Wilhelm Sohn

Wilhelm Sohn

Johann August Wilhelm Sohn (* 29. August 1830 in Berlin; † 16. März 1899 in Pützchen bei Bonn) war ein deutscher Maler.

Er ging 1847 nach Düsseldorf und erhielt durch Rudolf Wiegmann und seinen Onkel Karl Ferdinand Sohn seine Ausbildung, die er durch Reisen ergänzte.

Ganz im Sinne der Schule malte er zuerst religiöse Historienbilder, so das große Christus auf dem sturmbewegten Meere, das weder in der stumpfen braunen Farbe, noch in dem konventionellen Ausdruck der Figuren auch nur im Geringsten seine spätere Entwicklung vermuten ließ.

Einige andere Bilder ähnlicher Art, z. B. ein unvollendet gebliebener Bonifacius, folgten, bis das Studium der niederländischen Kleinmeister einen plötzlichen Umschwung hervorbrachte, mit dem er sich der Genremalerei zuwandte. Der Zeit entstammten eine Reihe von koloristisch epochemachenden Bildern: Die Gewissensfrage 1864, Die verschiedenen Lebenswege und vor allem sein Hauptbild Die Konsultation beim Rechtsanwalt 1866. Infolge des Aufsehens, welches diese Gemälde machten, erhielt er den Auftrag, für die preußische Nationalgalerie ein großes Bild, die Abendmahlsfeier einer protestantischen Patrizierfamilie, zu malen. Hieran malte er 30 Jahre, trotzdem blieb es unvollendet.

Inhaltsverzeichnis

Lehrtätigkeit

Seine Lehrtätigkeit und sein Einfluss reichen aber in viel frühere Zeit zurück, wie ihm auch die Professur schon 1867 nach dem Tode seines Onkels mütterlicherseits angeboten worden war. Neben seiner akademischen Klasse hat er noch eine stark besuchte Damenschule geleitet. Der Hauptgrund seiner als eigentümlich bezeichneten künstlerischen Tätigkeit und Lehre beruhte wohl auf einer besonderen Aufnahmefähigkeit und einem enormen Auffassungsvermögen. Diese Eigenschaften befähigten Sohn, alles, was er bei den älteren Meistern fand und auch, was damals in München oder Paris an neuen Moden oder Richtungen aufkam, in sich aufzunehmen, das Beste daraus zu erkennen und zu seinen Zwecken zu verarbeiten. Sein oft gerühmtes Gedächtnis hielt alle diese Dinge fest und wurde so im Laufe der Jahre gewissermaßen ein Kompendium all dessen, was in der koloristischen Malerei jemals geleistet worden war. Dieses Wissen und sein gesteigertes eigenes Farbengefühl ließen Sohn mit absoluter Sicherheit erkennen und entscheiden, was in irgendeinem Bild an irgendeiner Stelle für eine Farbe oder für Ton angewandt werden müsse, um jene blendende, farbige und dabei harmonische Wirkung zu erreichen, für die man damals den Namen „Bouquet“ erfand. Und so kam es, dass bald überhaupt kein Bild innerhalb des Kreises der jungen Maler vollendet wurde, dessen koloristische Lösungen Sohn nicht angegeben hatte oder zu dem er nicht geraten und durch seinen Rat gewissermaßen das Placet gegeben hatte. Sein Ruf hatte sich schon früh verbreitet, sogar schon zu einer Zeit, als Sohn seine koloristische Begabung selbst noch nicht entdeckt hatte. Sonderbarerweise war es ein Karton zu einem Barbarossa im Kyffhäuser gewesen, der ihn berühmt gemacht und ihm die ersten Schüler, vor allen Albert Baur, zugeführt hatte. Sohns Eintritt in die Akademie schien für diese den Anfang einer neuen Epoche zu bedeuten. Der große und dauernde Aufschwung, den die Akademie in der Tat sehr bald nahm, ist aber nicht Sohn allein zu verdanken, denn die Tätigkeit Sohns, der im Anfang ja allerdings die Düsseldorfer Genremalerei einen bedeutenden Fortschritt und eine Reihe neuer Gesichtspunkte, die Ausbildung einiger wirklich bedeutenden Künstler verdankte, wurde bald sehr einseitig. Je mehr Sohn wusste, je sicherer er die Prinzipien der alten Meister in Bildwirkung umzusetzen wusste, je berühmter die Bilder seiner Schule wurden, desto unselbständiger mussten seine Schüler werden. Man fing an, auf die Äußerlichkeiten allzu viel Wert zu legen, an ihnen hängen zu bleiben. Und wie aus der Historie das Genrebild geworden war, so wurde allmählich aus dem Genrebild sozusagen ein Stillleben, ein Stillleben mit immer geringer werdendem Intellekt waren. Was sich lernen ließ, wurde eben gelernt und gemalt. Interieurs und Kostüme, Kulturgeschichte und Tonwirkung, aber das, was Sohns höchste künstlerischen Errungenschaften waren, die Erkenntnis der geschlossenen koloristischen Bildwirkung und die Wiedergabe des seelischen Ausdrucks, die eben beide eine wirkliche hervorragende künstlerische Individualität verlangten, das ging in diesem hohen Maße eigentlich nur auf einen einzigen der Sohnschüler über, bezw. wurde von ihm weiter entwickelt. Dieser Schüler, Eduard von Gebhardt, sollte später denn auch in der Entwicklung der Düsseldorfer Kunst seine besondere Stellung einnehmen. So manche von den späteren Sohnschülern aber blieben in den genannten Dingen, die schließlich doch nur Äußerlichkeiten sind, hängen.

