Willy Brandt

Willy Brandt
Willy Brandt (1980)
Unterschrift Willy Brandts

Willy Brandt (* 18. Dezember 1913 in Lübeck als Herbert Ernst Karl Frahm; † 8. Oktober 1992 in Unkel) war ein deutscher sozialdemokratischer Politiker.

Er war von 1957 bis 1966 Regierender Bürgermeister von Berlin, von 1966 bis 1969 Bundesaußenminister und Stellvertreter des Bundeskanzlers im Kabinett Kiesinger sowie von 1969 bis 1974 vierter Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Für seine Ostpolitik, die auf Entspannung und Ausgleich mit den osteuropäischen Staaten ausgerichtet war, erhielt er am 10. Dezember 1971 den Friedensnobelpreis.

Von 1964 bis 1987 war Brandt Vorsitzender der SPD, von 1976 bis 1992 Präsident der Sozialistischen Internationale.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Nachempfundenes Arbeitszimmer des jungen Willy Brandt (damals Herbert Frahm) im Willy-Brandt-Haus Lübeck

Willy Brandt, ursprünglich Herbert Frahm, wurde am 18. Dezember 1913 als Sohn von Martha Frahm, einer Verkäuferin im Konsumverein, und dem aus Hamburg stammenden John Möller in der Lübecker Vorstadt St. Lorenz-Süd geboren. Den Namen des Vaters nannte Martha Frahm nicht, als die Geburt ihres Sohnes Herbert Frahm beim Standesamt eingetragen wurde. Am 26. Februar 1914 ließ Martha Frahm ihren Sohn im Pastorat II der Lübecker Kirche St. Lorenz taufen; die Taufe in der Gemeindekirche wurde nichtehelich geborenen Kindern nicht zugestanden. Seinen leiblichen Vater lernte Brandt nie kennen. Dieser war knapp anderthalb Jahre Realschullehrer in Lübeck und meldete sich von dort in Brandts Geburtsmonat, dem Dezember 1913, wieder ab. Brandt wuchs bei seiner Mutter und seinem Stiefgroßvater Ludwig Frahm (1875–1935) auf, der Martha Ewert nach der Heirat mit deren Mutter Wilhelmine Ewert seinen Namen gegeben hatte. Willy Brandt nannte seinen Stiefgroßvater Papa. In seinem Abiturzeugnis wurde Ludwig Frahm als Vater genannt.[1]

Seine nichteheliche Geburt, die vielfach von Zeitgenossen als Makel angesehen wurde, benutzten politische Gegner bis in sein Erwachsenenleben, um ihn herabzusetzen. Er wehrte sich nicht dagegen, doch bekannte er, „Herkunft und üble Nachrede“ hätten ihm einen „Stachel eingepflanzt“.[2] Nach der Hochzeit seiner Mutter im September 1927 mit dem Maurerpolier Emil Kuhlmann und der Geburt des Sohnes Günther im Februar 1928 blieb Herbert bei seinem Stiefgroßvater und dessen zweiter Frau Dora, die er „Tante Dora“ nannte. Ludwig Frahm gehörte der SPD an und kandidierte 1926 und 1929 auf der SPD-Liste für die Lübecker Bürgerschaft; Herbert war ab Herbst 1925 Mitglied der Kinderfreunde, einer Kindergruppe der Falken, ab April 1929 der Sozialistischen Arbeiter-Jugend (SAJ), in der er als Mitglied der Lübecker Gruppe Karl Marx einen radikalen Kurs vertrat.

Er besuchte die St.-Lorenz-Knaben-Mittelschule, ab 1927 die Von Großheimsche Realschule und wechselte 1928 zum Johanneum zu Lübeck, an dem er 1932 sein Abitur ablegte. Im Antrag auf Zulassung zum Abitur nannte er Journalist als Berufswunsch. Publizistisch betätigte er sich bereits als 13-Jähriger; der Lübecker Volksbote, die örtliche SPD-Zeitung, druckte im Februar 1927 einen Aufsatz mit zwei Zeichnungen über eine Tageswanderung des Schülers mit Freunden zur Travequelle ab. Regelmäßiger veröffentlichte er politische Texte von 1929 bis 1931 im Volksboten, über dessen Chefredakteur Julius Leber er später sagte, dieser habe ihn entscheidend beeinflusst.

1930 trat er der SPD bei. Im Oktober 1931 brach er mit Leber und der SPD und schloss sich der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands (SAPD) an, einer linkssozialistischen Gruppe. Für ein Studium, für das Leber ihm ein Parteistipendium in Aussicht gestellt hatte, fehlten ihm die Mittel; er begann im Mai 1932 ein Volontariat bei der Schiffsmaklerfirma, Reederei und Spedition F. H. Bertling KG in Lübeck.

Nach Hitlers Machtergreifung 1933 wurde die SAPD verboten. Die Partei beschloss, im Untergrund gegen die Nationalsozialisten zu kämpfen. Willy Brandt erhielt im März 1933 den Auftrag, die Ausreise des SAPD-Leitungsmitglieds Paul Frölich nach Oslo zu organisieren. Frölich wurde jedoch festgenommen, sodass Brandt dessen Aufgabe übernahm, in Oslo eine Zelle der Organisation aufzubauen. Brandt emigrierte über Dänemark nach Norwegen und begann 1934 in Oslo ein Geschichtsstudium, das er jedoch wegen seiner publizistischen Tätigkeit für norwegische Zeitungen und seines politischen Einsatzes wenig vorantrieb und nicht zu einem Abschluss brachte. In Oslo leitete er auch die Zentrale des SAPD-Jugendverbandes SJVD. Ferner vertrat er den SJVD von 1934 bis 1937 beim Internationalen Büro revolutionärer Jugendorganisationen des Londoner Büros.

