Wissenschaftlicher Witz

Wissenschaftlicher Witz

Der wissenschaftliche Witz ist ein Witz mit Bezug zur Wissenschaft. Der Begriff ist nicht klar umgrenzt. Er umfasst zumindest eine Form des Insiderwitzes, die Fachwissen zum Verständnis der Pointe voraussetzt. Solche Witze tauchen häufig in wissenschaftlichen Publikationen auf. Das Vergnügen, den wissenschaftlichen Witz zu entschlüsseln, ist identitätsstiftend für die wissenschaftliche Gemeinschaft.[1] Wissenschaftliche Witze sind zumindest seit dem 17. Jahrhundert belegt.

Für – bisweilen auch unfreiwillige – Meisterleistungen auf diesem Gebiet wird alljährlich der Ig-Nobelpreis verliehen.

Inhaltsverzeichnis

Beispiele

Fiktive Personen

Jakob Maria Mierscheid, seit 1979 Hinterbänkler im Deutschen Bundestag
Siehe auch: Kategorie:Fiktive Person

Viele wissenschaftliche Disziplinen kennen fiktive Persönlichkeiten. Häufig handelt es sich dabei um erfundene Mitglieder des Wissenschaftsbetriebs, denen einzelne Erfindungen oder Entdeckungen zugeschrieben werden.

Beispielsweise soll in der Mathematik ein Alessandro Binomi der Entdecker der binomischen Formeln sein. Auf den fiktiven Mathematiker Julius Eigen (alternativ auf Manfred Eigen, einen existierenden Chemiker) soll die Erfindung des Eigenwerts zurückgehen; F. D. C. Willard, der international 1975 und 1980 als Verfasser in renommierten Fachzeitschriften zur Physik veröffentlichte, war ein Siamkater.[2] Auch die Wahl des kollektiven Pseudonyms Nicolas Bourbaki, unter dem ein Zirkel führender Mathematiker der 1930er Jahre eine Lehrbuchreihe veröffentlichte, geht auf einen Scherz zurück. Ein Professor mit Namen Ernst August Dölle soll einen Lehrstuhl für Psychologie und Pädagogik der Universität Konstanz innegehabt haben, ein Verfassungsrechtler namens Friedrich Gottlob Nagelmann an der Universität Potsdam beheimatet gewesen sein. Der fiktive Bundestagsabgeordnete Jakob M. Mierscheid wird sogar auf der offiziellen Website des Deutschen Bundestages vorgestellt.[3] P. D. Q. Bach soll der letzte Sohn Johann Sebastian Bachs und wie sein Vater Komponist gewesen sein; unter seinem Namen hat sein Schöpfer zahlreiche Werke geschrieben.

Der Gozintograph ist ein Funktionsgraph, der beschreibt, aus welchen Teilen sich verschiedene Produkte zusammensetzen. Der Name dieses Graphen ist eine scherzhafte Verballhornung: Der Mathematiker Andrew Vazsonyi gab als Urheber den fiktiven italienischen Mathematiker Zepartzat Gozinto (phonetisch für “the part that goes into”, deutsch etwa: „Der Teil, der hineingeht“) an. Diese Bezeichnung ist mittlerweile allgemein akzeptiert.

Fingierte Lexikonartikel

Die Steinlaus (hier ein Weibchen, frei nach Loriot) steht im Pschyrembel
Hauptartikel: Fingierter Lexikonartikel

Wissenschaftliche Lexika verschiedener Fachbereiche beinhalten Einträge, die frei erfunden sind oder die ein alltägliches Thema aus wissenschaftlicher Sicht behandeln. Zu den bekanntesten zählt der Eintrag zur Steinlaus, die einem Sketch von Loriot entstammt, im Pschyrembel, einem medizinischen Nachschlagewerk.[4] Im Pschyrembel Wörterbuch Naturheilkunde und alternative Heilverfahren desselben Verlags wird der Kurschatten als medizinisches Phänomen erklärt. Der Neue Pauly, eine Enzyklopädie zur Antike, enthält im ersten Band einen Eintrag über Apopudobalia, eine erdachte antike Vorform des Fußballs. Die neunte Auflage des Römpp-Chemielexikons gibt eine Scherzversion der KKK-Regel wieder.

