Willi Hoss

Willi Hoss

Willi Hoss (* 27. April 1929 in Vaals, Niederlande; † 20. Februar 2003 in Stuttgart) war ein deutscher Gewerkschafter und Politiker (KPD/DKP und Bündnis 90/Die Grünen).

Inhaltsverzeichnis

Leben und berufliche Tätigkeit

Hoss wurde in den Niederlanden geboren, wohin seine Eltern (der Bäcker Wilhelm Lambert Hoss und seine niederländische Ehefrau Katharina Emmen) während der Weltwirtschaftskrise 1928 gezogen waren und von wo sie 1937 nach Oberhausen zurückkehrten.

Den achtjährigem Besuch der Volksschule beendete Hoss 1943. Nach dem Ende des Krieges arbeitete er als Landarbeiter. Er trat 1945 in die KPD ein, für die er Anfang der 1950er Jahre als Funktionär tätig wurde. Nach deren Verbot 1956 und einer sechswöchigen Ausbildung als Schweißer arbeitete er ab 1956 in verschiedenen Firmen im Düsseldorfer Raum und ab Oktober 1959 als Hochdruckschweißer bei Daimler-Benz in Stuttgart-Untertürkheim. Hoss trat Anfang der 1970er Jahre bei den Betriebsratswahlen mit einer eigenen Liste („Plakat-Gruppe“) an. Daraufhin wurde er wegen gewerkschaftsschädigender Aktivitäten 1972 aus der IG Metall ausgeschlossen. Dank des beachtlichen Erfolgs seiner Liste war Hoss ab 1972 Mitglied des Betriebsrates, ab 1979 Mitglied des verhandlungsführenden Betriebsausschusses.

Partei

Als Mitglied und Funktionär der KPD besuchte er von 1949 bis 1951 einen Zweijahreskurs an der Karl Marx Hochschule in Kleinmachnow bei Berlin.[1] Nach dem Verbot durch das Bundesverfassungsgericht von 1956 bestand die Partei illegal weiter. Für Hoss stand danach „außer Frage, dass ich als Kommunist in die Fabrik gehörte“.[2] Um nicht als Hilfsarbeiter anzufangen, absolvierte er zunächst einen Schweißerlehrgang, bevor er als Arbeiter in verschiedenen Betrieben verdeckte Parteiarbeit, z. B. durch Herstellung und Verteilung von Flugblättern in illegalen Betriebsgruppen, betrieb. Nach zwei Entlassungen im Düsseldorfer Raum bewarb er sich bei Daimler-Benz in Stuttgart, wo er 1959 als Elektroschweißer eingestellt wurde. Mit einer Handvoll „Restkommunisten“ im Betrieb gab er eine illegale KPD-Zeitung heraus.[3]

Obwohl er die von den Politikern der Großen Koalition geduldete Neugründung der DKP 1968 – nach seinen Worten eine „bürokratische Geburt“ – kritisch betrachtete, trat er ihr bei. In der Folge seiner Kritik an der gewaltsamen Beendigung des Prager Frühlings durch sowjetische Truppen schloss ihn die Partei 1970 nach 25jähriger Zugehörigkeit in der (legalen und illegalen) KPD und DKP aus.[4]

1979 gehörte Hoss zu den Mitgründern der Partei Die Grünen. 2001 trat er wegen der Unterstützung der Beteiligung Deutschlands am Afghanistan-Krieg zusammen mit seiner Frau Heidemarie Hoss-Rohweder aus der Partei aus.

Willi Hoss war Mitglied und Förderer der Sozialistischen Jugend Deutschlands – Die Falken in Baden-Württemberg.

Abgeordneter

Er war von 1983 bis 1985 sowie von 1987 bis 1990 Mitglied des Deutschen Bundestages. Da er den Rotationsbeschluss der Partei, den er abgelehnt hatte, respektierte, schied er 1985 aus dem Bundestag aus, um wieder in seinen Beruf bei Daimler-Benz zurückzukehren.

Vom 15. Januar 1990 bis zum Ende der Legislaturperiode war er einer der drei Sprecher der Bundestagsfraktion Die Grünen.

Bei der Kandidatenaufstellung für die Bundestagswahl 1990 wurde er aufgrund interner Vorabsprachen der Parteiführung nicht wieder berücksichtigt.

„Ruhestandstätigkeit“

Ab 1991 arbeitete er für Indianer im brasilianischen Regenwald. Er rief die Initiative „Armut und Umwelt in Amazonien e. V.“ ins Leben. 1994 gründete er POEMA e. V. Stuttgart als Partner von POEMA Brasil. POEMA wurde mit dem Stuttgarter Friedenspreis 2008 ausgezeichnet.

Ein wichtiges Motto für ihn war Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch (Friedrich Hölderlin)

Familie

Willi Hoss war zweimal verheiratet und hatte zwei Kinder. Die Schauspielerin Nina Hoss ist seine Tochter aus der Ehe mit der Schauspielerin und Intendantin Heidemarie Hoss-Rohweder.

Sein Grab befindet sich auf dem Waldfriedhof Stuttgart.

Literatur

  • Komm ins Offene, Freund. Autobiographie. Hrsg. von Peter Kammerer. Verlag Westfälisches Dampfboot, Münster 2004
  • Nachruf. In: taz, 22./23. Februar 2003

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Willi Hoss: Komm ins Offene, Freund. Autobiographie. Verlag Westfälisches Dampfboot, Münster 2004, S. 36.
  2. Willi Hoss: Komm ins Offene, Freund. Autobiographie. Verlag Westfälisches Dampfboot, Münster 2004, S. 49.
  3. Willi Hoss: Komm ins Offene, Freund. Autobiographie. Verlag Westfälisches Dampfboot, Münster 2004, S. 69.
  4. Willi Hoss: Komm ins Offene, Freund. Autobiographie. Verlag Westfälisches Dampfboot, Münster 2004, S. 90.

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