Unter dem Decknamen Gunnar Gaasland kehrte er im Auftrag Jacob Walchers von September bis Dezember 1936 als Student nach Deutschland zurück. Er hielt sich als Kriegsberichterstatter in Berlin auf und sprach dabei Deutsch mit norwegischem Akzent. Der richtige Gunnar Gaasland war seit 1936 mit Gertrud Meyer, Brandts Lübecker Jugendfreundin, verheiratet, die ihrem langjährigen Gefährten im Juli 1933 nach Norwegen gefolgt war. Die Ehe mit Gaasland bestand auf dem Papier, gab aber „Trudel“, die bis 1939 mit Brandt zusammenlebte, die norwegische Staatsangehörigkeit. Gaasland stellte Brandt seinen Namen zur Verfügung und blieb in Norwegen.

Brandt war 1937 Berichterstatter für mehrere norwegische Zeitungen im spanischen Bürgerkrieg. Am 16. Juni entging er in Barcelona einer Verhaftungswelle der Kommunisten gegen die POUM, der er nahe stand, und kehrte nach Oslo zurück.[3]

1938 wurde er von der nationalsozialistischen Regierung ausgebürgert. Deswegen bemühte er sich um die norwegische Staatsbürgerschaft. Während der deutschen Besetzung Norwegens im Zweiten Weltkrieg geriet er 1940 vorübergehend in deutsche Gefangenschaft. Da er aber bei seiner Ergreifung eine norwegische Uniform trug und nicht enttarnt wurde, konnte er nach seiner baldigen Freilassung nach Schweden fliehen. In Stockholm gründete er zusammen mit zwei schwedischen Journalisten ein schwedisch-norwegisches Pressebüro, das 70 Tageszeitungen in Schweden belieferte.

Im August 1940 wurde ihm von der Botschaft in Stockholm die norwegische Staatsbürgerschaft zugesprochen. Bis zum Ende des Krieges blieb er in Stockholm, wo er gemeinsam mit August Enderle federführend an der Wiederannäherung der SAP-Exilanten an die SPD mitarbeitete. Er lernte dort auch Bruno Kreisky, den späteren österreichischen Bundeskanzler, kennen. Die beiden waren jahrelang freundschaftlich verbunden.

Brandt war von 1941 bis 1948 mit Carlota Thorkildsen verheiratet und hatte mit ihr die gemeinsame Tochter Ninja (* 1940).[4] Nach der Scheidung heiratete er noch 1948 die verwitwete Rut Bergaust, geborene Hansen (* 1920, † 2006). Aus dieser Beziehung gingen drei Söhne hervor, Peter (* 1948), Lars (* 1951) und Matthias (* 1961). Nach 32 Jahren Ehe ließen sich Rut und Willy Brandt 1980 scheiden. Am 9. Dezember 1983 heiratete Brandt die Historikerin und Publizistin Brigitte Seebacher (* 1946).

1945 kehrte Brandt als Korrespondent für skandinavische Zeitungen nach Deutschland zurück und berichtete über die Nürnberger Prozesse. Nachdem er am 20. Mai 1946 mit einer Rede in Lübeck über Deutschland und die Welt Zustimmung der dortigen Sozialdemokraten erfahren hatte, stand im Sommer 1946 nach einem Gespräch mit Theodor Steltzer Brandts Rückkehr nach Lübeck zur Diskussion. Er sollte als Nachfolger von Otto Passarge Bürgermeister seiner Mutterstadt, wie er Lübeck nannte, werden. Nachdem ihm der norwegische Außenminister Halvard Lange vorschlug, als Presseattaché an die Norwegische Militärmission nach Berlin zu gehen und der norwegischen Regierung aus der Stadt vom beginnenden Kalten Krieg zu berichten, entschied er sich gegen seine Geburtsstadt, denn „Lübeck kam mir ein wenig eng vor“, nach seinen internationalen Erfahrungen seit der Emigration.[5] Seiner Geburtsstadt blieb Brandt jedoch eng verbunden. So schloss er Wahlkämpfe bis hin zu Kommunalwahlkämpfen stets am Vortag der Wahl mit einer Kundgebung in Lübeck ab.

Am 1. Juli 1948 erhielt er von der schleswig-holsteinischen Landesregierung wieder die deutsche Staatsbürgerschaft.

Er legte sich 1934 den Decknamen Willy Brandt zu, den er ab 1947 benutzte und 1949 als offiziellen Namen vom Polizeipräsidium Berlin anerkennen ließ. Er selbst sprach 1961 von einem Allerweltsnamen, den er gewählt habe, doch bestand in Lübeck, als er dort sein Volontariat absolvierte, eine Schiffsausrüsterfirma William Brandt Wwe.[6]

Politische Karriere

Berlin

Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Willy Brandt (re.), zusammen mit dem US-amerikanischen Präsidenten, John F. Kennedy (li.) in Washington im Weißen Haus, 13. März 1961
US-Verteidigungsminister Robert McNamara (rechts) im Gespräch mit dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Fritz Erler (links) und Berlins Regierendem Bürgermeister Brandt am 13. April 1965 in Arlington, Virginia, USA

Seine politische Karriere im Nachkriegsdeutschland begann 1949 als Berliner Abgeordneter für die SPD im ersten Deutschen Bundestag. Brandt gehörte dem Bundestag von 1949 bis 1957, von 1961 bis zum 27. Dezember 1961 und von 1969 bis zu seinem Tode im Jahre 1992 an, also insgesamt 31 Jahre lang. 1950 wurde er auch Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin. Er legte dieses Mandat erst am 6. April 1971, also knapp zwei Jahre nach seiner Wahl zum Bundeskanzler, nieder.

1955 wurde Willy Brandt in der Nachfolge Otto Suhrs Präsident des Berliner Abgeordnetenhauses. 1957 wurde er, ebenfalls in der Nachfolge Otto Suhrs, zum Regierenden Bürgermeister gewählt. In diesem Amt erlangte Brandt aufgrund seines entschlossenen Handelns während des Berlin-Ultimatums 1958 und nach dem Mauerbau 1961 große Popularität.

Diese Popularität schlug sich auch in den Ergebnissen der Berliner SPD bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus nieder: 1958 steigerte sich die SPD um 8,0 Prozentpunkte auf 52,6 % der Stimmen, 1963 erreichte sie mit 61,9 % der Stimmen das zweitbeste Ergebnis ihrer Geschichte.