Teilweise beziehen sich diese Nihilartikel auch auf fiktive Persönlichkeiten der Wissenschaft, beispielsweise wird P. D. Q. Bach auch im Personenteil der Enzyklopädie Die Musik in Geschichte und Gegenwart gelistet.[5]

Andere wissenschaftliche Scherzarbeiten

Auch außerhalb der Fachlexika tauchen in der wissenschaftlichen Literatur bisweilen nur dem Anschein nach ernst gemeinte wissenschaftliche Arbeiten auf, beispielsweise in wissenschaftlichen Zeitschriften oder als eigenständige Publikationen. So gelang es dem noch jungen Physiker und späteren Nobelpreisträger Hans Bethe 1931 mit seinen Kollegen Beck und Riezler eine Nonsens-Arbeit[6] im angesehenen Journal Die Naturwissenschaften unterzubringen, mit der sie die Zahlenspielereien des damals berühmten britischen Astrophysikers Arthur Stanley Eddington parodierten.[7][8] 1948 spielte George Gamow seinem Freund Bethe umgekehrt einen Streich, als er für eine (ernst gemeinte) Arbeit, die er und sein Student Ralph Alpher ausführten, Bethe ohne dessen Wissen als weiteren Autor nannte, um die Anklänge an den Anfang des griechischen Alphabets zu vervollständigen. Sie wurde als „Alpha-Beta-Gamma“-Arbeit bekannt. Bethe war zufällig der Gutachter der Arbeit, erhob aber keine Einwände gegen den Scherz.[9]

Inspiriert von Christian Morgensterns Gedicht Das Nasobēm erfand der Zoologe Gerolf Steiner die Säugetierordnung Rhinogradentia und veröffentlichte 1957 unter Wahrung aller formalen Aspekte das Lehrbuch Bau und Leben der Rhinogradentia. Die auf deutsch „Nasenschreitlinge“ genannten Tiere werden in Publikationen immer wieder aufgegriffen und haben sich so zu einem Running Gag entwickelt.[10]

Eine Reihe von wissenschaftlichen Scherzarbeiten stellt Banales oder Alltägliches in einen wissenschaftlichen Kontext oder wendet wissenschaftliche Methoden auf ein Thema an, das nicht Untersuchungsgegenstand der jeweiligen wissenschaftlichen Disziplin ist. Beispiele hierfür sind der mathematische Aufsatz A Contribution to the Mathematical Theory of Big Game Hunting, 1938 im American Mathematical Monthly veröffentlicht von Ralph Boas und Kollegen unter dem Pseudonym H. Pétard, der Anwendungen der Mathematik in der Großwildjagd behandelt,[11] oder die Monographie Pasta Theobromae in Max Wichtls Teedrogen und Phytopharmaka, in der Schokolade wie eine Droge beschrieben wird, die lindernde Wirkung bei Traumata durch Lackschäden am Auto haben soll. Die Wirtschaftswissenschaften sind gelegentlich dem Vorwurf ausgesetzt sämtliche Lebenslagen nur wirtschaftlich zu bewerten. Gary Becker hat die Grundlagen der Preistheorie auf Kriminalität und Familienverhältnisse angewandt (siehe auch Rotten Kid Theorem). Als Satire schrieb Alan Blinder daraufhin einen Artikel über das Zähneputzen aus ökonomischer Sicht [12], der im angesehenen Journal of Political Economy (Vol. 82) veröffentlicht wurde.[13] Blinder stellt ein (künstlich aufgeblähtes) mathematisches Modell vor, das sich mit der Optimierung der täglich auf das Zähneputzen verwendeten Zeit beschäftigt, ausgehend von der Annahme, dass das Einkommen einer Person eine von Arbeitszeit und Zahnhygiene abhängige Funktion ist. Aus dem Modell lassen sich nach Ansicht des Autors „viele empirisch überprüfbare Hypothesen ableiten.“

Zwei Beispiele für Strukturformeln der anthropomorphen Moleküle

Stephanie H. Chanteau und James M. Tour (Rice University, Houston, Texas) veröffentlichten 2003 im angesehenen Journal of Organic Chemistry Wege zur Synthese anthropomorpher Moleküle.[14]

In der Hochphase postmoderner Theorie veröffentlichte Alan Sokal 1996 in der Zeitschrift Social Text einen Aufsatz mit dem Titel Transgressing the Boundaries: Towards a Transformative Hermeneutics of Quantum Gravity. Sein Anliegen war es, zu zeigen, ob ein führendes Wissenschaftsmagazin einen frei erfundenen Zusammenhang publiziert, solange er eindrucksvoll klingt und konform zur ideologischen Grundlinie der Zeitschrift ist. Die folgend so genannte Sokal-Affäre führte zu hitzigen Diskussionen über die Richtigkeit der dekonstruktivistischen Infragestellung der positivistischen Naturwissenschaft.

