Wirtschaftsflüchtling

Wirtschaftsflüchtling

Als Wirtschaftsflüchtling (auch: Wohlstandsflüchtling) wird im weitesten Sinne eine Person bezeichnet, die ihre Heimat verlässt, um ihre wirtschaftliche Lage zu verbessern. Darunter fallen Menschen, die in der Heimat kein Auskommen haben und dieses anderswo zu finden versuchen, ebenso wie solche, die Arbeit haben, aber anderswo attraktivere Lohn- und Arbeitsbedingungen erhoffen. Der Übergang zwischen freiwilliger und durch Not erzwungener Migration ist dabei fließend. Wirtschaftsmigration/Arbeitsmigration ist ein weltweites Phänomen; der Begriff „Wirtschaftsflüchtling“ wird insbesondere für Menschen aus ärmeren Ländern gebraucht, die in die Industrieländer einwandern.

Wirtschaftsflüchtlinge sind keine Flüchtlinge im Sinne des UNHCR sowie im Sinne der Gesetzen vieler Länder und haben in der Regel kein Recht auf Asyl und Niederlassung. Der Begriff „Wirtschaftsflüchtling“ wird daher oft in Abgrenzung zu den sogenannten „echten Flüchtlingen“ negativ konnotiert für Personen verwendet, die das Asylrecht dazu missbrauchen wollen, sich in einem wirtschaftlich besser gestellten Land niederlassen zu können, ohne in einer den Anspruch auf Asyl rechtfertigenden Lage zu sein (politische Verfolgung oder Unterdrückung im Herkunftsland).

Rechtsstatus

Das Asylrecht ist die Hauptmöglichkeit für Menschen aus Entwicklungsländern, in europäischen Ländern eine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten. Menschen, die ihr Heimatland ausschließlich aus wirtschaftlichen Gründen – von akuter Not bis zur Hoffnung auf attraktivere Arbeitsbedingungen – verlassen, werden aber grundsätzlich nicht als asylberechtigte Flüchtlinge anerkannt. Das Asylrecht steht ausschließlich Personen zu, die aus politischen, religiösen, rassischen etc. Gründen individuell verfolgt werden. Um dennoch eine Chance auf den Asylstatus zu haben, täuschen Wirtschaftsflüchtlinge manchmal politische Gründe für ihre Flucht vor.

Aus diesem Sachverhalt resultieren mehrere Probleme sowohl für den Flüchtling als auch in der der Mehrheitsgesellschaft. So werden Flüchtlinge, die aus wirtschaftlichen Gründen wie Armut, Arbeitslosigkeit oder Hunger geflohen sind, aber andere Gründe vortäuschen, oftmals als „Asylbetrüger“, „Scheinasylanten“ etc. bezeichnet. Die Tatsache, dass Wirtschaftsflüchtlinge versuchen, das für politisch Verfolgte reservierte Asylrecht zu nutzen, bringt zudem alle Asylbewerber in den generellen Verdacht, sie täuschten die Behörden des Aufnahmelandes, um aus Wirtschaftsgründen eine Aufenthaltserlaubnis zu erschleichen.

Von den gestellten Asylgesuchen im deutschsprachigen Raum wird ein geringer Prozentsatz tatsächlich anerkannt; in Deutschland waren dies im Jahr 1989 5 Prozent und 1990 4,4 Prozent. Dies suggeriert, dass die übrigen 95 Prozent der Asylanträge als rein wirtschaftlich motiviert einzuordnen sind. Im Asylverfahren wurde jedoch bis 2005 lediglich überprüft, „ob die erlittene Verfolgung aus der Sicht des Verfolgerstaates 'politisch motiviert' war.“ (H. Uihlein 1989: 18). Weit über die Hälfte der verfahrenstechnisch abgelehnten Asylbewerber werden jedoch nicht abgeschoben, weil Grundgesetz und Völkerrecht eine Abschiebung aus humanitären, rechtlichen oder politischen Gründen nicht erlauben – etwa weil der Asylbewerber im Herkunftsland zwar nicht individuell verfolgt wird, aber durch allgemeinen Kriegszustand an Leib und Leben gefährdet wäre. Diese De-facto-Flüchtlinge erhalten als Aufenthaltstitel eine Duldung. Im Jahre 1989 stellte diese größte Gruppe der Flüchtlinge 57 Prozent der im Asylverfahren abgelehnten Bewerbungen. (Klaus Bade,2001 : 65f)

Literatur

Weblinks


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