Wolffs Telegraphisches Bureau

Wolffs Telegraphisches Bureau

Wolffs Telegraphisches Bureau (W.T.B.) wurde im Jahre 1849 von dem jüdischen Verlags- und Nachrichtenunternehmer Bernhard Wolff (1811–1879) in Berlin gegründet. Wolff war der Besitzer der Berliner „National-Zeitung“ und veröffentlichte nach Freigabe des Telegrafen für private Nachrichten 1849 in seiner Zeitung den ersten Kurszettel, der telegrafisch aus Frankfurt am Main und London kam. Wegen der hohen Kosten einigte sich Wolff mit anderen Berliner Zeitungsverlegern und Privatleuten über den gemeinsamen Bezug der Börsennachrichten. So entstand am 27. November 1849 das „Telegraphische Correspondenz-Bureau (B. Wolff)“, das später in „Wolffs Telegraphisches Bureau (W.T.B.)“ umbenannt wurde.

Am 1. Mai 1865 wurde Wolffs Telegraphisches Bureau auf Bestreben höchster Regierungsstellen und unter Beteiligung von Banken in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt. Es geriet damit in den Besitz von monarchisch-konservativen Banken. Zudem geriet es unter den Einfluss der Pressepolitik Otto von Bismarcks. In einem geheimen Vertrag vom 10. Juni 1869 zwischen dem W.T.B. und dem preußischen Staatsministerium wurde der Einfluss der Politik zementiert. Für eine Bevorzugung bei der Benutzung des Telegrafenbüros und einen Zuschuss von jährlich 100.000 Talern, verpflichtete sich W.T.B. amtliche Depeschen bevorzugt zu behandeln und andere Depeschen auf Wunsch vor der Verbreitung den Behörden vorzulegen.[1]

Anfangs verbreitete das W.T.B. nur kommerzielle, bald aber auch politische Nachrichten. Mit der britischen Nachrichtenagentur Reuters und der französischen Havas wurden am 17. Januar 1870 Kartellverträge abgeschlossen. Hier wurde der Markt aufgeteilt. Dabei übernahm W.T.B dem Nord- und Osteuropäischen Raum (Reuters beschränkte sich auf das Britische Empire und Havas auf Südeuropa und Südamerika). Mit diesem Vertrag gingen auch die von Reuters unter Tarnnamen geführten Büros in Berlin, Frankfurt und Hannover in den Besitz von W.T.B. über. Die Kartellverträge (später auch mit der amerikanischen Associated Press) liefen bis 1934.[2]

Vor dem Ersten Weltkrieg war das W.T.B. eine der größten Unternehmungen seiner Art. Es hatte Agenturen und Einzelvertreter in allen Teilen der Erde, von denen es Nachrichten empfing, und denen es solche lieferte. Der Aufwand an Telefon- und Telegrafengebühren wurde Anfang des 20. Jahrhunderts auf 900.000 Mark geschätzt, der Kassenumsatz mit 3,5 Millionen Mark angegeben. Allein in Deutschland wurden 300 Personen beschäftigt. Das Aktienkapital betrug eine Million Mark.

Am 1. Januar 1934 verstaatlichte das nationalsozialistische Regime unter Federführung des Goebbels-Vertrauten Alfred-Ingemar Berndt das W.T.B. und die zum Hugenberg-Konzern gehörende Telegraphen-Union (T.U.) und ließ sie in dem von ihnen gegründeten staatlichen Deutschen Nachrichtenbüro aufgehen.

Literatur

  • Stöber, Rudolf (2005): Deutsche Pressegeschichte: von den Anfängen bis zur Gegenwart. 2. Auflage. Konstanz: UTB. ISBN 978-3825227166

Einzelnachweise

  1. Wilke, Jürgen (2008): Grundzüge der Medien- und Kommunikationsgeschichte. Köln et al.: UTB, S. 246f.
  2. ebd.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Wolffs Telegraphisches Bureau — (abgekürzt W. T. B.), 1849 in Berlin gegründet, seit 1874 im Besitz der Kontinental Telegraphen Kompanie …   Kleines Konversations-Lexikon

  • W.T.B. — Wolffs Telegraphisches Bureau (W.T.B.) wurde im Jahre 1849 von dem jüdischen Verlags und Nachrichtenunternehmer Dr. Bernhard Wolff (1811–1879) in Berlin gegründet. Wolff war der Besitzer der Berliner „National Zeitung“ und veröffentlichte nach… …   Deutsch Wikipedia

  • Wolffsches Telegraphenbüro — Wolffs Telegraphisches Bureau (W.T.B.) wurde im Jahre 1849 von dem jüdischen Verlags und Nachrichtenunternehmer Dr. Bernhard Wolff (1811–1879) in Berlin gegründet. Wolff war der Besitzer der Berliner „National Zeitung“ und veröffentlichte nach… …   Deutsch Wikipedia

  • Max Winkler (NSDAP) — Max Winkler (* 7. September 1875 in Karrasch im Landkreis Rosenberg in Westpreußen; † 12. Oktober 1961 in Düsseldorf) war Bürgermeister von Graudenz, Reichstreuhänder und Wirtschaftsberater der abzutretenden Ostprovinzen sowie für die… …   Deutsch Wikipedia

  • Geschichte der Zeitung — Erste Ausgabe der Aviso, Relation oder Zeitung vom 15. Januar 1609 Die Geschichte der Zeitung als regelmäßig erscheinendes Medium ist eng mit der Frühen Neuzeit verwoben. Ihren Höhepunkt erlebte sie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts …   Deutsch Wikipedia

  • Judengang — Gräberfeld C, Teilansicht Der Jüdische Friedhof in der Schönhauser Allee 23–25 liegt in der Nähe des Senefelderplatzes im Ortsteil Prenzlauer Berg (Bezirk Pankow) von Berlin. Er wurde hauptsächlich zwischen 1827 und 1880 genutzt. Während jener… …   Deutsch Wikipedia

  • Bernhard Wolff (Zeitungsgründer) — Bernhard Wolff (* 3. März 1811 in Berlin; † 11. Mai 1879 ebenda) war Gründer der Berliner National Zeitung (1848) und des Wolffschen Telegrafenbüros in Berlin. Am 27. November 1849 gründete Wolff das Telgraphische Correspondenz Bureau. [1] Dies… …   Deutsch Wikipedia

  • Axel Cäsar Springer — (* 2. Mai 1912 in Altona, Hamburg; † 22. September 1985 in Berlin) war ein Zeitungsverleger sowie Gründer und Inhaber der heutigen Axel Springer AG. Wegen der Machtfülle des Konzerns sowie der Art und Weise, wie Springer diese gebrauchte, gehört… …   Deutsch Wikipedia

  • Frech wie Oskar — Frech wie Oskar, abgeleitet davon auch stolz wie Oskar, ist eine vor allem in Mittel und Nordostdeutschland weit verbreitete, vergleichende Redensart, deren Herkunft noch nicht eindeutig geklärt ist. Eine Ableitung vom Namen des frechen Kritikers …   Deutsch Wikipedia

  • Bernhard Wolff — (3 March 1811 ndash; 11 May 1879) was a German media mogul. He was editor of the Vossische Zeitung , founder of the National Zeitung (1848 1938), and founder of Wolffs Telegraphisches Bureau (1849 1934), one of the first press agencies in Europe… …   Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”