In die Zeit Brandts als Regierender Bürgermeister fiel 1963 der Besuch von Präsident John F. Kennedy in West-Berlin (zusammen mit dem damaligen Bundeskanzler Konrad Adenauer). Bekannt wurde nicht nur Kennedys Rede mit dem berühmten Zitat „Ich bin ein Berliner“, sondern auch Brandts Begrüßungsrede vom 26. Juni an Kennedy: „Wir grüßen nicht nur das Amt, wir grüßen auch den Mann.“

Er blieb bis zum 30. November 1966 Regierender Bürgermeister. Vom 1. November 1957 bis zum 31. Oktober 1958 war Brandt turnusmäßiger Bundesratspräsident.

Von 1958 bis 1963 war er Landesvorsitzender der SPD Berlins.

In der Bundespolitik 1961–1969

27. Februar 1969: Besuch Nixons in Berlin

Bei der Bundestagswahl 1961 trat Brandt erstmals als Kanzlerkandidat seiner Partei gegen den damals 85 Jahre alten Konrad Adenauer an. Im Wahlkampf wurde Brandt häufig mit dem jugendlich wirkenden charismatischen US-Präsidenten John F. Kennedy verglichen. Adenauer spielte am 14. August 1961, einen Tag nach Beginn des Mauerbaus in Berlin, bei einer Wahlveranstaltung in Regensburg, als er von seinem Gegenkandidaten als Brandt alias Frahm sprach, auf dessen Jahre im Exil an, doch wurde der Ausdruck auch als Hinweis auf seine nichteheliche Geburt verstanden. Am 16. August benutzte Adenauer diese Formulierung in Bonn noch einmal. Franz Josef Strauß hatte bereits im Februar 1961 in Vilshofen unter Anspielung auf Brandts Exiljahre, die immer wieder zum Anlass für persönliche Angriffe bis hin zum Vorwurf des Vaterlandsverrats genommen wurden[7], gesagt: „Eines wird man Herrn Brandt doch fragen dürfen: Was haben Sie zwölf Jahre lang draußen gemacht? Wir wissen, was wir drinnen gemacht haben.“[8]

Die SPD legte bei der Wahl mit 4,4 Prozentpunkten auf 36,2 Prozent der Wählerstimmen deutlich zu. Zur Regierungsübernahme kam es nicht, obwohl eine Koalition mit den 12,8 Prozent der FDP rechnerisch möglich gewesen wäre. Ein Gespräch Brandts mit Erich Mende führte zu keinem Ergebnis. Die absolute Mehrheit der CDU war jedoch gebrochen, sie verlor 4,8 Prozentpunkte.

1962 übernahm Brandt auf Initiative von Herbert Wehner den stellvertretenden Parteivorsitz,[9] 1964 als Nachfolger des verstorbenen Erich Ollenhauer den Bundesvorsitz der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, den er bis 1987 innehatte. Bei der Bundestagswahl 1965 unterlag er Bundeskanzler Ludwig Erhard, woraufhin er sich enttäuscht vorübergehend von der Bundespolitik zurückzog und eine weitere Kanzlerkandidatur ausschloss.

In dieser Zeit war er der wohl umstrittenste Politiker der Republik. Besonders verbitterte ihn, dass er wegen seiner Vergangenheit diffamiert wurde, während früheren Nationalsozialisten ihre Vergangenheit verziehen wurde. Immer wieder griff die konservative Presse Brandts Vergangenheit auf und legte sie gegen ihn aus. [10] Zu den bekannten Vorwürfen kam im Wahlkampf 1961 die Instrumentalisierung seines Privatlebens in der öffentlichen Auseinandersetzung hinzu.[11] 1965 erklärte Brandt: „Dieser Wahlkampf hat Wunden hinterlassen“.

Nach Erhards Rücktritt 1966 wurde Kurt Georg Kiesinger (CDU) zum Bundeskanzler gewählt, der eine Große Koalition mit der SPD bildete. Willy Brandt trat von seinem Berliner Amt zurück und übernahm das Amt des Außenministers und Stellvertreter des Bundeskanzlers.

Bundeskanzler

Kabinett Brandt I (1969–1972)

Hauptartikel: Kabinett Brandt I

Nach der Bundestagswahl 1969 bildete Willy Brandt gegen den Willen von Herbert Wehner und Helmut Schmidt, die eine Fortsetzung der Großen Koalition vorgezogen hätten, eine Koalition mit der FDP. Die sozialliberale Koalition verfügte lediglich über eine Mehrheit von zwölf Stimmen. Der Bundestag wählte Brandt zum vierten Bundeskanzler in der Geschichte der Bundesrepublik. Stellvertreter des Bundeskanzlers und Außenminister wurde Walter Scheel (FDP).

Brandt mit Willi Stoph am 19. März 1970 in Erfurt
Denkmal mit Plakette, die Brandts Kniefall darstellt, auf dem Warschauer Willy-Brandt-Platz
Willy Brandts Urkunde für den Friedensnobelpreis 1971 im Haus der Geschichte in Bonn

Brandts Amtszeit ist verbunden mit dem Motto „Wir wollen mehr Demokratie wagen“ und mit dem Stichwort der „Neuen Ostpolitik“, die den Kalten Krieg unter der Losung „Wandel durch Annäherung“ (Egon Bahr) bzw. „Politik der kleinen Schritte“ abmildern und die Berliner Mauer durchlässiger machen sollte. Trotz gewisser anfänglicher Skepsis (Nixon, Kissinger, Pompidou) unterstützten die Westmächte diese Politik.

