vorsitzender des AStA.

Von 1975 bis 1977 war er als Lektor im Verlag Neue Kritik beschäftigt, 1978 bis 1982 war er Mitarbeiter am Didaktischen Zentrum der Universität Frankfurt. 1982 promovierte er bei Iring Fetscher mit einer Dissertation über den Strukturwandel der deutschen Universität. Seit 1987 arbeitet er am Hamburger Institut für Sozialforschung. Seine Forschungen sind vor allem der Untersuchung von Protestbewegungen in der Bundesrepublik Deutschland und in der DDR und von 1949 bis 1990, insbesondere der 68er-Bewegung, RAF und K-Gruppen, sowie Totalitarismus- und Extremismustheorie, Pop-Kultur und Medientheorie gewidmet. Weil er empirische Defizite in der Erforschung neuer sozialer Bewegungen sah, hat er ein Archiv über „Protest, Widerstand und Utopie in der Bundesrepublik“ mit aufgebaut, das inzwischen als Archivalische Sondersammlung den Hauptteil des von Reinhart Schwarz geleiteten HIS-Archivs darstellt. 2004 hat er eine Gastprofessur an der Beijing Normal University in Peking wahrgenommen.

Chronist der 68er-Bewegung

Kraushaar gilt als Chronist der 68er-Bewegung. Bereits 1977 hat er eine erste Chronologie der Studentenbewegung publiziert. Seit 1992 publiziert er in jeder Ausgabe der Zeitschrift Mittelweg 36 eine weitere Folge Aus der Protest-Chronik. Mit der 1996 veröffentlichten Protest-Chronik 1949–1959 korrigierte er das Bild von den angeblich unpolitischen Anfangsjahren der Bundesrepublik Deutschland. Insbesondere mit seinen Publikationen zu den Mythen der 68er-Bewegung, zur Entstehungsgeschichte des bundesdeutschen Terrorismus, dem linken Antisemitismus[1] sowie zum Nationalismus und zum Gewaltverständnis von Rudi Dutschke löste er lang anhaltende Kontroversen aus.

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • Verena Becker und der Verfassungsschutz.[2] Hamburger Edition, Hamburg 2010, 203 Seiten. ISBN 978-3868542271
  • Achtundsechzig. Eine Bilanz. Propyläen Verlag, Berlin 2008. ISBN 3549073348
  • (als Hrsg.): Die RAF und der linke Terrorismus. Bd. I/II. Hamburger Edition, Hamburg 2006. ISBN 3936096651
  • Die Bombe im Jüdischen Gemeindehaus. Hamburger Edition, Hamburg 2005. ISBN 3936096538
  • (zusammen mit Karin Wieland und Jan Philipp Reemtsma): Rudi Dutschke, Andreas Baader und die RAF. Hamburger Edition, Hamburg 2005. ISBN 3936096546
  • Fischer in Frankfurt. Karriere eines Außenseiters. Hamburger Edition, Hamburg 2001. ISBN 3930908697
  • Linke Geisterfahrer - Denkanstöße für eine antitotalitäre Linke. Verlag Neue Kritik, Frankfurt 2001. ISBN 3801503208
  • 1968 als Mythos, Chiffre und Zäsur. Hamburger Edition, Hamburg 2000. ISBN 393090859X
  • 1968 - Das Jahr, das alles verändert hat. Piper, München 1998. ISBN 3492040586
  • (als Hrsg.): Frankfurter Schule und Studentenbewegung - Von der Flaschenpost zum Molotowcocktail. Bd. I-III. Rogner & Bernhard, Hamburg 1998. ISBN 3807703489
  • Die Protest-Chronik 1949-1959 - Eine illustrierte Geschichte von Bewegung, Widerstand und Utopie. Bd. I-IV. Rogner & Bernhard bei Zweitausendeins, Hamburg 1996. ISBN 3807703500
  • Revolte und Reflexion. Politische Aufsätze 1976-1987. Frankfurt am Main 1990. ISBN 3801502333
  • (als Hrsg.): Was sollen die Grünen im Parlament? Frankfurt am Main 1983. ISBN 3825868451
  • (als Hrsg.): Autonomie oder Getto? Kontroversen über die Alternativbewegung. Frankfurt am Main 1978. ISBN 3801501507
  • Notizen zu einer Chronologie der Studentenbewegung. In: Peter Mosler: Was wir wollten, was wir wurden. Studentenrevolte zehn Jahre danach. Reinbek 1977. S. 249-295. ISBN 3499141191

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Joachim Güntner: Wie tief sitzt der linke Antisemitismus? In: Neue Zürcher Zeitung vom 26. Oktober 2005
  2. 200 Seiten, die Ärger machen werden in: taz.de vom 12. Oktober 2010

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