Weitere Beispiele

Literatur

Über die literarische Parodie[15] hinaus befassen sich Witze auch mit der Literaturwissenschaft, ihrer Fachsprache, ihren Ritualen und ihrer Rezeption.

Die Monographie Die Wahrheit über Hänsel und Gretel von Hans Traxler[16] behandelt vorgeblich „Die Dokumentation des Märchens der Brüder Grimm“ und behandelt vorgeblich historische Vorbilder des Märchens. Das Buch wurde zunächst ernstgenommen und erregte international großes Interesse. Auf dem Schutzumschlag wurde in der zweiten Auflage mit dem Zusatz „eine glaubwürdige Parodie“ auf den außerwissenschaftlichen Charakter des Werks hingewiesen.[17]

Vladimir Nabokovs Roman Fahles Feuer erzählt vor allem in Fußnoten zu einem fiktiven Gedicht, ähnlich verfährt Matthias Polityckis Weiberroman.

Mathematik

Sei \varepsilon < 0 („epsilon kleiner null“) gilt als der kürzeste Mathematikerwitz.[18] Epsilon wird in der Mathematik regelmäßig als Variable für eine beliebig kleine Zahl größer null verwendet und viele mathematische Beweise enthalten beispielsweise den Satz „Sei Epsilon größer null.

Häufig werden Mathematiker humorvoll mit Wissenschaftlern anderer Gebiete verglichen. So erinnert sich Kurt Reidemeister nach seinem Besuch der Euler-Feier der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin am 21. März 1957:[19]

„Der zweite Festredner war der Leiter der Delegation der Akademie der Wissenschaften der UdSSR, Professor Alexandroff aus Moskau – der übrigens als junger Dozent mehrere Jahre in Göttingen verbracht hat und im persönlichen Gespräch jener unbeschwerten Tage mit Wärme gedachte. Um Euler zu charakterisieren, knüpfte Alexandroff an das Zusammenspiel von Können und Verstehen an und erläuterte dies an einem Wortwitz von Medizinern über Mediziner. Die Chirurgen, so heißt es da, verstehen wenig, aber können viel; die inneren Mediziner verstehen viel, aber können wenig und die Psychiater verstehen alles, aber können nichts. Im Sinn dieser Dreiteilung, fuhr er dann vor der nun durchaus erheiterten Festversammlung fort, war Euler ein Chirurg. Euler war ein Könner, genauer, ein genialer Rechner sowohl am Material der Zahlen wie auch am Material der Formeln.“

Manchmal wollen Mathematikerwitze helfen, einen für den Anfänger schwierigen mathematischen Sachverhalt oder ein logisches Prinzip durch eine Art Gleichnis[20] besser zu veranschaulichen:

„Ein Physiker und ein Mathematiker sollen Wasser kochen. Es ist eine Feuerstelle vorhanden, sowie ein Topf mit Wasser, der auf Platz A steht. Der Physiker und der Mathematiker lösen beide das Problem, indem sie den Topf von Platz A nehmen und auf das Feuer setzen. Nun soll wieder Wasser gekocht werden, doch steht diesmal der Topf mit kaltem Wasser auf Platz B. Der Physiker löst das Problem wieder so, dass er den Topf auf das Feuer setzt. Der Mathematiker dagegen nimmt den Topf von Platz B und stellt ihn auf Platz A und sagt: „Dieses Problem haben wir schon vorhin gelöst“.“

Ein Beispiel für versteckte Anspielungen in Inhaltsverzeichnissen findet sich in dem Buch Vorlesungen über Topologie von Bela Kerekjarto (1923), im Inhaltsverzeichnis wird auf Erich Bessel-Hagen verwiesen[21], auf der angegebenen Seite wird er aber nicht erwähnt, dafür findet sich das Bild einer Kugel mit zwei Henkeln, eine Anspielung auf die im Volksmund Segelohren genannten markanten Merkmale von dessen Physiognomie. Ein anderes Beispiel für Index-Witze sind die Vorlesungen über Zahlentheorie von Helmut Hasse: auf der im Inhaltsverzeichnis unter Gott indizierten Stelle findet sich Leopold Kroneckers bekanntes Zitat Die ganzen Zahlen hat der liebe Gott gemacht, alles andere ist Menschenwerk.