Der weltweit beachtete Kniefall von Warschau am 7. Dezember 1970 am Mahnmal des Ghetto-Aufstandes von 1943 leitete symbolisch die Entspannungspolitik ein, die später in die Ostverträge mit Polen und der Sowjetunion mündete. Hinzu kam der Grundlagenvertrag mit der DDR. 1970 hatte er sich in Erfurt mit dem Vorsitzenden des Ministerrates der DDR Willi Stoph zunächst zum ersten deutsch-deutschen Gipfeltreffen im Erfurter Hof und dann in Kassel getroffen. Die Erfurter „Willy, Willy“-Rufe waren eindeutig auf Brandt bezogen und irritierten die DDR-Machthaber. Es folgte ein Abkommen mit der Tschechoslowakei. Für seine Ostpolitik erhielt Brandt 1971 den Friedensnobelpreis.

Mit dieser „Neuen Ostpolitik“, die Willy Brandt gemeinsam mit Walter Scheel gegen den entschiedenen Widerstand der Mehrheit der CDU/CSU-Opposition durchsetzte, bemühte er sich um eine „Entspannung in Europa“.

Einige Geschichts- und Politikwissenschaftler sehen darin heute eine Wegbereitung für den Zusammenbruch der kommunistischen Regierungen in Osteuropa und die Deutsche Wiedervereinigung, die von Brandt mit seiner Ostpolitik jedoch nicht beabsichtigt war. Seinerzeit wurde ihm von konservativer Seite vorgeworfen, damit eine unnötige Anerkennung der DDR betrieben zu haben. Sie sahen die Entspannungspolitik nicht als Weg zum Zusammenbruch der Staaten des Ostblocks, sondern konstatierten im Ergebnis einzig eine Aufwertung und Stabilisierung der Regierungen.

Gleichzeitig ging es ihm um innenpolitische Reformen in der Sozial-, Bildungs- und Rechtspolitik. „Mehr Demokratie wagen“ war das Motto, mit dem Brandt die innenpolitische Stagnation der Nachkriegszeit überwinden wollte. Auch aufgrund der Ölkrise von 1973 infolge des israelisch-arabischen Jom-Kippur-Krieges sind diese Reformen nur teilweise realisiert worden. Besonders der sogenannte „Radikalenerlass“ gegen Extremisten im öffentlichen Dienst, der 1972 eingeführt wurde, ist bis heute bekannt geblieben. Er wird bis heute von Kritikern auf der linken Seite scharf kritisiert und auch Brandt selbst hat ihn später als schweren Fehler bezeichnet.

Misstrauensvotum und Vertrauensfrage (1972)

Brandt beim Besuch einer Zeche in Dortmund (1974)

Seit dem Amtsantritt der Regierung Brandt bis zum Jahr 1972 waren so viele Abgeordnete der SPD und der FDP zur Unionsfraktion gewechselt (darunter der ehemalige Bundesminister Erich Mende), dass die CDU/CSU-Fraktion rechnerisch über eine knappe absolute Mehrheit verfügte. Der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Rainer Barzel glaubte daher im April 1972, Willy Brandt mittels eines konstruktiven Misstrauensvotums ablösen zu können. Doch für seine Wahl zum Bundeskanzler fehlten ihm bei der Abstimmung zwei Stimmen. Später wurde bekannt, dass das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) der DDR mindestens einen Abgeordneten (Julius Steiner) der CDU bestochen hatte. Ebenfalls verdächtigt worden war damals Ingeborg Geisendörfer. Mittlerweile ist durch die Rosenholz-Akten offenbar auch ein zweiter Abgeordneter aus den Reihen der CSU bekanntgeworden: Leo Wagner soll vom MfS 50.000 DM erhalten haben.[12]

Da allerdings die SPD/FDP-Koalition im Bundestag über keine handlungsfähige Mehrheit mehr verfügte, stellte Brandt im September 1972 die Vertrauensfrage, bei welcher sich absprachegemäß die Bundesminister enthielten, sodass die Vertrauensfrage nicht positiv beantwortet wurde und Bundespräsident Gustav Heinemann im Sinne der Absichten Brandts den Bundestag auflösen konnte.

Kabinett Brandt II (1972–1974)

Hauptartikel: Kabinett Brandt II
Brandt und Scheel nach der gewonnenen Wahl 1972, mit Ehmke und Bahr

Bei den Neuwahlen im November 1972 wurde die Regierung Brandt bestätigt und verfügte nunmehr über eine handlungsfähige Mehrheit im Bundestag. Die SPD wurde mit 45,8 % der Stimmen erstmals stärkste Bundestagsfraktion, ein Ergebnis, das auch im Ausland als Volksabstimmung über die Ostverträge verstanden wurde, für deren parlamentarische Ratifizierung jetzt der Weg frei war.

Am 7. Juni 1973 besuchte Willy Brandt als erster deutscher Bundeskanzler Israel, nachdem 1965 die diplomatischen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und Israel aufgenommen worden waren. Bereits 1970 hatte mit Abba Eban erstmals ein israelischer Außenminister die Bundesrepublik besucht, der Gegenbesuch durch Außenminister Walter Scheel war im selben Jahr erfolgt.

Rücktritt infolge der Guillaume-Affäre

Die gewonnene Bundestagswahl 1972 stellte zwar den politisch größten Erfolg Brandts dar, jedoch sind sich zeitgenössische Beobachter wie Egon Bahr darin einig, dass dieser „Höhepunkt eindeutig auch der Scheitelpunkt war – von da an ging es bergab“. Politische Ermüdungserscheinungen Brandts paarten sich mit hohen Erwartungen an seine zweite Regierungszeit.

Dennoch kam sein Rücktritt für die Öffentlichkeit überraschend, wobei die Guillaume-Affäre eher der Auslöser als die Ursache für Brandts Rücktritt war. Als Ursachen werden auch die Ölkrise und der damit verbundene Wirtschaftsabschwung sowie die nach einem harten Streik im Öffentlichen Dienst von der ÖTV unter Heinz Kluncker durchgesetzten hohen Tarifabschlüsse angesehen. Beides verringerte den Spielraum für mögliche Reformen.