Die Bedeutung Sohns als Kolorist und Lehrer machten seine Stellung innerhalb seiner Zeitgenossen einzig. Obwohl er selbst nur wenige Bilder vollendet hat, war sein Einfluss durch seine Bilder auf die Düsseldorfer Künstler groß. Er war zum Rathgeber gewissermaßen prädestiniert und sein eigenes Schaffen litt darunter so sehr , dass er die letzten 25 Jahre seines Lebens fast nichts mehr produzierte. Gelegentlich sagte er selbst, er habe nicht, wie die Anderen, an einem Bilde zu arbeiten, sondern an einem ganzen Dutzend.

Aber Sohn war damals schon so sehr durch seine Lehrtätigkeit in Anspruch genommen, dass ihm nicht sowohl die Zeit, als vielmehr die künstlerische Konzentration fehlte, um das groß angelegte Bild zu vollenden. Ein Gehirnleiden lähmte seine Kraft schließlich vollständig. Er starb 1899 in der Heilanstalt Pützchen (bei Bonn), nachdem er seit dem Jahre 1874 als Professor für Bildnis- und Genremalerei eine Meisterklasse an der Akademie geleitet hatte.

Werke

  • Christus auf stürmischer See (1853, Städtische Galerie in Düsseldorf). 23-jährig debütierte Sohn mit diesem großen Historienbild, Jesus schlafend inmitten seiner Jünger darstellend.
  • Christus am Ölberg (1855, in der Friedenskirche zu Jauer in Schlesien)
  • Genoveva (1856)
  • Verschiedenen Lebenswege
  • Gewissensfrage (1864, Galerie zu Karlsruhe)
  • Die Konsultation beim Rechtsanwalt (1866, Museum in Leipzig). Wilhelm Wolfsohn schreibt über dieses Bild 1866: Neben den Gemälden, die ich damals hervorhob, fesselt eine "Consultalion bei dem Advocaten" von Wilhelm Sohn, im Stil des 17. Jahrhunderts, die Aufmerksamkeit. Die Figuren sind von großer, ergreifender Wahrheit: eine alte Dame, die sich bei einem Advocaten in einer Erbschaftsangclegenheit Bescheid erbittet, aber nicht den erhält, den sie wünscht. Ungewiß bleibt der Zusammenhang, in dem ein junges, schwarzgekleidetes Mädchen mit lieblichem verschämten Gesicht, im Vordergrund sitzend, zu der Gruppe der beiden Alten steht. Die feine, sorgfältige Behandlung erinnert an die besten Niederländer; ist der Künstler auch noch nicht zur vollkommenen Freiheit und Beherrschung der Technik vorgedrungen, so offenbart sich doch in der Composition, dem Ausdruck der Gesichter, der Malweise ein außerordentliches Talent.
  • Im Salon
  • Mädchen am Spinnrad (1880)
  • Abendmahlsfeier

Literatur

Weblinks

Meyers Konversationslexikons logo.svg Dieser Artikel basiert auf einem gemeinfreien Text aus Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage von 1888–1890. Bitte entferne diesen Hinweis nur, wenn du den Artikel so weit überarbeitet oder neu geschrieben hast, dass der Text den aktuellen Wissensstand zu diesem Thema widerspiegelt und dies mit Quellen belegt ist, wenn der Artikel heutigen sprachlichen Anforderungen genügt und wenn er keine Wertungen enthält, die den Wikipedia-Grundsatz des neutralen Standpunkts verletzen.

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