In der Kryptographie werden Aufsätze aus dem Grenzbereich dieser Wissenschaft im „Journal of Craptology“ veröffentlicht (Herausgeber Nigel Smart).[22]

Physik

Der Pauli-Effekt beschreibt den merkwürdigen negativen Einfluss des Physikers Wolfgang Pauli auf Laborergebnisse.

Auch in der jüngeren Vergangenheit beweisen Physiker ihren Sinn für wissenschaftlichen Humor. So wurde bei der Frühjahrstagung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft 1998 ein Vortrag über den fiktiven Kristall Dilithium eingereicht, zugelassen und gehalten.[23]

Chemie

Dihydrogen-Monoxid ist nach Ansicht einiger „Wissenschaftler“ eine hochgefährliche Substanz. Es wurden sogar schon Verbote gefordert und hochwissenschaftlich begründet. Dabei handelt es sich nur um Wasser.

Biologie

Die Artikel über Quaderbaum und Quaderbambus aus der Naturwissenschaftlichen Rundschau von 1978 und 1979 wurden von vielen Lesern als wahre Meldungen empfunden, weil Derartiges im deutschen wissenschaftlichen Schrifttum einfach zu selten ist − und weil es so täuschend echt klang.

  • W. Selhus: Der „Quaderbaum“, Quercus quadrata van Hoosten, ein sensationeller Fund. In: Naturwiss. Rundschau 31, 1978, S. 139−142.
  • W. Selhus: Der „Quaderbaum“, Quercus quadrata van Hoosten, ein sensationeller Fund, Mitteilung II. In: Naturwiss. Rundschau 32, 1979, S. 135−137.
  • W. Liese: Chimonobambusa quadrangularis, der Quaderbambus. In: Naturwiss. Rundschau 32, 1979, S. 137−138.

Auf den Physiker Bobby Henderson geht die Theorie von der Erschaffung der Welt und ihrer Lebensformen durch das Fliegende Spaghettimonster zurück − als vierte Alternative zu Charles Darwins Evolutionstheorie, zum Lamarckismus und zum sogenannten Kreationismus. Henderson entwickelte seine Theorie als satirische Antwort auf die Diskussion um die Unterrichtung von Intelligent Design an US-amerikanischen Schulen.

die tageszeitung berichtete auf ihrer satirischen Seite Die Wahrheit, ein gewisser Prof. Dr. Hartmut Andryckzuck von der Humboldt-Universität habe herausgefunden, dass deutsche Kühe nicht schwimmen könnten, da sie einen durch die Züchtung missgebildeten Schließmuskel hätten und so voll Wasser laufen würden. Auf diesen Scherz fiel die Sat.1-Quizsendung Genial daneben herein.[24]

Medizin

Bei der Bundeswehr hält sich beharrlich das Gerücht, den Soldaten werde ein die Libido senkendes Mittel namens Hängolin in die Mahlzeiten gemischt;[25] in der Schweizer Armee ist dieses Mittel als „Antibock“ bekannt, beim österreichischen Bundesheer „Brom“. Diese Geschichte wird bereits seit Zeiten der deutschen Wehrmacht kolportiert und kursierte auch in der NVA. In katholischen Priesterseminaren wird den Studenten dagegen angeblich „Zölibatol“ verabreicht.

Pädagogik

Hilbert Meyer und Andreas Gruschka erfanden die sogenannten „Lolationsstrategien“, „permissiv-opake Handlungsmuster zur Instrumentierung schülerorientierter Alltagsinszenierungen des Unterrichts“[26] als nicht ernst gemeinten Beitrag zum Diskurs über Handeln im pädagogischen Praxisfeld Schule.