Am Ende einer turnusmäßigen Zusammenkunft von SPD und Gewerkschaftsspitzenfunktionären in der Kurt-Schumacher-Akademie (damaliger Name „Haus Münstereifel“) in Bad Münstereifel am 4. und 5. Mai erklärte Brandt in einem auf den 6. Mai 1974 datierten handschriftlichen Brief seinen Rücktritt, der vom NDR am folgenden Tag publik gemacht wurde. Anlass war die Enttarnung des DDR-Spions Günter Guillaume, der als Referent für Parteiangelegenheiten einer der engsten Mitarbeiter von Brandt gewesen war. Brandt übernahm mit seinem Rücktritt Verantwortung für Fahrlässigkeiten innerhalb der Bundesregierung. Guillaume war in unmittelbarer Nähe des Kanzlers geblieben, obwohl er seit mehr als einem Jahr im Verdacht stand, Spionage zu betreiben. Brandt hatte im Glauben, Guillaumes bloße DDR-Herkunft sei der Grund für den Spionageverdacht gewesen, die Brisanz der Angelegenheit unterschätzt. Brandt behauptete später, Herbert Wehner (zu der Zeit Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion) sei an seinem Rücktritt mitschuldig gewesen, da dieser ihn davon nicht abgehalten hatte. Beide blieben im Zentralvorstand der SPD und hatten fortan zahlreiche Unstimmigkeiten. Ein weiterer Kontrahent im Kabinett Brandt II war Helmut Schmidt, damals Finanzminister.

Trotz gegenteiliger Beteuerungen Wehners wird allgemein angenommen, dass weniger die Affäre an sich, als vielmehr Wehners Einschätzung, der gesundheitlich angeschlagene, unter Depressionen leidende Brandt sei nicht zu halten, den Ausschlag zum Rücktritt gaben. Brandt sah sich Diffamierungskampagnen von politischen Gegnern ausgesetzt, denen er nach Einschätzung Wehners im bevorstehenden Wahlkampf kaum standgehalten hätte. Brandt wurden zahlreiche Affären mit Frauen und Alkoholprobleme nachgesagt. Zudem bestanden unter anderem bei Horst Herold und Günther Nollau Befürchtungen, der deutsche Regierungschef könnte durch diese Affären erpressbar werden. Zusammen mit der Brandt unterstellten Amtsmüdigkeit und der seit einiger Zeit schwelenden Kritik – Wehner hatte Brandt während seiner Moskaureise öffentlich mit den Worten „Der Herr badet gerne lau“ angegriffen – soll dies für Wehner Grund gewesen sein, den Wechsel des SPD-Kanzlers schnell und unsentimental zu vollziehen. Nachfolger Brandts als Bundeskanzler wurde Finanzminister Schmidt. Dieser will von der Nominierung überrascht gewesen sein und das Amt vorrangig aus Pflichtgefühl übernommen haben. Willy Brandt selbst blieb aber SPD-Vorsitzender. Zum Ende seiner eigenen Kanzlerschaft bezeichnete Schmidt es als Fehler, neben der Kanzlerschaft nicht auch den Parteivorsitz übernommen zu haben. Er sah hierin eine der Ursachen für sein eigenes Scheitern.

Nach dem Rücktritt als Bundeskanzler

Willy Brandt bei einer Wahlkampfveranstaltung im bayerischen Memmingen (1980)
Willy Brandt in Dortmund, etwa 1987

Auch nach seinem Rücktritt vom Amt des Bundeskanzlers blieb Brandt politisch aktiv: 1976 wurde er Präsident der Sozialistischen Internationale (bis zum 15. September 1992), seit 1979 war er Mitglied des Europäischen Parlaments (bis zum 1. März 1983).

Im April 1977 trug Weltbankpräsident Robert McNamara Brandt den Vorsitz der „Unabhängigen Kommission für Internationale Entwicklungsfragen“ (Nord-Süd-Kommission) an. Nach fast drei Jahren Beratungen legte die Kommission am 12. Februar 1980 in New York ihren Nord-Süd-Bericht vor, der allgemein als „Brandt-Report“ bekannt wurde.

Am 15. November 1978 erlitt Brandt einen Herzinfarkt, sodass er seine politischen Aufgaben vorübergehend nicht mehr wahrnehmen konnte.

Am 7. Juli 1979 kamen Brandt und der österreichische Bundeskanzler Bruno Kreisky in Wien mit Jassir Arafat, dem Chef der palästinensischen PLO, zu einem Meinungsaustausch zusammen. Am 15. Oktober 1984 traf Brandt sich auf Kuba mit Staatspräsident Fidel Castro. Im selben Jahr traf Brandt sich auch mit Deng Xiaoping und Michail Gorbatschow. Am 19. September 1985 kam er in Ost-Berlin zu Gesprächen mit dem DDR-Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker zusammen.

Bei der Friedensdemonstration in Bonn am 22. Oktober 1983 kritisierte Brandt den NATO-Doppelbeschluss: „Wir brauchen in Deutschland nicht mehr Mittel zur Massenvernichtung, wir brauchen weniger.“[13]

Brandt gehörte weiterhin dem Bundestag an und eröffnete nach der Bundestagswahl 1983 erstmals als Alterspräsident den Bundestag, obwohl er nur der zweitälteste Abgeordnete war. Egon Franke hatte als tatsächlicher Alterspräsident auf diese Würde verzichtet und Brandt den Vortritt bei der Eröffnung gelassen. Nach den Bundestagswahlen 1987 und 1990 eröffnete Brandt den jeweiligen Bundestag als tatsächlicher Alterspräsident.

Am 23. März 1987 trat Brandt vom Parteivorsitz der SPD zurück, nachdem an seiner Nominierung von Margarita Mathiopoulos als Kandidatin für das neu zu besetzende Amt der Parteisprecherin harsche parteiinterne Kritik geäußert wurde. Auf dem außerordentlichen Parteitag am 14. Juni 1987 wurde er zum Ehrenvorsitzenden auf Lebenszeit gewählt; zu seinem Nachfolger als Parteivorsitzender wurde Hans-Jochen Vogel gewählt.

