Wilhelmstraße (Berlin)

Wilhelmstraße (Berlin)
Blick nach Süden in die Wilhelmstraße, rechts die Britische Botschaft

Die Wilhelmstraße liegt in den Berliner Ortsteilen Mitte und Kreuzberg. Sie war der Sitz wichtiger Regierungsbehörden Preußens und des Deutschen Reiches. Bis 1945 stand der Ausdruck „Wilhelmstraße“ auch für die gesamte deutsche Reichsregierung, ähnlich wie „Whitehall“ für die britische Regierung oder der „Quai d'Orsay“ für das französische Außenministerium stehen.

Inhaltsverzeichnis

Verlauf

Die Straße verläuft in nord-südlicher Richtung. Sie beginnt im Norden am Reichstagsufer, kreuzt den Boulevard Unter den Linden an der Ostseite des Pariser Platzes und die Leipziger Straße und endet am Halleschen Ufer nahe dem Halleschen Tor in Kreuzberg.

Zwischen der Behrenstraße und Unter den Linden ist die Wilhelmstraße zum Schutz der sich dort befindenden britischen Botschaft für den Autoverkehr gesperrt.

Geschichte

Nachdem Friedrich Wilhelm I. König geworden war, ließ er Berlin und damit auch die Friedrichstadt erheblich vergrößern. Innerhalb der Friedrichstadt-Erweiterung wurde 1731 die Husarenstraße angelegt. Nach dem Tod von Friedrich Wilhelm I. wurde sie nach ihm umbenannt.

Im nördlichen Teil der Straße entstanden viele Palais von Ministern und persönlichen Vertrauten des Königs, wie zum Beispiel Samuel von Marschall. Drei dieser Palais bekamen durch einen Ehrenhof eine besonders repräsentative Gestaltung. Das Palais Schwerin, später Palais des Reichspräsidenten, das Palais Schulenburg, später Reichskanzlei und das Palais Vernezobre, später umgebaut zum Prinz-Albrecht-Palais.

Wilhelmstraße mit Blick zur Reichskanzlei (Nr. 77) und zum Auswärtigen Amt (Nr. 76) auf der linken Straßenseite, August 1934.
Blick zur Straße
Unter den Linden
Britische Botschaft (Nr. 70/71)
Wilhelmstraße (nördlicher Bereich)
Palais des Reichspräsidenten (Nr. 73)
Willy-Brandt-Haus (Nr. 140)

Im südlichen Ende der Straße siedelten sich die aus Böhmen nach Berlin gekommene Herrnhuter Brüdergemeine an.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts nahmen wichtige Ministerien Preußens ihren Sitz in der Straße. Ab 1871 folgten Regierungsbehörden des Deutschen Reiches. Ausländische Botschaften bauten in direkter Nähe. Nach 1933 richteten sich die Schaltzentralen des Nationalsozialismus an der Wilhelmstraße ein.

Viele Gebäude erhielten während des Zweiten Weltkriegs schwere Schäden durch Bomben oder Straßenkämpfe und wurden nach 1945 abgerissen. Zwischen der Behren- und der Voßstraße wurden in den späten 1980er-Jahren Wohn- und Geschäftshäuser in Plattenbauweise errichtet. Sie erhielten relativ aufwändige Fassaden und waren ein beliebtes Domizil der DDR-Nomenklatura.

Heute versucht die Stiftung Topographie des Terrors, die Straße unter dem Begriff Geschichtsmeile Wilhelmstraße in ihren historischen Bezügen für die Öffentlichkeit aufzuarbeiten. Auf Initiative des Abgeordnetenhauses von Berlin weist eine ständige Straßenausstellung mit gläsernen Infotafeln auf die Standorte früherer Institutionen hin.

In der Wilhelmstraße befanden sich vor 1945 unter anderem folgende Gebäude:

Heute befinden sich in der Wilhelmstraße unter anderem:

Namenswechsel

Die nach 1731 unter den Namen Husarenstraße angelegte Straße wurde um 1740 nach dem seinerzeit verstorbenen König Friedrich Wilhelm I. umbenannt.

In Verbindung mit dem Ausbau der Friedrichstadt wurde die Wilhelmstraße verlängert. Diese Verlängerung erhielt 1822 den Namen Neue Wilhelmstraße.