Technik

In der Technik tauchen nichtexistenzfähige Geräte oder Geräteteile verschiedenster Art auf. Solch ein Beispiel ist die Kolbenrückziehfeder, eine angeblich in Zylindern verbaute Feder, die einen Kolben in seine Ursprungslage zurückstellen soll. Die Dunkelbirne als Gegenstück zur Glühbirne verbreitet beim Einschalten Dunkelheit und ermöglicht so das Abdunkeln von Räumen. Deren erstmalige Beschreibung erfolgte um 1910 durch den Dichter Christian Morgenstern mit einem Gedicht, in dem Korf Die Tag-Nacht-Lampe erfindet. Die Comicfigur Daniel Düsentrieb nutzte diese Lampe.

In Deutschland ist der Lufthaken bekannt (teilweise als Siemens-Luftanker bezeichnet), den man an Stellen eindreht oder schlägt, an denen herkömmliche Haken, auf Grund fehlender fester Materie, keinen Halt finden. In Österreich ist die Bezeichnung Siemens-Lufthaken (ugs. „Siemens-Lufthagl“) gebräuchlich, in der Schweiz Hilti-Luftanker.

In der Elektronik wird beim Zerstören eines elektronischen Bauelementes unter Rauchentwicklung scherzhaft vom Magic Smoke gesprochen, der vom Hersteller abgefüllt worden sei und dessen Entweichen das Bauteil unbrauchbar mache.

Auf den Chips von Integrierten Schaltungen sind mitunter noch Ecken frei. Konstrukteure füllen diese mitunter mit technisch funktionslosen, aber graphisch witzigen Strukturen (engl. Silicon Art[27][28][29] analog zu ASCII-Art), die nur ein Mikroskop sichtbar machen kann. So bekam ein Chip mit einem Oberflächenwellenfilter, der wie ein Eisenbahnschienenstrang aussieht, eine kleine Lokomotive auf dieses „Gleis“ gesetzt.

Informatik

Der Informatiker Donald Ervin Knuth schrieb im Jahre 1984 einen satirischen Artikel Über die Komplexität von Liedern, in dem er die Methoden der Komplexitätstheorie auf bekannte Pop- und Kinderlieder anwendete.

Write-Only-Memory ist eine Analogiebildung zu Read-Only-Memory (ROM). Ein Entwicklungsingenieur der Firma Signetics hat für einen solchen Schaltkreis sogar ein Datenblatt erstellt, um die mangelhaften Qualitätssicherungsmaßnahmen aufzudecken. Das Datenblatt wurde tatsächlich zur Veröffentlichung freigegeben, weil es vermutlich niemand gelesen oder überprüft hat − sozusagen das gelungene Papiermodell eines WOM. In der Folge wurde das Datenblatt von Signetics in einer April-Ausgabe des ELECTRONICS Magazine veröffentlicht.[30]

Write-Only-Programmieren bezeichnet Programmcode, der zwar problemlos geschrieben werden konnte, aber nur sehr schwer wieder gelesen oder verstanden werden kann. Eine beliebte und geeignete Programmiersprache für diesen Zweck ist Perl, im Obfuscated Perl Contest werden besonders schwierig nachzuvollziehende Perl-Programme ausgezeichnet.

Ebenfalls von fundamentaler Bedeutung ist das GIGO-Prinzip (garbage in, garbage out): Wer sein Programm mit Müll (garbage) füttert, erhält als Ergebnis auch ebensolchen.[31]

Die oft sehr kryptischen und im Wortsinn gar nicht so mnemonischen Befehlskürzel in Assemblerprogrammen haben Programmierer verführt, zahlreiche Fantasiebefehle zu erfinden wie HCF - Halt and Catch Fire.[32][33][34][35]

In der Kryptologie spricht man vom „ROT26“-Algorithmus,[36][37] wenn – abgeleitet vom ROT13-Verfahren – in Wahrheit überhaupt nicht verschlüsselt wird.

Selten aufzutreiben sind Wireless-LAN-Kabel.[38] Obwohl der Begriff WLAN-Kabel einen scherzhaften Hintergrund besitzt, wird inzwischen umgangssprachlich dasjenige Kabel so bezeichnet, welches für den Anschluss von externen Antennen verwendet wird. Faktisch ist es auch möglich, die Signale von WLAN-Modulen über geeignete Koaxialkabel laufen zu lassen und damit eine tatsächliche Netzwerkverbindung herzustellen, wie ein Hobbytechniker in der Datenschleuder #84 beschreibt.

Bei Netzwerk-Problemen, die sich als nicht oder nicht vollständig eingesteckte Kabel entpuppen, spricht man auch vom packet-over-air Problem.