Am 20. Januar 1989 lud Bundespräsident Richard von Weizsäcker anlässlich des 75. Geburtstags von Willy Brandt zu einem Geburtstagsfest in die Villa Hammerschmidt, zu dem zahlreiche Freunde, Weggenossen und Politiker erschienen. Den ersten gesamtdeutschen Bundestag eröffnete Brandt am 20. Dezember 1990 wie 1983 und 1987 ebenfalls als Alterspräsident. Einige Wochen vorher, am 9. November 1990, war Brandt mit 194 Geiseln, deren Freilassung er beim irakischen Präsidenten Saddam Hussein erreicht hatte, nach Deutschland zurückgekehrt.

Willy Brandt 1990 bei einer Wahlkundgebung in Gera

Nach dem Fall der Mauer gehörte Brandt zu den entschiedenen Befürwortern eines Regierungsumzugs von Bonn nach Berlin. Am 20. Juni 1991 beschloss der Bundestag – unter anderem auf Antrag Willy Brandts – schließlich den Teilumzug (Hauptstadtbeschluss).

Ehrengrab Willy Brandts auf dem Waldfriedhof Zehlendorf

Am 4. Oktober 1991 wurde bei Brandt ein Tumor im Darm entdeckt, der am 10. Oktober 1991 entfernt wurde. Am 1. Februar 1992 erhielt Brandt in Heidelberg den Dolf-Sternberger-Preis. Am 9. Mai 1992 gab Brandt dem Bild-Redakteur Ulrich Rosenbaum sein letztes Interview. Am 10. Mai 1992 wurde er erneut in die Universitätsklinik Köln eingewiesen und am 22. Mai 1992 wiederum operiert. Die Operation wurde allerdings nach zehn Minuten abgebrochen; der Krebs war zurückgekehrt und hatte in der Zwischenzeit zu stark gestreut, mehrere Organe waren bereits betroffen. Am 30. Mai 1992 verließ Brandt die Klinik und begab sich zusammen mit seiner Frau in sein Haus nach Unkel, das er bis zu seinem Tod nicht mehr verließ. Zu einem unglücklichen Vorfall kam es am 20. September 1992: Als Michail Gorbatschow Brandt unangemeldet besuchen wollte und sich mit Gorbatschow an der Sprechanlage des Hauses meldete, hielt Brandts Ehefrau dies für einen schlechten Scherz und verweigerte dem Besucher den Zutritt. Sie glaubte nicht, dass tatsächlich Gorbatschow vor der Tür stand. Brandts Gesundheitszustand verschlechterte sich ab August 1992 zunehmend. Er starb schließlich am 8. Oktober 1992 um 16:35 Uhr. Am 17. Oktober 1992 gedachte der Bundestag seiner in einem Staatsakt.

Lange Zeit wohnte Brandt in der Eschenbrenderstraße in Unkel, anschließend zog er um, blieb aber in Unkel. Im Rathaus von Unkel ist eine Ausstellung mit der Originaleinrichtung seines privaten Arbeitszimmers zu sehen. Das Ehrengrab Willy Brandts befindet sich auf dem Berliner Waldfriedhof Zehlendorf neben dem Ehrengrab von Ernst Reuter, Vorgänger Brandts als Regierender Bürgermeister von Berlin in den Jahren 1948 bis 1953. Brandts zweite Ehefrau Rut ist ebenfalls auf dem Waldfriedhof beigesetzt.

Ehrendes Gedenken

Willy-Brandt-Denkmal in Porto Amigo de Portugal
Willy-Brandt-Park in Stockholm, 2007
Willy-Brandt-Haus (SPD-Zentrale) in Berlin-Kreuzberg

Nach seinem Tode wurde Willy Brandt vielfach geehrt, Straßen und Plätze nach ihm benannt, unter anderem die Willy-Brandt-Straße in Berlin, an der das Bundeskanzleramt liegt, die Willy-Brandt-Straße in Hamburg sowie die Willy-Brandt-Allee in seiner Heimatstadt Lübeck und in der Bonner Museumsmeile als Teil der B9 zwischen dem Bundeskanzlerplatz und der Heussallee. In Erfurt wurde der Bahnhofsvorplatz in Willy-Brandt-Platz umbenannt, da dort das erste deutsch-deutsche Gipfeltreffen mit Willi Stoph stattfand. Auch in Kassel, dem Ort des Gegenbesuchs, trägt heute der Vorplatz des Bahnhofs Wilhelmshöhe den Namen Brandts. Die Stadt Frankfurt am Main widmete 1992 den Theaterplatz in Willy-Brandt-Platz um. Dort ist heute unter anderem die Zentrale der Europäischen Zentralbank ansässig.

Willy-Brandt-Denkmäler außerhalb Deutschlands befinden sich in Porto (Portugal) in der Avenida do Marechal Gomes da Costa und in Lille (Frankreich) an der Gare de Flandres Ecke Avenue Willy Brandt. In Warschau wurde ein Willy-Brandt-Platz mit Denkmal geschaffen, das an den Kniefall vor dem Ghettomahnmal erinnert. Sein Konterfei zierte einen Teil der 2-DM-Münzen. Er ist Ehrenbürger mehrerer deutscher Städte (Heimatstadt Lübeck, Berlin).

Die Bundesrepublik Deutschland errichtete zu seinem ehrenden Gedenken als bundesunmittelbare Stiftung die Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung mit dem Sitz in Berlin nach dem Vorbild der amerikanischen Präsidentenbibliotheken. Die Stiftung eröffnete am 18. Dezember 2007, zum 94. Geburtstag Willy Brandts, eine Außenstelle in der Königstraße der Lübecker Altstadt, das Willy-Brandt-Haus Lübeck. Daneben besteht als weitere Stiftung norwegischen Rechts die Norwegisch-Deutsche Willy-Brandt Stiftung mit dem Sitz in Oslo und Berlin.

Das Willy-Brandt-Haus ist die Bundeszentrale der SPD in Berlin-Kreuzberg, die 1996 eingeweiht wurde. Im Atrium des Hauses steht ein überlebensgroßes bronzenes Willy-Brandt-Denkmal des Malers und Bildhauers Rainer Fetting.

