Wilhelm Merton

Wilhelm Merton

Wilhelm Merton (bis 1856: William Moses, 1856–1899: William Merton) (* 14. Mai 1848 in Frankfurt am Main; † 15. Dezember 1916 in Berlin) war ein bedeutender, einflussreicher deutscher Unternehmer, Sozialpolitiker und Philanthrop.

Leben und Wirken

Er war das achte von neun Kindern des 1837 aus England nach Frankfurt am Main eingewanderten Ralph Merton (bis 1856: Raphael Lyon Moses) und seiner Frau Sara Amelie Cohen. Am 5. November 1855 erhielt Ralph Moses zusammen mit seiner Familie das Bürgerrecht der Freien Stadt Frankfurt. Am 27. November 1856 erhielt er die Erlaubnis, den Namen seines Heimatortes Merton, heute ein Stadtteil von London, als Nachnamen annehmen zu dürfen. Diese Namensänderung hatte Ralph am 22. Oktober 1856 mit der Begründung beantragt, dass sein Bruder Benjamin in Manchester bereits diesen Familiennamen angenommen habe und sich der Vorname Moses nicht als Familienname eigne.

William Merton besuchte das Städtische Gymnasium in Frankfurt, studierte anschließend in München und absolvierte ein Volontariat bei der Deutschen Bank in Berlin.

1877 heiratete er Emma Ladenburg (* 1859 in Frankfurt am Main, † 1939), eine Tochter des Unternehmers Emil Ladenburg (1822-1902), Mitinhaber des berühmten Bankhauses Ladenburg, und der Eugénie Halphen (1829-1866). Das Ehepaar hatte fünf Kinder, Alfred, Richard und Adolf, Walter Henry und Gerda.

1881 gründete er zusammen mit Leo Ellinger und Zacharias Hochschild (1854-1912) die Metallgesellschaft.

1899 konvertierten Merton und seine Kinder zum protestantischen Glauben. Im gleichen Jahr erfolgte auch die Naturalisierung der Mertons als Deutsche, die bis dahin noch die englische Staatsbürgerschaft hatten. Seitdem führte er den Namen Wilhelm Merton.

Wilhelm Merton starb am 15. Dezember 1916 in Berlin überraschend an einem Herzanfall, nachdem er schon längere Zeit vorher herzkrank gewesen war. Er wurde auf dem Hauptfriedhof Frankfurt bestattet. Seine Söhne übernahmen die Führung der Metallgesellschaft: Mertons ältester Sohn Alfred wurde Aufsichtsratsvorsitzender der Metallgesellschaft, der zweite Sohn Richard war später zeitweise Vorstandsvorsitzender.

Wilhelm Merton gilt insbesondere wegen seines sozialpolitischen Engagements als einer der bedeutendsten deutschen Unternehmensgründer der Wilhelminischen Epoche. In gleichem Maße wie auf dem ökonomischen Gebiet tat sich Merton in der Zeit bis zum Ersten Weltkrieg als Initiator und Gründer sozialpolitisch bedeutender Einrichtungen hervor, deren Ziel es sein sollte, auf wissenschaftlicher Grundlage zur Humanisierung der modernen Wirtschaftsgesellschaft beizutragen.

Er gründete 1890 in Frankfurt am Main das Institut für Gemeinwohl und 1901 die Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften. Zusammen mit dem damaligen Oberbürgermeister von Frankfurt, Franz Adickes, war er die treibende Kraft bei der Gründung der Frankfurter Universität in Gestalt einer Stiftungsuniversität 1912/1914. Aus seinem eigenen Vermögen stiftete er 2,3 Millionen Reichsmark, dazu 1914 einen Lehrstuhl für Pädagogik, zur Erinnerung an seinen im Ersten Weltkrieg gefallenen jüngsten Sohn, den Kunsthistoriker Adolf Merton (* 1886, † 1914).

Durch die Einbeziehung der Ideen Mertons, eine wissenschaftliche Einrichtung zu schaffen, die den Erfordernissen der modernen Wirtschaftsgesellschaft in Ausbildung und Forschung entsprach, wurde die später so genannte Johann-Wolfgang-Goethe-Universität zu einer der damals fortschrittlichsten in Deutschland.

An Wilhelm Merton erinnert heute die Wilhelm Merton-Stiftungsprofessur und das Wilhelm Merton-Zentrum für Europäische Integration und Internationale Wirtschaftsordnung an der Frankfurter Goethe-Universität, die Wilhelm-Merton-Stiftung und das Mertonviertel in Frankfurt-Niederursel auf dem ehemaligen Gelände der Vereinigten Deutschen Metallwerke, einer Tochter der Metallgesellschaft. Nach Merton sind außerdem eine kaufmännische Berufsschule und eine Straße in Bockenheim benannt. Seit 2001 verleiht die Gontard & Metallbank-Stiftung alle drei Jahre den mit 25.000 Euro dotierten Wilhelm-Merton-Preis für europäische Übersetzungen (2001:?; 2004: Bernd Schwibs; 2007: Eva Moldenhauer und Grete Osterwald; 2010: Reinhard Kaiser).

Literatur

  • Hans Achinger: Wilhelm Merton in seiner Zeit. Frankfurt am Main 1965
  • Wolfgang Klötzer (Hrg.), Frankfurter Biographie. Zweiter Band M-Z. Verlag Waldemar Kramer, Frankfurt am Main 1996, ISBN 3-7829-0459-1
  • Ralf Roth: Wilhelm Merton: Ein Weltbürger gründet eine Universität, Herausgeber: Goethe-Universität Frankfurt am Main, Frankfurter Societätsdruckerei, Frankfurt am Main 2010 ISBN 978-3-7973-1245-7

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