Eine beabsichtigte und eher dauerhaftere Unterbrechung des Netzwerkdatenverkehrs wird vorteilhafterweise durch SNIP (Sysadmin Network Interrupt Protocol) herbeigeführt. Eine Ähnlichkeit des Wortlautes mit dem Geräusch einer sich schließenden Schere kommt nicht von ungefähr.

Besonders im englischen Sprachraum sind bei Computer-Problemen sogenannte „ID10T“-Fehler bekannt, welche Kundendienst-Mitarbeiter regelmäßig bei hilfebedürftigen Benutzern diagnostizieren. Fragen diese, was „ID10T“ heißt, sagt man ihnen, sie sollen diese Zahlen- und Buchstabenkombination auf ein Blatt Papier schreiben, um sie zu verstehen – im englischen Sprachraum wird, anders als im deutschen, die Eins üblicherweise als einfacher Strich geschrieben. So wird schnell klar, dass es sich nicht um einen (wie auch immer gearteten) „ID-ten-T“-Fehler, sondern um einen „IDIOT“-Fehler handelt, was bedeutet, dass das Problem in der Unfähigkeit des Benutzers begründet liegt. Ausdrücke wie „ID10T“ sind außerdem Teil der Leetspeak-Kultur. Oder wie man auch sagt: Es gibt genau 10 Sorten von Leuten – nämlich diejenigen, die das binäre System verstehen, und diejenigen, die es nicht tun.

Eine andere Art, mitzuteilen, dass das Problem eher nicht am Rechner liegt, ist, das Problem als PEBKAC zu klassifizieren oder als OSI-Ebene-8-Problem (die Ebene 7 ist die höchste Schicht, die Anwendung, darüber kann nur noch der Anwender kommen). Üblicherweise wird im Fachjargon die englische Ausdrucksweise „Layer-8-Problem“ verwendet. Als „Layer-9“ wird scherzhaft die (nicht existierende) religiöse Schicht des OSI-Layers bezeichnet.

Weil die Zahl 31 im Oktalsystem mit der Zahl 25 im Dezimalsystem übereinstimmt, kurz Oct 31 = Dec 25, wird daraus gefolgert, dass Halloween und Weihnachten verwechselt werden dürfen.[39]

Manchmal wird die Wahrheit durch die Formel 2B || ¬2B (2B or not 2B) definiert. Dabei handelt es sich um ein Shakespeare-Zitat (to be or not to be).

Sogar Betriebssystemautoren können sich manchmal einen Gag nicht verkneifen. So ist in BeOS eine Funktion mit Namen is_computer_on() Teil des offiziellen APIs.[40] Sie prüft, wie schnell eine ganze Zahl ausgegeben wird. Im Gegensatz prüft is_computer_on_fire(), wie schnell eine Gleitkommazahl erzeugt wird. Der GNU-Hurd-Kernel verwendet die Fehlerbezeichnung EIEIO (der Refrain des englischen Kinderlieds Old Mac Donald had a farm...), die einen „hoffnungslosen“ Systemzustand beschreiben soll und als Computer bought a farm („Der Computer hat den Löffel abgegeben“) ausgegeben wird.[41]

Theologie

Ein klassisches Beispiel einer Parodie des Wissenschaftsbetriebs (im Bereich der Theologie im 16. Jahrhundert) sind die Dunkelmännerbriefe, der aus Sicht der (humanistischen) Verfasser von geringem Niveau war. Eine ebenso klassische Satire für das 18. Jahrhundert, die diesmal auf das Niveau der Studenten der Theologie abzielt, ist die Jobsiade.

Verwendung

Bereits im 17. Jahrhundert wurden wissenschaftliche Witze in das didaktische Repertoire insbesondere von Jesuiten aufgenommen.[42] Sie kommen heute unter anderem in Zeitschriften und im Kabarett zum Einsatz.

Zeitschriften

Eine wichtige internationale Fachzeitschrift sind die Annals of Improbable Research.