Der ENA-Jahrgang 2007–2009 gab sich den Namen „Willy Brandt“.[14] Die École nationale d'administration ist die französische Elitehochschule, die die angehenden hohen Beamten des französischen Staatsdienstes ausbildet.

Willy-Brandt-Denkmal auf dem Dach des Erfurter Hofes

Brigitte Seebacher-Brandt schrieb auf Wunsch ihres Mannes eine Biografie, die aber bei einigen Historikern Unmut hervorrief. Ihr wurde vorgeworfen, Brandt teilweise unrichtig interpretiert zu haben, bzw. Brandt verfälscht und für eigene Zwecke vereinnahmt zu haben.

Am 20. Mai 2009 wurde auf dem Dach des ehemaligen Hotels „Erfurter Hof“ in Erfurt die Leuchtschrift „Willy Brandt ans Fenster“ in Erinnerung an das erste deutsch-deutsche Gipfeltreffen im Jahr 1970 eingeweiht. Das Denkmal wurde von David Mannstein geschaffen und symbolisiert den Ruf tausender Erfurter, die den damaligen Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland sehen wollten.

Nach Beschluss des Aufsichtsrates der zuständigen Flughafengesellschaft vom 11. Dezember 2009 wird der neue Flughafen Berlin Brandenburg den Beinamen Willy Brandt erhalten.

Willy-Brandt-Foren

Willy-Brandt-Forum Schwerin

Das Willy-Brandt-Forum Schwerin wurde im Jahr 2001 gegründet. Am 21. Oktober 2005 wurde von 35 Gründungsmitgliedern der eingetragene Verein Willy-Brandt-Forum e.V. gebildet. Der Verein ist ein offenes Forum, das insbesondere zu gesellschaftspolitischen, sozialen und kulturellen Themen Veranstaltungen anbietet. Das Forum ist dem offenen Dialog verpflichtet. Seither hat das Willy-Brandt-Forum rund 40 verschiedene Veranstaltungen organisiert. Im Herbst 2005 wurde ein sechsköpfiger Beirat berufen, der für die inhaltliche Ausgestaltung des Forums verantwortlich zeichnet.[15]

Willy-Brandt-Forum Unkel

Hauptartikel: Willy-Brandt-Forum Unkel

Die letzten Jahre seines Lebens verbrachte Willy Brandt in Unkel. Im ehemaligen Gebäude der dortigen Sparkasse entsteht seit 2007 durch das Engagement Unkeler Bürger, federführend initiiert und organisiert durch den Kommunalpolitiker und Stadtrat Thomas Ottersbach, eine Dauerausstellung, die das Leben und Wirken Brandts dokumentiert. Unterstützt wird das Projekt von namhaften Persönlichkeiten wie den Altbundespräsidenten Walter Scheel und Richard von Weizsäcker, dem Alt-Bundeskanzler Gerhard Schröder und weiteren Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens wie Kurt Beck, Björn Engholm, Günter Grass, Siegfried Lenz. Im Mittelpunkt des vom Ausstellungsleiter des Bonner Hauses der Geschichte, Jürgen Reiche, entwickelten „narrativen Ausstellungskonzepts“ steht das originale private Arbeitszimmer Brandts.[16] Nach langjährigen Planungen wurde am 20. März 2011 die erweiterte Dauerausstellung eröffnet. Zur Eröffnungsfeier sprachen der ehemalige spanische Regierungschef Felipe González und der Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz Kurt Beck.[17]

Forum Willy Brandt Berlin

Das Forum Willy Brandt Berlin, Unter den Linden 62-68, ist seit März 2010 neuer Hauptsitz der Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung. Diese war seit 1996 im Rathaus Schöneberg untergebracht. Das Forum Willy Brandt Berlin zeigt momentan eine kleine Schau über die wichtigsten Stationen im Leben Willy Brandts sowie wechselnde Sonderausstellungen. Eine neue ständige Ausstellung, die seinen persönlichen und politischen Werdegang spannend erzählt und multimedial präsentiert, wird im Juni 2012 eröffnet. Zudem ist das Forum Willy Brandt Berlin ein Ort der Kommunikation über zeitgeschichtliche und tagespolitische Themen. Mit verschiedenen Veranstaltungsformaten, wie Gesprächen, Podiumsdiskussionen und Buchvorstellungen öffnet sich die Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung nach außen und lädt zum Dialog ein.

Auszeichnungen

Rückseite einer 2-DM-Münze 1994

Werke

Monographien

  • Zur Nachkriegspolitik der deutschen Sozialisten Jocke Leufvmark. Stockholm 1944. (gemeinsam mit August Enderle, Irmgard Enderle, Stefan Szende und Ernst Behm)
  • Forbrytere og andre tyskere („Verbrecher und andere Deutsche“), Oslo 1946; erste dt. Ausgabe: Verbrecher und andere Deutsche. Ein Bericht aus Deutschland 1946. Bearb. u. hrsg. von Einhart Lorenz. Verlag J. H. W. Dietz Nachf., Bonn 2007, ISBN 978-3-8012-0380-1[19]
  • Mein Weg nach Berlin, aufgezeichnet von Leo Lania. Kindler-Verlag, München 1960.
  • Friedenspolitik in Europa [zuerst 1968]. 3. Aufl. S.-Fischer-Verlag, Frankfurt am Main 1971. ISBN 3-10-007701-6.
  • Begegnungen und Einsichten. Die Jahre 1960–1975. Verlag Hoffmann und Campe, Hamburg 1976. ISBN 3-455-08979-8.
  • Links und frei. Mein Weg 1930–1950. Verlag Hoffmann und Campe, Hamburg 1982. ISBN 3-455-08743-4. Neuauflage unter dem Titel: Links und frei. Mein Weg 1930-1950, mit einem aktuellen Vorwort des Autors. Knaur-Verlag, München 1984. ISBN 3-426-03722-X.
  • Erinnerungen. Propyläen-Verlag, Frankfurt am Main u.a. 1989. ISBN 3-549-07353-4. (Erweiterte Neuauflage unter dem Titel:) Erinnerungen. Mit den Notizen zum Fall G. Ullstein-Verlag, München 2003. ISBN 3-548-36497-7.

