Wohlwollender Vertrag

Wohlwollender Vertrag

Der Wohlwollende Vertrag ist eine Übereinkunft zwischen dem letzten Kaiser von China, Pu Yi, nach seiner Abdankung, und der Regierung der chinesischen Republik aus dem Jahre 1912.

Inhaltsverzeichnis

Vertragstext

Der Vertrag sichert dem ehemaligen Kaiser auch weiterhin Titel und Würden sowie ein Wohnrecht in der Verbotenen Stadt (dem Zentrum Pekings) und eine jährliche Apanage zu und stellt den kaiserlichen Hofstaat unter den Schutz der republikanischen Regierung. Der Vertrag umfasst acht Artikel und hat folgenden Wortlaut:[1]

In Anbetracht der Tatsache, dass der Kaiser der Großen Qing-Dynastie öffentlich seine Zustimmung zur Errichtung eines republikanischen Regierungssystems bekanntgegeben hat, werden hiermit die nachfolgenden Artikel bezüglich der "wohlwollenden Behandlung des Kaisers der Großen Qing nach seiner Abdankung" aufgezählt:

  • Nach der Abdankung des Kaisers der Großen Qing ist seine Titelwürde uneingeschränkt beizubehalten; die Republik China wird ihn mit der Höflichkeit behandeln, die das Protokoll für ausländische Monarchen vorsieht.
  • Nach der Abdankung des Kaisers der Großen Qing wird er von der Republik China eine jährliche Apanage von 4 000 000 Taels empfangen. Dieser Betrag ist nach der Währungsreform auf 4.000.000 mexikanische Dollar abzuändern.
  • Nach der Abdankung des Kaisers der Großen Qing mag er vorerst weiterhin im Palast (in der Verbotenen Stadt) residieren; später soll er sich jedoch in den Yi-hö-Park (Sommerpalast) verfügen. Seine übliche Leibwache kann er behalten.
  • Nach der Abdankung des Kaisers der Großen Qing werden die Ahnentempel und Mausoleen der Kaiserlichen Familie für alle Zeit erhalten und die Opferdienste wie vorgeschrieben fortgeführt werden. Die Republik China übernimmt durch Aufstellung von militärischen Wachen die Verantwortung für den hinreichenden Schutz dieser Stätten.
  • Da das Qing-Mausoleum für den verstorbenen Kaiser Dö Dzung (Guangxu) noch nicht vollendet ist, werden die Arbeiten in Beachtung der überkommenen Vorschriften (für die Kaisergräber) zu Ende geführt; die Zeremonie der Grablegung wird ebenfalls in Übereinstimmung mit den alten Riten vollzogen werden. Alle effektiven Kosten hierfür sind von der Republik China zu tragen.
  • Die Dienste jeglicher bislang im Palast beschäftigten Personen der verschiedenen Stufen können beibehalten werden; doch sind in Zukunft keine weiteren Eunuchen in das Personal aufzunehmen.
  • Nach der Abdankung des Kaisers der Großen Qing wird sein Privateigentum gesichert werden und unter dem Schutz der Republik China stehen.
  • Die Kaiserliche Palastwache wird in der zur Zeit der Abdankung gegebenen Zusammensetzung der militärischen Kontrolle des Kriegsministeriums der Republik China unterstellt. Sie soll in ihrer ursprünglichen Stärke bestehen bleiben und die gleiche Besoldung erhalten wie bis anhin.

Bedeutung

Mit diesem Vertrag erkannte die Republik China auch nach der Abdankung Pu Yis das kulturelle Erbe der Vergangenheit an und sicherte dem letzten Kaiser quasi eine symbolische Bedeutung zu. Noch immer kamen republikanische Beamte und Minister sowie ausländische Staatsgäste in die Verbotene Stadt und entboten dem jungen Kaiser ihre Achtung. Dies zeigt, dass der chinesische Kaiser noch immer ein mächtiges Symbol für das chinesische Volk war und vom Ausland als Respektsperson anerkannt wurde.

Vertragsbruch

Schon einige Jahre nach Abschluss des Vertrags geriet die chinesische Regierung mit der Zahlung der jährlichen Apanage immer weiter in Rückstand, so dass, um den kaiserlichen Hofstaat aufrechterhalten zu können, Wertsachen und Kunstgegenstände aus kaiserlichem Bestand verkauft werden mussten. Im Jahre 1924 hatte sich der Hass unter den Vertretern der Republik so weit aufgesteigert, dass republikanische Truppen in die Verbotene Stadt einrückten und den Kaiser samt Hofstaat vertrieben. Damit war der Vertrag von seiten der Republik China gebrochen worden.

In der Volksrepublik China wurde Pu Yi 10 Jahre lang als Kriegsverbrecher in einem kommunistischen Umerziehungslager inhaftiert und indoktriniert, weil er von den Japanern als Oberhaupt des Marionettenstaats Mandschukuo eingesetzt worden war. (Pu Yi war als Kaiser des Marionettenstaats Mandschukuo zwar über Geheimverträge der Japaner informiert, wusste aber wahrscheinlich nichts von den Kriegsverbrechen wie etwa dem Massaker von Nanking oder der Spezialeinheit 731 mit ihren biologischen und chemischen Menschenversuchen.) Er starb 1967 an Nierenkrebs, körperlich und seelisch gebrochen durch die Kulturrevolution.

Literatur

  • Thomas Weyrauch: Chinas unbeachtete Republik. 100 Jahre im Schatten der Weltgeschichte. Band 1: 1911 - 1949. Longtai, Giessen (i. e.) Heuchelheim 2009, ISBN 978-3-938946-14-5.
  • Ich war der letzte Kaiser, Pu Yi, Hanser-Verlag
  • Der letzte Eunuch des Kaisers Pu Yi

Einzelnachweise

  1. Pu Yi: Ich war Kaiser von China. Hanser-Verlag, S. 39

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