Windegg

Windegg
Wappen der Vogtei Windegg 1438–1798

Die Herrschaft oder Vogtei Windegg oder Gaster war von 1438–1798 eine Gemeine Herrschaft der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Der Name «Windegg» stammt von den beiden Burgen Ober- und Niederwindegg im Gebiet der heutigen Gemeinden Niederurnen und Schänis. Der Begriff «Gaster» leitet sich ab vom lateinischen Castrum. Als geographischer Name bezeichnet er die Landschaft zwischen Weesen und Uznach, soweit sie rechts des Flusses Linth liegt.

Die Vogtei Windegg umfasste folgende Gemeinden:

Inhaltsverzeichnis

Geschichte der Herrschaft Windegg / Gaster

Altertum

Die Linthebene war schon zur Bronze- und zur Hallstattzeit besiedelt, bevor Kelten sich dort niederliessen. Die heutige Linthebene war damals noch grösstenteils vom Wasser des Zürichsees bedeckt bzw. Sumpfland. Mit der römischen Eroberung Helvetiens und Rätiens 58 bzw. 15 v. Chr. wurde das Gaster Teil der Provinz Raetia – die Grenze zur Provinz Germania Superior verlief vermutlich zwischen Uznach und dem Hügel Gasterholz. Der Ausbau der Alpenpässe Splügen und Julier durch die Römer bescherte dem Linthgebiet und damit auch dem Gaster verkehrstechnische Bedeutung, da nun über Land und über See Güter, Soldaten und Reisende von den germanischen Provinzen nach dem Süden geführt werden konnten. Der Verkehr zwischen dem Zürichsee und dem Walensee wurde dabei grösstenteils über den Fluss Linth bzw. die Maag abgewickelt. Die Wachttürme auf der Strahlegg und dem Biberlichopf sind vermutlich Teil eines frühaugusteischen Sicherungssystems, das zum Schutz dieser wichtigen Verbindung angelegt wurde.

Völkerwanderungszeit

Das Vordringen der Alamannen in die Nordostschweiz im 6. und 7. Jahrhundert n. Chr. verdrängte die romanisierte keltische Bevölkerung bis zum markanten Hügel Gasterholz zwischen Kaltbrunn und Maseltrangen. Hier verlief wahrscheinlich die frühe romanisch-alamannische Sprachgrenze. Die südlichste alamannische Hofsiedlung blieb vorerst Babinchova (Benken). Zusammen mit den Römern verschwand auch das Christentum grösstenteils wieder aus der Gegend. Die Herren über das Grenzland zwischen Rätien und dem Herzogtum Alamannien (später Herzogtum Schwaben) wechselten in der stürmischen Zeit ständig: Alamannen, Ostgoten und Franken stritten sich um das strategisch wichtige Gebiet. Wohl schon im Frühmittelalter verschob sich die romanisch-alamannische Sprachgrenze bis zum Walensee, dem «Welschen» See – d.h. dem See der Romanen. Auf der einen Seite des Sees lebten die alamannischen Leute von Weesen und auf der romanischen Seite, in Walenstadt, der welschen Stadt, die Leute von Riva (romanische Bezeichnung für das heutige Walenstadt).

Frühmittelalter

Eine erste christliche Mission in der Linthebene durch die irischen Missionare Columban und Gallus scheiterte im Jahre 610. Bald aber fand das Christentum wieder Tritt und für 741 ist in Benken ein Kloster nachgewiesen. Hier befand sich das Machtzentrum der alamannischen Beata-Landolt-Sippe, die im Zuge der Auflösung des Herzogtums Alamannien durch die Franken (746) ihre Güter dem Kloster St. Gallen stiftete (744). Kirchenrechtlich gehörte das Gaster seit der Neuordnung der Bistümer durch den fränkischen König Dagobert I. 634 zum Bistum Chur – die Grenze zum Bistum Konstanz verlief entlang der früheren römischen Provinzgrenzen. Der Hof Benken mit Gommiswald, Rieden und Maseltrangen kam als Besitz des Klosters Schänis später zum Bistum Chur; nur Kaltbrunn gehörte seit 940 zum Bistum Konstanz, da es über eine Schenkung durch die schwäbische Herzogin Reginlinde an das Kloster Einsiedeln gefallen war. Im Jahr 815–43 stiftete der fränkische Graf Hunfried das Kloster Schänis, um seine Grafschaft im westlichsten Zipfel Churrätiens abzusichern. Dieses Kloster bzw. dessen Vögte prägten im Wesentlichsten die spätere Entwicklung der Linthebene und des Gasterlandes.

