Wilhelm Röpke

Wilhelm Röpke
Wilhelm Röpke

Wilhelm Röpke (* 10. Oktober 1899 in Schwarmstedt bei Hannover; † 12. Februar 1966 in Genf) war ein deutscher Ökonom. Er gilt als einer der geistigen Väter der Sozialen Marktwirtschaft.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Wilhelm Röpke wuchs in einer liberalen bürgerlichen Landarztfamilie auf. Nach dem Abitur in Stade begann er 1917 mit dem Studium der Rechts- und Staatswissenschaft in Göttingen, wechselte später nach Tübingen, dann nach Marburg. Dort wandte er sich dem Studium der Nationalökonomie zu und promovierte im Frühjahr 1921 mit Auszeichnung. Anschließend trat er eine Stelle als Assistent am Staatswissenschaftlichen Seminar bei seinem Doktorvater Prof. Walter Troeltsch an. Roepke habilitierte sich 1922 als Privatdozent der politischen Ökonomie an der Universität Marburg und wurde im Alter von 24 Jahren als jüngster deutscher Professor an die Universität Jena berufen.

Es folgten ein USA-Aufenthalt als Gastprofessor der Rockefeller-Stiftung, die Berufung an die Universität Graz und 1929 ein Ruf an die Philipps-Universität Marburg, wo er bis 1933 als Ordinarius der politischen Ökonomie tätig war. Auch politisch war Röpke engagiert: Unter dem Pseudonym „Ulrich Unfried“ schrieb er Artikel gegen die korporatistischen wirtschaftspolitischen Vorstellungen des konservativ-revolutionären „Tat“-Kreises um Hans Zehrer und Ferdinand Fried (daher das Pseudonym). Röpke warnte bereits anlässlich der Reichstagswahl 1930 vor der NSDAP in einem Flugblatt an die niedersächsische Bauernschaft. Als somit ausgewiesener Gegner der NSDAP floh Röpke 1933 in die Türkei, wo er an der Universität Istanbul lehrte. Dort entstand sein erfolgreichstes Buch „Die Lehre von der Wirtschaft“, welches zur theoretischen Grundlage der späteren wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Publikationen von Wilhelm Röpke wurde. Zum Wintersemester 1937/38 wechselte Röpke nach Genf, um eine ungewöhnlich fruchtbare Tätigkeit als Professor für internationale Wirtschaftsfragen am Genfer Hochschulinstitut für internationale Studien auszuüben. Ein Doktorand von ihm in Genf war Carl Zimmerer. In den 1940er Jahren begann er für die Schweizer Monatshefte zu schreiben. In Genf brachte er seine sozialphilosophische Trilogie (Gesellschaftskrisis der Gegenwart, Civitas humana, Internationale Ordnung) zu Papier, deren Grundzüge er in Istanbul mit seinem dortigen Fakultätskollegen Alexander Rüstow entwickelte. Darin beschrieb er - in den Grundsätzen mit den Vertretern der Freiburger Schule einig - seine Vorstellung von Wirtschaftsordnung. Im weiteren Verlauf wurde der konservative Einschlag im Denken Röpkes stärker. Dieses wurde vor allen Dingen in der in „Jenseits von Angebot und Nachfrage“ geäußerten Kulturkritik deutlich.

Röpke war 1947 Gründungsmitglied der Mont Pelerin Society[1] und 1961-1962 deren Präsident. In den 1960er Jahren kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen einer Gruppe um Friedrich August von Hayek und einer Gruppe um Albert Hunold und Röpke um die zukünftige Ausrichtung der Gesellschaft. In der Folge legte Röpke die Präsidentschaft nieder und trat aus der Mont Pelerin Society aus.[2]

Lehre

Recht, Sitte, Moral, Normen- und Wertüberzeugungen waren für den Volkswirtschaftsprofessor entscheidende Elemente, für die nicht der Markt, sondern die politische Ebene und die Zentralbank stets Sorge zu tragen haben. Mit einer „konformen“ Sozial-, Wirtschafts- und Finanzpolitik, deren Aufgabe es ist, „jenseits des Marktes“ Schwache zu schützen, Interessen auszugleichen, Spielregeln zu setzen und Macht zu begrenzen, strebte Röpke eine Wirtschaftsordnung des „ökonomischen Humanismus“ an, der von ihm auch „Dritter Weg“ genannt wird. Röpke steht für eine Gesellschaft und Politik, für die die Wahrung der Menschenrechte von höchster Bedeutung ist. Das sogenannte „Individualprinzip“ als wichtiger und elementarer Kern der Marktwirtschaft muss aus seiner Sicht mit einem durchdachten Sozial- und Humanitätsprinzip in Balance gehalten werden. In der Europapolitik warnte er vor zuviel Zentralismus.[3]

Der griffige Satz „Der Gleichgewichtspreis räumt den Markt“, der gesamtwirtschaftlich eine optimale Bedarfsdeckung beinhaltet, stammt von ihm. Mit seinem Wirken gehört der liberale Nationalökonom, der in über vier Jahrzehnten weit mehr als 800 Schriften veröffentlichte, zu jenen Ökonomen, die als Wissenschaftler und politische Berater die Entwicklung im Nachkriegsdeutschland maßgeblich mitgeprägt haben. Für Ludwig Erhard war er „im besten Sinne ein Streiter für die höchsten Werte der Menschheit“.

Ehrungen

Werke

  • Krise und Konjunktur, Leipzig, 1932
  • Die Lehre von der Wirtschaft, Bern, 1937
  • Gesellschaftskrisis der Gegenwart, Zürich, 1942
  • Civitas Humana. Grundfragen der Gesellschafts- und Wirtschaftsreform, Zürich, 1944
  • Internationale Ordnung, Zürich 1945
  • Die Krise des Kollektivismus, München, 1947
  • Jenseits von Angebot und Nachfrage, 1958; 5. Auflage bei Haupt, Bern 1979, ISBN 3258028737
  • Ethik und Wirtschaftsleben, 1955
  • Maß und Mitte, Erlenbach bei Zürich, 1950
  • Wirrnis und Wahrheit, Erlenbach bei Zürich
  • Gegen die Brandung , Erlenbach-Zürich, 1959
  • Fronten der Freiheit , Stuttgart, 1965

Literatur

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. http://www.cosmopolis.ch/geschichte/115/wandlungen_des_neoliberalismus_d000115.htm
  2. Philip Mirowski, Dieter Plehwe: The Road From Mont Pelerin. 2009, ISBN 978-0-674-03318-4, S. 19
  3. FAZ-online Rainer Hank 24. Juli 2011: „Das Erfolgsrezept Europas ist die Kleinstaaterei“

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