Die Computer-Zeitschrift c’t veröffentlicht regelmäßig in ihrer Ausgabe zu Anfang April (die aber schon Ende März erscheint) mehr oder weniger wissenschaftlich verbrämte Aprilscherze.[43] Weitere Beispiele waren 1985 ein radial aufzeichnendes Diskettenlaufwerk oder 1999 ein Internet Beschleuniger in einem Resource Reservation Protocol. Einige der April-Scherze wurden später teilweise Realität. So wurde 1987 ein Head Vision Projector vorgestellt, der später als Head-Mounted Display realisiert wurde, der Test von Mauspads (Ausgabe 1994) oder eine steuerliche Nutzungsgebühr für das Internet (1998), für das damals schon Pläne im Bundesfinanzministerium vorlagen. Irrtümlich der c't zugeschrieben wird die Anleitung, bei einem 486SX-Prozessor mit vorhandenem, aber nicht funktionierenden oder aktivierten mathematischen Coprozessor durch Anbohren an einer bestimmten Gehäusestelle den Coprozessor doch zu aktivieren. Sie erschien in DOS International 4/93 auf Seite 134 ff. Eine Bohrschablone war im Artikel in aller Exaktheit angekündigt.[44]

Die c’t pflegt außerdem ihre eigene Karikaturserie, die unter dem Namen „Schlagseite“ in jedem Heft eine ganze Seite füllt.[45] Weitere Computerzeitschriften, die aber mittlerweile eingestellt sind, führten eigene Comic-Serien zu ihrem Themenfeld, wie Kosinus (Comic) in der Happy Computer oder Hermann der User [46] von Karl Bihlmeier, der zunächst in den Zeitschriften des Markt+Technik-Verlags und heute in Industrial Technology and Witchcraft [47] veröffentlicht wird. Im Internet findet man diverse wissenschafts- oder techniklastige Comic-Serien, wie beispielsweise die englischsprachigen xkcd oder – mit Einschränkungen – Dilbert.

Die Elektronik-Zeitschrift Elektor pflegt in ihren Halbleiterheften immer ein paar Scherzschaltungen unterzubringen, etwa eine Kurzschlussschaltung als Fuse-Destroyer oder das NEVER-Logikgatter.

Kabarett

Unter den zeitgenössischen Kabarettisten gibt es einzelne, die in ihren Shows fundierte wissenschaftliche Betrachtungen anstellen. Vince Ebert tut dies auf physikalischer Basis, Bernhard Ludwig und Eckart von Hirschhausen auf medizinischer, jeweils basierend auf ihren einschlägigen Hochschulstudien. Der österreichische Kabarettist Günther Paal, genannt Gunkl, arbeitet ebenfalls mit wissenschaftlichen Thesen. So begann unter anderem eines seiner Programme, nämlich Wir, schwierig, mit einem Satz Wittgensteins.

Siehe auch

Literatur

  • George H. Scherr (Hrsg.): Journal der unwiederholbaren Experimente. Krüger, Frankfurt am Main 1986, ISBN 3-8105-1713-5 (Übersetzung aus dem Englischen).
  • Heinrich Zankl: Irrwitziges aus der Wissenschaft – Von Leuchtkaninchen bis Dunkelbirnen. Wiley VCH, 2008, ISBN 3-527-32114-4.
  • Friedrich Wille: Humor in der Mathematik. 4. Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1992.
  • Hubert Cremer: Carmina mathematica und andere poetische Jugendsünden. 6. Auflage. J.A. Meyer, Aachen 1979.
  • John Allen Paulos Mathematics and Humor, University of Chicago Press 1980
  • John Allen Paulos: I think therefore I laugh - The Flip Side of Philosophy, Columbia University Press 2000

