William Thomas Green Morton

William Thomas Green Morton
William Thomas Green Morton

William Thomas Green Morton (* 9. August 1819 in Charlton, Massachusetts; † 15. Juli 1868 in New York) war ein US-amerikanischer Zahnarzt und Wegbereiter des Einsatzes der Narkose in Chirurgie und Zahnheilkunde. Er war verantwortlich für die erste öffentliche Vorführung des Äthers als Inhalationsnarkotikum.

Leben

William T. G. Morton war ursprünglich Zahnarzt und studierte unter Horace Wells in Hartford, Connecticut. Die zwei wurden später Partner. Morton gab dann Zahnheilkunde auf und studierte Kieferchirurgie am Baltimore College. Im Jahre 1842 eröffnete er eine Praxis als Zahnarzt. Er arbeitete 1842 und 1843 mit Horace Wells zusammen. Wells setzte ungefähr ein Jahr später in seiner Dentalpraxis Lachgas bei der Behandlung seiner Patienten ein. Nach zahlreichen Experimenten mit seinen Schmerzpatienten wollte Wells sein Betäubungsmittel Lachgas auch öffentlich in Boston vorführen, was aber ein Misserfolg wurde.

Erste Anwendung von Äther bei einer Zahnextraktion

Morton hingegen hatte sich für die Zahnprothetik entschieden. Wenn die Stümpfe und Wurzeln der defekten Zähne entfernt werden mussten, verlangten die Patienten eine schmerzfreie Behandlung. Professor Charles Thomas Jackson, bei dem Morton famuliert hatte, machte ihn auf die berauschende Wirkung von Schwefeläther aufmerksam, die bereits Michael Faraday 1818 in einer Abhandlung beschrieben hatte.[1] Nach Experimenten mit Ätherdämpfen an Mäusen, Fischen, Insekten, Hühnern und seinem eigenen Hund führte Morton auch Selbstversuche durch.

Am 30. September 1846 kam der Cellist Eben Frost mit so starkem Zahnweh in Mortons Praxis, dass er mit einer Erprobung des Äthers bei der Extraktion seines vereiterten Backenzahns einverstanden war.[2] Als der Patient aus seiner Betäubung erwachte, bestätigte er Morton, dass er keinerlei Schmerz beim Zahnziehen empfunden habe. Er bestätigte Morton und dessen Assistenten, Doktor Hayden, den Erfolg des Eingriffs. Am folgenden Tag berichtete das "Boston Daily Journal":

"Gestern Abend wurde einem Gentleman nach Inhalation eines Präparats, dessen einschläfernde, betäubende Wirkung etwa eine Minute anhielt, ein Zahn ohne jedewede Schmerzempfindung gezogen."[3]

Morton wandte sich an den leitenden Chirurgen, Professor John Collins Warren (1778–1856), am Massachusetts General Hospital in Boston mit der Bitte, eine Demonstration seiner Methode vor Ärzten und Medizinstudenten durchzuführen. Er erhielt eine schriftliche Einladung für Freitag, den 16. Oktober 1846, um zehn Uhr vormittags (Abb.).[4] Morton ließ den Patienten, den zwanzigjährigen schwindsüchtigen Buchdrucker Gilbert Abbott, aus einer eigens dafür hergestellten Glaskugel, die einen mit Äther getränkten Schwamm enthielt, die Dämpfe einatmen. Nach anfänglicher Unruhe schlief der Patient ein. Dann entfernte Professor Warren einen “angeborenen, oberflächlich liegenden und gefäßreichen Tumor unterhalb des Unterkiefers auf der linken Halsseite“ des Patienten innerhalb von fünf Minuten. Warren, der eigentlich nach der erfolglosen Demonstration von Lachgas durch Horace Wells zwei Jahre zuvor derartige Verfahren ablehnte, war von den neuen Möglichkeiten begeistert ("Gentlemen, this is no humbug"). Dieses Ereignis im Äther-Dom gilt als die Geburtsstunde der modernen Anästhesie.[5]

Bereits am darauf folgenden Tag operiert George Hayward die Fettgeschwulst eines Patienten in Äthernarkose. Die allgemeine Anerkennung des von Morton entwickelten Verfahrens erfolgt nach der erfolgreichen Oberschenkelamputation durch Henry Jacob Bigelow bei einer zwanzigjährigen Patientin am 7. November 1846.[6]

Morton versuchte zunächst zu verschleiern, welchen Wirkstoff er verwendet hatte. Er bezeichnete den mit Duftstoffen versetzten Äther als "Letheon" (abgeleitet von dem griechischen Wort lethe, das Vergessen), um von einer Patentierung zu profitieren. Wenige Wochen später, bei der Operation am 7. November 1846, wurde er vom Auditorium gezwungen, sein Geheimnis zu lüften. Über die Frage, wem die Priorität bei dieser Erfindung gebühre, kam es zu einem Rechtsstreit, der vor allem durch den Ideengeber, Professor Jackson, betrieben wurde. Die Kosten dieser Auseinandersetzung ruinierten Morton, zumal erhoffte Tantiemen auf das Patent seiner Erfindung kaum eintrafen. Nach sich über zwanzig Jahre hinziehendem Prozessieren starb Morton verarmt und vergrämt im Juli 1868 an den Folgen eines Schlaganfalls.

Morton war jedoch nicht der Erste, der die betäubende Wirkung des Äthers zur Schmerzausschaltung bei chirurgischen Eingriffen nutzbar machte. Bereits am 30. März 1842 hatte Doktor Crawford Williamson Long einem Patienten einen Tumor am Nacken schmerzfrei entfernt, wobei er ein mit Äther getränktes Handtuch verwendete. Er unterließ aber eine Publikation und brachte sich so um seine berechtigten Prioritätsansprüche.

Einzelnachweise

  1. Bergman NA. Michael Faraday and his contribution to anesthesia. Anesthesiology 1992; 77(4):812-816
  2. zitiert nach Illustrierte Geschichte der Medizin (1992), Bd. 6, S. 3281, u. Karger-Decker (1984), S. 149
  3. zitiert nach Karger-Decker (1984), S. 149
  4. zitiert nach Karger-Decker (1984), S. 149
  5. zitiert nach Chronik der Medizin (1997), S. 276
  6. Chronik der Medizin (1997), S. 276

Literatur


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