William von Baskerville

William von Baskerville

Der Name der Rose ist der erste Roman von Umberto Eco, mit dem ihm ein Welterfolg gelang. Das Werk erschien 1980 im italienischen Original als Il nome della rosa und 1982 in der deutschen Übersetzung von Burkhart Kroeber.

Das mehrschichtige Werk, Epochenporträt, philosophisches Essay und der äußeren Form nach ein breit angelegter historischer Kriminalroman, der anno 1327 in einer italienischen Benediktinerabtei spielt, entwirft in der Substanz ein lebendiges Bild des späten Mittelalters mit seinen politischen, sozialen und religiösen Konflikten, durchsetzt mit zahlreichen Anspielungen auf die Gegenwart, besonders im Italien der 70er Jahre. Mit seiner „Nachschrift zum Namen der Rose“ versuchte Eco, auch den in Mediävistik, Semiotik oder postmoderner Kultur weniger bewanderten Lesern einen Zugang zu den tieferen Schichten des Buches zu eröffnen.

Das Buch wurde 1986 mit Sean Connery in der Hauptrolle verfilmt.

Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung

In einem Vorwort mit dem Titel „Natürlich, eine alte Handschrift“, datiert auf den 5. Januar 1980 (Ecos 48. Geburtstag), aber nicht mit Namen gezeichnet, wird die Geschichte als Nacherzählung einer verlorenen alten Handschrift ausgegeben. Diese Geschichte spielt vor dem historischen Hintergrund eines Streites zwischen dem Papst und den Mönchsorden und dreht sich um eine mittelalterliche Benediktinerabtei, in der mysteriöse Morde geschehen. Der englische Franziskanerpater William von Baskerville, der in einer hochpolitischen Mission als Sondergesandter des Kaisers unterwegs ist, wird gebeten, den Täter zu ermitteln. Ihm tut sich eine Welt voller Glaubensfehden, verbotener Leidenschaften und krimineller Energien auf. Am Ende verbrennt mit einem geheim gehaltenen Buch, um das sich alles dreht, die ganze Abtei.

Der Roman ist, analog zu den sieben Posaunen der biblischen Apokalypse, in sieben Tage unterteilt und ist voller philosophischer und literarischer Anspielungen und Zitate.

Handlung

Mit ironischer Umständlichkeit zählt Eco zunächst die Stationen dieser Geschichte auf: Der vorliegende Bericht sei „die deutsche Übersetzung meiner italienischen Fassung einer obskuren neugotisch-französischen Version einer im 17. Jahrhundert gedruckten Ausgabe eines im 14. Jahrhundert von einem deutschen Mönch auf Lateinisch verfaßten Textes“. Darin erzählt der greise Mönch Adson, an der Schwelle des Todes in seiner Zelle des Klosters zu Melk, eine denkwürdige Begebenheit aus seiner Jugend.

Als Novize in der Obhut William von Baskervilles besucht der junge Adson Ende November 1327 eine Benediktinerabtei im ligurischen Apennin. Dort sollen sich führende Köpfe des Franziskanerordens mit einer Gesandtschaft des Papstes Johannes XXII. treffen, um theologische Fragen des Für und Wider der Armut der Kirche zu diskutieren und damit gleichzeitig Machtpositionen abzustecken. Der damalige Kaiser Ludwig IV. (Ludwig der Bayer) unterstützte die Forderung der Minoriten nach theologischer Anerkennung der Armut Christi, da sie sich gleichzeitig gegen den prunksüchtigen Heiligen Stuhl richtete, der mit dem Kaiser um die weltliche Macht stritt.