Gesammelte Reden, Briefe und kleinere Schriften

  • Helga Grebing/Gregor Schöllgen/Heinrich August Winkler (Hrsg.): Willy Brandt. Berliner Ausgabe,
    • Band 1: Hitler ist nicht Deutschland. Jugend in Lübeck, Exil in Norwegen 1928-1940, bearb. von Einhart Lorenz. Dietz-Verlag, Bonn 2002. ISBN 3-8012-0301-8.
    • Band 2: Zwei Vaterländer. Deutsch-Norweger im schwedischen Exil, Rückkehr nach Deutschland 1940-1947, bearb. von Einhart Lorenz. Dietz-Verlag, Bonn 2000. ISBN 3-8012-0302-6.
    • Band 3: Berlin bleibt frei. Politik in und für Berlin 1949-1966, bearb. von Siegfried Heimann. Dietz-Verlag, Bonn 2004. ISBN 3-8012-0303-4.
    • Band 4: Auf dem Weg nach vorn. Willy Brandt und die SPD 1947-1972, bearb. von Daniela Münkels. Dietz-Verlag, Bonn 2000. ISBN 3-8012-0304-2.
    • Band 5: Die Partei der Freiheit. Willy Brandt und die SPD 1972-1992, bearb. von Karsten Rudolph. Dietz-Verlag, Bonn 2002. ISBN 3-8012-0305-0.
    • Band 6: Ein Volk der guten Nachbarn. Außen- und Deutschlandpolitik 1966-1974, bearb. von Frank Fischer. Dietz-Verlag, Bonn 2005. ISBN 3-8012-0306-9.
    • Band 7: Mehr Demokratie wagen. Innen- und Gesellschaftspolitik 1966-1984, bearb. von Wolther von Kieseritzky. Dietz-Verlag, Bonn 2001. ISBN 3-8012-0307-7.
    • Band 8: Über Europa hinaus. Dritte Welt und Internationale, bearb. von Bernd Rother. Dietz-Verlag, Bonn 2006. ISBN 3-8012-0308-5.
    • Band 9: Die Entspannung unzerstörbar machen. Internationale Beziehungen und deutsche Frage 1974-1982, bearb. von Frank Fischer. Dietz-Verlag, Bonn 2003. ISBN 3-8012-0309-3.
    • Band 10: Gemeinsame Sicherheit. Internationale Beziehungen und deutsche Frage 1982-1992, bearb. von Uwe Mai, Bernd Rother u. Wolfgang Schmidt, Dietz-Verlag, Bonn 2009. ISBN 978-3-8012-0310-8.

Literatur

Verfilmungen

Theater

Weblinks

 Commons: Willy Brandt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Martin Wein: Willy Brandt – Das Werden eines Staatsmannes Aufbau Taschenbuch Verlag, Berlin 2003
  2. Willy Brandt: Erinnerungen, Ullstein-Taschenbuchausgabe, Frankfurt (Main), Oktober 1992, Seite 85
  3. Zuehlke, Mark: The Gallant Cause. Canadians in the Spanish Civil War 1936-1939, ISBN 978-0-470-83926-3, S. 155
  4. Oktober 1940 Die Geburt von Willy Brandts Tochter
  5. Willy Brandt: Erinnerungen, erweiterte Ullstein-Taschenbuchausgabe 1992, Seite 148
  6. Martin Wein: Willy Brandt – das Werden eines Staatsmannes Seite 86
  7. Vgl. dazu die Studie von Daniela Münkel: „Alias Frahm". Die Diffamierungskampagnen gegen Willy Brandt in der rechtsgerichteten Presse. In: Claus-Dieter Krohn (Hrsg.): Zwischen den Stühlen? Remigranten und Remigration in der deutschen Medienöffentlichkeit der Nachkriegszeit. Christians-Verlag, Hamburg 2002, S. 397-418.
  8. Peter Merseburger: Willy Brandt, 1913–1992. Visionär und Realist, Stuttgart 2002, ISBN 3-423-34097-5, S. 410
  9. Peter Merseburger: Willy Brandt, 1913–1992. Visionär und Realist., Stuttgart 2002, ISBN 3-423-34097-5, S. 429
  10. Daniela Münkel: „Alias Frahm“ - Die Diffamierungskampagnen gegen Willy Brandt in der rechtsgerichteten Presse, in: Klaus-Dieter Krohn/Axel Schildt (Hrsg.), Zwischen den Stühlen? Remigranten und Remigration in der deutschen Medienöffentlichkeit der Nachkriegszeit, Hamburg 2002, S. 397-419. Dies.: Zwischen Diffamierung und Verehrung. Das Bild Willy Brandts in der bundesdeutschen Öffentlichkeit (bis 1974), in: Carsten Tessmer (Hrsg.), Das Willy Brandt-Bild in Deutschland und Polen (Schriftenreihe der Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung, Heft 6), Berlin 2000, S. 23-40.
  11. Friedrich Koch: Sexuelle Denunziation. Die Sexualität in der politischen Auseinandersetzung. 2. erweiterte Aufl., Hamburg 1995, ISBN 3-434-46229-5, S. 144 ff.
  12. Cicero - Magazin für politische Kultur (2. Juni 2009)
  13. Spiegel online (online)
  14. Willy Brandt schlägt Zinedine Zidane. SPIEGEL ONLINE, 4. Mai 2007
  15. Willy-Brandt-Forum Schwerin (2. Juni 2009)
  16. Willy-Brandt-Forum Unkel am Rhein (2. Juni 2009)
  17. Willy Brandt bekommt Museum in Unkel; express.de, 3. Dezember 2010
  18. Reden bei Überreichung des Preises an Willy Brandt 1992 von Joachim Fest und Willy Brandt. (abgerufen am 12. Februar 2011)
  19. Die Zeit: „Der wahre Patriot“ Volker Ullrich über Verbrecher und andere Deutsche, 13. Dezember 2007

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