Wilhelm Graf Kinsky

Wilhelm Graf Kinsky

Wilhelm Graf Kinsky von Wchinitz und Tettau (tschechisch Vilém Kinský z Vchynic a Tetova) (* 1574 Eger; † 25. Februar 1634 ebenda) war ein böhmischer Staatsmann und Diplomat.

Leben

Wilhelm von Kinsky entstammte dem böhmischen Adelsgeschlecht Kinsky. Seine Eltern waren Johann d. Ä. († 1590), Burggraf von Karlstein und Anna († 1598), Tochter des Johann Pouzar von Michnitz. Wilhelm war mit Elisabeth (Alžběta/Eliška), einer Tochter des Jan Rudolf Trčka von Lípa verheiratet. Nach der Heirat seines Schwagers Adam Erdmann Trčka von Lípa 1627 mit Maximiliane von Harrach, wurde Wilhelm mit Wallenstein verschwägert, der Maximilianes Schwester Isabella von Harrach zur Frau hatte.

Wilhelm von Kinsky war seit 1611 Oberstjägermeister des Königreichs Böhmen. 1618 beteiligte er sich am böhmischen Ständeaufstand und wurde von den Ständevertretern in das dreißigköpfige Direktorium gewählt, dem die Regierung des Landes oblag. Vermutlich weil er 1619 das Erbe seines Onkels Radislavs d. Ä. antrat, vernachlässigte er das Direktorenamt, so dass dieses seinem Bruder Radislav d. J. übertragen wurde. Bei der Königswahl am 26. August 1619 stimmten Wilhelm und sein Bruder Ulrich für die Wahl des sächsischen Kurfürsten Johann Georg. Durch den Einfluss seines reichen Schwiegervaters Jan Rudolf Trčka wurden Wilhelms Besitzungen nach der Schlacht am Weißen Berg nicht konfisziert; zudem wurde er 1628 in den Grafenstand erhoben. Nachdem er jedoch nicht bereit war, zum Katholizismus zu konvertieren, musste er im selben Jahr aufgrund einer kaiserlichen Verfügung das Königreich Böhmen verlassen. Er emigrierte nach Pirna, von wo er, nachdem er auf seinen Besitzungen Teplitz, Rumburk, Hainspach und Kamnitz katholische Amtsleute beschäftigte, seine böhmischen Besitzungen verwalten konnte. Nach der Schlacht bei Breitenfeld kehrte er 1631 nach Böhmen zurück, wurde jedoch von den sächsischen Truppen gefangen genommen und nach Dresden gebracht. Im selben Jahr starb im Kindesalter sein ältester Sohn Johann Georg. In Dresden lebte Wilhelm mit seiner Familie am kursächsischen Hof, wo er eine bedeutende Rolle als Ratgeber und Diplomat spielte. Trotzdem blieb er weiterhin in Kontakt mit Wallenstein und sammelte die böhmischen Emigranten um sich. Im Auftrag Wallensteins soll er, mit Wissen des Kaiserhofs, mit den gegnerischen Schweden verhandelt haben. Später stand er in Kontakt mit dem französischen Diplomaten Feuquières. Mit einem diplomatischen Auftrag begab er sich am 8. Januar 1634 nach Pilsen zu Wallenstein, den er auf der anschließenden Flucht nach Eger begleitete. Dort wurde er zusammen mit Wallenstein und dessen Vertrauten Christian von Ilow sowie Adam Erdman Trčka und dessen Adjutanten Rittmeister Neumann am Abend des 25. Februar 1634 ermordet. Sein Leichnam wurde zunächst auf dem Friedhof in Mies bestattet und später in die St.-Salvator-Kirche in Prag umgebettet.

Wilhelm von Kinskys Besitzungen wurden mit kaiserlichem Dekret vom 14. März 1634 konfisziert. Trotz zahlreicher Bemühungen gelang es seinen Söhnen Adolf, Ernst/Arnošt, Ulrich/Oldřich und Philip-Moritz/Filip-Mořic nicht, an das väterliche Erbe zu gelangen. Erst am 16. Juli 1648 wurde mit kaiserlichem Dekret bestimmt, dass das Vergehen ihres Vaters nicht zum Nachteil ihrer Stellung, ihrer Ehre und ihres guten Namens gereichen sollte.

Wilhelms Witwe Elisabeth emigrierte in die Niederlande, wo sie 1637 den böhmischen Emigranten Zdeňek von Hodice (Zdeňek Hodický z Hodic a Olramovic; † 1641) heiratete, der als Oberst in schwedischen Diensten stand. Ein Jahr später starb sie in Hamburg.

Literatur

  • Jaroslav Šula: Kladsko v plánech účastníků Valdštejnského spiknutí. In: Kladský Sbornik 2/1998, S 149–156
  • Broucek, Peter: Kinsky, Wilhelm Graf. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 11, Duncker & Humblot, Berlin 1977, S. 629 f.

Weblinks


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