Wilhelm Hofmann

Wilhelm Hofmann

Wilhelm Hofmann (* 25. April 1901; † 26. Oktober 1985 in Heilbronn[1]) war ein deutscher Lehrer und Sonderpädagoge. Er war ein Wegbereiter der modernen Sonderpädagogik.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Nach einem Studium der Heilpädagogik in München kam Hofmann 1929 nach Heilbronn.[2] Er war Volksschullehrer, Hilfsschullehrer und später Rektor der Pestalozzischule in Heilbronn. 1962 wurde er zum Professor ernannt.[2]

Wirken

Hofmann betrachtete die „Hilfsschule“ nicht als Bewahranstalt, sondern ließ das Leistungsprinzip in den Unterricht einfließen. In seiner didaktischen Konzeption der Leistungsschule (1961) bezeichnete er die Hilfsschulpädagogik als „Pädagogik überhaupt“, sah aber keine wesentlichen Unterschiede zwischen Hilfsschülern und Regelschülern. Ein wichtiges Bildungsziel war für ihn die Möglichkeit der Wiedereingliederung in die Regelschule (mit der Förderschule als Durchgangsschule). Dafür forderte er eine individuelle Betreuung und intensive Sprachförderung von Hilfsschülern.

Das heutige moderne Sonderschulsystem mit ausdifferenzierten Schultypen geht auf seine Gedanken zurück. Er war federführend bei der Einführung der Vollausbildung für Sonderschullehrer in Baden-Württemberg.

Rolle zur Zeit des Nationalsozialismus

Zur Zeit des Nationalsozialismus war Hofmann Ortsgruppenschulungsleiter der Heilbronner NSDAP und Kreisredner. In Aufsätzen sprach er sich dafür aus, geistig behinderte Kinder nicht mehr zur Schule zu schicken, und forderte eine „Leistungs- und Gesittungsschule“.[3] Die Stadt Heilbronn beauftragte deshalb 2010 den Zeithistoriker Gerhard Eberle, Hofmanns Leben und Wirken zu erforschen.[4][5] Im Mai 2010 wurden die Ergebnisse der Untersuchungen von Gerhard Eberle präsentiert. Er konnte belegen, dass Wilhelm Hofmann ein fanatisches Mitglied der NSDAP war und unter anderem als Ortsgruppenschulungsleiter in politischen Reden und Aufsätzen für die „Nichtmehraufnahme geistig behinderter Kinder“ in die Hilfsschule plädiert hat. Stattdessen machte Hofmann sich für eine „Leistungs- und Gesittungsschule“ stark. Durch Auslese in die Hilfsschule sollten nach Hofmann Schulleistungsschwache „noch für die Volksgemeinschaft brauchbar und wirtschaftlich ansatzfähig gemacht werden“. Dafür kämen aber nur Kinder in Betracht, „die vollsinnig, gemeinschafts- und bildungsfähig und in der Regel körperlich gesund sind“. Menschen mit seelischer, geistiger oder körperlicher Behinderung, „Schwachsinnige, Blinde, Taube und Schwerhörige hohen Grades, Epileptiker“ gehörten seiner Ansicht nach in eine Anstalt.[3]

Ehrungen

Hofmann erhielt 1976 das Bundesverdienstkreuz am Bande[2] und im selben Jahr[2] die Goldene Münze der Stadt Heilbronn.[4] Nach ihm sind mehrere Schulen in Baden-Württemberg benannt: die Förderschulen in Baienfurt (1981–2008), Herbrechtingen (umbenannt Oktober 2011), Weingarten (seit 2008) und seit 1982[4] die Förderschule Wilhelm-Hofmann-Schule in Böckingen, für die früher er als Rektor verantwortlich gewesen war. Diese Schule wird in Neckartal-Schule umbenannt.[6] Außerdem wurde 1984 die Kreissonderschule für Geistigbehinderte des Landkreises Freudenstadt in Dornstetten nach ihm benannt. Aufgrund der neuen Recherchen zu Wilhelm Hofmann und seiner problematischen Aussagen während der Zeit des Nationalsozialismus wird sich die Schule umbenennen.[7] Das Wilhelm-Hofmann-Gymnasium in Sankt Goarshausen hingegen ist nicht nach dem Sonderpädagogen, sondern nach einem gleichnamigen lokalen Internatsgründer benannt.

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • Der Hilfsschüler, seine berufliche Betätigung uns Ausbildung. In: Zeitschrift für Heilpädagogik, 1958, Heft 9, S. 478–487
  • Sprachbildung und Sprecherziehung des lernbehinderten Kindes auf phonetischer Grundlage. Heilpädagogische Schriftenreihe. Neckar-Verlag, Villingen 1969

Literatur

  • Andreas Möckel (Hrsg.): Sonderschule im Wandel. Pädagogik, Psychologie, Didaktik. Festschrift für Wilhelm Hofmann. Schindele, Neuburgweier (Karlsruhe) 1971 (mit 5-seitiger Bibliographie von Hofmanns Schriften)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Todesort nach Gertrud Schubert: Muss die Förderschule ihren Namen wechseln?. In: Heilbronner Stimme. 2. Juni 2010 (bei stimme.de, abgerufen am 2. Juni 2010).
  2. a b c d HEUSS, Heilbronner Erschließungs- und Suchsystem des Stadtarchivs Heilbronn, Signatur ZS-10183
  3. a b Gertrud Schubert: Die Pestalozzi wird 100. In: Heilbronner Stimme. 20. Mai 2010 (bei stimme.de, abgerufen am 2. Juni 2010).
  4. a b c Gertrud Schubert: Muss die Förderschule ihren Namen wechseln?. In: Heilbronner Stimme. 2. Juni 2010 (bei stimme.de, abgerufen am 2. Juni 2010).
  5. Dirk Grupe: Historiker: Wilhelm Hofmann war ein Nazi. Die Förderschule in Weingarten muss aller Voraussicht nach ihren Namen ändern. In: Schwäbische Zeitung, Lokalausgabe Ravensburg. 16. Februar 2011 (bei schwaebische.de, abgerufen am 11. Juni 2011).
  6. Neckartal- statt Hofmann-Schule. stimme.de, 19. Mai 2011 (abgerufen am 11. Juni 2011)
  7. Monika Schwarz: Ein fragwürdiger Pate – Wilhelm-Hofmann Schule in Dornstetten wird Namen ändern. In: Neckar-Chronik – Südwest Presse, Lokalausgabe Kreis Freudenstadt. 22. Februar 2011 (bei neckar-chronik.de, abgerufen am 11. Juni 2011).

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