Wilhelm Slavata

Wilhelm Slavata
Kupferstich von Wolfgang Kilian

Wilhelm Slavata von Chlum und Koschumberg (auch Wilhelm Slawata von Chlum und Koschumberg; tschechisch Vilém Slavata z Chlumu a Košumberka; * 1. Dezember 1572 in Čestín bei Kutná Hora; † 19. Januar 1652 in Jindřichův Hradec) war 1623–1625 Oberstlandkämmerer, danach Oberstkämmerer von Böhmen und 1628–1652 Oberstkanzler von Böhmen. 1621 wurde er in den Reichsgrafenstand erhoben und 1643 in den Orden vom Goldenen Vlies aufgenommen.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Wilhelm Slavata entstammte dem böhmischen Adelsgeschlecht Slavata. Seine Eltern waren Adam Slavata von Chlum und Koschumburg († 1616) und Dorothea Kurzbach von Trachenberg († 1586). Er wurde im Geist der Böhmischen Brüder erzogen und studierte mit finanzieller Unterstützung seines Verwandten Adam II. von Neuhaus in Italien. Danach unternahm er Reisen durch Deutschland und die Niederlande und konvertierte 1597 zum Katholizismus, dessen entschiedener Verfechter er wurde. Anschließend trat er in die Dienste des Kaisers Rudolf II.. Als dessen Günstling bekleidete er von 1600 bis 1604 das Amt des böhmischen Oberstmarschalls, danach war er Landrichter und Burggraf von Karlstein. Von 1611 bis 1617 war er Hofrichter und von 1612 bis 1618 zugleich Präsident der Böhmischen Kammer. Bereits 1617 wurde Slavata nach der Krönung Ferdinands II. zum böhmischen König von diesem zum Statthalter in Böhmen ernannt.

Am 23. Mai 1618 führte der Ständeaufstand zum Zweiten Prager Fenstersturz, bei dem Bewaffnete der böhmischen Stände in den Wladislaw-Saal der Prager Burg eindrangen. Sie warfen Wilhelm Slavata zusammen mit dem kaiserlichen Statthalter Graf von Martinitz und dem Schreiber M. Philipp Fabrizius aus dem Fenster. Trotz einer beträchtlichen Fallhöhe kamen sie mit dem Leben davon, weil sich unter dem Fenster ein Reisighaufen befunden haben soll. Slavata und Martinitz konnten unter Beschuss in das nahe gelegene Haus des Oberkanzlers Lobkowitz flüchten. Slavata hatte sich am Kopf verletzt, so dass eine weitere Flucht nicht möglich war.

Nach umfangreichen Zugeständnissen gegenüber den Aufständischen wurde Slavata am 28. Mai 1618 frei gelassen. Nach einem Jahr Hausarrest nutzte er einen Kuraufenthalt in Teplice, um sich nach Sachsen abzusetzen. Die Aufenthaltsgenehmigung in der Stadt Meißen wurde für seine Familie zwar bestätigt, Kurfürst Johann Georg suchte jedoch keine Auseinandersetzung mit den böhmischen Ständen, so dass Slavata nach Passau weiterreisen musste.

Nach der Schlacht am Weißen Berg kehrte Wilhelm Slavata 1621 nach Böhmen zurück und verfolgte in seinem Herrschaftsbereich die Rekatholisierung der Bevölkerung. Ebenfalls 1621 wurde er in den Reichsgrafenstand erhoben und von Kaiser Ferdinand II. mit der Durchführung zahlreicher Missionen betraut. Von 1623 bis 1625 bekleidete er das Amt des Oberstlandkämmerers. Anschließend war er Oberstkämmerer und ab 1628 bis zu seinem Tode 1652 Oberstkanzlers von Böhmen. Bereits 1643 wurde er in den Orden vom Goldenen Vlies aufgenommen.

Zum Andenken an den glücklichen Ausgang des Prager Fenstersturzes ließ Slavata an der östlichen Seite des Hradschins einen Gedenkstein in Form eines Obelisken errichten.

Familie und Besitzungen

Wilhelm Slavata war seit 1602 mit Lucie Otilie von Neuhaus verheiratet. Da Wilhelms Großmutter Elisabeth eine Schwester von Lucie Otilies Großvater Joachim von Neuhaus war, benötigten sie eine Heiratsgenehmigung vom Papst. Nach dem Tod Joachim Ulrichs 1604, der der letzte männliche Nachkomme der Herren von Neuhaus war, erbte seine Schwester Lucie Otilie dessen hinterlassene Besitzungen. Es waren die großen Herrschaften Neuhaus sowie Teltsch, die nach Lucie Otilies Tod 1633 an Wilhelm Slavata übergingen. Bereits 1602 erhielt Wilhelm Slavata von seinem Schwager Joachim Ulrich und dessen Frau Maria Maximiliane von Hohenzollern die Herrschaft Stráž geschenkt, und erwarb von ihnen käuflich das Prager Palais der Herren von Neuhaus. Ab 1616 durfte er sich als Regent des Hauses von Neuhaus bezeichnen. 1641 erweiterte er seine Besitzungen mit dem Zukauf der benachbarten Herrschaft Červená Lhota.

Der Ehe Wilhelms Slavata mit Lucie Otilie von Neuhaus entstammten die Kinder:

  • Adam Paul/Adam Pavel, (* 25. Januar 1603), früh verstorben
  • Adam Paul/Adam Pavel, (1604–1657), war Schüler am Münchner Jesuitenkolleg[1], ∞ 1626 Maria Margarete Theresia von Eggenberg (1617–1657). Die Ehe wurde 1632 annulliert.
  • Franz Veit/František Vít (*15. Juli 1605), früh verstorben
  • Franz Veit/František Vít (1608-1645)
  • Joachim Ulrich/Jáchym Oldřich (1606–1645), war wie sein Bruder Schüler am Münchner Jesuitenkolleg; ∞ 1627 Maria Franziska Theresia von Meggau (1609–1676). Deren Sohn
    • Johann Karl Joachim/Jan Karel Jáchym (1641–1712) war General des Karmeliterordens und der letzte männliche Nachkomme der Slavata.

Literatur

  • Joachim Bahlcke u. a.: Handbuch der historischen Stätten Böhmen und Mähren, Kröner-Verlag, Stuttgart 1998, ISBN 3-520-32901-8, S. 94, 400, 528, 603 und 867
  • Václav Ledvinka: Na prahu raného novověku: Jindřich IV. a Adam I. z hradce. In: Václav Bůžek: Poslední páni z Hradce. České Budějovice 1998, ISBN 80-7040-267-9, S. 26.
  • Hans Sturmberger: Aufstand in Böhmen. Der Beginn des Dreißigjährigen Krieges, München 1959.
  • Václav Bůžek, Josef Hrdlička: Poslední velmoži erbu růže. In: Dvory velmožů s erbem růže. ISBN 80-204-0651-4, S. 10–11
  • Friedel Pick: Der Prager Fenstersturz i. J. 1618 – Flugblätter und Abbildungen. Veröffentlichungen der Gesellschaft deutscher Bücherfreunde in Böhmen Nr. 1, Prag 1918

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Norbert Conrads: Die Rekatholisierungspolitik in Teschen. In: Schlesien in der Frühmoderne: Zur politischen und geistigen Kultur eines habsburgischen Landes. Neue Forschungen zur schlesischen Geschichte. hrsg. v. Joachim Bahlcke. Weimar 2009, ISBN 3-412-20350-5, S. 27f.

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