Bevor es jedoch zu dem politisch-theologischen Treffen kommt, bittet der Abt des Klosters den für seinen Scharfsinn bekannten Bruder William (der früher einmal Inquisitor war, aber dieses Amt freiwillig niedergelegt hat), einen mysteriösen Todesfall aufzuklären, zu dem es in seinem Kloster gekommen ist. William macht sich prompt an die Arbeit, bekommt es aber bald mit einer ganzen Mordserie zu tun, der insgesamt fünf Mönche innerhalb weniger Tage zum Opfer fallen. Die Aufklärung dieser Verbrechen ist der erzählerische Hauptstrang des Romans, der jedoch viele Verzweigungen und Nebenlinien erlaubt, die ein komplexes und vielfarbiges Bild des mittelalterlichen Lebens auf allen Ebenen zeichnen. So spielt z.B. auch die Frage der Häresie eine wichtige Rolle. Anhand der Häretiker um Fra Dolcino und des Inquisitors Bernard Gui werden die Phänomene der Ketzerei und der Inquisition dem Leser vor Augen geführt.

Die Spur der Verbrechen führt in die als Labyrinth angelegte Klosterbibliothek zu dem blinden Bibliothekar Jorge von Burgos. (Der Name ist eine Anspielung auf den argentinischen Schriftsteller und Bibliothekar Jorge Luis Borges, der ebenfalls im Alter erblindete und Bibliothekar war.) Dieser greise Mönch hütet dort einen besonderen Schatz, nämlich ein Exemplar des verlorengegangenen „Zweiten Buches der Poetik“ des Aristoteles, in dem die Komödie behandelt wird (nach der Tragödie im ersten). Über sein Motiv sagt Jorge von Burgos: „Lachen tötet die Furcht. Und ohne Furcht kann es keinen Glauben geben.“ Wer den Teufel nicht mehr fürchte, brauche keinen Gott mehr: „Dann können wir auch über Gott lachen.“ Über diesem Buch, das Jorge für derart gefährlich hält, dass er es lieber vernichtet als es in fremde Hände fallen zu lassen, kommt es schließlich zum Showdown zwischen Detektiv und Täter.

Am Ende hat William zwar den Fall gelöst, aber nicht verhindern können, dass es zu einer finalen Katastrophe kommt. Resigniert stellt er fest: „Ich bin wie ein Besessener hinter einem Anschein von Ordnung hergelaufen, während ich doch hätte wissen müssen, daß es in der Welt keine Ordnung gibt.“ Ähnlich entmutigt beendet Adson seinen Bericht mit den Worten „Stat rosa pristina nomine, nomina nuda tenemus“ („Die Rose von einst steht nur noch als Name, uns bleiben nur nackte Namen“).

Figuren

William von Baskerville

Der Franziskaner William von Baskerville ist keine historische Gestalt, sondern eine der beiden fiktiven Hauptfiguren des Romans (im italienischen Original heißt er Guglielmo da Baskerville). Sein Name und Charakter spielt einerseits auf den Scholastiker Wilhelm von Ockham und andererseits (über den Kriminalroman Der Hund von Baskerville von Arthur Conan Doyle) auf Sherlock Holmes an.

Da im Roman auch viele historisch belegte Persönlichkeiten als Nebenfiguren auftreten (beispielsweise Bernard Gui und Michael von Cesena) oder zumindest von Bedeutung sind (wie etwa Ludwig der Bayer oder Thomas von Aquin), gelingt es Eco, seine Hauptfigur täuschend echt in den Kontext des Spätmittelalters einzufügen. Innerhalb des scholastischen Diskurs verkörpert William eine extrem nominalistische Position. Wie modern seine Denk- und Ausdrucksweise aber tatsächlich ist, zeigt sich jedoch – meist in versteckter, anachronistischer Form – an vielen einzelnen Stellen des Romans, so zum Beispiel, wenn er Ludwig Wittgenstein (in mittelhochdeutscher „Übersetzung“) zitiert.

Adson von Melk

Der Benediktiner Adson von Melk (nach dem Benediktinerkloster Stift Melk) ist die zweite Hauptfigur des Romans. Er begleitet William von Baskerville als dessen junger Gehilfe („Adlatus“) und nimmt zugleich die Rolle des Ich-Erzählers ein, der als greiser Mönch an der Schwelle des Todes „die denkwürdigen und entsetzlichen Ereignisse“ niederschreibt, „deren Zeuge zu werden mir in meiner Jugend einst widerfuhr“. Sein Name (im Original Adso da Melk) erinnert an Sherlock Holmes' Freund und Gehilfen Dr. Watson und ist somit eine weitere Anspielung auf die Detektivromane von Sir Arthur Conan Doyle. Auch in vielen Dialogen finden sich deutliche Anspielungen auf Doyle („My dear Watson“ als geradezu klassischer Auftakt eines Holmes-Monologs wird bei William zu „Mein lieber Adson“).