Weblinks

Einzelnachweise

  1. „Witz: Küchentest der Wissenschaften“ Beitrag in „Der Aufbau“, New York, 1940
  2. Heinrich Zankl: Irrwitziges aus der Wissenschaft: Von Leuchtkaninchen und Dunkelbirnen. Weinheim: Wiley-VCH 2008. ISBN 3-527-32114-4, Seite 32-33; Merkwürdiges aus Astronomie, Physik, Mathematik und Chemie. Pdf S. 13 – 15
  3. Jakob Maria Mierscheid, SPD. In: Internet-Seiten des Deutschen Bundestages. Abgerufen am 26. April 2010.
  4. Stefanie Schramm: Handbuch für Hypochonder. In: Die Zeit. Nr. 39, 20. September 2007 (Artikel online auf den Internet-Seiten der Zeit).
  5. Ludwig Finscher (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Allgemeine Enzyklopädie der Musik. 2. Auflage. Kassel 1999, Personenteil 1, Sp. 1551ff..
  6. Remarks on the quantum theory of the absolute zero of temperature. In: Die Naturwissenschaften. Nr. 19, 1931, S. 39 (zitiert nach Karl Svozil: Der Alltag eines “Peers”. Abgerufen am 26. April 2010 (PDF).).
  7. Karl Svozil: Der Alltag eines “Peers”. Abgerufen am 26. April 2010 (PDF).
  8. Ben Weiner: A parody paper in solid state physics, published in 1931. Abgerufen am 26. April 2010 (englisch).
  9. www.aip.org A Gamov Joke. American Institute of Physics, abgerufen am 26. April 2010 (englisch).
  10. Stümpke, Harald: Bau und Leben der Rhinogradentia. 1. Auflage, 83 S., Stuttgart: Gustav Fischer Verlag, 1961, ISBN 3-437-30083-0
  11. [1]
  12. Alan Blinder: The economics of brushing teeth
  13. Blinder, Alan S.: The Economics of Brushing Teeth, The Journal of Political Economy, Vol. 82, No. 4 (Jul. - Aug., 1974), pp. 887-891
  14. Stephanie H. Chanteau, James M. Tour: Synthesis of Anthropomorphic Molecules: The NanoPutians. In: Journal of Organic Chemistry. Vol. 68, 2003, S. 8750-8766, doi:10.1021/jo0349227.
  15. „Komik bedeutet immer, wie die Komikforschung Bachtins, Plessners, Joachim Ritters, W. Preisendanz’ und vieler anderer herausgearbeitet hat, Brechung und Relativierung, Außerkraftsetzen und Infragestellen.“ Theodor Verweyen, Vorlesung Theorie und Geschichte der Parodie (2003)
  16. Hans Traxler: Die Wahrheit über Hänsel und Gretel. pardon-Bibliothek Bärmeier & Nikel, 1963.
  17. Hänsel und Gretel. Mit falschem Bart. In: Der Spiegel. 28, 7. August 1964, Sp. Online=http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46174168.html.
  18. Uni-Mannschaftsname
  19. Kurt Reidemeister. Über Leonhard Euler. Mathematisch-Physikalische Semesterberichte. Bd.6, Nr.1/2, S.4, 1958, ZBL 0086.00401
  20. Schulwitzesammlung („Das bekannte Problem“)
  21. Das Inhaltsverzeichnis verweist auf diese Seite, siehe auch die Erläuterung und dem Vergleich mit dem Original
  22. Journal of Craptology
  23. Verhandlungen der Deutschen Physikalischen Gesellschaft 1998
  24. Christoph Drösser (Stimmt’s?): Kuh mit Leck. In: Die Zeit. Nr. 37, 4. September 2003.
  25. Hängolin in der Berliner Zeitung
  26. Die Carl von Ossietzky Universität Oldenburg Hilbert Meyer, 30. August 2008
  27. Silicon Art Gallery
  28. Silicon Zoo
  29. Chip Fun
  30. Die Geschichte des Write-Only-Memory bei Signetics
  31. Len Fisher: How to dunk a doughnut, Arcade Publishing, 2003, ISBN 978-1-55970-680-3, Seite 218
  32. Assembler as it REALLY is
  33. Assembler Commands Fun
  34. RISC Op Codes
  35. Fun Op Codes
  36. Webseite verschlüsseln per ROT26 (engl.)
  37. ROT26 in wikiinfo
  38. Wireless-LAN-Kabel in der Chip
  39. David Gries und Fred B. Schneider: A logical approach to discrete math, New York, Springer 1993, ISBN 0-387-94115-0, Seite 323
  40. Easter Egg Archive: is_computer_on() as part of BeOS API (engl.)
  41. Altes FAQ des GNU Hurd kernels
  42. Findlen, Paula. 1990. „Jokes of Nature and Jokes of Knowledge: The Playfulness of Scientific Discourse in Early Modern Europe.“ Renaissance Quarterly 43(2): 292-331, S. 301
  43. Ein Rückblick darauf erschien in der Ausgabe Nr.24 von 2003, S.151. Neuere Aprilscherze sind im Heise Forum gelistet.
  44. Diese Anleitung wurde unter anderem von Hans-Peter Messmer: PC-Hardwarebuch. 3. Auflage, S. 313 zitiert.
  45. c’t-Schlagseite
  46. Hermann der User
  47. Hermann der User in Industrial Technology and Witchcraft

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