Der in Mitte verlaufende, zu Ost-Berlin gehörende Straßenabschnitt der Wilhelmstraße und der Neuen Wilhelmstraße wurden 1964 in Otto-Grotewohl-Straße umbenannt (von der Zimmerstraße bis Unter den Linden). Seit 1993 heißt der komplette Straßenzug bis zum Reichstagufer wieder Wilhelmstraße. In Richtung Norden geht die Wilhelmstraße ab dem Reichstagufer nahtlos in die Luisenstraße über.

Der ehemals an der Straße liegende Wilhelmplatz mit den Denkmälern preußischer Feldherren des Berliner Bildhauers August Kiß existiert heute nicht mehr, er wurde mit Plattenbauten überbaut.

Persönlichkeiten

  • In der zweiten Etage des Hauses 3a befanden sich die Verlagsräume der Zeitschrift Zukunft seit ihrer Gründung 1892 bis zum Weggang ihres Herausgebers Maximilian Harden von Berlin im Jahr 1922.
  • Im Haus Nr. 12 kam am 17. August 1885 der spätere Schriftsteller Kurt Hiller zur Welt, das „Schandmaul der Weimarer Republik“ genannt.
  • Im Haus Nr. 23 wohnte der am 7. Januar 1903 in München geborene Lyriker, Dramatiker und Widerstandskämpfer Albrecht Haushofer, wegen seiner mächtigen Gestalt von seinen Freunden „Elefant“ genannt.
  • Im Hause Nr. 39 wohnte der Künstler Adolph Menzel mit seinen Eltern seit 1830. Da der Vater zwei Jahre später starb, musste der Sohn mit lithographischen Arbeiten die Familie ernähren. 1839 zog die Familie in die Zimmerstraße.
  • In der zweiten Etage des Hauses Nr. 43 wohnte seit 1880 der Schriftsteller Otto Brahm, der neben Theodor Fontane Kritiken für die Vossische Zeitung schrieb. Er zog 1906 aus seiner Junggesellenwohnung in eine größere am Luisenplatz.
  • Im Haus Nr. 54 wohnte Konrad Adenauer als Präsident des Preußischen Staatsrats von Mai 1931 bis März 1933.
  • Im Haus Nr. 63 wohnte Jakob Burckhardt seit dem 27. September 1841, seitdem er von seinen Reisen durch das Rheinland und Belgien nach Berlin zurückgekehrt war. Er unterrichtete hier den Sohn des holländischen Gesandten („von 11 Uhr morgens bis 9 Uhr abends“) und gab Stellung und Wohnung Ende September 1842 wieder auf, um an den Schiffbauerdamm zu ziehen.
  • Im Haus Nr. 68 wohnte in den Wintermonaten 1830/1831 Friedrich de la Motte Fouqué, der Verfasser der Undine.
  • Im Haus Nr. 73 befand sich das Palais des Grafen Schwerin. Hier hatte der Philosoph Friedrich Schleiermacher seine letzte Wohnung. Er starb in diesem Haus am 12. Februar 1834 an einer Lungenentzündung.
  • Im Haus Nr. 78 wohnten zwei Wochen nach ihrer Heirat Achim von Arnim und Bettina von Arnim (Bettina Brentano) im Gartenhaus des Vossischen Palais'. Das Palais lag an der jetzigen Kreuzung Wilhelm-/Voßstraße, am späteren Standort der Neuen Reichskanzlei (1939–1945). Im Frühjahr 1814 zog man aus Einsparungsgründen auf das Gut Wiepersdorf bei Jüterbog zurück.
  • In das damals neu erbaute Haus Nr. 97 zog 1836 der Schriftsteller Willibald Alexis ein, von der Zimmerstraße her. Es wurde bald eine Begegnungsstätte der literarischen und künstlerischen Gesellschaft Berlins. Im Herbst 1837 zog Emanuel Geibel von der Französischen Straße zu ihm und genoss die „großartige Aussicht von meinem Turmzimmer“. Das Haus musste später dem Durchbruch der Zimmerstraße Platz machen.
  • Haus Nr. 102 war das Prinz-Albrecht-Palais, in dem Amalie von Preußen lebte.

Literatur

  • Laurenz Demps: Berlin-Wilhelmstraße. Eine Topographie preußisch-deutscher Macht. 3. aktualisierte Auflage, Ch. Links Verlag, 2000, ISBN 386153228X

Weblinks

52.50972222222213.3841666666677Koordinaten: 52° 30′ 35″ N, 13° 23′ 3″ O


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