Weitere Figuren

Der deutschen Erstausgabe von 1982 war als Lesezeichen eine Art Theaterzettel beigegeben, der unter der Überschrift "Dramatis Personae" folgende Angaben enthielt:

Und weitere fleißige Mönche, Mindere Brüder, päpstliche Legaten, französische Bogenschützen, tote und lebendige Ketzer, einfache Leute, Volk

Der Schauplatz ist eine stolze Benediktiner-Abtei an den Hängen des Apennin ("zwischen Lerici und La Turbie"), nun Trümmerstätte.

Ausgaben

  • Umberto Eco, Il nome della rosa, Bompiani, Mailand 1980
  • Umberto Eco, Der Name der Rose, übers. v. Burkhart Kroeber, Hanser, München 1982; dtv, München 1986 ff.

Sekundärliteratur

  • Umberto Eco, Nachschrift zum „Namen der Rose“, übers. v. Burkhart Kroeber, Hanser, München 1984, ISBN 978-3423105521
  • Teresa De Lauretis, Umberto Eco, La nuova Italia, Florenz 1981 (Il Castoro Nr. 179)
  • Hans-Jürgen Bachorski (Hrsg.), Lektüren. Aufsätze zu Umberto Ecos „Der Name der Rose“, Kümmerle Verlag, Göppingen 1985
  • Klaus Ickert, Ursula Schick, Das Geheimnis der Rose entschlüsselt. Zu Umberto Ecos Weltbestseller „Der Name der Rose“, Heyne, München 1986, ISBN 978-3453037328
  • Burkhart Kroeber (Hrsg.), Zeichen in Umberto Ecos Roman „Der Name der Rose“. Aufsätze aus Europa und Amerika, übers. v. B.K. und Michael Walter, Hanser, München 1987, ISBN 978-3446148826
  • Alfred Haverkamp, Alfred Heit (Hrsg.), Ecos Rosenroman. Ein Kolloquium, dtv, München 1987, ISBN 978-3423044493
  • Max Kerner (Hrsg.), „... eine finstere und fast unglaubliche Geschichte“? Mediävistische Notizen zu Umberto Ecos Mönchsroman „Der Name der Rose“, Wissenschaftliche Buchgemeinschaft, Darmstadt 1988
  • Theresa Coletti, Naming the Rose. Eco, medieval signs and modern theory, Cornell University Press, Ithaca, N.Y. 1988
  • Thomas Stauder, Umberto Ecos „Der Name der Rose“. Forschungsbericht und Interpretation, mit einer kommentierten Bibliographie der ersten sechs Jahre internationaler Kritik (1980 - 1986), Verlag Palm & Enke, Erlangen 1988

Dissertationen:

  • Barbara Niederer, Il trionfo della rosa. Indagine sulla ricezione del „Nome della rosa“, Universität Freiburg, 1985
  • Gabriella Borter-Sciuchetti von Ringgenberg BE, Annäherungen an das Namenlose. Eine Interpretation von Umberto Eco „Il nome della rosa“ [und] Boris Vian, „L'Ecume des jours“, Universität Zürich, 1987

Verfilmung

Der Roman wurde 1986 von Jean-Jacques Annaud verfilmt, mit Sean Connery in der Rolle des William von Baskerville. Siehe den Hauptartikel Der Name der Rose (Film).

Hörspiel

Hörbuch

  • Der Name der Rose, gelesen von Gert Heidenreich, 20 CDs, RBB / Der Hörverlag, München 2008

Musikalische Umsetzung

Die britische Heavy Metal Band Iron Maiden veröffentlichten auf ihrem Album "The X-Factor" den Song "Sign Of The Cross", basierend auf "Der Name der Rose".

Weblinks


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