Mittelalter

Die «Alte Ordnung» in der Ostschweiz bis 1798

Im Jahre 917 wurde das Gaster zusammen mit der Grafschaft Churrätien Teil des neu gegründeten Herzogtums Schwaben innerhalb des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Die Vogtei über das Kloster Schänis hatten aber nicht mehr die Grafen Rätiens inne, sondern die Edlen von Schänis, dann ab 1018 die Grafen von Lenzburg. Nach deren Erlöschen 1172/73 wurde das Gebiet des Klosters, das die Höfe Benken, Maseltrangen, Rufi, Niederweesen (Stadt Weesen) und Oberweesen umfasste, vorerst zwischen dem deutschen Kaiser Friedrich I. und den Grafen von Kyburg geteilt. Später kam der Teil des Kaisers an die Grafen von Rapperswil. Erst die Habsburger vereinten das Gebiet erneut, als sie die 1264 erst die Kyburger und 1283 die Rapperswiler beerbten. Da die Habsburger auch die Kastvogtei über das Kloster Säckingen innehatten, das das Gebiet des heutigen Kantons Glarus besass, bildete fortan das Glarnerland und das Gaster zusammen eine Verwaltungseinheit, die in ein «Oberamt Glarus» und ein «Unteramt Gaster» unterteilt wurde. Somit wurde der Begriff Gaster, vom lateinischen Castrum (Burg), der erst seit dem 13. Jahrhundert nachgewiesen ist, erstmals verwendet, um die Ebene der Linth zwischen Weesen und Uznach zu bezeichnen. Das entsprechende Castrum sei dabei eine alte Wehranlage auf dem Hügel Gasterholz zwischen Schänis und Kaltbrunn gewesen. Das habsburgische Gaster umfasste neben dem ehemaligen st. gallischen Bezirk auch den untersten Teil des heutigen Kantons Glarus, Bilten, Niederurnen, Oberurnen, Mollis, Filzbach und Mühlehorn sowie die st. gallischen Gemeinden Quarten und Walenstadt. Nach der Schlacht bei Näfels und der Zerstörung Weesens am 9. April 1388 verlor Habsburg den grössten Teil seiner Besitzungen in der Region. Die verbliebenen Gebiete bildeten nun die Vogtei Windegg, nach der Burg Niederwindegg bei Schänis. 1406 verpfändete Habsburg die Vogtei an die Grafen von Toggenburg und nach deren Aussterben 1438 an die Kantone Schwyz und Glarus, die fortan in einem Turnus von zwei Jahren den Vogt stellten. Damit wurde das Gasterland bis 1798 als Landvogtei Windegg / Gaster eine der gemeinen Herrschaften in der alten Eidgenossenschaft.

Die Vogtei Gaster oder Windegg umfasst sechs Tagwen (Gerichtsbezirke): Quarten (mit Murg und Quinten), Amden, Schänis, Kaltbrunn und Benken. Weesen hatte eine Sonderstellung inne, da es ein eigenes Gericht und einen Untervogt besass. Gommiswald, das ursprünglich zu Benken gehört hatte, wurde der Grafschaft Uznach angegliedert.

Die alte Landesfahne der Landvogtei Windegg

Die Gemeinden des Gaster übernahmen 1529 die Reformation, wurden aber nach dem Sieg der katholischen über die reformierten Kantone bei Kappel 1531 zwangsweise wieder katholisch. Vorübergehend wurden auch die Rechte der Landleute eingeschränkt. Das fürstliche Reichsstift Schänis bestand trotz aller politischen Wirren weiter und war bis zu seiner Aufhebung 1811 der grösste Grundherr in der Vogtei Windegg.

Helvetik und Mediation

Während der Helvetik (1798–1803) wurde das Gaster ein Teil des Kantons Linth mit der Hauptstadt Glarus. Dieser neue Kanton setzte sich zusammen aus den ehemaligen Untertanengebieten Höfe, March (ehemals zu Schwyz), Uznach, Gaster, Sargans, Gams (ehemalige gemeine Herrschaften), Obertoggenburg (ehemals zur Fürstabtei St. Gallen), Werdenberg (ehemals zu Glarus) und Sax (ehemals zu Zürich) sowie der Stadt Rapperswil und dem Kanton Glarus. Der Name «Linth» wurde analog zu den französischen Départements gewählt, welche nach Bergen und Flüssen benannt wurden. Nach der Auflösung des Kantons Linth im Zuge der Mediation 1803 kehrten die Höfe und die March zum wiedererstandenen Kanton Schwyz zurück und Glarus wurde ebenfalls wieder ein eigener Kanton. Die verbliebenen Landschaften wurden Teil des neu gegründeten Kantons St. Gallen, obwohl die Kantone Zürich, Schwyz, Glarus und Graubünden auf die späteren Bezirke See, Gaster und Sargans Anspruch erhoben hatten. In den Bezirken Uznach und Glarus gab es aus religiösen Gründen Bestrebungen, sich dem katholischen Kanton Schwyz anzuschliessen. Im neuen Kanton St. Gallen wurde zuerst das ganze rechtsufrige Linthgebiet mit Rapperswil zum Bezirk Uznach zusammengefasst, 1831 dann in zwei Bezirke aufgeteilt, den Seebezirk und den Bezirk Gaster.

Literatur

  • Bernhard Anderes: Die Kunstdenkmäler des Kantons St. Gallen. Bd. V. Der Bezirk Gaster. (Die Kunstdenkmäler der Schweiz). Birkhäuser Verlag, Basel 1970.
  • Franz Johann Joseph von Reilly (Hrsg.): Die Landvogteyen Sargans, Gaster und Utznach, mit dem Gebiethe der Stadt Rapperschweil. Faksimileausgabe. (Die 5 Karten der Ostschweizer Kantone ; 421). Verlag Dorfpresse, Langnau a.A. 1986. [1 Karte : mehrfarbig ; 22 x 26 cm].

Siehe auch: Grafschaft Uznach, Kloster Schänis, Alte Eidgenossenschaft

Weblinks


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